Puh, das ist ja noch mal gut gegangen! Nach der sehr zweifelhaften EP "Yesterday", die das neue Label der Totengräber, Locomotive Records, auf den Markt geworfen hat, erscheint nun der wahre Einstand bei den Spaniern. GRAVE DIGGER haben mit "Liberty Or Death" wieder mal alles ausgepackt, für das die Band seit jeher steht: sägende Bratgitarren in bester ACCEPT-Manier, fette Mitgrölhymnen, die man auch mit 6,66 Promille noch nachlallen kann und dazu Chris Boltendahls nie versiegende Power-Röhre (inklusive seiner nicht besser gewordenen englischen Aussprache: "I Am Se Law" oder "Until Se Last King Died?"). Ein besonderes Kompliment geht diesmal in Richtung Gitarrensound, der nicht metallischer hätte ausfallen können und richtig kernig und mit dicken Eiern daherkommt; ein Zeichen dafür, dass sich Manni Schmidt vollständig in die Band integriert hat. Die Verpackung stimmt also, lediglich im Songwriting-Bereich wird nicht ganz so mitreißend geklotzt wie etwa auf "Tunes Of War", "Knights Of The Cross" oder "Rheingold", sondern das Material erscheint für meine Begriffe etwas sperrig, vergleichbar mit dem "The Grave Digger"-Album von 2001. Das soll nicht heißen, dass wirklich hochklassige Stücke wie der bombastische, überlange Titelsong, das flotte "Oceans Of Blood", das stetig nach vorne peitschende "The Terrible One", das Highlight "Until The Last King Died", das treibende "Silent Revolution", der Stampfer "Forecourt To Hell" oder das mit orientalischen Melodien flirtende "Massada" schwach oder gar schlecht sind, ganz im Gegenteil! Es scheint nur, dass der gegenüber früheren Platten erhöhte technische Anspruch ein wenig auf Kosten eingängiger Hymnen der Marke "Circle Of Witches", "Rebellion", "The Battle Of Bannockburn" oder "Maidens Of War" geht, was ich ein wenig schade finde, denn gerade da sind GRAVE DIGGER absolute Weltklasse! Das ist aber letzten Endes nur mein sehr subjektiver Blickwinkel, der nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass eine der stärksten und beständigsten traditionellen Bands Deutschlands mit "Liberty Or Death" eine echte Wuchtbrumme abliefert, die man als Genre-Fan einfach gehört haben muss!
Was namentlich an Black Metal denken lässt, beschreibt sich selbst als Dark Metal. Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte. In den harten, schnellen Abschnitten erinnern die Eckernförder gerne mal an die norddeutschen Mitstreiter von Negator - was sicherlich auch an der Gemeinsamkeit der (öfter verwendeten) deutschen Texte liegen mag. Allerdings präsentiert sich de junge Band von der Küste wesentlich kompromissbereiter oder eben variantenreicher. Denn neben heftigem Black Metal findet sich auf der Scheibe auch necrophober Death-Black oder gar beinahe unmetallische, traurige Klänge in Richtung Katatonia bis hin zum Doom - und selbst vor akustischen Parts macht der derzeitige Vierer nicht Halt. Ambitionierte Texte, in die Welt gebellt mit keifiger, kalter Stimme oder melancholisch-cleanem Gesang und packende, keineswegs kitschige Melodien machen Atmosphäre der Scheibe zu einer echten Überraschung, zu einem Kleinod, dass auch mit stimmiger Aufmachung überzeugt. Dazu gesellt sich ein wirklich guter Klang aus dem Baltic Sound Studio. "pastdespairfuture" gibt´s 7 EUR (exklusive Porto).
Bereits das letzte PAIN OF SALVATION-Werk "Be" bedurfte einer gewissen Zeit der Beschäftigung, gewahr aber jenen, die sich intensiv den innovativen Schweden hingaben, einiges an Progressivem der Extraklasse. Das Meister Daniel Gildenlöw auch weiterhin am experimentieren sein würde, war keine Frage. Was aber dabei auf "Scarsick" herauskam, darf man getrost als zwiespältige Sache betrachten. Keine Frage, das Album wird polarisieren und von hohem Lob bis Verriss alles einfahren was der Markt so hergibt. Lassen die Riffs des eröffnenden Titeltracks "Scarsick" an RAGE AGAINST THE MACHINE und CLAWFINGER denken, und passt auch der Sprechgesang in den Kontext - sperrig und unerwartet schallt es da aus den Boxen. "Spitfall" wechselt dann zwischen fast schon EMINEM-artigen Passagen und einem ultra-melodischen Refrain, hat aber Charme und kommt echt gut - wird aber nicht jeder so sehen. Die nachfolgende Ballade "Cribcaged" überzeugt ebenso wie das ruhige "Kingdom Of Loss" durch eine intensive Atmosphäre - von diesen Momenten hätte es ruhig schon mehr sein dürfen. "America" aber ist dann fröhlicher Pop pur, einschließlich Werbepause und sarkastischem Text. Das mag musikalisch zwar zur Botschaft passen - passt aber in dieser Pop-Intensität nun so gar nicht zu PAIN OF SALVATION -zu oberflächlich, ob nun mit Bedacht oder einfach nur so, kommt der Song daher. Bei "Disco Queen" geht es nicht nur thematisch um die Disco Queen, auch musikalisch wird hier der Metaller schwer schlucken. So erinnert der Track doch in vielen Momenten an Achtziger-Disco-Sound, mit Daniel Gildenlöw´s Gesang als Kontrapunkt - doch wohl eher eine coole B-Seite als eine vollwertiger PAIN OF SALVATION Komposition. Nach hinten raus wird es mit dem entspannt vorgetragenen, fast schon Floyd´schem "Mrs. Modern Mother Mary", dem modern wirkenden, mit Verzerrungen versetzten, aber eher durchwachsenen "Idiocracy", dem härteren "Flame To The Moth" und dem über 10-minütigen, endlich puren PAIN OF SALVATION-Song "Enter Rain" zwar melancholisch typischer - Übersongs wie auf den letzten Veröffentlichungen gibt es aber nicht darunter. "Scarsick" wächst, wie alle bisherigen Alben der Schweden, mit der Zeit und langweilig wird es dank Unmengen in den Songs eingebauten Momenten auch nicht. Aber statt Atmosphäre stellt sich eine für PAIN OF SALVATION-Verhältnisse eher ungewöhnliche Nüchternheit ein. Hier kann man von Blinderwerb nur abraten - vorher reinhören ist Pflicht. Vielleicht mutig, vielleicht auch zuviel des Guten für viele Fans. Vom künstlerischen Anspruchdenken durchaus eine Weiterentwicklung und musikalisch wie eh und je topp bleibt trotzdem, wie bereits anfangs erwähnt zu sagen: Sehr zwiespältige Sache das!
Japanischen Grindcore in Vollendung, das sind BATHTUB SHITTER. Die Band, die vor ein paar Jahren beim FTC begeistern konnte (obwohl sie ihr Schlagzeug zuhause vergessen hatten), kann seit jeher mit sympahtischen Auftreten, bestem Japano-Englisch und gnandelos beklopptem Gehacke begeistern. Beim Giants Of Grind-Festival in Salzgitter vor nunmehr drei Jahren wurde der Set mitgeschnitten und jetzt unter dem passend-bekloppten Titel "Shitter At Salzgitter" veröffentlicht. Der Sound ist ziemlich gut, was für Live-Sachen im Grindsektor ja nicht die Norm ist, die Live-Atmosphäre kommt gut rüber (besonders durch die wirren Ansagen) und die zwölf Songs sind Japano-Grind-Gehacke pur. Krachherz, was willst du mehr? Eben. Grinder, kaufen!
INVOID haben mit ihrem dritten Release ?Invidia? einen ziemlichen Volltreffer gelandet. Der Fünfer aus?m Pott hat eine runde halbe Stunde schnörkellosen Death Metal aufgenommen, der mit leichter Thrash-Schlagseite ordentlich groovt und von Anfang bis Ende überzeugen kann. Bei den Songs haben die Pottler Wert auf Groove und Eingängigkeit gelegt, anstatt sich in elend langen, vertrackten Strukturen zu verlieren (und den Hörer zu langweilen). Das Tempo wird geschickt variiert, neben Knüpplern wie ?Non-Existence? gibt es viele Songs, bei denen zumindest stellenweise das Fuß vom Gas genommen wird, was der Eingängigkeit sehr zugute kommt. Bei der BOLT THROWER-Huldigung ?In The Church Of The Dammed? (überhaupt der Übersong der Pladde) gibt es sogar dezente Doom-Anleihen. Ganz groß! Was kam eigentlich in letzter Zeit aus Amiland in Sachen Death Metal? INVOID können die Lücke locker stopfen und brauchen sich vor den großen Namen des Genres nicht zu verstecken. Die Produktion geht vollkommen in Ordnung, so dass Totmetaller Kontakt zur Band aufnehmen sollten, um sich diese Underground-Perle zu sichern. Und wir warten gespannt auf den Label-Deal und das nächste Album mit Produktion vom Morrissound!
Die Spanier NAHEMAH dürften bisher den wenigsten Leuten ein Begriff sein, kam doch der Vorgänger zu ?The Second Philosophy? bei einem kleinen spanischen Label raus. Lifeforce haben sich die Truppe danach geschnappt und jetzt, vier Jahre später, gibt es neuen Stoff des Quintetts. Angepriesen als eine Mischung aus OPETH und DARK TRANQUILLITY, fällt schnell auf, dass NAHEMAH ihren Schwerpunkt deutlich anders setzen als vom Info-Schreiber gedacht. Der Gesang ist sehr an Postcore-Sachen wie ISIS oder NEUROSIS angelehnt, während die verspielte Instrumentenarbeit und das häufige Wechseln von ruhigen und aggressiven Abschnitten an OPETH erinnert, aber auch an deren Landsmänner CULT OF LUNA. Die zehn Songs sind entsprechend unvorhersehbar ausgefallen, ebenso verzichtet die Band weitgehend auf eingängige Soundstrukturen, ohne dabei völlig ins Chaotische abzugleiten. Dadurch wird man als Hörer schnell gefangen genommen und in den Bann des NAHEMA?schen Charme gezogen, der durch die dunkle Atmosphäre, den immer wieder unvermittelt auftretenden Gitarrenwänden und dem psychopathischen Gesang entsteht. Eine Mischung aus Depression, Wut und immer wieder kleinen Hoffnungsschimmern ergeben eine sehr emotionale Platte, die Fans von CULT OF LUNA, NEUROSIS und ISIS gefallen wird, für den durchschnittlichen OPETH-Jünger aber zu düster sein wird. Wenn auch noch nicht ganz die Klasse der Vorbilder erreicht wird, haben sich NAHEMAH mit diesem Album in eine gute Ausgangsposition gebracht, um mit dem Nachfolger ordentlich Staub aufwirbeln zu können.
Die PSYCHOPHONES gingen aus einer Band namens ?Free Land Green? hervor und beackerten 6 Jahre lang die norddeutsche Tiefebene mit selbstkomponierten in Sachen Blues, Rock und Pop. Nach einigen hin und her, kam man wohl in 2002 nicht nur auf einen neuen Namen und einen neuen Sänger, sondern auf eine musikalische Neuausrichtung ? fortan unter der PSYCHOPHONES-Flagge firmierend. Das der Veröffentlichung von ?Party Under An Evil Empire? Ende 2005 erst mal ein Split folgte, nur um seit September 2006 wieder in gleicher Besetzung und wiederum mit ?Party Under An Evil Empire? anzutreten bleibt unkommentiert. Was dann auf dem Album zu hören ist, lässt sich grob als Mischung zwischen Punk und Rock?n?Roll beschreiben, wobei desöfteren das Tempo rausgenommen wird und man eine leichte Affinität zum Stonersound nicht verleugnen kann (?Monsters?). Der Opener ?Egoland? rockt ganz gut nach vorne und der folgende Titeltrack ?Party Under An Evil Empire? geht als eingängige Rockhymne durch. ?Waiting For Mrs. Right? erinnert, auch des Gesang wegen, an einen verrockten Fury-Song, ?Anarchy In The Land Of Free? klingt zu Anfang verdammt nach The Offspring und ?Psychophones? ist ein astreiner Rock?n?Roll-Song. Langeweile ist also eher nicht und auch produktionstechnisch geht das Album an sich schon in Ordnung ? etwas mehr Druck hätte aber auch nicht geschadet. Ansonsten macht ?Party Under An Evil Empire? vor allem dann Spaß wenn?s die PSYCHOPHONES flotter angehen lassen (?Sanatorium Girl?); Live sollte das aber auch durchweg funktionieren.
FLESH ist das quasi-Soloprojekt von Pete Flesh, der sonst noch bei DECEIVER aktiv ist und mal bei MAZE OF TORMENT mitwirkte. FLESH ist ganz sein Kind, einzig die Drums hat Kollege Flingan eingeprügelt, der Rest ist Master Flesh himself. Ohrenscheinlich hat er vorher verdammt viel Death Metal-Klassiker gehört, allen voran AUTOPSY und OBITUARY. Bei Tommy Tägtgren wurde dann in einer Woche die Aufnahme über die Bühne gebracht, bei der eine solide Totmetall-Scheibe rauskam, die den Spirit der frühen Tage des Death Metals versprüht. Schön tief gestimmte Gitarren, ins-Mikro-Gekotze und eine Menge Groove, schon sind die neun Songs fertig. Keine große Kunst und mit Sicherheit kein Klassiker, aber eine Scheibe die Laune macht und zu der man prima in Erinnerungen schwelgen kann. Oder zu Stampfern wie "Taste The Devil's Blood" abgehen. Man merkt, dass Mr. Flesh Spaß an der Sache hatte und genau wußte, was er hier wollte. Nicht ganz so cool wie MURDER SQUAD, aber immer noch cool genug, um in der Anlage rotieren zu dürfen.
Zünftiger Thrash Metal aus Spanien ist nicht so oft vertreten, darum haben es sich LEGEN BELTZA zur Aufgabe gemacht, die deutsche Variante dieser Knüppelkunst zu zelebrieren. Deutsch darum, weil das Quartett sehr stark nach DESTRUCTION klingt, was vor Allem an Sänger Xanti´s hohem Gekeife (das bisweilen auch mal ins heisere Kreischen abdriftet), aber auch am ebenfalls nicht sehr tief gestimmten, mitunter schrillen Gitarrensound liegt. Und oftmals erreichen die Jungs tatsächlich das Niveau ihrer Vorbilder, denn mit Ekaitz und Azkue befinden sich zwei sehr fähige Saitenhexer in der Band. Auch wenn man die Originale ab und an zu offensichtlich durchscheinen lässt (zum Beispiel bei ?Fucking Dawn Of The Dead? oder dem Titelsong), macht ?Dimension Of Pain? wirklich Spaß, denn exquisite Thrash ? Hymnen wie ?When The Moon Falls? (cooler Ohrwurm), ?Satanic Neighbourhood? (nach vorne peitschender Stampfer), ?Ilunpean Dituzu? (Banger in Muttersprache) oder das zweiteilige ?War Of Wars? (leicht proggy, mit geilen Soli und Growls) machen keine Gefangenen und dürften nicht nur DESTRUCTION ? Fans zur Raserei bringen, sondern jeden qualitätsbewussten Thrasher! Auffällig ist übrigens auch das mit ansehnlichen Grafiken geschmückte Booklet.
WASTEFALL wurden 2003 in Griechenland gegründet, obwohl Bandgründer Alex Katsiyannis bereits seit 1997 aktiv ist. So kann das Quintett schon auf zwei Longplayer zurückblicken, denen sich nun mit ?Self Exile? der dritte Streich anschließt. Die Jungs spielen sehr modern angehauchten Progressive Metal mit vielen technischen Spielereien, so dass man das Album nur schwerlich kategorisieren kann. Obwohl die Band über weite Strecken an jüngere FATES WARNING mit Ray Alder erinnert, wertet sie ihren Sound mit vielen zeitgemäßen Spielereien auf, die zwar auf einen großen Ideenreichtum, aber genauso auch auf eine gewisse Orientierungslosigkeit schließen lassen. In einigen Songs ist etwa weiblicher Hintergrundgesang zu hören, der Song ?Sleepwalk? kommt vollständig elektronisch daher, während das anschließende ?E.Y.E.? sofort krachende Power ? Gitarren auffährt. Es fällt insgesamt schwer, den Stücken über die gesamte Spieldauer des Albums zu folgen, und mit ?Dance Of Descent? (cooles, Sirtaki ? artiges Intro!) befindet sich lediglich ein Song auf ?Self Exile?, der lediglich aufgrund seines zwingenden Refrains einen hohen Wiedererkennungswert besitzt. WASTEFALL besitzen ohne Frage großes Talent, schaffen es aber irgendwie nicht, ?Self Exile? zum Zünden zu bringen, was aufgrund der musikalischen Qualitäten wirklich schade ist!