Das durchgeknallte Trio aus dem kanadischen Vancouver existiert bereits seit 12 Jahren. Entstanden ist die Band angeblich nach einem nuklearen Unfall aus zwei Eiern und einem Hund. Dabei wurde auch ihre Superkraft geschaffen: Die "Super Pop-Punk Power". Wenn die Musik der Kanadier auch nur halb so originell wie diese Geschichte wäre, könnte das mittlerweile zwölfte Album (das übrigens - tada! - zwölf Songs enthält) durchaus Spaß machen. Leider ist es aber so, dass ihre Musik zwar deutlich RAMONES-beeinflusst ist und stellenweise auch die BEACH BOYS anklingen, man aber ausschließlich glatten Gute-Laune-Poppunk vorgesetzt bekommt, der dazu noch komplett drucklos aus den Boxen seiert. Auf einen Hit wartet man vergebens, denn alles klingt nach demselben nichtssagenden Einheitsbrei. Die Jungs sollten wenigstens einen Teil des Ideen-Reichtums, den sie in ihre Band-Bio stecken, für ordentliche Songs verwenden.
Mit ihrer Debüt-EP haben ESCAPE THE FATE bereits klar gemacht, dass es ihnen nicht um musikalische Individualität in irgendeiner Weise geht, sondern darum, dem Sound ihrer Vorbilder und Einflüsse so nah wie möglich zu kommen. Wenn dabei noch ein, zwei gute Songs herauskommen, um so besser. An wem sich die Combo aus Las Vegas orientiert, wird nach zwei Sekunden deutlich: Namen wie ATREYU, UNDEROATH oder TAKING BACK SUNDAY sagen alles. Für die Zielgruppe der Emos ist "Dying Is Your Latest Fasion" (ein erstaunlich selbstironischer Titel) ohne Abstriche konsumierbar, Songs wie das popppige "The Web We Weave" oder der potentielle Clubhit "Reverse This Curse" sind erste Sahne. Also kann man ESCAPE THE FATE eigentlich nichts vorwerfen, außer ein weiteres Plagiat in einem überfüllten Segment des Marktes zu sein, der nichts Neues zu bieten hat. Wie weit das unterstützenswert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Die bereits rezensierte FURZE-Veröffentlichung war stumpfer, rumpeliger und nicht mal spannender Old-School-Black-Metal. Demgegenüber hat der Zweitling von 2003 "Necromanzee Cogent" mehr zu bieten, also in diesem Fall ist weniger mehr. Denn die Scheibe ist langsam, doomig, minimalistisch und entfaltet dadurch einen gewissen Reiz. Und durch abgedrehten, beinahe drogistisch-geschwängerten Gesang, der eher an einen dubaianschen Moschee-Sänger erinnert als an Schwarzmetall. Dazu gesellen sich zugegebenermaßen ungewöhnliche Soundeffekte. Ambient und Co. KG bringen FURZE in die Nähe von Bands wie Abruptum - die fiese Stimmung der Militaristen aber schaffen diese Norweger nicht, der Sound macht die Diabolik irgendwie unernst und gibt die Band mit dem komischen Namen und dem großen Maul der Lächerlichkeit preis. Der Reaper änderte an den Songs nicht, auch sonst ist außer einem Pappschuber und einem leicht geänderten Schriftzug nix Neues zu entdecken. Letztlich ist das Album überflüssig, trotz aller Versuche der Trondheimer, anders zu sein - da kann auch die Werbung von 1349ern oder Fenriz nichts dran ändern.
Auf ein gutes Dutzend Werke kann der gebürtige Italiener und Klassikfan Alex Masi bereits zurückblicken, und niemand dürfte ernsthaft bestreiten, dass sein Name stets in Zusammenhang mit überragender Gitarrenarbeit fällt. Mit dem ehemaligen Malmsteen/ARK - Drummer John Macaluso hat er nun "Late Nights At Desert´s Rimrock" aufgenommen, auf dem man die beiden Ausnahmetalente in ihrer ganzen Pracht bewundern kann. Fans von instrumentaler Gitarrenmusik (gibt es da echt so viele?!) fühlen sich hier absolut angesprochen, aber mal ehrlich: einerseits kann man keinem Künstler seine Arbeit und seine zweifellos vorhandene, hohe Kunst absprechen, aber andererseits muss man auch nicht eine knappe Stunde lang hören, welch unglaubliche Tonfolgen der Maestro aus seinem Griffbrett herausholt. Auch dieses Album leidet, wie fast alle seiner Artgenossen, darunter, dass der "Aha-Effekt" irgendwann in pures "Jaja, wir haben ja gemerkt, dass Du das kannst!"-Abwinken übergeht. Normale Rockfans dürften hier also wieder mal eher genervt als zum Genuss angeregt sein. Wenn Alex Masi seine tolle Arbeit in allgemeinverträgliche Stücke eingebaut und sich (wie etwa Herr Malmsteen - selbst da scheiden sich schon die Geister) einen richtig guten Sänger geholt hätte, könnte man solch ein Album vielen anspruchsvollen Hard Rockern ans Herz legen, aber so bleibt wohl auch "Late Nights At Desert´s Rimrock" wohl nur einer kleinen, aber feinen Fanschar vorbehalten, die keine Angst vor komplexen Instrumental-Sessions hat. Perlen vor die Säue quasi?
Der Name THE TANGENT wird Progfreaks ganz sicher ein Begriff sein, ihn diesem quasi Prog Allstar Projekt ist der Protagonist dieser aktuellen CD "Anser´s Tree" Guy MANNING ebenfalls rührig beteiligt. In der Hauptsache ist der gute Mann aber mit seinen Soloarbeiten beschäftigt und hat seit 1999 kontinuierlich nicht weniger als acht Scheiben herausgebracht. Bei "Anser´s Tree" wird fiktiv in einem chronologischen Ablauf innerhalb eines Konzeptalbums der Stammbaum einer Familie von Dr. Jonathan Anser vertont. Dabei hat sich Multiinstrumentalist die Ahnenreihe der Anser´s ausgedacht, die ausgehend von bestimmten Jahresabschnitten weit in der Vergangenheit bis hinein in die Zukunft mit einem gewissen Dr. Jonathan Anser als erzählendes Bindeglied, der rein von der Zeitschiene noch gar nicht geboren ist, deren Geschichte vertont. Dieser geheimnisvolle Doc versucht die Geheimnisse seiner eigenen Vergangenheit zu entdecken um so irgendwelche Einsichten oder Erkenntnisse über die Funktionsweise des Universums herauszubekommen. Bevor es jetzt noch stärker metamorphotisch wird, kommen wir lieber zur Musik. Hier dominieren im Gegensatz zu THE TANGENT ganz klar sehr softe Folkmelodien und eine entsprechende Instrumentierung, der Rock muß meistens hinten an stehen. Guy Manning sieht sich selbst gerne als eine Art Liedermacher/Songwriter oder auch moderner Barde und erzählt mit äußerst lyrischen Texten die Begebenheiten seine verschiedenen Personen. Das Ganze erinnert mich doch recht stark an die ganz alten JETHRO TULL, BARCLAY JAMES HARVEST oder die Anfänge von PINK FLOYD aus allen Ecken strömen luftige Flötenklänge, vornehmlich akustisch geprägte leichte Gitarrenarrangements, zarte Violinen in hellen Klangfarben alles sehr romantisch manchmal nur haarscharf am Kitsch vorbei. Manche werden dies begeisternd romantisch nennen, mir ist dies oftmals zu ausufernd, lange ausgedehnt zu sehr nach Folklore klingend auch wenn er dies relativ gradlinig macht aber trotzdem mit vielen Details und fast schon barocken Schnörkeln daher kommt. Ganz klar dieser Mann hat hier ein hohes kompositorisches Können mit einem unheimlich breiten musikalischen Background an den Tag gelegt, egal ob Saxophon oder auch mal leicht jazzig, blusige Soundsprenkel mit Spacigen Keys ja manchmal hat dies sogar was von orchestraler (Kirchen) Musik es wird viel geboten. Einzig als Sänger überzeugt mich Manning eher nicht so wie er dies als Instrumentalist tut, er lispelt nämlich deutlich und sein Timbre klingt nach einen deutlich reduzierten IAN ANDERSON, da hätte er sich mal lieber einen guten Vocalisten gesucht. Die Produktion könnte ebenfalls etwas mehr Sattheit vertragen aber sei´s drum, für alle Freunde der leichten Progmuse mit extrem vielschichtigen Stimmungsbildern, weitläufigen und verträumten Harmonien dürfte "Anser´s Tree" durchaus eine passende Geschichte sein. Mir ist diese fast schon übertriebene Anmut sowie immer nur positiv geartete Mucke ohne den gewissen (bösen) Widerpart einfach etwas zu seicht und zu kantenfrei ausgeprägt. Aber trotz dieser Vorbehalte kann man sich auch als Rockfan wunderbar für eine Stunde in diese sieben virtuos vorgetragene Kapitel als (guter) Zuhörer hineinfallen lassen. Hat schon was, auch wenn man etwas etwas Geduld mitbrigen mußt.
Dafür, dass die fünf Jungs aus Atlanta erst zwischen 20 und 21 Jahre alt sind, spielen sie einen erstaunlich altmodischen Sound. Denn statt Teenie-Pop-Punk braten sie einem auf ihrem Debüt 12 Songs lang ihre oberdreckige Mischung aus Old School Punkrock und Spät-70er Rock um die Ohren. Das tun sie so rotzig und mit so viel Energie, dass es einen kaum mehr wundert, dass Tim Armstrong so begeistert von ihnen war, dass er sie direkt für sein Hellcat-Label signte. Auch ein paar andere prominente Namen sind mit an Bord, so hat Bandkollege Lars Frederiksen produziert und Joan Jett (!) Backing Vocals zu einem Track beigesteuert. Große Namen und fetter Sound sind allerdings noch nicht alles, gute Songs sollte man auch noch schreiben. Genau da hapert´s noch bei THE HEART ATTACKS. Kein einziger Track kann sich im Gehörgang festsetzen, und auf Dauer klingt alles sehr gleich und geht auf der einen Seite rein und auf der anderen wieder raus. Die richtige Rock ´n Roll-Attitüde besitzen die Jungs bereits, jetzt müssen sie noch dringend am Songwriting feilen.
Ich bezweifele, dass noch viele Leute die Schweizer EXCRUCIATION kennen, denn die Band löste sich 1991 wegen der üblichen persönlichen und musikalischen Differenzen auf. 2005 entschied man sich zu einem Neubeginn, der in zwei limitierten CDs gipfelte, denen sich nun mit "Angels To Some, Demons To Others" der erste Longplayer nach der Reunion anschließt und der gleich in drei Versionen (Jewelcase, Digipak und Limited Edition mit Vinyl-Single) erscheinen soll. Zu behaupten, dass EXCRUCIATION irgendeine Band kopieren, wäre nicht ganz korrekt, denn zwar erinnert man schon ein wenig an alte CELTIC FROST / HELLHAMMER, dennoch gründete sich das Sextett bereits 1984 und damit in etwa in dem Zeitraum, als sich die Landsleute gerade umformierten. Hört man sich das Album aber mal genauer an, erkennt man schnell, warum es für die Jungs nie zum großen Wurf oder zumindest zum Kultact gereicht hat: der stampfende Doom Metal (der etwa SOLITUDE AETURNUS, - oder COUNT RAVEN - Härtegrade erreicht) wirkt sehr durchwachsen und bleibt kaum hängen. Zudem bewegt sich der Gesang von Fronter Euginio irgendwo zwischen Death-Growls und normalem, kraftvollem Shouting, was ihn immer so klingen lässt, als habe er eine seltene Form von Verstopfung. Mit zumindest besserem Gesang wäre die Band gleich viel besser positioniert, aber auch so sind hier echte Perlen rar gesät und ein Stück wie der Ohrwurm "Like Hyde In Jekyll" leider in der Minderheit. Daher glaube ich kaum, dass EXCRUCIATION damit aus der zweiten Liga ausbrechen können. Doom-Freaks sollten aber probeweise mal ein Ohr riskieren!
German-Old-School-Thrash aus Siegburg bringen uns TORMENTOR - keine sonderliche Überraschung, bei dem Namen. "Apocalypse Not Today" und "Rise Of Dead Nation" heißen die beiden Titel, zwei Songs sind allerdings nicht wirklich viel, um eine Band zu beurteilen. Aber vielleicht ist dieses vorsichtige Vorgehen auch nicht schlecht, angesichts der Veröffentlichungsflut vieler Bands ohne große Übung. Die Siegburger fabrizieren altmodischen Thrash Metal, das Eröffnungsriff (nach "lustigem" Proberaumgequassel) ist hundertprozentig Destruction und auch sonst finden sich die alten deutschen Größen in allen Noten wieder. Die Hacksteak-Metaler gehen bewusst den einfachen Weg, machen auf Asi und haben Spaß dabei. Letztlich ist hier nix neu, nichts originell, aber irgendwie machen die nur zwei Songs Spaß. Jedenfalls denen, die nicht jedem modernen Trend nachrennen beziehungsweise denen, die sich nicht von den "guten alten Zeiten" lassen können. Falls irgendwer hehre Ansprüche an Progressivität und ähnliche Kinkerlitzchen hat: Finger weg. Kuttenträger sollten schnell ne Palette kaufen und sich die CD-Single anhören - vielleicht abwechselnd mit Sentence Of Death.
Die ersten drei Alben des franzöischen Trios HYPNOSIS sind zwar mit Labelunterstützung veröffentlich worden, allerdings bei solchen Vertretern, die nicht unbedingt für flächendeckende Verbreitung sorgen. Von daher dürfte nicht nur ich den Namen HYPNOSIS noch nie gehört haben. Bei einem Dreigestirn ist entweder ein Musiker in doppelter funktion aktiv oder der gute alte Drumcomputer wird benutzt, was meistens merkwürdig klingt - nicht so in diesem Fall. Das Maschinenhirn paßt gut in den mechanisch-kalten Death Metal und ist so gut programmiert, dass es selten langweilige Widerholungen gibt, was aber nicht heißen soll, dass "Seeds Of Fate" ohne diese nicht auskommt. Denn leider sind einige Songs zu lang geraten und widerholen zu oft das gleiche Grundschema, was auf Dauer etwas ermüdend ist, auch wenn viel mit Samples und elektronischen Spielereien gearbeitet wird, um etwas Abwechslung in die Songs zu bringen. Das wirkt aber nur bedingt, da das Grundschema der neun Tracks zu ähnlich ist und auch beim Mann-gegen-Frau-Wechselgesang nach drei Songs quasi alles gesagt ist. So bleiben HYPNOSIS nach starken Beginn hinter den Erwartungen zurück und "Seeds Of Fate" eine zähe Angelegenheit.
Die 5-Track-EP "Klavier" ist das zweite Output von SONGS OF LEMURIA - der neuen Spielwiese des Ex-BLIND PASSENGER Leaders Nik Page. Nach der Depeche Mode-Hommage "Shake The Disease" nahm sich Mr. Page und die Sopranistin Michaela Laubach diesmal Songs aus der deutschsprachigen Ecke vor um sie, unterstützt von Corinna Söller am Piano und Michael Krayer am Cello, in einem Mix aus Kammermusik und Dark-Pop einer neuen Sichtweise zu unterziehen. Rammstein´s "Klavier" kommt dabei so gelungen rüber, als wäre es für Klavier (für was auch sonst!) und Sopran komponiert worden. Allerdings geht die obsessive Stimmung des Originals in der Neufassung fast gänzlich verloren - gewollt. Denn auch der Text wird leicht auf die weibliche Gesangstimme abgestimmt. "Bitter" von Oomph! lebt durch den Gegensatz zwischen weiblicher Stimme einerseits und Nik Pages Gesang auf der anderen Seite und bringt auch so die Botschaft der Zerstörung des eigenen Ichs gut rüber. "Menschen" (von Joachim Witt) kommt hier besser als das Original, "Meer" von Tanzwut bringt in seiner reduzierten Form die textliche Botschaft recht eindringlich an. Mit dem Blind Passenger Song "Hall Of Pain" schließt die "Klavier"-EP eingängig und fast hitverdächtig. Die im Vergleich zu den vier vorherigen Stücken etwas großzügiger instrumentalisierte Version behält so auch ihre schottisch-irische Folkader. Nicht jeder wird mit SONGS OF LEMURIA etwas anfangen können - Nik Page wandelt mit seinem Projekt nun doch schon recht weitab bekannter Pfade der Rockmusik. Aber mit einer gewissen Offenheit offenbart die kammermusikalische Umsetzung der Songs interessante Aspekte und lohnt das hinhören. Und dabei ist vor allem eines noch zu bemerken: Die neo-klassischen Interpretationen wirken dabei nie kitschig.