Laut eigener Aussage ist dieses französische Quartett in den "goldenen Jahren des Heavy Metal geboren" und hat damit begonnen, seine Idole IRON MAIDEN, TWISTED SISTER, W.A.S.P. oder MEGADETH zu covern. Diese Inspirationen hört man dem gleichnamigen Debüt auch deutlich an; modern oder zeitgemäß klingt hier absolut gar nix! BLACK RAIN sind vom Scheitel bis zur Sohle in den 80ern verwurzelt, was nicht nur die (absichtlich oder nicht) auf "Retro" getrimmte Produktion beweist, sondern auch Songtitel der Marke "Kill Em All", "Gods Of Metal", "No Life Till Metal" oder "Battleground". Auch der Gesang von Gitarrist Swan erinnert dezent an altgediente Stahlmeister der Marke Halford, Lawless oder DiAnno, wobei deren Klasse nicht wirklich erreicht wird, was aber auch sicher niemand erwarten würde. Auch im Songwriting-Bereich schlagen sich die Jungs ganz gut, aber echte Kracher hat man noch keine im Gepäck; der treibende Banger "Crystal Night" kommt dem noch am Nächsten. BLACK RAIN sind Old School as fuck, scheißen auf gängige Trends, leben in ihren Herzen gut 20 Jahre vor unserer Zeit und dürften nur waschechte und im positiven Sinne ewig gestrige Metalheads begeistern. Denen sei "Black Rain" mit seiner über weite Strecken sehr gelungenen Gitarrenarbeit aber durchaus ans Herz gelegt, auch wenn sie keinen Oberhammer erwarten dürfen. Trotzdem nicht übel!
Die Australier VIRGIN BLACK sind selbst für eingefleischte Düstermetaller ein zweischneidiges Schwert. Zugegeben: mit Metal hat die Musik, die das Quartett um die beiden Hauptsongwriter Rowan London und Samantha Escarbe zelebriert, nicht mehr viel am Hut. Während man gerade im gotischen Genre zumeist metallische Sounds findet, die mit Klassik unterlegt werden, verhält es sich bei VIRGIN BLACK eher umgekehrt. Harte Gitarren kommen nur selten zum Einsatz, dafür dominieren Orchester, männliche und weibliche Operngesänge und opulente Chöre. Für "Requiem", eine gut zweieinhalbstündige Trilogie, deren zweiten Teil "Mezzo Forte" darstellen soll (und der seltsamerweise vor dem ersten Teil "Pianissimo" erscheint), konnte man sogar das "Adelaide Symphony Orchestra" gewinnen, das omnipräsent ist und das in Kombination mit Tenor und Sopran eine wirklich bombastische, dichte Atmosphäre erzeugt. Das Ganze wird wie gewohnt sehr langsam und getragen dargeboten, was VIRGIN BLACK auch für Fans des (Funeral-) Doom-Genres interessant machen könnte. Etwas aus dem Rahmen fällt lediglich das leicht deathmetallische Stück "Domine", das nicht nur kellertiefe Riffs und Growls auffährt, sondern als einziger Song auch einen kleinen Tick schneller zur Sache kommt, was der Dynamik sehr gut tut. Ihr merkt schon, dass man VIRGIN BLACK und ein Album wie "Requiem-Mezzo Forte" (wieder einmal) nicht einfach einordnen kann, denn dafür ist die Musik zu eigen und schwer kategorisierbar. Hier fühlen sich Gothic,- Doom,- und auch ganz partiell Death Metaller angesprochen, wobei es sich um sehr schwere, allerdings auf ihre Weise auch fantastische, brillant umgesetzte Kost handelt. Wer aber etwa auf die orchestralen Ausflüge von THERION oder meinetwegen auch auf Sounds der Marke ENIGMA steht, sollte das Album ruhig mal anchecken. In diesem Bereich gibt es zurzeit kaum etwas Gleichwertiges!
KILL KIM NOVAK aus dem schönen Soest werden Ende des Jahres ihre erste Langrille veröffentlichen und überbrücken die Wartezeit bis dahin mit diesem Re-Release ihrer beiden EPs "Kopfleuchten" und "Kaskaden", die zu diesem Zwecke remastert wurden. Große Unterschiede zwischen beiden Scheiben gibt es nicht, die Band wußte schon anno 2003, wie sie coolen Screamo schreiben kann. Die Songs sind flott unterwegs, transportieren aber gleichzeitig eine nachdenkliche Stimmung, die durch die effektvollen Samples noch verstärkt wird. Natürlich passt die Stimme von Sänger André dazu wie Arsch auf Eimer und transportiert viel Wut, aber eben auch Verzweiflung, was auch die Gitarren in Form von heftigen Ausbrüchen und ruhigen Tönen ("Wissen!?") zu vermitteln wissen. Am Ende geht die Zusammenstellung mehr als in Ordnung, auch wenn soundtechnisch sicher noch mehr Druck wünschenswert gewesen wäre, aber für Demos ist das alles im grünen Bereich. Die Wartezeit auf das Album kann man sich mit diesem Silberling auf jeden Fall vertreiben.
Erinnert sich noch jemand an die Anfänge von RAISE HELL? Die haben blutjung ihre erste Scheibe rausgebracht, für die sie ordentlich abgefeiert wurden, sind danach aber nie so wirklich durchgestartet. Wollen wir hoffen, dass es FOREVER IN TERROR nicht so geht, was den zweiten Teil betrifft. Die Ami-Boys dürfen hier gerade mal Auto fahren und spielen in der aktuellen Besetzung erst ein Jahr zusammen, was die Leistung auf ihrem Debür "Restless In The Tides" umso erstaunlicher macht. Auf dem geben die Jungs ordentlich Gas und haben einen Haufen gelungener Songs geschrieben, die an UNEARTH, SHADOWS FALL und den Rest der NWOAHM erinnern. Klingt jetzt nicht sonderlich spektakulär, aber FOREVER IN TERROR haben ein Händchen für abwechslungsreiche Songs, die gleichermaßen IRON MAIDEN wie SUFFOCATION nutzen ("In Face Of The Faceless") und mit typischen Core-Elementen wie Breakdowns und Moshparts verbinden. Klarer Gesang ist dagegen nur in einigen Songs zu finden, was angesichts der Güteklasse sehr schade ist, wie "The Chosen One" beweist. Das Album hat zwar keinen Überknaller wie "Zombie Autopilot" oder "Thoughts Without Words" zu bieten, aber das wird nur eine Frage der Zeit sein. Und die haben die Jungspunde wahrlich noch genug. Fürs Erste haben sie mit diesem Album einen hervorragenden Einstand abgeliefert, auf dem sich aufbauen lässt und mit dem sie Anhängern der ganzen Ami-Chose ein Lächeln ins Gesicht zaubern werden.
Die österreichischen Melodic Metaller SERENITY brachten vor zwei Jahren mit "Engraved Within" ein viel beachteten Demo an den Start, durften zuvor schon für DIO eröffnen und kommen nun mit ihrem Debüt "Words Untold & Dreams Unlived" daher, das im "Finvox"-Studio in Helsinki seinen superben Soundschliff bekommen hat; soviel zu den Fakten. Was SERENITY allerdings von den zahlreichen Newcomern dieser Tage abhebt, ist, dass sie schlichtweg geniale Songwriter sind und mit Georg Neuhauser einen erstklassigen Sänger in ihren Reihen haben. Der Mann klingt in etwa wie eine jüngere Variante von Klaus Meine, beherrscht kraftvoll alle Facetten des Genres und setzt den durchweg brillanten Songs seine ganz eigene Krone auf. Egal, welches Stück man hier anspielt, ich habe selten eine Band erlebt, die mit solcher Frische zu Werke geht. Das Quintett erfindet das Rad des leicht progressiv-bombastischen, melodischen Metals nicht neu, weiß aber wie kaum ein anderer Newcomer in diesem Bereich, wie man aus Altbewährtem mitreißende Musik kreiert. Auch wenn es übertrieben klingt, erinnert mich das Album nicht nur stilistisch, sondern auch in Sachen Herzblut und Spielfreude an das göttliche DREAM THEATER-Debüt "When Dream And Day Unite". Hört Euch nur mal Knaller wie "Reduced To Nothingness" (mit SAVATAGE-artigem Kanon), "Forever", "From Where The Dark Is Born" oder die beiden überragenden "Engraved Within" und "Dead Man Walking" an… SERENITY zaubern Gänsehautmelodien und Refrains aus dem Hut, die man so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Lediglich die beiden kurzen Instrumentale "Words Untold" und "Dreams Unlived" (die quasi den Titelsong bilden) wirken ein wenig wie Füller, was aber nichts daran ändert, dass "Words Untold & Dreams Unlived" nicht nur eines der besten Debüts seit Langem ist, sondern für mich auch das bislang stärkste Melodic Metal-Album des Jahres!
Kurz nachdem er mit seiner Zweitband BORKNAGAR das Akustik-Album "Origin" veröffentlicht hat, besinnt sich VINTERSORG wieder auf sein Hauptaugenmerk, seine eigene, gleichnamige "Band", die er zusammen mit Gitarrist Mattias Marklund betreibt. Wenn man ehrlich ist, dann hat der Schwede bislang nur einen echten Trumpf gelandet, nämlich das bekannte "Till Fjälls"-Album. Alle späteren Werke hatten zwar ihre Qualitäten, aber an den Erfolg seines Debüts konnte das Nordlicht bislang nicht anknüpfen; eine Aufgabe, die wahrscheinlich auch mit "Solens Rötter" nicht gelöst wird. Das neue Album besitzt alle VINTERSORG-typischen Merkmale, ist aber insgesamt eher sperrig und über weite Strecken sehr ruhig ausgefallen. Folkige, akustische und verträumte Passagen treffen auf nur wenige heftigere Parts, wobei die Stücke sehr progressiv gehalten sind. Die Übergänge sind fließend; echte "Hits" im Sinne eingängiger Mitgrölnummern findet man auf dem Album nicht. Am Nächsten kommen dem noch das sehr coole, dynamische "Spirar Och Gror" und die mit tollem Wechselgesang versehene Hymne "Fran Materia Till Ande". Teilweise scheint es, als habe VINTERSORG am BORKNAGAR-Projekt "Origin" Gefallen gefunden und diese "ungepluggte" Ausrichtung in seine eigene Musik eingebaut. "Solens Rötter" ist beileibe kein schwaches Album, sondern musikalisch sehr anspruchsvoll, detailreich und vielschichtig, nur dürfte die Scheibe gerade den Fans von kurzweiligen, nordischen "Saufhymnen" zu komplex sein. Wer aber im Folk/Viking Metal-Genre gerade auf der Suche nach schwerer konsumierbarem und langlebigerem Stoff ist, sollte "Solens Rötter" definitiv anchecken!
Die Herren DARKTHRONE mögen OBLITERATION - und das nicht aus lokaler Verbundenheit, sondern wegen des rohen Old School-Sounds, der bei "Perpetual Decay" aus den Boxen quillt. AUTOPSY, OBITUARY (der Gesang, oder besser: das Gekotze) und Thrash Marke alter SLAYER bilden die Fixpunkte, zwischen denen sich die Band bewegt. Dabei wird zwischen wüsten Thrash-Parts, doomigen Abschnitten ("Instrumental") und technisch anspruchsvollen Knüppelparts munter gewechselt, was dank der guten Produktion mit Schmackes aus den Boxen drückt und Garant dafür ist, dass die Chose nicht langweilig wird. Old School muss eben nicht zwingend auch spielerische Limitierung bedeuten. "Perpetucal Decay" wird alljenen gefallen, die gerne die Zeit auf Anfang der 90er zurückdrehen würden und sich an dem oben genannten Dreigestirn nicht satthören können.
Die schwedische Melodic Death Metal-Institution DARK TRANQUILLITY dürfte mittlerweile genauso umstritten sein wie die Landmänner und Szenemitbegründer IN FLAMES. Beide Bands genießen ähnlich großen Zuspruch, füllen inzwischen größere Hallen, verkaufen ordentlich und bedienen den - Achtung, Unwort! - metallischen Mainstream. Im Widerspruch dazu steht, dass der gemeine Metaller populäre Bands auf einmal nicht mehr mag, nur weil sie bekannt sind; das ist ein ebenso beklopptes wie nachweisbares Phänomen. Der große Unterschied zwischen diesen beiden Bands besteht aber im Wesentlichen darin, dass DARK TRANQUILLITY, als sie drohten, sich in der Pop-Schiene festzufahren, noch schnell einlenkten und spätestens mit dem geilen "Character" wieder zurück zu ihren Wurzeln gingen, was den Kollegen bisher leider nicht gelang. Die Basis für "Fiction" ist also wieder Death Metal schwedischer Prägung, der natürlich nicht frei von vielen melodischen, bombastischen und elektronischen Elementen ist, aber Mikael Stanne und Co. haben es hier geschafft, alle ihre Eigenschaften zu einer geilen Mischung zurechtzubiegen, bei der schlicht das Songwriting im Vordergrund steht. Es ist mir scheißegal, ob man Elektronik, Keyboard, etc. in diese Musik einbauen "darf" oder nicht; "Fiction" klingt von vorne bis hinten ausgereift, heavy, aggressiv, intelligent, verleugnet aber nicht seine Herkunft und biedert sich zu keiner Sekunde an. Alle Songs sind (mitunter sogar recht progressive) Genre-Hymnen, die spätestens nach drei, vier Durchläufen einfach ins Blut gehen, sei es der aggressive Opener "Nothing To No One", das vertrackte "Blind At Heart", das fast schon blackmetallische "Inside The Particle Storm", das majestätische "Empty Me", das von THEATRE OF TRAGEDY-Elfe Nell Sigland unterstütze "The Mundane And The Magic" oder die beiden fantastischen "Terminus (Where Death Is Most Alive)" und "Misery´s Crown". Auf dem Album findet sich keine Schwachstelle, und es zeigt, was passiert, wenn eine schon immer herausragende Band so weit gereift ist, dass sie es "wagt", Genre-Grenzen zu ignorieren und ihren eigenen Stil zu etablieren. Ein Statement und Meisterwerk!
Norwegen, nordische Blasphemie, true as black-metal-fistfuck. Schwarz-weißes Cover, Totenschädel, Schwerter, norwegische Flagge. Echt Grim. Vor allem der Gorm ist grim, zumindest keift er wie der Leibhaftige selbst. Hier stimmt eigentlich alles, was zu einer wahren, ein wenig undergroundigen, aber dennoch professionellen Black-Metal-Scheibe eben aus Norwegen gehört. Die Gitarren klingt harsch und kalt und wenig technisch, das Tempo variiert, ist aber meist hoch, genau wie das Timbre von Stimme und Sound. Das Schlagzeug kloppt von hinten, der Bass bollert für aufmerksame Ohren, die eher wenigen, gemäßigen Parts geben sich dem Midtempo hin, sind aber dem Geknüppel gnadenlos unterlegen, auch wenn gelegentliche Groove-Parts vom majestätischen Anspruch noch weit entfernt sind, tun sie wie in "Martyrenes Rike" gut und machen den Song zum Besten der Scheibe. Eigentlich sind die Voraussetzungen für eine gute Schwarzwurzel-Ernte durchaus gegeben, viele Songs haben ihre Momente. Allerdings fehlt den Skandinaven-Knaben auch nach fünf Demos noch der schwarze Finger, will sagen das Händchen für Songs, die auch wirklich hängen bleiben, das Geschick für wirklich außergewöhnliche Nummern. Als Bonus gibt es übrigens ein Demo zu oben genannten Stück. Herrlich, schön mit Schwertern, Kerzen, Corpsepaint und Co-Hallo im Schnee. Wunderbar - irgendwie ist Norwegen immer schön.
Moderne Musik machen die Guys aus Gaildorf. Am einen Ende dienen Modern-Metal-Bands wie Nickelback , am anderen Fear Factory und Pantera als Anhaltspunkte. Insgesamt ließe sich EAR-SHOT also als Modern-Thrash mit leichten Industrial-Anflügen und Hardcore-Einflüssen klassifizieren. Erfreulich: Die Scheibe ist wirklich sehr professionell aufgenommen, der Sound ist cool, die Instrumente handwerklich 1A eingespielt, die Songs solide aufgebaut. Es geht straight ab, es gibt auf de Fresse, die abschließende Ballade "I Realize" bedient auch die emotionale Schiene. Dann gibt es kommerzielle, charttaugliche Momente, vor allem Svens Stimme dürfte den wenigsten wirklich missfallen. Und selbst bei den härteren Songs wie dem Opener "Reborn" umschmeicheln ohrwurmige Refrains die offene Hörmuschel des Rezipienten. Nun stimmt an diesem Album also alles? Nein, denn trotz aller Klasse regiert nicht selten Königin Langeweile. Die Songs klingen wie bereits durchgenudelt, wie schon zig-mal gehört, es fehlen Überraschungen, "The Pain" ist irgendwie vorhersehbar. Fans angesprochener Band auf der Suche nach Frischfleisch sollten hier dennoch ruhig mal reinhören.