Es gibt junge deutsche Bands aus dem weitesten Bereich der härteren Rockmusik, die ernteten haufenweise Vorschusslorbeeren, starteten schnell durch - und verschwanden dann recht sang- und klanglos von der Bildfläche. Die unsäglichen 4Lyn seien vielleicht als Beispiel genannt. BOOZED aus dem beschaulichen BramscHE(LL) hingegen halten den Standard, vielleicht sind sie mit der steigenden Zahl an Jahren sogar noch besser geworden. Dabei behalten ihren Stil bei, spielen coolen, Popo-stupsenden Rock’n’Roll irgendwo zwischen Hellacopters, AC/DC, Turbonegro und anderen Dreckspatzen. Dass sich beim melo-punkigen „Circus“ sogar Nicke Andersson die Ehre eines Gastauftritts gibt, dürfte als echte Wertschätzung durchgehen. Und einen Haufen Street Credibility verdienen sich die Niedersachsen auch noch: Schließlich gründeten sie kurzerhand ihr eigenes Label, um dieses Album unter die Leute zu bringen (die limitierte Version kommt übrigens mit einer Bonus-DVD ins Geschäft). Selbst ist der Rock’n’Roller. Einen Nachteil hat aktuelle Pladde allerdings: Live sind die Jungs noch pornöser.
Donnerlittchen: Mit einem echten Donnerschlag melden sich die Engländer THUNDER aus dem Business ab. (Zumindest vorerst – bis die Reunion-Schillinge klimpern und die Briten beim Sweden Rock oder sonst wo die morschen Knochen entlüften?). Wer die Tommies nun aber mit den Haarspraybands ihrer großen Zeit aus den USA verwechselt, der hat sich den Namen falsch auf der Festplatte abgespeichert. Die Kapelle macht nämlich astreinen, klassischen Hard Rock, der jedoch nie diesen massenkompatiblen Kaugummi- und Stadionfaktor enthält. THUNDER wirken einigermaßen ehrlich und bieten ihren Fans demnach auch gleich 16 schicke Songs. Nach der Auflösung 98 und der Reunion 2002 nahm die Band 2007/2008 drei EPs (seinerzeit direkt zu bestellen für Fans) auf. Die decken typischerweise das Spektrum von der kitschfreien Ballade über echten Groove, moody Blues und (Hard) Rock ab (live und Studio) - gekonnt, professionell und mit Herz. Selbiges wird den Fans bluten, denn mit dieser Scheibe haben THUNDER noch mal ein gewichtiges Statement ihres 20jährigen Schaffens abgegeben - Donnerwetter.
Auch wenn die PASSAROUNDERS aus Schweden kommen – mit dem aus diesen Regionen gewohnten Garagen-Rock haben sie nicht viel am Hut. Vielmehr bekommt man auf ihrem zweiten Album 44 Minuten lang eine volle Kelle punkigen Rock ´n Roll um die Ohren gehauen. Mit simplen Riffs, aber umso mehr Energie geht es durchgehend gerade und straight nach vorne, und darüber erklingt heiserer Schreigesang, der etwas nach Lemmy klingt, aber weniger Volumen hat und deshalb irgendwo zwischen Krächzen und Keifen liegt. Immer wieder klingen MOTÖRHEAD durch, aber auch Bands wie TURBONEGRO und PSYCHOPUNCH. Die Klasse dieser Bands erreichen die PASSAROUNDERS aber nicht. Auf Dauer klingt nämlich alles ziemlich gleich und einfallslos und wird daher irgendwann langweilig. Dazu nerven die montonen, komplett melodiefreien Vocals, die besonders an Stellen, an denen es etwas melodischer zugeht, unpassend und zu überdreht rüberkommen. Alles in allem ist der Sound gar nicht schlecht, aber so richtig zünden tut die Scheibe nicht.
Die Band DRUDKH wurde Anfang dieses Jahrzehnts von Roman Saenko, der auch für die Bands BLOOD OF KINGU, DARK AGES und HATE FOREST verantwortlich zeichnet, gegründet. Verschrieben hat sich das ukrainische Quartett epischem Black/Viking Metal, der stilistisch bisweilen an Bands wie SOLSTAFIR, MOONSORROW oder eben BATHORY erinnert. Allerdings schaffen es DRUDKH nicht, ihre treibenden, monotonen Songs einigermaßen packend zu gestalten. Oftmals läuft minutenlang die selbe, einschläfernde Melodie, und auch der Kreischgesang von Gitarrist Thurios wirkt eher kraftlos und banal. Schade ist dabei, dass DRUDKH eigentlich einige echt gelungene Melodien am Start haben, die aber unter der insgesamt viel zu drucklosen Produktion leiden. Diese ist wohl auch einer der Hauptgründe dafür, warum „Microcosmos“ so zahnlos und verwaschen tönt. Insgesamt hat man schon schlechtere Erzeugnisse aus dem Hörner tragenden Lager gehört, aber dieses Album besitzt einfach zu viele Schwächen, die sowohl Songwriting als auch klangliche Umsetzung betreffen, und daher ist es kaum jemandem zu empfehlen.
THE SEVEN GATES sind ein weiterer Beweis, dass Florida-Death Metal auch in Frankreich seine Spuren hinterlassen hat, haben doch ein paar Franzosen (u.a. von MUTILATED) die Combo ins Leben gerufen, um dem Todesblei Marke Florida zu frönen. Wer sagt da MORBID ANGEL? Richtig, die Mannen um Trey waren hörbar der größte Einfluss für „Angel Of Suffering“, vom Gitarrensound über das Riffing bis zum Shouter klingt alles nach den Amis, besonders zur „Domination“-Phase. Das ist manches Mal auch gefällig und gut („Pressure“), über Albumlänge aber nicht sonderlich spannend. Dazu sind die Franzosen zu sehr bemüht, wie das Vorbild zu klingen und verschließen sich eigenen Ideen und anderen Einflüssen, so dass „Angel Of Suffering“ eine nette Death Metal-Scheibe geworden ist, die aber weder an die Frühwerke der Engel herankommt, noch mit einer eigenen Note punkten kann.
SUICIDAL WINDS betrinken sich bei einer Party, merken dann, dass alle Bock auf Death Metal haben und rufen AXIS POWERS ins Leben. So simpel wie die Entstehungsgeschichte der Band ist auch ihre Musik – old schooliger schwedischer Death Metal soll ja gerade nicht filigran gespielt sein. Thematisch dreht sich alles um Krieg, auch da nix Neues. Neun Songs haben die Schweden für ihre neue Scheibe geschrieben, die allesamt recht gleich klingen und bewusst den simpel-rohen Charme der frühen Neunziger versprühen, also wenig Melodie, dafür immer gerade raus und ein herrlich röhrender Sänger. Der Unterschied zu den legendären Alben aus der Zeit ist der, dass AXIS POWERS keine wirklich zündenden Songs geschrieben haben. Es rumpelt alles ganz passabel vor sich hin und macht durchaus Laune, als Retro-Soundtrack, aber objektiv betrachtet ist „Marching Towards Destruction“ eine durchschnittliche Scheibe, die gegen „Left Hand Path“ und Konsorten nicht ankommt.
Live sind DEATH BEFORE DISHONOR nach zehn Jahren und mehr als tausend Shows eine echte Macht, mit „Count Me In“ haben die Bostoner bestes Songmaterial am Start. Auf die nächste Dekade und die nächsten tausend Shows – da macht sich ein neues Album ganz gut, oder? „Better Ways To Die“ beginnt mit dem knackigen „Peace And Quiet“ erwartet und hat neben der typischen Stimme auch die Verquickung von Metal und Hardcore, für den die Band steht, zu bieten. „Coffin Nail“ und „Remember“ stehen dem in nichts nach und machen einmal mehr klar, dass DEATH BEFORE DISHONOR ganz in der Tradition der alten New Yorker Schule stehen. Die folgenden Songs überraschen dann aber ein wenig, denn statt auf Nummer Sicher zu gehen, bringen B-Roll & Co. Streetpunk und MOTÖRHEAD ins Spiel („Black Cloud“) und erweitern so ihren Sound, ohne dass es aufgesetzt klingt. Die neuen Einflüsse fügen sich harmonisch in den brachialen Grundtenor der Songs ein, was für die Songwriting-Qualitäten der Bostoner spricht. „Bloodlust“ erinnert gar an die seligen BLOOD FOR BLOOD, während das abschließende „Our Glory Days“ richtiggehend punkig ausgefallen ist. DEATH BEFORE DISHONOR setzen mit „Better Ways To Die“ ihren Weg konsequent fort, ohne auf der Stelle zu treten und erweitern ihren Sound in einer Art und Weise, die ihren Fans gefallen dürfte, ist das doch ehrlich und in sich stimmig ausgefallen. Ganz starkes Album, das ein würdiger „Count Me In“-Nachfolger ist!
Eine der eindrucksvollsten Stimmen der Welt – die hat John Jones. Der Herr aus Wales wandelt hier erstmals und im wahrsten Sinne des Wortes auf Solo-Pfaden. Der passionierte Wandersmann hat sich quasi seine Begleitmusik für den eigenen Walk gemacht. „Rising Road“ besteht aus eigenen Kompositionen und für Jones wichtige Traditionals. Unterstützt von Oysterband-Kollegen und anderen mehr oder minder bekannten Akteuren (Benji Kirkpatrick von Bellowhead, Folkmusikerin Sophie Walsh) schafft John erneut eine wirklich durchdringende, sehr melancholische und dennoch hoffnungsvolle Atmosphäre, die in „Henry Martin“ einen echten Höhepunkt findet. Aber schon der Opener „Let Me Fall“ zeugt von der enormen Macht der Stimme dieses Mister Jones. Lediglich das ziemlich poppige „Searching For Lambs“ trübt den großartigen Eindruck dieses Albums – das ändert aber nichts an der Größe dieses Musikers. Fazit: Ein Folk-Highlight der Extraklasse mit viel Identität, noch mehr Gefühl und ohne Klischees - Weltklasse.
Es hat ja in diesem Jahr 2009 schon einige recht gute Hardrock bzw. Melodic Metal Scheiben gegeben, aber „Land Of The Free“ dieses schwedischen Allstar-Projektes gehört definitiv nicht dazu. Neben einem oberkitschigen Cover und einem äußerst nach Nichts klingenden Bandnamen hat es bisher auch noch nicht mal zu einer eigenen Präsenz im Internet gereicht (was schon etwas die Ernsthaftigkeit dieses Projekts belegt) - sicher über die Musik sagt dies gar nichts aus, aber diese ist ebenfalls äußerst bieder sowie belanglos und vor allem so innovativ wie das 50’ste STATUS QUO-Album. Nee ehrlich, was hier Mastermind Ralf Jederstedt mit seinen Mitstreitern aus ehemaligen Mitmusikern von u.a. von MALMSTEEN, JOHN NORUM, HAMMERFALL, BRAZON ABBOT (die Namen der weiteren Protagonisten erspar ich uns jetzt mal) da zusammengeschustert haben, lockt nun wirklich keinen mehr hinter dem Ofen oder jetzt da wir ja Sommer haben vor dem Cabrio vor. Sicher die Herren können ihre Instrumente einwandfrei bedienen, die Produktion ist solide, aber die Songs sind dermaßen ausgelatscht und ohne Esprit, ein Bandfeeling geht dem ganzen ebenfalls ab es klingt alles ein wenig arg gewollt - hier mal ein bisschen wie DEEP PURPLE („Fruits Of Life“) klingen, da ein wenig YNGWIE MALMSTEEN („Xtacy“) und hier noch was von xy, kennt man alles schon. Dann gibt es auch mal ein wenig AOR oder Melodic Rock, mal mit netter Hookline wie bei „Living Generation“ der Sänger müht sich durch diesen braven Song, ist aber dann doch eher ein Mann für die schnelleren etwas härteren Sachen, die ganz zahnlosen Tracks sind seine Sache scheinbar eher nicht. Die Mucke erinnert bei den softeren Geschichten teilweise etwas an alte FATE („Innervations“), aber es fehlt einfach die Lockerheit und der Zeitgeist von damals. Der Funke springt irgendwie nie über, die Band spult ihr Programm mit Marke Baukastensongwriting routiniert runter, aber so richtig überzeugend als Einheit hört sich dies nur ganz selten an. „Land Of The Free“ als Album sowie auch der Song haben leider garnix mit GAMMA RAY zu tun, obwohl man bei selbigen beinahe krampfhaft mit neoklassische Einschlag versucht etwas speediger in Gang zu kommen. Sorry aber dies gelingt trotz auch ein paar ganz gelungener Gitarrensolis nur sehr beschränkt. Bei der Ballade „Mr. Cain“ startet man dann noch den halbgaren Versuch etwas nach guten GUNS’N ROSES Zeiten in der Art von „November Rain“ klingen zu wollen geht aber leider auch nach hinten los.
Der hier servierte aber zuvor bereits hundertfach besser interpretierte skandinavische Hardrocks mit leichten Tendenzen zum Melodic Metal bietet wirklich nichts weltbewegendes. Wer also auf solche Mucke abfährt, wie dies hier viel zu konstruiert passiert ist, dem seien statt GEFF als absolute bessere Alternativen die aktuellen Werke von CHICKENFOOT oder SHAKRA empfohlen, denn dort wird wirklich klasse Material abgeliefert ohne jede Einschränkung.
Cool. Der Einstieg in diese – ich nehm’s vorweg – ausgesprochen gelungene Melodic Metal-Veröffentlichung weckt Erinnerungen an das superbe Sonata Arctica-Debüt: Dunnemals gab’s auch statt einlullendem Introgeschwurbel erstmal voll auf die Nuss. Im Affenzahn von Null auf Hundert und dann ab dafür, so auch hier – großartig! Der Vergleich kommt nicht von Ungefähr, handelt es sich bei CAIN’S OFFERING doch um die Ausgeburt von Jani Liimatainen, dem ehemaligen Klampfer von – tadaa! – Sonata Arctica. Dass das Songmaterial da nach seinen ehemaligen Bandmates in den konstant schlecht ausgesuchten Klamotten klingt, liegt auf der Hand. Der Rest seiner neuen Combo CAIN’S OFFERING rekrutiert sich nun – Kleidungswahl hin oder her – aus dem Besten, was die finnische Szene an Melodic-Größen zu bieten hat, allen voran Timo „Stratovarius“ Kotipelto, der hier förmlich aufzublühen scheint. „Gather The Faithful“ ist mit seinen majestätischen Arrangements, großartigen Melodien und vereinzelt eingesetzten (harten) Reizpunkten ein Gourmethappen für ausgehungerte Sonata-Fans, denen ihre Schützlinge zuletzt etwas von der Spur schienen, für Freunde des melodischen Power Metals ohnehin und für jeden Liebhaber härterer Klänge, der nicht gleich beim ersten Streicher- oder Keyboardeinsatz die Flucht ergreift. Ob die Jungs ihr Piano-Thema für die hübsche Rausschmeißer-Ballde „Elegantly Broken“ allerdings absichtlich 1:1 beim 1987er Dancefloor-Classic „Tell It To My Heart“ (Taylor Dane – remember?) stibitzt haben, wird mich zwar noch ein Weilchen beschäftigen, aber jetzt drück ich erstmal erneut auf die Play-Taste. Und los geht’s, voll auf die Nuss..! (heavy)