Man möchte schreien vor Verzweiflung und ihnen zurufen verdammt nochmal etwas entspannter an die Sache ranzugehen: DEMENTI sind schon Jahre dabei, "Wer Bettelt Wird Nicht Gefüttert" ist von der Produktion her Oberklasse und macht dort wenig falsch: Die Gitarren scharf, der Gesang klar, die Elektronik nicht zu aufdringlich. So muss das sein und ist es doch so selten. DEMENTI kranken an etwas anderem: Es gibt keinen Song der mich fesselt und es gibt kaum einen Song den ich nachvollziehen kann. Nicht weil sie übermäßig komplex wären, sie sind vielmehr zu durcheinander: Man windet sich um eine Melodie als wäre sie Gift, ein cooles Riff hat gegen Keyboards keine Chance, die einsetzen wenn sie schweigen sollten. Ob es der Titeltrack mit sägenden Gitarren ist, der im Chorus mit unnötigem Nachhall auf den Vocals dem Track die Kraft raubt - das nicht klingt wie ein nachvollziehbares Stilmittel sondern wie ein unnötig krampfig-kreativer Anfall. Etwas weniger deutlich ist die Kluft aus gewollt-brachialen Sounds und poetisch-technischem Anspruch bei den ruhigeren Songs: "Warten Im Regen" profitiert von den gezügelten Instrumenten und einem durchaus eingängigen Chorus. Die Tonlage der Vocals ist mir etwas zu heiser und in Verbindung mit den deutschen Texten ganz sicher gewöhnungsbedürftig, die Texte sind bemüht und sicherlich weniger plump als von NDH-Kollegen gewöhnt - sie entbehren aber nicht eines gewissen Pathos und auch oft gehörten Phrasen (Beinahe zum Kotzen beim unerträglichen "Ein Atemzug" oder sehr vorhersehbar bei "Mit Einem Engel") stören manchmal den Fluss der Songs. Für mich sind DEMENTI leider immernoch weit davon entfernt der Neuen Deutschen Härte wieder Leben einzuhauchen.
Mr. JORN Lande ist nach seiner (überraschenden?) Rückkehr zu den Überfliegern von MASTERPLAN wieder mal pressetechnisch allgegenwärtig – und die Spannung was Uli Kusch und Roland Grapow mit ihrer MK-I Besetzung reißen steigt. Folgerichtig gibt es, sozusagen vorab, eine Best of-Compilation der JORN-Solo-Scheiben, welche den Mann der neben den ersten beiden MASTERPLAN-Veröffentlichungen u.a. Bands wie THE SNAKES, MILLENIUM, VAGABOND und vor allen den unerreichten ARK und den zwei ALLEN/LANDE-Alben gesangstechnisch mit seiner unverkennbar variablen Stimme nach vorne half mustergültig präsentiert. Das unter den 16 Tracks der „Dukebox“ keine Ausfälle zu verzeichnen sind ist selbstverfreilich und vom Opener „Man Of The Dark“ über „War Of The World“ und „Blacksong“ bis zum Schlusspunkt „Duke Of Love“ zeugen die melodischen, traditionellen Hard Rock Kompositionen (ich sage nur DIO und WHITESNAKE) von Lande’s Können. Wer allerdings einige JORN-Scheibchen sein eigen nennt oder sich schon die äußerst gelungene Werkübersicht „The Gathering“ besorgt hat, kann gerne auf „Dukebox“ (trotz mäßiger Überschneidungen) verzichten. Ansonsten ist das Album für Neueinsteigern in Sachen gehobene Hard Rock Sangeskunst eine Investition wert. JORN Lande hat es halt einfach drauf.
Das Wiener Trio mit dem seltsamen Namen MILK+ legt mit seinem Debüt ein wirklich ungewöhnliches Album vor. Konventionelle Songstrukturen werden komplett über Bord geworfen, dafür bestimmen eine hohe Dynamik, ständige Geschwindigkeits- und Feeling-Wechsel den Sound. Treibende Riffs gehen über wirre Breaks in Unisono-Läufe von Bass und Gitarre über, um schließlich bei melodischen, getragenen Passagen zu landen, die in ihren besten Momenten nach RADIOHEAD oder PINK FLOYD klingen. Rock ist das gerade noch so, aber eher Art- oder Jazz-Rock. Das Ganze ist dabei durchaus spannend gemacht, und auch an den hohen musikalischen Fähigkeiten der Musiker gibt’s nichts zu rütteln. Zwei grundsätzliche Schwachpunkte hat das Album dennoch: Zum einen ist die Produktion ziemlich dünn und flach geraten. Das fällt besonders an den Stellen auf, an denen richtig gekesselt wird, diese kommen nämlich nicht besonders druckvoll, sondern eher etwas flachbrüstig rüber. Zum anderen ist der Gesang recht gewöhnungsbedürftig. Sänger und Gitarrist David Furrer hat eh schon eine ziemlich hohe und eher dünne Stimme, und dazu schraubt er sich immer wieder in ein teils schon quietschiges Falsett hoch, das kaum zu ertragen ist. Ein zusätzliches Problem ist, dass sich innerhalb der Songs dann doch vieles wiederholt. Man hat’s dann halt irgendwann gehört. Unterm Strich ist das, was MILK+ hier abliefern, ein durchaus interessantes Stück Musik, so ganz ausgereift ist ihr Sound aber noch nicht.
Seit 2007 wildert diese aus Mitgliedern von HOUR OF PENANCE, PROMAETHEUS UNBOUND und T.E.R. bestehende Band bereits durch die Szene und konnte sich auch schon als Support von Größen wie HATE ETERNAL, DYING FETUS, BEHEMOTH, SUFFOCATION und NAPALM DEATH einen Namen im Underground erspielen. Nach Auflistung all dieser Bands dürfte klar sein, welchen Stil FLESHGOD APOCALYPSE in etwa spielen: Rummsbumms-Death Grind mit Vollgasgarantie. Das Dumme daran: oben genannte Bands gehören nun mal zur Referenz im todbringenden Genre und sind technisch über jeden Zweifel erhaben. An dieses Niveau kommen die apokalyptischen Fleischgötter nicht heran, zumal „Oracles“ extrem nervig-monoton aus den Boxen dröhnt. Auch echte „Songs“ sucht man hier leider vergebens, dafür bekommt man hin und wieder mal ein Piano-Intro („Embodied Deception“) oder einen Wiener Walzer („As Tyrants Fall“) zu hören, die zwar für originelle Abwechselung im Highspeed-Soundmassaker sorgen, aber nichts daran ändern, dass „Oracles“ nur für Komplettisten des Genres taugt, die schon alles haben und wirklich jeden relativ unnötigen Krawall brauchen. Jedenfalls ist das Album alles andere als ein Pflichtkauf!
Die britischen Thrasher SEVENTH ANGEL waren bereits in den 80ern aktiv, lösten sich jedoch 1992 auf, so dass „The Dust Of Years“ jetzt nach gut 15 Jahren das Comeback der Band einläutet. Inzwischen bei den Bands MY SILENT WAKE, FIREFLY und SUKMUNKI beheimatet, haben sich Ian Arkley, Mark Broomhead, Simon Bibby und Tank wieder zusammengefunden um mit Hilfe von ein paar Gastmusikern (unter Anderem Greg Chandler von ESOTERIC, der für Background-Vocals und Keyboards zuständig ist) ihr neues Album einzuspielen, das bereits beim ersten Hördurchlauf eine songschreiberisch sehr reife Formation offenbart. Von lupenreinem Thrash Metal kann aber keine Rede sein, denn SEVENTH ANGEL zelebrieren anno 2009 eher traditionellen Doom, der lediglich ein paar vereinzelte Thrash-Parts offenbart und irgendwo zwischen erdigem BLACK SABBATH- oder SAINT VITUS-Sound und majestätischeren Genre-Klängen der Marke CANDLEMASS oder MY DYING BRIDE angesiedelt ist. Auch der finstere Gesang von Herrn Arkley in Kombination mit eingestreuten Growls und sogar weiblichen Zwischeneinlagen passt sehr gut zu Stücken wie dem ohrwürmeligen Opener „Chaos Of Dreams“, dem bombastischen „Exordium“ oder dem erstklassigen, tieftraurigen „Abelard And Heloise“. Insgesamt geht „The Dust Of Years“ daher als wirklich gutes Album durch, das sich Doomer aller Art problemlos zulegen können.
GNOSTIC sind mit drei ATHEIST-Recken (Sonny Carson (g.), Chris Baker (g.), Steve Flynn (dr.)) prominent besetzt, was die Erwartungen an das Erstlingswerk entsprechend in die Höhe schraubt. Dass dabei nur progressiver Death Metal rauskommen kann, ist eh klar – GNOSTIC machen ihre Sache dabei sehr gut und halten die Balance zwischen Zeigen der (beeindruckenden) Fähigkeiten und Hörbarkeit, wie schon der Opener beweist. Der ist zwar mit jazzigen Passagen ausgestattet, hat aber trotzdem einen rotem Faden und lässt sich gut hören, gerade wenn das Ohr an MESHUGGAH, ATHEIST oder VIRULENCE gewöhnt ist. GNOSTIC verzichten auf Hochgeschwindigkeitsabschnitte und bleiben lieber im Mid Tempo-Bereich, was ihnen gut zu Gesicht steht. Der junge Mann am Mikro erledigt seinen Job souverän und braucht sich nicht hinter den Altmeistern verstecken, zumal er mit seiner Bandbreite entscheidend dazu beiträgt, dass „Engineering The Rule“ zu einem gelungenen Stück Death Metal wird. Die ATHEIST-Herren haben daran natürlich auch entscheidenden Anteil und einige Parts in petto, bei denen Nachwuchsmusikern die Kinnlade auf den Boden klappen wird, vor allem, da sie die erkennbar spielerisch-leicht in die Songs einflechten. Einziges Manko einer ansonsten guten Scheibe ist die Produktion, die zu bassarm ausgefallen ist und dadurch das exzellente Drumming in den Hintergrund rückt.
CELESTE und ihr Label Denovali gehen mit „Misanthrope(s)“ mit der Zeit, die Scheibe gibt es als kostenpflichtige Vinyl-Ausgabe, hochwertige CD-Version und als kostenlosen Download. Wer auf fast schon nihilistischen Postcore steht, sollte sich das Angebot genauer anschauen, denn was die Franzosen in den knapp 50 Minuten lassen, geht kaum schwärzer, düsterer, fieser. CELESTE bedienen sich zwar der üblichen Postcore-Zutaten, nutzen diese aber mit einem Gespür für abgrundtief schwarze Atmosphäre, die vor Aggression nur so strotzt, das wird schon im Opener „Que Des Yeux Vides Et Séchés“ klar. Das hohe Aggressionslevel halten die Franzosen auch in den nachfolgenden Songs und schaffen dabei das Kunststück, nie langweilig zu werden, da sie ihren Sound in den selbst gesteckten Grenzen variieren und immer mit einem Ohr für den Groove zu Werke gehen. Die schwarzmetallischen Parts passen da wie die Faust aufs Auge und erhöhen die atmosphärische Dichte noch einmal. CELESTE sind kompromisslos böse und schaffen es trotzdem, den Hörer die ganze Zeit über zu fesseln, so dass „Misanthrope(s)“ allen Postcore-Jüngern und Freunden heftiger, dunkler Musik ans Herz gelegt werden kann, soll und muss.
Dass aus Göteborg nicht nur Metal kommt, sondern auch dreckiger Rock ´n Roll erster Güte, zeigen die fünf Schweden von FOOBAR mit ihrem zweiten Album. Ihr rauer, bluesiger, teils mit Stoner-Elementen versetzter Garagen-Rock klingt wie eine Mischung aus DANKO JONES und CLUTCH. Dabei gehen die Jungs mit äußerster Energie zu Werke und hauen einem elf Songs lang eine Granate nach der anderen um die Ohren, durchgehend straight und mit jeder Menge Druck. Einige Songs überzeugen zwar nicht komplett und fallen gegenüber dem Rest etwas ab, wobei dann deutlich wird, dass FOOBAR den beiden oben genannten Bands eben doch nicht das Wasser reichen können. Insgesamt kann man die Durchhänger aber vernachlässigen, denn die Jungs treten ganz einfach mächtig Arsch.
Der Sound dieses 2007 in England gegründeten Quartetts wird im Info der Plattenfirma als „Orchestral Groove Metal“ und als Mischung aus STRAPPING YOUNG LAD, MESHUGGAH und DIMMU BURGER beschrieben, dem man in Sachen grober Stilbeschreibung eigentlich nix mehr hinzufügen muss. Der große Haken an der Sache ist aber: XERATH erreichen zu keiner Sekunde auch nur annähernd die Qualitäten einer dieser erstklassigen Referenzbands! Die „Groove Metal-meets-Filmscore“-Mischung geht hinten und vorne nicht auf, da das Songmaterial in etwa so spannend herüberkommt wie ein Leute-Verarschungsrätsel auf „9Live“, die Wettervorhersage von Herrn Kachelmann oder die Fernsehübertragung der Schachweltmeisterschaft. Die mitunter ganz netten Kellerriffs und der monotone, banale Gesang von Ex-CHAOS INCARCERATED-Drummer Richard Thomson werden umspült von wenig dynamischen, langweiligen Synthie-Wänden, die bei einem Herrn Townsend nicht mal zur B-Seite taugen würden. Nee, sorry, aber „I“ ist ein wenig überzeugendes, songschreiberisch schwaches und über weite Strecken sogar recht wirres Machwerk einer Band, die alles verrührt, was noch in der Küche steht und dabei eine gewöhnungsbedürftige und fade Suppe serviert. Muss man nicht haben!
Das FAIR WARNING einmal zu den deutschen Exportschlagern in Sachen AOR / Melodic Rock gehört haben steht außer Frage. Umso überraschender kam für viele Fans das Erscheinen des Re-Union Album „Brothers Keeper“ in 2007 welches zwar nicht ganz an alte Glanzzeiten heran reichen aber dennoch überzeugen konnte. Dasselbe kann man getrost über den neuen Rundling „Aura“ behaupten. Mit dem flotten Opener „Fight For Your Love“ sowie „Here Comes The Heartache“ schaffen die Herren um Sänger Tommy Heart auch gleich zwei Nummern, die durchaus an alte Tugenden erinnert und direkt ins Ohr gehen, was nicht zuletzt an den hervorragend gespielten Gitarrensoli liegt. Etwas Tempo und leider gleichzeitig auch etwas Glanz wird bei dem ruhigen „Hey Girl“ heraus genommen. Der Ballade fehlt der FAIR WARNING typische Hitcharakter. Dies trifft allerdings auf einige Songs des Albums zu. Ins Ohr gehen zwar alle Tracks ohne Probleme doch fehlt hier und da der Feinschliff den FAIR WARING auf „GO!“ perfekt fabriziert haben. Dennoch ist „Aura“ keinesfalls ein schlechtes Werk und hat eine eindeutige Daseinsberechtigung. „As Snow White Found Out“ oder „Walking On Smiles“ überzeugen durch ihre Eingängigkeit und durch herrlich durchdringende Melodien. Lediglich die ruhigen Passagen können mich persönlich nicht überzeugen. Anhänger dieses Genres kommen dennoch auf ihre Kosten.