DEAD SWANS sind die erste europäische Band, die bei Bridge9 gelandet ist, was angesichts der modernen Hardcore-Sounds der Briten nicht verwundert, die zudem von DEFEATER-Kopf Jay eine passende Produktion verpasst bekommen haben. Musikalisch sind DEAD SWANS in ähnlichen Gewässern wie viele ihrer Labelkollegen unterwegs, ergänzt um THIS IS HELL-Einschlag („Tent City“), handwerklich sind die Jungspunde eh über alle Zweifel erhaben. Im direkten Vergleich mit der hauseigenen Konkurrenz können sich DEAD SWANS aber noch nicht durchsetzen, dafür ist das Material auf „Sleepwalker“zu ungeschliffen und erreicht nicht die Klasse von „Isolation“ oder „Travels“. Zu bemüht klingen DEAD SWANS oftmals, zu unsicher, in welche Richtung sie gehen wollen – unterdrückte Wut, ungezügelte Aggression, Nihilismus, ein Licht in der Dunkelheit? Da sind sich die Herren nicht immer einig, worunter manche Songs leiden – wenn DEAD SWANS wissen was sie wollen, kommen klasse Songs wie der kraftvolle Opener „Thinking oOf You“ heraus. Für ein echtes Kracherlalbum sind zu wenig solcher Songs drauf, ihr Potential zeigen DEAD SWANS trotzdem auf, so dass HC-Kid mit „Sleepwalker“ trotz allem glücklich werden können und die Aussicht auf die nächste Platte erfreulich ist.
Respekt! Nachdem die Norweger bislang allerhöchstens hörenswerte bis gute, aber noch keine essentiellen Werke veröffentlicht haben (ihr letztes Album „Cut From Stone“ war beispielsweise eher mau), hauen sie nun mit „Attitude“ richtig in die Vollen! Trotz der schweren Bypassoperation von Sänger Athera hat die Band bis auf ihr seit zehn Jahren konstantes Line-Up nahezu alles (inklusive ihres alten Labels) über Bord geworfen, was in den letzten Jahren hinderlich und dem Erfolg nicht zuträglich war. Die auf den Vorgängern noch latent vorhandenen Anbiederungen an IN FLAMES und Co. sind endgültig der an TESTAMENT erinnernden Thrash-Gourmetplatte gewichen, sogar Chuck Billy selbst ist als Sänger in dem geilen Stück „Live My Dreams“ zu hören. DIMMU-Shagrath bölkt mal eben das ebenfalls starke „Sick Bastard“ ein, und überhaupt haben SUSPERIA auf „Attitude“ nahezu alles richtig gemacht. In knapp 37 Minuten haben die Jungs ihre Stärken gebündelt, die in weiteren erstklassigen Songs wie dem Titeltrack (super Refrain!), dem etwas nach SENTENCED tönenden „Mr. Stranger“ oder dem treibenden Stampfer „Character Flaw“ gipfeln. „Attitude“ ist der Beweis dafür, dass eine Band auch noch nach langer Zeit zu einem erstklassigen Album fähig sein kann, wenn sie sich mal richtig auf den Hosenboden setzt. Ein Thrash-Hammer irgendwo zwischen alt und neu!
DEAD sind doch noch nicht tot und bringen mit „In The Bondage Of Vice“ ihren 13-Tracker via War Anthem Records raus. Trotz des Wechsels am Bass gibt es gewohnte Porngrind-Kost, vornehmlich im Mid Tempo (auch wenn sich immer wieder Blastparts eingeschlichen haben) und mit den erwarteten Sexthemen, die um schwarzhumorige Themen („Church Of Alcohol“ oder „Free Cocaine“) erweitert wurden. Nach fast 20 Jahren sollte niemand bei DEAD eine große Kursänderung vermuten, trotz der punkigen Parts, die zum Ende des Albums hin vermehrt auftreten. Das Trio bietet groovigen, basslastigen Porngrind, der mit fiesen Growls und ordentlich Wumms überzeugen kann. In Sachen Songwriting ist „In The Bondage Of Vice“ vielleicht nicht ihr Glanzstück und in Sachen krankem Humor kommen sie an ROMPEPROP nicht ran, aber gelungen ist die Scheibe allemal.
HURON wären so gerne PANTERA. Oder zumindest eine coole New Orleans-Truppe. Immerhin mögen die Jungs Jägermeister. Und haben einen Phil Anselmo-Klon am Mikro. Leider ist der eher mau und bringt damit das HURON-Problem auf den Punkt gewollt, aber nicht gekonnt. Die Briten versuchen sich im coolen, arschtretenden Metal und wollen dabei so richtig rotzig und cool sein, wirken im Ergebnis aber nur bemüht-peinlich. Die Riffs sind nicht schädelsprengend genug, die Stimme kommt zu keiner Zeit an PANTERA ran und die Songs kicken überhaupt nicht. Live mag das anders sein, auf Platte sind Mid Tempo-Nummern wie „Bringer Of Light“ lahm und überhaupt nicht zwingend. Meilenweit weit weg von jeglichen Vorbildern finden sich HURON im Mittelmaß wieder und das vollkommen zu Recht, wenn „Cheyne Stoking“ als Grundlage gilt.
Bei „The Invocation Of Demise“ handelt es sich nicht etwa um ein neues Werk der schwedischen Band, sondern um die Wiederveröffentlichung ihres 2007er Debüts, das nun von Metal Blade allgemein zugänglich in die Plattenläden gewuchtet wird. Und das ist auch gut so, denn der Stil der Jungs liegt irgendwo in der gemeinsamen Schnittmenge aus NAGLFAR, NECROPHOBIC, DAWN und DISSECTION und bietet majestätischen, pfeilschnellen, hymnischen Black/Melodic Death Metal, der ohne Umschweife auf den Punkt kommt. Einziges Manko dieses Debüts ist das noch nicht ganz ausgereifte Songwriting, das die meisten Stücke im Flug vorbeisausen lässt, ohne, dass sie sich in den Gehörgängen fest gefräst haben. Mit dem geilen Stampfer „The Vigil“ hat das Quintett aber eine echte Megahymne an den Start gebracht, die zeigt, wozu die Band fähig ist. Unterm Strich ist „The Invocation Of Demise“ eine sehr gelungene, ordentlich fett (wenn auch leicht matschig) produzierte Platte, die, abgesehen von den noch vorhandenen Kinderkrankheiten im Songwriting (zum Bleistift klingt das Riff von „Sinister Obsession“ arg derbe nach DAWN´s „The Knell And The World“), jeden Fan der oben genannten Referenzbands ansprechen dürfte. Ein wirklich guter Einstand, der aber in diesem Genre nicht ganz an das überragende ONHEIL-Debüt „Razor“ heranreicht.
Heiliger Bimbam! Was soll das denn sein?! Laut eigener Biografie wildern TOXON seit vielen Jahren irgendwo in der gemeinsamen Schnittmenge aus Jazz, Metal, Industrial, Punk und Hardcore. Fehlen nur noch Schlager, Folklore und usbekische Neopolka, und fertig wäre die erste Eier legende Wollmilchsau der Musikgeschichte. Was die Berliner, die früher unter dem Namen THORSHAMMER unterwegs waren, auf „Tunnel“ abziehen, mag vielleicht für den pseudointellektuellen Hörer das Nirwana der klanglichen Fusion sein, für den Normalhörer bzw. Durchschnittsmetaller ist das hier absoluter Schrott! Langweilige Einheitsriffs, hier und da abstruse Geräuschkulisse, Elektronik, Bläser und dazu der heisere, monotone und grottenüble „Gesang“ von S. „Merchman“ L.. Die deutschsprachigen Texte schwanken zwischen Fragezeichen und dem Anspruch, möglichst abgefahrene Sinnzusammenhänge zu konstruieren, was aber gründlich in die Buxe geht. Angeblich sollen hier unter Anderem MOTÖRHEAD, MESHUGGAH, VOIVOD und Steve Vai Pate gestanden haben, aber das grenzt alles schon an Majestätsbeleidigung. Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen ausgefallene Stile habe, aber „Tunnel“ ist einfach ein langweiliges, lahmarschiges und schlichtweg besch… eiden klingendes Machwerk, bei dem auch die originelle Aufmachung als endlos aufklappbares Digipak den Bock nicht mehr fett macht. Selbst zu Zeiten der „Neuen Deutschen Härte“ (die die Band stilistisch noch am Ehesten verkörpert) wären TOXON mit diesem Schmonz gnadenlos baden gegangen!
Hat Vera um 11:11 Uhr einen Unfall gebaut, oder was wollen uns Bandname und Albumtitel sagen?! Na gut, nach Karneval klingt das neueste Werk der italienischen Stoner Rocker nicht gerade, eigentlich auch nicht nach Stoner Rock, sondern mehr nach lahmarschiger Kiffersession. Die Herren Menghi, De Salvo, Corbetta und Mancuso langweilen sich hier durch neun Songs, die zwar schön staubtrocken und undergroundig-schrammelig produziert wurden, ansonsten aber so viel Aussagekraft besitzen wie eine übliche, banale Waschmittelwerbung. Und der quakige, völlig undynamische, einschläfernde Gesang von Gitarrist Francesco Menghi nervt nach ein paar Stücken gewaltig. Auch die ständigen Beat- und Riff-Wiederholungen tragen zumindest in diesem Fall nicht dazu bei, diesen „Helau!“-Schrei toll zu finden. Würde die Scheibe nur 11 Minuten und 11 Sekunden dauern, wäre sie erträglicher…
Ich glaube, wenn man den ganzen Tag flaschenweise Möbelpolitur säuft und dabei rhythmisch die Rübe gegen die Wand haut, schreibt man solche Musik wie ANAAL NATHRAKH. Die Anaal-Fetischisten um Irrumator und BENEDICTION-Recke V.I.T.R.I.O.L. haben mit „In The Constellation Of The Black Widow“ eine Scheibe vorgelegt, die selbst für Black Metal-Verhältnisse in jeder Hinsicht extrem ist. Mr. Hunt (also V.I.T.R.I.O.L.) kreischbrüllt sich ultraverzerrt (und am Rande der Schmerzgrenze!) durch die Songs, die beim ersten Höreindruck noch klingen, als wären sie in der Klapsmühle eingespielt worden, später aber zu Bombenhymnen mutieren, die sogar enorme Eingängigkeit offenbaren. Die pfeilschnellen Riffs sind Sahne, die oftmals hymnischen, clean gesungenen Refrains passen wie Arsch auf Eimer, und mit knapp 35 Minuten Spielzeit wird hier nicht ein einziger Ton zu viel gespielt. Es bedarf schon echter Kunst, wahnsinnige Stücke wie den Opener und Titelsong, „More Of Fire Than Blood“ oder „So Be It“ zu scheiben, die zudem gleichermaßen heavy wie bombastisch daherkommen. Da wundert es auch nicht, dass diese Formation schon bekannte und in Szenekreisen geschätzte Musiker wie Shane Embury, Nick Barker oder Attila Csihar auf ihrem jetzt zehnjährigen Weg begleitet haben. „In The Constellation Of The Black Widow“ ist ein Meisterwerk irrer, abgefuckter, aber gleichermaßen durchdachter, rasender, extremer Schwarzmetallmucke und geht von den Zehenspitzen bis in die Brille – solange, bis die Herren in weiß kommen!
Was THE SETUP mit ihrer „Crawl & Reign”-EP begonnen haben, setzen sie auf „Torchbearer” fort – der neue Mann am Mikro hat nicht nur einen eigenständigen Gesangsstil vorzuweisen, sondern auch frischen Wind ins Songwriting gebracht. Zwar ist die Grundstimmung noch immer düster, wie es bei TURMOIL ähnlich ist, aber deutlich gradliniger als bei den Amis und dem eigenen Vorgängeralbum. Heftig gehen THE SETUP dabei jederzeit zur Sache, egal ob der jeweilige Song im kriechenden Gang kommt oder flott unterwegs ist, dafür sorgt die Verbindung der stellenweise heftigen Riffs und des fiesen Shoutings. Die immer wieder eingestreuten klassischen Hardcore-Riffs lockern die Chose etwas auf, ohne dass „Torchbearer“ an Intenstiät verliert („Awake“).Zur Mitte flacht das Album etwas ab und kann den Spannungsbogen nicht ganz halten, erst „One Of Wolves“ arbeitet dagegen an und bringt die Scheibe ein Level nach oben, wie sie dann in den restlichen Songs bleibt. So ist „Torchbearer“ kein Überflieger, aber eine solide metallische Hardcore-Platte, die intensiv und düster ist und unter den New School-Kids ihre Freunde finden wird.
Mit ihrem vor knapp zwei Jahren veröffentlichten Album „Anima“ haben die französischen Proggies ein hörenswertes, wenn auch nicht gerade überragendes Scheibchen abgeliefert. Eine deutliche Leistungssteigerung stellt das neue Werk „Unreal“ zwar nicht dar, doch klingt das ausladende Songmaterial hier deutlich schlüssiger und eingängiger als auf dem zerfahren wirkenden Vorgänger. Auch die teilweise hymnischen Chöre und Refrains sorgen für ordentliche Abwechselung und machen Songs wie den starken Opener „White Willow“, das treibende „Down Memory Lane“ oder das ebenfalls gut nach vorne peitschende „3RD Type“ zu richtig hörenswerten Angelegenheiten. Auffällig ist auch, dass die üblichen Verdächtigen, (jüngere) FATES WARNING oder DREAM THEATER, die fast jede Progressive Metal-Band bewusst oder unbewusst heimsuchen, hier zwar ab und an mal aufblinken, aber ansonsten (außer beim harten Riffing, das mitunter an die späteren, heftigeren Werke von Mike Portnoy und Co. erinnert) angenehm außen vor bleiben, so dass der Plagiatvorwurf hier kaum zum Tragen kommt. Kleine Abzüge in der B-Note gibt es für die Produktion, bei der man sich allem Anschein nach dann doch an den Schandtaten von Kevin Shirley orientiert hat: „dumpf“, „matt“ und „unvoluminös“ sind die ungeliebten Adjektive, die leider ebefalls, wenn auch erträglich, bei „Unreal“ zum Tragen kommen. Ansonsten aber geht das Album als gelungene Sache für traditionelle Proggies durch.