KINGDOM sind eine der Bands, die beweisen, dass Hardcore mehr als nur Musik ist. Oder besser: sein sollte. Die Amis beschäftigen sich in ihren texten mit Themen wie Tierrechten, Veganismus und Straight Edge, ohne dabei missionarisch aufzutreten. Ihr neues Album „The Rage That Guides“ wird durch die Selbstbeschreibung perfekt auf den Punkt gebracht: Fast, pissed-off hardcore. Auch wenn die raue Stimme der Dame am Mikro, Davin, unverwechselbar ist, verlassen sich KINGDOM nicht allein auf sie, sondern haben viel Gehirnschmalz in das Songwriting gesteckt und eine durchweg druckvolle Scheibe geschaffen und ihr eine authentische Produktion verpasst. Basis des Ganzen ist der Hardcore der alten Schule, immer schön auf die Zwölf gespielt, ohne sich neuen Einflüssen zu verschließen - „Pythoness” geht zeigt sich sogar mit Southern Rock-Einschlag, Gitarren-Solo inklusive, bevor es am Ende des Songs wieder ordentlich auf die Fresse gibt. Der Titel trifft es ziemlich gut, „The Rage That Guides“ ist eine aggressive Hardcore-Scheibe geworden, die mit zehn guten Songs aufwarten kann und Freunde ehrlichen Hardcores glücklich machen wird.
Ob BURNT BY THE SUN noch mal weitermachen würde, war nach dem 2003er Kracher „The Perfect Is The Enemy Of The Good“ nicht ganz klar – umso erufrelicher die Nachricht, dass der Ne Yorker Haufen mit „Heart Of Darkness“ den Nachfolger (und gleichzeitiges Farewell-Album) fertig hat. BURNT BY THE SUN waren schon immer old and grumpy und haben sich konsequent modernen Einflüssen verwhert, so dass die neue Scheibe der logische Nachfolger ist und nicht in eine andere Richtung entwickelt wurde – also Mathcore in bester Tradition. Das fängt beim brutalen „Inner Station“ an, das ein perfekter Opener ist und die Marschroute festlegt; geht weiter mit dem druckvoll-groovenden „Goliath“ bis zum abschließenden „The Wolves Are Running“. BURNT BY THE SUN haben Wut und Aggression eingefangen und musikalisch umgesetzt, konzentrieren sich dabei auf teilweise irrwitziges Riffing, einen dichten Rhythmusteppich und den fiesen Gesang von Dave Witte. Ergibt ein grandioses Mathcore-Album, das in typischer BURNT BY THE SUN-Manier aus den Boxen quillt und jeden Relapse-Fan glücklich machen wird. Ganz nebenbei eines der besten Genre-Alben der letzten Zeit, ist „Heart Of Darkness“ ein gelungenes Abschiedsalbum geworden. Andererseits soll man ja niemals nie sagen…
Das französische Duo Antares und Infestvvs hat sich Ende 2002 zusammengetan um unter dem Namen GLORIOR BELLI schnörkellosen Black Metal zu inszenieren. Zwei Alben aus den Jahren 2005 und 2007 können die Herren bereits vorweisen, denen sich mit „Meet Us At The Southern Sign“ Werk Nummer drei anschließt, das auch hierzulande seine Freunde finden dürfte. Allerdings leiden GLORIOR BELLI, ähnlich wie ihre Landsmänner BLUT AUS NORD, unter dem Problem, dass sie ihr rohes Schwarzmetall gerne progressiv, facettenreich und vielschichtig gestalten wollen, dabei aber leicht übers Ziel hinausschießen, auch wenn die beiden Herren deutlich mehr überzeugen als die blutenden Nordmänner. Trotzdem ist „Meet Us At The Southern Sign“ ein schwer verdauliches Werk, das einige Durchläufe benötigt, damit man den roten Faden findet. Hat man sich aber erstmal in Stücke wie die etwas nach SATYRICON zu „Rebel Extravaganza“-Zeiten tönenden „The Forbidden Words“ und „Nox Illuminatio Mea“ oder in atmosphärische, mitunter fast schon gotisch-romantische Songs wie „Swamp That Shame“, „My True Essence“ oder „In Every Grief-Stricken Blues“ reingehört, geht „Meet Us At The Southern Sign“ als gelungene Platte durch, die sich progressive, anspruchsvolle Schwarzmetaller ohne Probleme geben können, auch wenn man etwas Arbeit investieren muss.
Zu ihrem 20 jährigen Bandjubiläum entführen AXXIS ihre Fans nach „Utopia“. So heißt das neuste Werk aus den bandeigenen Soundworxx Studios. Wie bereits mit den letzten Alben entwickeln sie sich immer weiter hin zu kraftvollem Power Metal und klingen trotzdem nach wie vor nach AXXIS. Wurde auf dem Vorläufer „Doom Of Destiny“ noch sehr viel mehr Wert auf weibliche Gesangsparts gelegt, rücken diese auf „Utopia“ eindeutig wieder in den begleitenden Hintergrund – sehr zum Vorteil des gesamten Tonträgers. Insgesamt erinnert der neue Silberling wieder etwas mehr an „Time Machine“. Frischen Wind bringen auch die noch recht neuen (und vergleichsweise jungen) Kollegen Marco Wriedt (Gitarre) und Alex Landenburg (Drums). So beweisen AXXIS mit elf neuen Tracks, dass sie auch nach 20 Jahren noch rocken, was das Zeug hält. Die Stücke gehen vom eröffnenden Titeltrack bis zum abschließenden „Underworld“ ausnahmslos nach vorn, mit AXXIS-typischen Riffs, treibenden Drums und eingängigen Refrains. Nachdem es auf „Doom Of Destiny“ erstmals einen deutschen Song als Bonustrack zu hören gab, führen AXXIS diese Schiene mit dem progressiven „Fass mich an“ fort. Auf einem Album der Dortmunder darf auch die klassische Midtempoballade nicht fehlen, die in Form von „Fathers‘ Eyes“ daherkommt. Schneller geht es mit dem Doublebass getriebenen „Monsters Crawl“ weiter, das einfach zum Headbangen einlädt. Die Limited Edition des Albums schließt mit dem Bonustrack „20 Years Anniversary Song“, einem Geschenk an alle Fans, die in zwei Jahrzehnten den Wandel und Werdegang der Band verfolgt haben. Insgesamt lässt sich „Utopia“ am einfachsten als typisches AXXIS Album beschreiben, und ist somit ein Muss für Fans des melodischen Heavy Metals made in Germany.
Vier EPs haben die fünf Jungs aus Göteborg bereits veröffentlicht, jetzt hat’s auch endlich mit einem Album geklappt – und dessen schöner Titel stimmt schon mal positiv. Genauso positiv ist der erste Höreindruck: NEMAS liefern hier neun punkige Rock ´n Roll-Songs mit Sing-along-Refrains, die bestens zum Mitgrölen taugen und etwas an die Landsmänner von den BONES erinnern. Auf Schnörkel oder irgendwelchen Schnick-Schnack wird komplett verzichtet, dafür geht es mit umso mehr Wumms, Dreck und Spielfreude durchgehend straight nach vorne. Einziger Minuspunkt ist, dass die Scheibe mit etwa 22 Minuten Spielzeit etwas kurz geraten ist und daher eher als Mini-Album bezeichnet werden müsste. Trotzdem, die Mucke macht einfach Spaß, und ich bin gespannt, ob die Schweden das Tempo beim nächsten Album dann doch noch anziehen können.
Heiliger Strohsack! Die beiden Briten C. Edward-Alexander (Gesang, Gitarren und Orchestrierung) und David Bryan (Bass, Texte) verarbeiten in der Band IMPERIAL VENGEANCE angeblich die glorreichen Tage Englands und beschäftigen sich dabei mit militaristischen, theatralischen und mythologischen Themen. Wenn so was von ´ner deutschen Band über deutsche Geschichte kommt, hat man gleich die „Antifa“ vor der Tür stehen… ok, Scherz beiseite. Das offizielle Debüt der beiden Herren, „At The Going Down Of The Sun“, fährt, wie es das Bandkonzept bereits vermuten lässt, Keyboard- und Synthie-Orgien en masse auf und erinnert musikalisch an eine wilde Mischung aus CHILDREN OF BODOM, RHAPSODY (OF FIRE) und BAL-SAGOTH. Dabei scheut das Duo (das live natürlich noch um weitere Musiker ergänzt wird) auch keine pompigen Instrumentalstücke wie das recht belanglose „From Childhood´s Hour“, was unweigerlich dazu führt, dass der durchschnittliche Normalmetaller mit diesem Album kaum etwas wird anfangen können. Zwar wird ordentlich gerifft und kreischgesungen, auch die Produktion ist angemessen fett für diesen Klang-Overkill, aber der große Kitschanteil überwiegt leider und erreicht in Sachen Songdienlichkeit nicht das Niveau der orchestralen Parts der oben genannten Größen. Darum fürchte ich, dass den meisten Leuten diese Geschichtsstunde über die Jahre 1873-1943 wohl vorenthalten bleiben wird. Theoretisch wäre für dieses Album auch der Titel „Imperial March“ passend gewesen, aber da hätte der gute John Williams mächtig Fracksausen bekommen…
Alles furchtbar retro – dapasst der Name des Labels, die Gestaltung des Covers und vor allem die Musik. Derzeit ist Retro-Stoner-Psychedelic-Rock ja voll angesagt, eine Band wird sogar als der Super-Retter gefeiert (ja auch von uns, gell Dennis). Aber es geht auch anders: Einfach an Papas Plattenschrank (das sind die runde, schwarzen, etwas größeren Dinger), ein Who rausgeholt und in den Erinnerungen oder den Klischees der Siebziger verschwinden. Dann muss man sich nicht diese verzicht- und vorhersehbaren Songs anhören, die nicht nur nach Garage klingen, sondern nach billigem Bier und schnellem Schuss. Aber wahrscheinlich agieren CHERRY CHOKE (mit Mat Bethancourts von KING OF THE FROG ISLAND) auch mit unheimlich viel Herzblut und sind total ehrlich und so.Indes: Nicht alles was analog klingt, hat auch die Qualität damaliger Zeit. Was im übrigen auch andersherum gilt...
Metal Mind Productions, die hundertdrölfte. Diesmal passt es ja ganz gut, die weitestgehend missachtete polnische T(h)rash-Speed-Formation ACID DRINKERS brachte 2008 die neue Scheibe „Verses of Steel“ heraus – da kommen Re-Release ja so passend wie ein Wespenschwarm zum Frühstück. Aber ob die VÖ-Flut nun gefällt oder nicht, die Scheibe ist überraschend launig: Denn die Coverversionen großer Helden sind durchaus witzig umgesetzt und eben nicht 1:1 nachgeäfft. Das Pik-As von Lemmy ist da noch das ausgelutscheste Teil, „Deuce“ von KISS, „N.I.B.“ (inklusive „Luca“-Sample) von BLACK SABBATH oder auch „Another Brick In The Wall“ haben ihren eigenen Charme. Weiter gibt’s noch AC/DC, SLADE und NO MEANS NO, FLAPJACK und einen eigenen Song (“Fuckin’ The Tiger”). Dazu gesellt sich ein Bonus – die Radio-Version von „N.I.B.“. Nette Partyscheibe, die zudem in der üblichen MM-Aufmachung daherkommt und mit dem KISS-mäßigen Cover überzeugt.
Bei dieser Band handelt es sich um einen blut- und eitertriefenden Bastard diverser Death Metaller aus Florida und Schweden. Mit an Bord sind Kam Lee (unter Anderem MASSACRE und DENIAL FIEND), Rogga Johansson (unter Anderem PAGANIZER und DEMIURG), Morgan Lie (NAGLFAR) und Ronnie Bjornstrom (unter Anderem RIBSPREADER und HATE AMMO), die hier ein echtes Brett auffahren. BONE GNAWER klingen nach Old School as fuck und kommen dabei wie ein Inzuchtgewächs aus SIX FEET UNDER (höllischer Groove) und ASPHYX (räudiger Dreck) herüber, das zudem noch einige echte Ohrwürmer und hitverdächtige Stampfer abwirft. Zu nennen wären da etwa der mächtige Banger „Cannibal Cook-Out“, das nach vorne peitschende „Make You Die Slow“, das Aggro-Monster „The Saw Is Family“ (geiler Titel!) oder die abschließende „The Hills Have Eyes“-Hommage „The Lucky Ones Die First“, die allesamt richtig steil gehen und jedem traditionellen Todesmetaller, der etwa auch OBITUARY und CANNIBAL CORPSE zu seinen Favoriten zählt, wie (lecker gegrilltes) totes Fleisch munden dürften. Den „Tipp“ vergebe ich hier noch nicht, da insgesamt noch ein wenig Luft nach oben ist (nicht alle Stücke besitzen das große „Hitpotential“ der oben genannten Anspieltipps) und ich mir todsicher bin, dass BONE GNAWER hier noch locker einen draufsetzen können. Bis dahin ist „Feast Of Flesh“ zumindest eines der interessantesten Death Metal-Debüts der letzten Zeit!
CALIBAN gehören zu den Bands, die man aus Prinzip schon nicht mehr gut finden darf, was wohl auch auf den großen Erfolg der Ruhrpott´ler zurückzuführen ist. Aber da jede größere Band Kontroversen hervorbringt, geht das in Ordnung, auch wenn große Teile dieser „Hexenjagd“ einfach völliger Blödsinn sind! Mir ist es absolut scheißegal, ob CALIBAN wirklich Metalcore oder sonst was spielen, letztlich zählt die Qualität der Musik, und hier macht das Quintett abermals nix falsch. Hat man anfangs noch leicht den Eindruck, „Say Hello To Tragedy“ stelle eine gute Mischung aus dem melodischeren „The Undying Darkness“ und dem härteren „The Awakening“ dar, kristallisiert sich nach mehreren Hördurchläufen heraus, dass das neue Werk wieder in eine etwas andere Richtung tendiert. Die Songs wirken insgesamt etwas sperriger und vertrackter und erinnern öfter als früher an die Modern Metal-Götter FEAR FACTORY. Auch der Einsatz clean gesungener Refrains erfolgt zwar immer noch in gewohnter Manier, doch werden diese Parts jetzt noch kompakter in die Stücke integriert. Am Ende aber stehen auf „Say Hello To Tragedy“ einfach nur etliche gute bis sehr gute Songs wie etwa der an den realen Fall Fritzl angelehnte Opener „24 Years“, das hymnische „Caliban´s Revenge“, das aggressive „End This Sickness“, der Stampfer „Walk Like The Dead“, das fast schon progressive „No One Is Safe“ oder das sehr dynamische „Unleash Your Voice“. Lediglich zwei kleine Schönheitsfehler lassen sich auf dem Album ausmachen: ein Stück wie das schnulzige, lahme „All I Gave“ muss nun wirklich nicht sein, und die Produktion tönt mir persönlich einen Tick zu steril und leblos. Aber diese verhältnismäßig kleinen Abzüge in der B-Note täuschen nicht darüber hinweg, dass CALIBAN ihren Stil weiter verfeinert und wieder ein sehr starkes Stück modernen Metals aufgenommen haben. Dafür gibt es den „Tipp“. Und nun dürfen wieder Legionen von Prinziphassern über mich und die Band herfallen…