Ich glaube, das ist das erste Album überhaupt, das mir von einer bulgarischen Band zu Ohren kommt! Das Land, das an das Schwarze Meer grenzt, ist nicht gerade bekannt für seine enorme Veröffentlichungsflut, was eine Band wie RAMPART aus der Landeshauptstadt Sofia schon mal grundsätzlich interessant macht. Das Quintett (laut Info sind nur drei Bandmitglieder angegeben) hat sogar eine Frau am Mikro, die allerdings weder Opernarien jault noch abgrundtief grunzkreischt. Die Dame namens Maria mit ihrer kräftigen, fast schon maskulinen Singstimme, tönt eine Ecke tiefer als Kollegin Doro und erinnert an die ehemalige WHITE SKULL-Frontlady Federica De Boni (falls die noch wer kennt…). Das ist auch schon das einzig Erwähnenswerte einer Platte ohne Highlights. RAMPART schreiben absolute 08/15-Kost, die ebenfalls von einer der Anfang des letzten Jahrzehnts im Hundertpack wie Pilze aus dem Boden geschossenen, italienischen „True“-Metal-Schrottkapellen hätte stammen können. Zudem wurde „Voice Of The Wilderness“ unterirdisch produziert, klingt dumpf, unvoluminös und schlichtweg gruselig. Stichwort Songwriting: der Opener „Under Control“ geht noch als halbwegs gelungener Ohrwurm durch, aber „Warriors“, der Titelsong oder „Deserts Of Time“ bieten rein gar nix, was man nicht schon x mal von versierteren Bands besser vernommen hätte. Immerhin verzichtet die Band dankenswerterweise auf schwülstige Keyboards, die dieser akustischen Notdurft den Gnadenschuss verpasst hätten. Nee, Leute, mit einer Scheibe wie „Voice Of The Wilderness“ wird Bulgarien ganz sicher kein großes Metal-Exportland. Da muss Einiges mehr kommen…
VÖRGUS aus Schweden gründeten sich Anfang des letzten Jahrzehnts in der Absicht, möglichst „echten“, rauen Old School-Metal zu zocken, was ihnen zumindest aktuell ganz gut gelingt. Das Trio Nenne Vörgus (Gitarre, Lead-Gesang), Straight G (Gitarre, Gesang) und Mikke Killalot (Drums, Gesang) kommt ohne große Umschweife auf den Punkt und rotzt seine Mischung aus „europäischem“ Metal, 80er-jahre-Thrash und einer Prise Punk-Attiüde schnörkellos in Richtung Hörerschaft. Dabei erinnern die Jungs nicht selten an eine räudige Variante von GRAVE DIGGER, was besonders am kehligen Röhrgesang von Bandchef und Namensgeber Vörgus liegt. Natürlich werden hier keine Originalitätsfanatiker und Schöngeister angesprochen, aber das ist auch nicht das Ziel der Band, die mit durchweg sehr hörenswerten Granaten wie „In Metal We Trust“, „Hell Hell Satanas“ oder „Headhunter“ mühelos überzeugt. Zwar erreicht man nicht die hohe Songwriting-Kunst von Brüdern im Geiste der Marke DESASTER, IMPIETY oder den allmächtigen VENOM (die allesamt immer mal wieder bewusst oder unbewusst im Stil der Band durchscheinen), und auch in Sachen Produktion geht „Hellfueled Satanic Action“ nicht gerade als Referenz durch, da der Sound viel zu leise und schwachbrüstig daherkommt, doch unterm Strich bin ich mir sicher, dass das Album bei der Zielgruppe seine Freunde finden wird. Nichts Besonderes, aber ein kurzweiliges Inferno alter Schule.
CREMATORY kann man durchaus als eine der (umstrittenen) Konstanten des deutschen Metal bezeichnen. Von „einfallslos pathetisch“ bis „Sperrspitze des Gothic Metal“ reichen dabei die Einschätzungen; wobei es der gar nicht kleinen Fanschar trefflich „wurscht“ ist, was die Konkurrenz und Kritiker vom Stapel lassen. Auch mit ihrem 2010-Werk „Infinity“ werden CREMATORY daran wenig ändern. Einem Tick härter sind sie, die Grundstimmung wirkt dunkel, es ist weiterhin hypermelodisch und riffbetont, die Keyboards füllen die Lücken und machen die Songs orchestral, der Wechselgesang ist angenehm, die Produktion angemessen fett. Neben hitverdächtigem und den üblichen Tracks mit deutschen Lyrics gibt es aber auch wieder recht belanglose Kompositionen, die Grenze zum Kitsch und die einfachen Keys sind gewollte Trademarks. Insoweit nichts neues aus dem CREMATORY-Lager. Dabei heben sich der als Titeltrack fungierende harte Opener „Infinity“, der wunderschöne Midtempo-Song „Sense Of Time“, „Never Look Back“ wie auch „No One Knows“ mit ihrem Industrial-Flair und die mit kritischem, leicht naiven Songtext versehene Schlussnummer „Auf der Flucht“ als Songs hervor. Das recht gelungene DEPECHE MODE-Cover „Black Celebration“ hat Pepp und sollte damit auch auf den einschlägigen Tanzflächen funktionieren. „Infinity“ ist sicher ein gutes CREMATORY-Album geworden. Für die Fans der Band sicher ein Highlight nach den eher nicht so übermäßigen letzten beiden Alben. Aber auch mit „Infinity“ knüpfen CREMATORY nicht an alte Klassiker an.
Prinzipiell hat mein Kollege Hardy in seinem Review zum Debütalbum der Spanier, „Jugando Con Fuego“, bereits alles zum Status der Band von der Leine gelassen, so dass ich mich hier ganz und gar auf den Inhalt des Zweitwerks der Jungs konzentrieren kann. Und auch hier sieht das Fazit ähnlich aus wie das von Hardy seinerzeit: „Inmune“ ist eine ordentlich umgesetzte Hard Rock-Scheibe, die speziell durch den kraftvollen, rauen und stets in mittleren Tonlagen (mir scheint, der Mann kennt nur eine einzige Tonlage…) verweilenden, spanischen Gesang von Ricardo Lazaro an Fahrt gewinnt. Hingegen liefet das Quartett in Sachen nachhaltigem Songwriting leider nur Schonkost ab. Stücke wie der flotte Opener „Yo Digo Bien“, der leicht vertrackte Stampfer „Nadie Me Dirá (Lo Que Tengo Que Hacer)“, das cool nach vorne peitschende „Hasta Quedar Sin Voz“ oder der Banger „Ya Es Tarde“ sind keineswegs schlecht und wissen mitunter sogar wirklich zu gefallen, aber richtig im Ohr hängen bleibt keiner der 13 Songs. Zudem klingt die Gitarre von Miguel Lazaro (Bruder von Sänger Ricardo) sehr schrammelig und dabei irgendwie matschig-dröge, was über die gesamte Spielzeit der Scheibe ein wenig unpassend herüberkommt und ihr einiges an Power nimmt. „Inmune“ ist eine dieser Platten, die deutlich zu gut zum Verreißen sind, deren Banalität sie aber fast unempfehlenswert macht, selbst für die angepeilte Zielgruppe.
Wahnsinn, wie nah cool und grottig doch beieinander liegen können. GRIMM wären nicht die ersten die ihre Mischung aus harten Gitarren, Electro und einfachen deutschen Texten mit Karacho an die Wand fahren. Was bisweilen wie UMBRA ET IMAGO klingt (und natürlich auch mal von Schenkeln und Geschlecht singt) und manchmal ähnlich plump gereimt durch den Song stolpert wie bei ebendieses ist das Problem des Albums: Die kehlig tief gegrummelten Vocals im NDH-Mittelfeld sind bei gleichzeitiger Plattheit oft zu ausführlich (das ist nicht automatisch auch anspruchsvoll) um eine Hymne zu werden und fast immer zu banal als dass ich sie guten Gewissens bei offenem Fenster hören würde. Und hätte das Duo sich nicht die Unterstützung einer wirklich guten (weil klaren und eher untypisch-poppigen) Frauenstimme von Carina De Jesus gesichert, die - vom unnötigen Stönen abgesehen - ganz ab vom gängigen Klischee agiert, ließe sich "Kalt Wie Dein Herz" sehr leicht in die "NDH die hundertste"-Ecke abschieben. Ich war geneigt nach dem schwachen Opener "Konsumier Mich" die CD erstmal liegen zu lassen, doch die besseren Songs kommen später: Das langsame "Tanzen" das eben nicht den naheliegenden Weg harter Gitarren sucht sondern sich nach zig Anläufen auf einen Höhepunkt in einem originellen Rhythmus und harmlose Melodie flüchtet. "Liederjan" schafft trotz oberflächlich simplem Text durch viele Gesangsstimmungen eine ganze eigene Laune zu schaffen. Mit Gothic-Touch, etwas rockigen Gitarren, vielen Text-Klischees, viel Elektronik und einer vielseitigen Songauswahl (die mehr Durchhaltevermögen als die ersten paar Songs braucht) ist GRIMM eher NDH-Bereicherung als Ärgernis (und somit anders als der Anfangs erwähnte Vergleich), und doch: Etwas mehr Linie werden sie brauchen um sich einen Namen zu machen - mit ihrer Sängerin, etwas mehrschichtigeren Texten und musikalischen Wendungen wie in "Tanzen" sollte das klappen.
Die dänischen NEOTEK sind keine Arbeitstiere. Jedes Jahrzehnt gibt es ein neues Album, das zweite nach knapp 15 Bandgeschichte liegt nun vor. Und wieviel sich in der Szene verändert hat... dem eigenen Bandnamen konnte man in der damals gerade aussterbenden und härter werdenden EBM Szene durchaus gerecht werden, "Brain Over Muscle" war nett. Heute aber hat man ohnehin das Gefühl alles schonmal gehört zu haben und so tue ich mich mit NEOTEK schwerer als gehofft. Vom grottig-trashigen Coverartwork abgesehen ist "Sex, Murder & Rock'n Roll" wenig "Neo" sondern eher ein Versuch alles mal auszuprobieren - und damit in meinen Ohren recht ziellos für drei nicht mehr ganz junge Herren. In ihren Herzen schlägt noch alter EBM-Zeitgeist, keine Frage, der rote Faden fehlt indes: Nach dem bedrohlichen und textlastigen "My Shiny 44" lassen sie mit "Right Or Wrong" eine tanzbare Clubnummer folgen um dann mit "Paradise" recht ätzend-rockig zu dröhnen. Das geht mal mit Gitarrensounds, mal mit monotonen Gesangspassagen (ganz Rock'n Roll auch gerne häufiger etwas daneben und fast durchweg eher schnoddrig (aus zwei Kehlen) und meist EBM-eindimensional geshoutet), mal mit hammernden Beats und ganz am Ende gar versöhnlich melodisch (und auf deutsch: "Einsamkeit") - NEOTEKs wilde Mischung ist etwas zu durcheinander um den Kern der Band herauszuarbeiten (und sich daran zu erinnern was sie denn nun ausmacht). Ich finde NEOTEK nicht überragend, kann der kraftvollen Elektronik mit leicht dreckigem Anspruch aber durchaus etwas abgewinnen, doch genug des Redens um den heißen Brei: "Sex, Murder & Rock'n Roll" ist ein überdurchschnittliches Album mit Selbstfindungsproblem.
NEUN WELTEN passen mit „Destrunken“ perfekt in den Prophecy-Katalog und haben einen schönen Soundtrack für neblige Herbsttage und trübe post-Weihnachtswetter geschrieben. Die zehn Songs verbreiten eine Stimmung zwischen Melancholie und Träumerei, dem Zurückdenken an vergangene schöne Tage vermischt mit der leisen Hoffnung auf eine Wiederholung. Dazu bedienen sich NEUN WELTEN in den weitgehend Gesangsfreien Stücken ("Dämmerung" hat z.B. einige Passagen mit Gesang) hauptsächlich Streichern, die immer wieder von Akustikgitarre und Percussions, aber auch Akkordeon und Querflöte unterstützt werden. „Destrunken“ wirkt dabei am Besten im Ganzen, einzelne Stücke lassen sich nur schwerlich heraustrennen, da sie allein nicht die nötige Atmosphäre aufbauen können – hier ist das Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile. Wer sich die knappe Stunde Zeit nimmt, wird mit einer atmosphärisch dichten Platte belohnt, die zart und melancholisch Assoziationen an herbstliche Waldspaziergänge, Felder im Morgentau und unter Brücken lebende Trolle hervorruft. (lh)
Mit ihrem dritten Album „Human Fragility” (bereits 2009 erschienen) hat die Bochumer Band DAWN OF DESTINY ihrem bereits starken Vorgänger „Rebellion In Heaven” noch einen drauf gesetzt. Sängerin Tanja Maul und ihre Mannen erfinden zwar mit ihrem melodisch-orchestralen Metal und den männlichen Gesangsparts (clean & growl) das Genre nicht gerade neu, aber DAWN OF DESTINY überzeugen durch Frische, Eingängigkeit und guten Ideen; musikalisch ist neben dem Gesang auch besonders die Gitarrenarbeit (Veith Offenbächer) hervorzuheben, den notwendige fetten Sound für ihre künstlerische Ausrichtung weist „Human Fragility” ebenfalls auf. So seien als Appetizer neben dem epischen Titeltrack das Doublebass-Gewitter das speedige „Silent Suffering genannt. Mit „Learning To Fly“ hat man gar einen richtigen, etwas zahmeren Radio-Hit an Bord, das für DAWN OF DESTINY eher ungewöhnliche, getragen und natürlich „ägyptisch” klingenden „Ten Plagues Of Egypt“ überzeugt auf ganzer Linie und auch das deftigere, mit Growls versehene „Dying Alone“ fängt einen gut ein. Das die Ruhrpottler dabei schon einen gewissen Bekanntheitsgrad haben, kann man auch daraus ersehen, dass sie mit Ian Parry (ELEGY, AYREON. bei „Human Fragility”) und Bernhard Weiß (AXXIS. bei „Unborn Child“) auf zwei prominente Gäste zu verweisen haben. Hätten DAWN OF DESTINY dann noch ein paar Songs weniger auf „Human Fragility“ gepackt und somit der Scheibe zu einer gewissen Kompaktheit verholfen, das Album wäre uneingeschränkt zu empfehlen. Aber auch so dürfen Fans von NIGHTWISH bis KRYPTERIA hier bedenkenlos zugreifen.
Es gibt so Musiker, bei denen die Frage aufkommt, womit die sich gerade wohl die Zeit vertreiben (oder alternative ihre Brötchen verdienen). Steve DiGiorgio ist so einer, auch wenn der nicht völlig untätig war, aber soviel Aufmerksamkeit wie mit CHARRED WALLS OF THE DAMNED hatte er nicht, sind bei dem Projekt doch auch noch Tim Owens (ex-JUDAS PRIEST, ex-ICED EARTH), Richard Christy (ex-DEATH, ex-ICED EARTH) und Jason Suecof (Produzent u.a. von TRIVIUM, THE BLACK DAHLIA MURDER und JOB FOR A COWBOY) mit dabei, was neben ordentlich Namedropping-Potential auch viel Erfahrung beinhaltet. Die vier Herren haben sich zu einer soliden Metal-Band zusammengetan, das selbstbetitelte Debüt gleich bei Metal Blade unterbringen können und auch sonst alles richtig gemacht. Tim Owens liefert eine erstklassige Leistung ab und straft alle immer noch vorhandenen Verneiner seines Potentials Lügen, Mr. Christy hat bei Howard Stern das Kit-Verprügeln nicht verlernt und die Saitenabteilung zieht auch alle Register. Soweit, so gut. Dabei ist die Scheibe aggressiver als erwartet ausgefallen, selbst Blastparts finden sich in den neun Songs und bringen „Charred Walls Of The Damned“ vom Alte-Männer-Metal-Etikett weg. Natürlich ist das Material auch technisch anspruchsvoll, alle Beteiligten haben ja einen Ruf zu verlieren – vergessen darüber aber nicht, die Songs sowohl nachvollziehbar als auch abwechslungsreich zu halten, selbst einige eher getragen-epische Stücke finden sich („In A World So Cruel“). Auch wenn so ein Projekt immer einen zweifelhaften Beigeschmack hat, bleibt in diesem Fall nur festzustellen, dass die Scheibe gut gemachten Metal bietet, der zu keiner Zeit seelenlos kalkuliert geschrieben wird. So können All-Star-Projekte gerne immer sein.
Die Kanadier SACRIFICE aus Toronto gehören zu den “vergessenen” Thrash-Bands, die früh in den 80er Jahren (in diesem Fall 1983) durchstarteten, denen jedoch eine größere Karriere nebst Ansehen verwehrt blieb. Lediglich zum viel zitierten Kultstatus hat es in der bis dato zehnjährigen Bandgeschichte (die vorläufige Auflösung erfolgte 1993) wohl gelangt, aber von dem hat man ja noch keine Butter auf dem Brot, nicht mal das Brot selber. Dass das Quartett um Gitarrist und Sänger Rob Urbinati trotzdem immer noch Spaß an der Sache hat, hört man „The Ones I Condemn“, dem fünften Album der Jungs, durchgehend an. Große Innovationen darf man natürlich nicht erwarten, auch wenn die Scheibe mit einer wirklich fetten Produktion und sogar stellenweise recht modernem Gitarrenspiel glänzt. Mit Joe Rico als zweitem Axtmann brennt die Band ein sehr gelungenes Riff-Feuerwerk ab, das von Urbinatis coolem Krächzgesang (der etwa wie eine „Melodic Death-Variante“ von DESTRUCTION´s Schmier herüberkommt) gekonnt untermauert wird. Granaten wie „Give Me Justice“, „Tetragrammaton“ oder die herrlich aggressive, rohe Live-Version des 1991er Stückes „Soldiers Of Misfortune“ (europäischer Exklusiv-Bonustrack!) machen keine Gefangenen und werden jedem Old School-Thrasher, der etwa auch die letzten, etwas zeitgemäßer produzierten EXODUS-Platten mochte, garantiert gefallen. Kein Meisterwerk, aber nach ganzen 17 Jahren ein außergewöhnlich gutes Comeback einer Truppe, die sich damit hoffentlich zumindest wieder einen kleinen Platz in der Szene erspielen kann. Stark!