Im Rahmen der Neuauflagenserie der frühen SAXON-Werke via EMI ist nun auch “Destiny“ an der Reihe. Diese Scheibe erschien 1988 und war aufgrund seiner relativ popigen Attitüde und des doch arg glattpolierten Sound sehr umstritten insbesondere bei vielen alten Fans. Ich selbst zähle mich ganz klar zu denjenigen, die dieses Album trotzdem bis heute als sehr starkes Album empfunden haben, dies mag auch an meiner Vorliebe und Toleranz für Keybaords im Rock/Metalbereich liegen,
Die Herren wollten es nach dem eher durchwachsenen vorangegangen Werken wie u.a. „Crusader“ oder auch “Innocence Is No Excuse“ nochmal richtig wissen und dabei auch unbedingt auf dem umsatzstarken US-Markt den großen Durchbruch schaffen. Dies wollte man mit einem, ich meine nicht mal unbedingt als echten Stilwechsel zu bezeichnenden, neuen Weg erreichen: nämlich durch die Abkehr vom NWOBHM als roheren ursprünglichen etwas düsteren Heavy-Metal Sound hin zu auf Radiotauglichkeit getrimmten eher mehr positiv angehauchten Hard Rock. Sicher an der ein oder anderen Stelle hat man es dabei tatsächlich mit den Keyboards übertrieben und einfach nachträglich noch ne Spur mehr davon in den Hintergrund gemischt. Aber auf diesem Album gibt es vom songwriterischen Aspekt eigentlich keinen echten Totalausfall zu verzeichnen. Selbst der für viele etwas grenzwertige Track „Song For Emma“ ist vom aufbau her absolut stimmig. Besonders gut zu hören ist dies bei den Bonusstücken dieses Re-Release. Denn sowohl dass wirklich insgesamt klasse gemachte CHRISTOPHER CROSS-Cover “Ride Like The Wind“ als auch “For Whom The Bell Tolls“ in den sogenannten Monitormixen (d.h. fast gänzlich ohne den ganzen Tastenramsch in eher etwas roheren Fassungen) zeigen, dass die Songs genügend Substanz haben und auch so funktionieren. Kracher mit tollen Melodien (ja meist im Midtempobereich gehalten) gibt es daher nach meinem Dafürhalten immer noch genügend auf „Destiny“ und typisch hymnische Sachen wie „S.O.S.“ „Calm Before The Storm“, “Red Alert“ (der einzige etwas untypische Song dieses Albums), „We’re Strong“ und auch die plüschige Ballade “I Can’t Wait Anymore“ laufen trotz klarer Mainstreambetonung einfach gut rein. Biff zeigt sich stimmlich in bester Form und einige Songs einzeln betrachtet hätten das Potential mit Klassikern aus den Anfangstagen der 80er wie „Wheels Of Steel“, “Strong Arm Of The Law“ oder “Denim And Leather” konkurrieren zu können. Aber der Versuch mit “Destiny“ ging insgesamt in die Hose und so wird aus dieser Phase eigentlich heutzutage nichts mehr gespielt, eigentlich etwas schade. Ansonsten gibt es noch drei Livetracks (“Broken Heroes“, “Rock The Nations“ und “Gonna Shout“), als auch der sogenannte 12'-Mix der Single von “I Can’t Wait Anymore“.
“Destiny“ ist zwar im Hardcore-Fanbereich sicher eines der unterbewertesten Alben in der SAXON Discographie aber bei weitem nicht das schlechteste, danach kamen in den 90er Jahren noch einige schlechtere, da war man was die Song –und Melodienkonsistenz anging viel schwächer und mit viel brachialerem Geklöppel unterwegs!
Daher ist diese Scheibe natürlich nicht in den Klassikerbereich oder gar als Pflichtveranstaltung der Herren einzuordnen und mit dem Nachfolger “Solid Ball Of Rock“ hat man 1991 produktionstechnisch ja auch relativ schnell wieder zum bewährten Stil zurückgefunden. Dieser Haarspraylook (man muß sich nur mal die Bilder auf dem Inlay anschauen) hätte dann auch auf Dauer nicht so recht zu SAXON gepaßt, man mag sich garnicht ausmalen, wo man bei Erfolg dieser Masche neben den sogenannten echten Posertruppen wie MÖTLEY CRÜE, BON JOVI oder auch POISEN danach gelandet wäre.
EXCALION bieten melodischen Metal wie er typischer finnisch kaum sein könnte – saubere Ohrwurm-Melodien, melodische Power, dezent progressive Elemente, hörbare Keys und eine klare hohe Gesangsstimme die den Vergleich mit Timo Kotipelto (STRATOVARIUS) nicht zu scheuen braucht. Aber auch THUNDERSTONE und SONATA ARCTICA kommen einen hier in den Sinn. Wobei das Quintett aus den finnischen Wäldern aber eher meist einen Tick bedächtiger und dafür leicht epischer zu Werke geht. Vor allem das orientalisch angehauchte „Sun Stones“, das klasse eingesungene, etwas ruhigere „The Flags In Line“, das schnelle, mit schönen Keyboardpart versehene „Bring On The Storm“ und der eingängige Hit des Albums „Quicksilver” seien mal als Appetizer genannt. EXCALION können einen Vergleich ihres neusten Werkes „High Time“ mit dem letzten Output der Szenekings von STRATOVARIUS („Polaris“) gut bestehen und somit nach dem bereits starkem 2007er-Vorgänger „Waterlines“ einen weiteren draufsetzen. Fans genannter Acts sollten da schon mal die Lauscher aufspannen.
Das ursprünglich 2002 erschienene Debüt der französischen Electro-Metaller THE CNK erlebt jetzt eine Neuauflage. Das Album „Ultraviolence über alles“ erhielt dazu den Untertitel „Übercharged Edition“ und wurde durch Bonusmaterial ergänzt. THE CNK setzten bei „Ultraviolence über alles” auf einen hart stampfenden, in seiner Brachialität auch an RAMMSTEIN erinnernden Sound; kalt, monoton und tanzbar und somit sicher clubtauglich. Das die Herren mal als Black Metal Industrial Combo an den Start gingen scheint zuweilen gezielt durch (man nehme nur den Opener „Political Police“), ansonsten dominieren Effekte, Samples und harter EBM Sound. „Ultraviolence über alles” erinnert dabei schon etwas an THE KOVENANT auf EBM – leider ohne deren melodischen Parts. So kristallisieren sich auch keine Highlights heraus, manches will im Ohr bleiben, wird aber dann doch durch die nächsten heftigen Samples herausgerissen. THE CNK agieren meines Erachtens zu überfrachtet – immer auf die zwölfe muss es halt nicht sein, auch wenn man dazu im Delirium gut abgehen kann. Etwas mehr Bedacht hätte nicht geschadet – wie ein paar der Neuinterpretationen von Kollegen zeigen. Die acht Bonustracks präsentieren die Albumtracks nämlich in gänzlich anderen Gewande und sind eine schöne Ergänzung. Somit dürfte das THE CNK-Debüt wohl vor allem etwas für Szenefreaks sein.
Ultraviolence über alles – Übercharged Edition
ARISE haben mit ihren bisherigen Alben das Schwedentodrad nicht neu erfunden, aber immer grundsolide Death/ Thrash-Alben abgeliefert, was sich auch mit „The Reckoning“ nicht ändert. Eine fett produzierte, gut gespielte Scheibe wird dem geneigten IN FLAMES/ THE HAUNTED-Fan geboten, auf der die Gitarren vorzugsweise im melodischen Doppel erklingen (und sich hin und wieder an thrashige Riffs trauen), der Shouter alles richtig macht und das Songwriting knackig auf den Punkt kommt. Da ließen sich auch Jonas Kjellgren (SCAR SYMMETRY, ex-CARNAL FORGE) und Mikael Stanne (DARK TRANQUILLITY) nicht lumpen und kamen im Studio vorbei. Highlighs des Albums sind nebem dem heftigen „The Fury“ das thrashige „Blindead“, bei dem THE HAUNTED ganz stark grüßen, und das fiese „They Are Coming For You“. Allerdings halten nicht alle Nummern dieses Niveau, so dass „The Reckoning“ nicht den erwarteten Sprung in die schwedische Spitzengruppe schafft; ARISE müssen sich stattdessen weiterhin mit einem Platz im oberen Mittelfeld begnügen, aber mit Tendenz nach oben.
Das Interesse an japanischen Bands nimmt weltweit offenbar immer mehr zu. Das deutsche Label Gan Shin hat sich beispielsweise komplett auf japanische Bands spezialisiert. Dort ist auch das vierte Album von GIRUGAMESH (abgeleitet vom englischen „Gilgamesh“) erschienen, die in ihrer Heimat bereits Superstars sind. Ihr Stilmix ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Brachiale Metal- und fette Rock-Riffs treffen auf catchy Refrains und werden teilweise mit elektronischen Beats à la PRODIGY und anderen Sound-Spielereien vermischt, und zwischendurch kommen auch poppige Klänge zum Zug. Auch die komplett japanischen Vocals kommen anfangs ziemlich exotisch rüber. Hat man sich aber etwas in die Musik hineingehört, macht die Scheibe immer mehr Spaβ. Die Produktion ist fett, die Songs sind abwechslungsreich und die Musiker beherrschen ihr Handwerk vorzüglich und gehen mit jeder Menge Energie zu Werke. So ertappt man sich immer wieder beim Kopfnicken und Abrocken auf dem heimischen Sofa, und diverse Passagen setzen sich direkt im Gehörgang fest. „NOW“ hat es also in sich, und GIRUGAMESH treten damit den Beweis an, dass sie das Zeug dazu haben, auch international durchzustarten.
BLISS ist eine nicht gerade seltener Name für Bands. Die vorliegende Platte „3 Seconds Before * 21 Grams After” kommt von BLISS aus Frankreich, besser gesagt direkt aus Paris. Seit 2003 machen die drei Franzosen Musik und lassen es auf ihrem Debüt recht abwechslungsreich zugehen, zumindest was die Stile betrifft. Munter wird mehr oder minder bekanntes aus Alternative, Punk, Rock und Emo-Core gemischt, gesungen und geschrieen wird auf englisch. Tracks wie „Time To Run“ oder „Thorn In My Side“ haben dabei zwar Potential, aber der letzte Druck scheint irgendwie zu fehlen – was auch an dem auf die Dauer etwas angestrengten Gesang liegen könnten. Der berühmte Funke will da nicht. In Frankreich kann da dank Heimvorteil wohl trotzdem was gehen. Ansonsten haben BLISS mit „3 Seconds Before * 21 Grams After” eine eher unspektakuläre Scheibe abgeliefert die vor allem das ganz junge Publikum ansprechen soll.
Natürlich denkt jedermann bei Mallorca eher an Ballermann, denn Gothic-Metal oder Doom-Death. Dass es aber auch auf der Urlauberinsel „normale“ Menschen (und in einer Großstadt) gibt, vergessen die Klischeereiter gern. Also hat auch der Inselspanier seine Sorgen, Nöte und Frust und versucht die in der entsprechenden Musik zu verarbeiten. Was HELEVORN (HdR-inspirierter Name) wirklich königlich schaffen. Die Mallorquiner zaubern eine meisterhaft deprimierte Stimmung mit jeder Menge Melancholie herbei, sind dabei aber nie völlig hoffnungslos und haben so mit den genialen Tourkameraden Swallow The Sun einiges gemeinsam. HELEVORN spannen also den Bogen von Katatonia und My Dying Bride bis hin zu aktuellem Doom-Death-Zeug. Mit Jens Bogren und Johan Örnborg (Opeth, Katatonia, Paradise Lost, etc.) haben die Spanier ein Duo für den Sound gewonnen, das vom Fach ist – was zweifelsohne dem kompakten Sound zugute kommt. Ein Knaller jagt den nächsten: „Hopeless Truth“ trägt seinen Namen in wunderschöner Agonie völlig zurecht, „Yellow“ steht direkt hinter in den Swallow-Spuren - und sogar HIM-deske Ausuferungen (wie im treibenden „Two Voicces Surrounding“) stören nicht. Eine echte Überraschung, geile Scheibe. Auf Malle ist es ja eh nicht mehr so, wie es mal war…
MADDER MORTEM gehören zu jenen Bands welche einen einschränkten Bekanntheitsgrad haben und über die man eher in Insiderkreisen diskutiert. Verwundert da die Tatsache, dass dann gerade ihr erst 2002 erschienenes Werk „Deadlands“ wiederveröffentlicht wird - vor allem, weil MADDER MORTEM an sich und „Deadlands“ im besonderen nicht gerade einfach zu konsumierende Kost servieren. Nein, verwundert nicht. Denn der fast schon nach THE GATHERING auf Doom klingende schwere Sound der Band, die (wie schon Kollege Stepan damals feststellte) zwischen NEUROSIS und VOIVOID sich einordnenden, überraschender weise nicht verstörenden Kompositionen und der leichte Gothic-Touch darf allen anspruchsvolleren Hörern ruhig erneut nähergebracht werden. Düsterer Avantgarde Metal mit extrem weiblichen Vocals welche zwischen Flüstern, Wimmern und Gekreische auf der einen, sanftmütig ruhigen und auch melancholischen Gesang auf der anderen Seite unheimlich viel Gefühl und Leidenschaft transportieren. Hier seien exemplarisch nur mal die genial emotionale Achterbahnfahrt „Rust Cleaning“ und das eindringliche „Faceless“ genannt. Für den Peaceville Re-Release von „Deadlands“ haben MADDER MORTEM noch zwei Bonustracks aufgenommen, welche aller ehren Wert sind und die sich der Fan nicht entgehen lassen sollte. Das Grundgerüst des hypnotisch ziehenden „The Exile“ stammt noch von den damaligen Aufnahmesessions und ergänzt das hochwertige Material problemlos. Das Stück „Deadlands Revisited“ wurde mit der Violine von RAM ZETs Ingrid „Sareeta“ Kaare aufgewertet und stellt den Titeltrack neu vor. Ein erweitertes Booklet mit Notes von Sängerin Agnete M. Kirkevaag rundet eine starke und intensive Scheibe ab, für die es ja schon Anno 2002 vom Kollegen den Tipp gab – daran hat sich nichts geändert.
AT THE SOUNDAWN hatten mit ihrem Debüt einen gelungenen Einstand gehabt und Italien auf die Postcore-Landkarte gebracht. „Shifting“ behebt dann auch den größten Kritikpunkt des Debüts und gibt den Songs mehr Raum zur Entfaltung, ergo mehr Spielzeit für die Platte. Gleichzeitig haben sie sich stilistisch weiter geöffnet und bringen zum Postcore-Fundament Alternative, Rock und Jazz-Elemente (die gibt’s gleich beim Opener zu hören). Der Gesang hat dabei an Wichtigkeit verloren, dafür sind ruhige, sich langsam entfaltende Passagen wichtiger geworden. „Shifting“ ist eine vielschichtige Platte, die sich an Genre-Definitionen nicht stört und genau dadurch überzeugen kann. Was THRICE im Laufe ihrer Karriere gelungen ist, könnte AT THE SOUNDAWN ebenso glücken, wenn sie den mit diesem Album eingeschlagenen Kurs stetig halten.
Guter Garage-Rock muss nicht immer aus Skandinavien kommen. Das beweisen die drei Holländer von den STILETTOS mit ihrem vierten Album „Fuck It Rock It“. In feinstem Retro-Sound rocken sie sich dreckig und straight in 27 Minuten durch 13 Songs. Einiges Material erinnert stark an die HELLACOPTERS, immer wieder ist aber auch ein deutlicher Punk-Einfluss zu hören. Das einzige Manko der Scheibe ist das Songwriting: Das könnte nämlich doch noch etwas ausgefeilter sein, und ein paar Ohrwurm-Hooks mehr hätten es auch sein können. Unterm Strich ist das aber nicht allzu tragisch, denn die Jungs gehen mit so viel Energie und Herzblut zu Werke, dass es eine wahre Freude ist. Wer auf authentischen, rauen Garagen-Rock ´n´ Roll steht, ist bei den STILETTOS genau richtig. Gerne mehr davon!