In der Sony Serie „Original Album Classics” sind dieses mal die Rock-Dinosaurier von DEEP PURPLE an der Reihe. Drei Alben von Anfang der 90er in einfacher Ausführung zu einem sehr günstigen Preis (Cardboard-Sleeves des Originalcovers, kein Booklet und sonstige Extras). Das mit Sänger Joe Lynn Turner eingesungenen, recht mainstreamige und unter den Fans umstrittene „Slaves And Masters” (1990), die MK II Wiedergeburt „The Battle Rages On” (1993) und das doch etwas außergewöhnliche „Purpendicular” (1996).
„Slaves And Masters” wurde in der Besetzung Gesang Joe Lynn Turner, Gitarre Ritchie Blackmore, Bass Roger Glover, Keyboards Jon Lord und Schlagzeug Ian Paice eingespielt – also mit drei Mitgliedern des letzten RAINBOW Line-Up - Stammsänger Ian Gillan schied 1989 im Streit mit Blackmore. Das Album weist dementsprechend eine recht starke AOR-Schlagseite auf und hat zusätzlich noch mit einem suboptimalen Sound zu kämpfen. „Slaves And Masters” läßt einfach zuviel der gewohnten PURPLE-Trademarks vermissen und erinnert eher an eine der mainstreamigen RAINBOW-Scheiben. Obwohl man mit „King Of Dreams“ und „Fortuneteller“ zwei richtig gute Songs am Start hatte, darf man „Slaves And Masters” als eine der schwächsten DEEP PURPLE Alben bezeichnen. Die Verantwortung dafür alleine bei Turner abzuladen, greift sicher zu kurz. Aber er wurde auch bei den DEEP PURPLE Fans nicht akzeptiert - für das Nachfolgealbum kam wieder Ian Gillan an Bord.
„The Battle Rages On” war dann das letzte Album in der klassischen MK II Besetzung. Gillan kam zurück – Blackmore war dagegen – ein Album wurde trotzdem gemacht. „The Battle Rages On” hatte keinen großen Hit zu bieten, kam recht roh aus den Boxen, lies aber gekonnt heavy Passagen neben bluesigen und progressive Ansätzen wirken und überzeugt vor allem durch seine Ausgeglichenheit auf hohem Niveau. Mit dem orientalisch anmutenden Titelsong „The Battle Rages On”, „Anya“ (noch heute ein Highlight), „A Twist In The Tale“ und dem melancholischen Hit „Solitaire“ (nicht der stärkste Songs des Albums) konnte sich jeder PURPLE Fan anfreunden. Gillan lieferte dabei eine richtig gute Gesangsleistung ab - was Blackmore anders sah und wegen Gilian nicht mal die Tour zu „The Battle Rages On” fertig spielte und DEEP PURPLE verließ ist dann Musikgeschichte.
„Purpendicular“ hatte mit Steve Morse (DIXIE DREGS, KANSAS; LIVING LOUD) anstatt dem Genie Blackmore einen neuen Gitarristen zu bieten (der bis heute diese Stelle inne hat) und den Versuch des neuen Line-Up etwas andere Akzente zu setzen. DEEP PURPLE sind auf „Purpendicular“ fast unheimlich melodiös und für ihre Verhältnisse experimentell, Gillan sang befreit (wenn auch nicht so stark wie noch 10 Jahre zuvor) und Songs wie „Ted The Mechanic”, „Sometimes I Feel Like Screaming” und „Cascades: I'm Not Your Lover” zeigen natürlich Morse statt Blackmore. Trotz eines gewissen Überhanges an ruhigeren Material war „Purpendicular“ in mehr als guter Neustart für DEEP PURPLE.
Finnisch ist so eine schöne Sprache, gerade die ganzen Crustbands aus dem Land der tausend Seen stellen das immer wieder unter Beweis. UNKIND haben mit „Harhakuvat” den Nachfolger ihres gelungenen „Yhteiskunnan Pikkuvikoja“-Albums fertig. Und auch auf dem neuen Werk geben sie ihre coole Symbiose aus Crustpunk, Doomfeeling und Hardcore zum Besten, was besonders bei dem sich langsam aufbauenden "Ylpea Perhe" und dem emotionalen (ja, richtig gelesen!) "Laumasielut" hervorragend funktioniert. Gut Arsch treten können die Finnen aber auch ("Kaivannot“), wie es sich für eine Crustband gehört. Der Sound ist passend rotzig und roh, ohne dass „Harhakuvat” zu wenig Druck aufbauen kann. Kurzum, das ist eine feine Scheibe, mit denen sich UNKIND einmal mehr auf dem gleichen hohen Niveau wie VICTIMS und DISFEAR bewegen. Die finnischen Lyrics und die den Songs innewohnende doomige Atmosphäre geben der Platte dabei die ganz eigene Note, durch die sie sich von der Konkurrenz abheben kann.
BRUTAL TRUTH haben mit “End Time” ihr zweites Post-Reunion-Album fertig, auf dem es soundmäßig dreckiger zugeht als auf „Evolution Through Revolution“ vor zwei Jahren. Der Beginn mit dem fies-zähen „Malice“ fordert den Hörer direkt heraus, ehe mit dem gnadenlosen „Simple Math“ der erste Grinkracher losgelassen wird, bei dem deutlich wird, wie sehr sich Kevin Sharp & Co. auf „Sounds Of The Animal Kingdom” besonnen haben, so roh und im besten Sinne grindig sind Sound und Attitüde. Was Scott Hull (PIG DESTROYER, AGORAPHOBIC NOSEBLEED) wohl beim Mastern der Songs dachte? BRUTAL TRUTH geben sich derweil kompromisslos wie immer und haben neben reinen Grindnummern einige doomige Nummern geschrieben („Drink Up“), was beides gleichermaßen zu gefallen weiß. Schön klassisch ist der abschließende Song, „Control Room“ gibt 15 Minuten lang total abgefahrenen Krach zum Besten, mit dem „End Time“ die erneute Hommage an „Sounds Of The Animal Kingdom”gelingt. BRUTAL TRUTH haben eine zu ihnen passende Scheibe eingespielt, die zwar nicht mit ihren eigenen Klassikern mithalten kann, in Sachen Attitüde und Abgefucktheit aber in bester BRUTAL TRUTH-Manier punkten kann, somit für Band- und Genre-Freunde eine lohnende Anschaffung ist.
Mit den ONKELZ konnte man mich immer schon jagen. Und ob die Band-Mitglieder nebenbei auch noch Solo-Projekte laufen hatten, hat mich schon mal gar nicht interessiert. Jetzt ist das neue Solo-Album von Ex-ONKELZ-Gitarrist Matt Gonzo Roehr bei mir gelandet, das nicht sein erstes, aber sein erstes auf Deutsch gesungenes ist. Und ich muss sagen: Der Typ rockt wie Sau. Roehr präsentiert sich hier mit rotzigem, angepunktem Rock, schnörkellos, tight und simpel gehalten, aber nie um einen guten Ohrwurm-Chorus verlegen. Pathetisch wird's nie, sondern mit dreckiger Stimme haut er einen Kracher nach dem anderen raus. Die Songs sind dabei sehr vielseitig, flirten auch mal mit Stoner, Blues oder Sleaze-Rock. Der dreckige, energiegeladene Sound kommt dazu mit ordentlichem Wumms aus den Boxen. Die Texte sind angenehm unpeinlich – keine Selbstverständlichkeit im deutschen Rock. Pseudo-tiefschürfend wird es nie, sozial- und gesellschaftskritisch schon, das dann aber direkt und gerade heraus und ohne erhobenen Zeigefinger. Mit „Blitz & Donner“ hat Matt Gonzo Roehr ein starkes Album vorgelegt, das zeigt, dass es möglich ist, auch mit deutschen Texten unverstaubten Rock zu spielen, der kickt und gute Laune macht.
THE BURDEN REMAINS haben sich für ihr Debütalbum „Downfall Of Man” viel Zeit genommen und im Grunde alles richtig gemacht, was Produzentenauswahl, Sound und Aufmachung angeht. Gleichzeitig ist die Scheibe der Beweis, dass noch so viel professioneller Einsatz und Vorwissen nicht automatisch en Kracheralbum nach sich ziehen, denn auch wenn „Downfall Of Man“ sehr gut klingend aus den Boxen kommt, fehlt was. Stellenweise wirken THE BURDEN REMAINS zu verkrampft, gerade in der betont progressiven Gitarrenarbeit und den schwurbeligen Refrains wird das deutlich, auch ist Sänger Tommy nicht immer in Bestform und hat einige Ausreißer nach unten. Das Songmaterial hat ebenfalls Höhen und Tiefen, am Ende der Scheibe ist kaum ein Song wirklich beim Hörer hängen geblieben, gerade die zweite Hälfte des Albums hat viele Längen. Schade um den ganzen Einsatz, den die Band hier reingesteckt hat, aber das Ergebnis wirkt so, als wäre sie von den eigenen Erwartungen erdrückt worden.
Mit „Future Selves“ hat das Quartett TRANSFER aus San Diego sein Debüt veröffentlicht. Der vielschichtige Sound der Band ist beim ersten Hören nicht so leicht zu erfassen. Moderner Indie-Rock vermischt sich hier mit psychedelischen Sounds und Brit-Pop. Oder anders gesagt: Die BEATLES treffen auf PINK FLOYD, GLASVEGAS und ARCADE FIRE. Klingt komisch? Ist es nicht. Und funktioniert sogar erstaunlich gut. Oft geht es dabei ruhig und sphärisch zu, und auch die schnelleren Songs, wie „Like It Used To Be“ oder „Enojado“, wirken aufgrund der nur wenig verzerrten Gitarren nie wirklich rockig und hart. Tight und treibend sind TRANSFER dann trotzdem, laden aber weniger zum Kopfnicken, sondern aufgrund ihrer sphärischen Sounds vielmehr zum Abheben ein. Kann man ja auch mal machen. Über die Länge des Albums will der Vierer vielleicht etwas zu viel. Oft vermischt sich der Sound oben genannter Bands nicht innerhalb eines Songs, sondern jeder Song klingt nach einer anderen – manchmal auch nach etwas noch anderem, wie z. B. „Like A Funeral“ nach SIMON & GARFUNKEL plus Blechbläsereinlagen. Deshalb ist es eben auch nach mehrmaligem Hören schwierig, einen wirklichen Band-Sound auszumachend. Man nimmt immer nur war, wonach es jetzt gerade klingt. Ein spannendes Album ist TRANSFER hier auf jeden Fall trotzdem gelungen. Nur an Eigenständigkeit mangelt es den Jungs eben (noch) etwas.
Gerade mal knapp ein Jahr ist es her, dass BLOWSIGHT das Album “Dystopia Lane” in die Läden brachten, und gleich wird schon mit einer 5-Song-EP nachgelegt. Dass gut´ Ding manchmal eben doch Weile haben will, merkt man dabei schon ein bisschen- was auf „Shed Evil“ geboten wird, ist alles nicht schlecht, aber toll ist es auch nicht. Vom musikalischen Handwerk kommt das Ganze grundsolide daher, aber richtig mitgerissen wird man irgendwie nicht, die Melodien, obwohl schon auf Radiotauglichkeit gebürstet, ziehen trotzdem eher an einem vorbei. „The Girl And The Rifle“ weist Emo-Anleihen auf, gelegentlich werden in die Songs Growls eingestreut, im Großen und Ganzen ist man jedoch dem Alternative-/Nu Metal-Gemisch mit fetten Refrains treugeblieben. Fazit: ausbaufähig.
THE ANSWER aus dem nordirischen Newcastle waren schon vor ihrer Welttournee im Vorprogramm von AC/DC ein Hype. Ihre ersten beiden Alben „Rise“ (2006) und „Everyday Demons“ (2009) wurden vor allem von der britischen Presse als Wiederauferstehung des klassischen Rocks gefeiert und ernteten weltweit ausgesprochen gute Kritiken – und das durchaus zurecht. Nun also mit „Revival“ Album Nummer drei. Sänger Cormac Neeson, Gitarrist Paul Mahon, Bassist Micky Waters und Schlagzeuger James Heatly lassen dabei ihren Hang zu Göttern wie LED ZEPPELIN und FREE, aber auch AEROSMITH, THE BLACK CROWES und AC/DC (die Tour hat ihre Spuren hinterlassen) freien Lauf. Man zelebriert die starken Riffs, man setzt gekonnt auf bluesigen Nuancen, die Refrains und Chöre kommen fetter und man hat den Melodieanteil weiter verfeinert – die Kompositionen darf man nach 80er-Maßstäben als massentauglich bezeichnen. Mit der schnelleren, gut auf den Punkt kommenden Rockhymne „Use Me“ und dem mit Mundharmonika veredelte „Trouble“ hat man gleich zum Start Songs mit Ohrwurmpotential. Beim folgenden poppig-flotten „Nowhere Freeway“ steuert die SAINT JUDE Frontröhre Lynne Jackamann soulige Vocals bei. Als Anspieltipps seien mit „Caught On The Riverbed“ (Hammerriff, flott, klasse Refrain), dem ebenfalls recht harten „New Day Rising“ und der eingängigen Powerballade „Can´t Remember, Can´t Forget" Songs genannt, welche alle Vorzüge von THE ANSWER in bester Manier aus den Boxen krachen lassen. Ausfälle sind unter den 12 Songs keine zu Vermelden. Ergo, vom hohen Erwartungsdruck zermürbt hört sich ganz anders an. THE ANSWER haben mit „Revival“ eine weitere klasse Scheibe am Start, welche alle Erwartungen der Classic Rock Gemeinde erfüllt. Definitiv ein 2011 Genre-Highlight.
Ich bin von diesem Silberling außerordentlich überrascht. NEXT LIFE spielen frischen Progressive Metal mit Computersounds ohne Sänger - eine komplette Instrumental-CD stellt "Artificial Divinity" dar. Stilistisch mag man das als "Nintendocore" oder einfach "Metal meets C64" beschreiben. Die Songs werden ständig mit Sounds uralter Audiochips "verfeinert". Wer selbst einmal einen C64 oder einen Amiga sein Eigen nennen konnte, weiß sicherlich, welche abstrusen Soundfetzen damals einem entgegengeschleudert wurden. Sieht man von diesen Sounds ab, verbleiben recht anstrengend zu hörende Songs, die man nicht im Hintergrund dudeln lassen kann. Zu komplex und zu unerwartet entwickeln sich die Songs, so dass man sich besser an einen Schreibtisch setzen und den Tönen lauschen sollte. Mal kommt es brachial durch die Boxen, dann wird es noisig und schließlich gibt es wundervolle Melodien zu hören. Ich habe die Scheibe sehr oft gehört, da mir eine vergleichbare Band wie die drei Norweger NEXT LIFE bisher noch nicht untergekommen waren und die Musik einen herausfordert. Ständig gibt es was Neues zu hören. Ob man etwas mit der Scheibe anfangen kann, wird jeder für sich selbst entscheiden müssen. Für mich verbleibt ein äußerst originelles Machwerk, das ich noch öfter hören werde. Daumen hoch!
EARTHRIDE existieren schon seit dem Jahre 2000 und kommen aus Maryland/USA. Die Band spielt Doom und hat mit dem nun veröffentlichten Album namens "Something Wicked" ihre dritte Veröffentlichung am Start, wobei die vorige CD "Vampire Circus" bereits 2005 erschien. Die Musik zeichnet sich durch eine tiefgestimmte schwere Gitarre aus, die die Songs im Midtempobereich schwer dahertraben lässt. Der Sänger erinnert mich etwas an Lemmy von MOTÖRHEAD, geht aber gesanglich sicherlich noch tiefer als er. Leider sind die ersten beiden Songs "Something Wicked" und "Hacksaw Eyeball" zwar wie der Rest sauber produziert, aber nicht gerade der Knüller und eignen sich eher als Hintergrunduntermalung denn als Musik, die man aktiv genießen will. Herausgreifen will ich aber den Hammersong "Watch The Children Play", der durch einen genialen Gitarrenriff im Refrain mit einem äußerst coolen und lässigen Gesang perfekt harmoniert. Die Nummer "Zodiac" mit cleanem Gitarrenintro ist ebenso ein stärkerer Song, der durch die Gitarrenriffs insgesamt überzeugt. Positiv will ich zuletzt den "Destruction Song" herausgreifen. EARTHRIDE sind sicherlich Doom durch und durch. Leider begeistern mich die Songs bis auf die genannten Ausnahmen nicht besonders, so dass die Scheibe wohl nur eingefleischten Doom-Fans zu empfehlen ist, da mir zu wenig frische Ideen auffallen. EARTHRIDE ziehen ihr Ding schon seit mehr als zehn Jahren durch und haben sicherlich ihre Richtung gefunden.