„Zersplittern sollen die Schädel“ lautet die erste Textzeile – und die Worte sind hier Programm. Die Sachsen KRATER kloppen eine gut produzierte, dicke Black-Metal-Scheibe raus. Mit dem Opener „Parasit“ hängen sie die Latte der Energie sehr hoch – und halten diesen Level über die komplette Dreiviertelstunde. Black Metal, stilistisch orientiert an der zweiten Welle, tempomäßig zwischen gehobenen mittleren und gesitteten hohen Bereich, verständliche kehlige Vocals und nicht zu kalte Melodien sind die Zutaten von „Nocebo“ – einer Scheibe, die alles andere als schadhaft ist, auch wenn es der Titel suggerieren mag. Das Album, das als Karton-Dig inklusive zwölfseitigem Booklet, ebenfalls aus Pappe kommt nicht nur in schicker Aufmachung, sondern auch mit transparentem Sound und vornehmlich deutschen Texten, punktet dabei mehr mit dem abwechslungsreichen Abortios als mit super-epischen Lyrics, die aber dennoch frei von peinlichen Momenten sind. Insgesamt ist den Sachsen Ostdeutschen eine tiefdunkle Black-Metal-Scheibe gelungen. KRATER positionieren sich stilistisch irgendwo zwischen Dark Funeral, Naglfar und Farsot, überzeugen mit Aggression und Melodie („Aura“), ohne große Überraschungen zu kreieren. Glücklicherweise.
Ob die schwedische Band am allerweitesten vom Himmel entfernt ist, sei mal dahingestellt. Die Labelkollegen von WRECK OF THE HESPERUS sind sicherlich noch kaputter, düsterer, verzweifelter…. Indes treffen diese Adjektive allesamt auch auf WALK THROIUGH FIRE und ihren „Hisingen Sludge“ zu. Wie auf Aestethic Death scheinbar Pflicht, frönen die Skandianvier auch dem Doom Metal, allerdings in einer etwas anderen als der „typischen“ Ausrichtung. Vor allem im letzten Song, dem mit fettem Groove ausgestatteten und herausragende “The Dead Sun“ benutzen die Jungs schwere Post-Metal-Bausteine, die natürlich an Isis und Co. denken lassen. Insgesamt aber sind WALK THROUGH FIRE wesentlich droniger und sludgiger klingen. Tonnenschwere, monotone Riffs treffen auf gebrüllte Depri-Vocals und vergleichsweise ungezügeltes Drumming. Um die negative Atmosphäre zu unterstützen, hat ESOTERIC –Meister Greg Chandler dem Erstling einen recht dicken, aber irgendwie auch sehr dreckigen Sound verpasst. Und so erzeugt dieses überraschend gute Werk eine megamonumentale Klangwelt, deren große Steine einem optimistischen Lebensgefühl absolut im Weg liegen. Nur gut, dass mit „The Dying Sun“ ein beinahe erholsames Ambient-Stück gut vier Minuten lang für Erholung sorgt. Sonst wäre es vielleicht um den einen oder anderen Hörer geschehen. Echt finster, dieser Gang durchs Feuer…
Die Finnen haben mich mit ihrem 2008er Vorgängerwerk „Wreath Of Thevetat“ echt begeistert, weil sie ein schnörkelloses, Melodie-orientiertes, energiegeladenes Black Metal-Album moderner Prägung abgeliefert haben. In die selbe Kerbe haut auch „Vinum Intus“, für das man definitiv nicht viel Vinum intus haben muss um es zu mögen. Zwar wurde das Album noch mit der selben Mannschaft aufgenommen wie der Vorgänger, doch hat sich Sänger Goat Tormentor gleich nach den Aufnahmen wieder in den Schoß seiner Hauptband SWALLOW THE SUN verabschiedet. Am Erzeugnis ändert das freilich nix, jedoch ist „Vinum Intus“ nicht ganz so stark und mitreißend ausgefallen wie „Wreath Of Thevetat“, da die Band einen ganzen Packen Aggression und Härte rausgenommen hat und verstärkt auf getragenere Songstrukturen und den weiteren Ausbau der Melodiegerüste setzt, was in Kombination mit der etwas dünnen Produktion (die Drums haben so gut wie gar keinen Dampf) nicht ganz aufgeht. Speziell die Keyboards rücken hier noch etwas stärker in den Vordergrund und wirken bereits beim treibenden Opener „A Living Grave“ arg präsent, was in Stücken wie „With A Thorn In Our Hearts“ (inklusive opernhaftem Chor-Part im Mittelteil), „Wine Within“ oder „Triunity“ nahtlos fortgesetzt wird und die Grenze zum Kitsch mehr als einmal bedenklich streift. Und auf ein Bombast-Intermezzo wie „Our Ascent Of The Forever“ hat die Welt sicher auch nicht wirklich gewartet. Insgesamt ist „Vinum Intus“ eine durchaus sehr hörenswerte Scheibe mit einigen Ohrwurm-Melodien geworden, aber der auf dem Vorgänger dargebotene, gekonnte Spagat zwischen Härte, treffsicherem Songwriting und einem guten Schuss Pomp wird hier nicht ganz erreicht, so dass ein „Tipp“ dieses Mal leider knapp verfehlt wird.
Mit diesen Referenzen kann de facto nix, aber auch gar nix schiefgehen. Albert Wichtfinder (REVEREND BIZARRE) singt als Gast mit (wenn mal ein bisschen heller wird) und die Band hat mit MOURNING BELOVETH gesplittet. Also ist diese Scheibe auch gut. Punkt.
Okay – das werden nicht alle so hören. Denn auf der zweiten Full-Length der Iren, die seit ihrer Gründung 2004 aber auch schon vier Demos, zwei Splits und eine EP veröffentlichen, regiert radikales Understatement. Die Iren klingen extrem dünn und blechern, der rohe Sound, der eindringliche Bass und die fiesen Gitarren können schon mal an den Nerven zerren. Die nur drei Songs sorgen in gut 40 Minuten für mega-viel Verzweiflung, die in den geknurrten oder gegrowlten oder gezischten Vocals kulminieren. Und wer glaubt, langsamer als Doom geht gar, der höre sich die Songs wie den Opener „Kill Monument“ an – das Trio hat den Mut zum „Full-Stop“. Eine komplette dissonante Sound-Welt steht vollkommen still – vielleicht ganz gut, sonst wäre dieser Ausbund an Hässlichkeit und Hypnose kaum zu ertragen. Wie ein geradezu unwirklicher Kunstgriff wirken beinahe groovige Melodien wie nach gut drei Minuten im zweiten Song „Cess Pit People“ oder die geradezu liebevolle Aufmachung mit einem DIN A5 Digipak. In der dunkelgrauen Pappverpackung stecken vier festen Karten mit Info, Foto und Texten. Schick. Ästhetischer Tod eben….
Zu Gehör kommt mir das Comeback der Band BEGGARS & THIEVES. Die Musiker aus Amerika sind seit den 90ern mehr oder weniger aktiv, der letzte Longplayer liegt aber immerhin schon 12 Jahre zurück.
Charakteristisch ist der Gesang von Louie Merlino, der mich mit seiner leicht gebrochenen Stimme an Greg Dulli (THE AFGHAN WHIGS, THE TWILIGHT SINGERS) erinnert. Ein weiterer Farbklecks ist das akzentuierte Gitarrenspiel, welches sehr atmosphärisch, leicht U2-mäßig Farben in das Genre bringt. Generell gilt bei der Scheibe, dass die Präsentation und Inszenierung ungemein gelungen ist. Langsam, atmosphärisch, ruhig und dennoch rockend schleichen sich gleich einer Katze die Nummern in den Kopf des Hörers. Hin und wieder erinnert mich die Band an die leider längst vergessenen THE DOGS DAMOUR - sleazig, rockig und eigenständig. Tracks wie "Never Gonna See You" sind eine Zierde des Melodic Rocks.
Dem in den Printmedien betriebenen Hype um diese Veröffentlichung kann ich mich dennoch nur bedingt anschließen. Was mir hin und wieder fehlt, sind die Weltklasse-Melodien zur Weltklasse-Inszenierung. Da klafft meiner Ansicht nach doch noch eine kleine Wunde. Mancher Refrain kommt mir einfach zu kraftlos oder flach daher. Sollten die "Bettler und Diebe" in Zukunft diesen Umstand beseitigen, sehe ich hier einen kreativen musikalischen Hoffnungsträger der Melodic Rockszene.
Eins ist und bleibt immer: Die Stimme von Geoff Tate. Sie ist charismatisch und immer noch über jeden Zweifel erhaben. Zumindest auf Scheibe…. Die Musik aber, sie bleibt im Durchschnitt stecken, es berührt nicht mehr, es überrascht nicht. Klar, technisch ist das alles in Ordnung, es gibt immer mal ein paar Hinhörer, aber in der Gänze imponiert „Dedicated To Chaos“ eben nicht. Und ein Song wie „Got It Bad“ mit seinen Orientalischen Anflügen nervt sogar eher, weil er überhaupt nicht zu Potte kommt. Okay, das Album beginnt dank Get Started“ mit Rock’n’Roll-Feeling a la D.A.D. ganz passabel. “Higher“ verpassen die Herren aus Seattle immer dann ein Break oder ein unmotiviertes Experimentierfeld (Bass!), wenn er zu fließen beginnt. „Around The World” ist ein cheesy Pop-Song, dessen Textzeile „All you Need is Love“ schleimscheißt. Auch die guten Songs wie das “At The Edge“, in dem die Balance zwischen Groove und Prog-Elementen am packendsten klingt oder das wirklich überraschende, eher ruhige und Pink-Floydtige Rausschmeißer „Big Noize“ ändern nix an der Enttäuschung, die die Scheibe auslöst. QUEENSRYCHE haben mich seit der 82er-EP begleitet. Iich möchte die Band immer gut finden, aber irgendwie klappt das auf dieser Scheibe nicht mehr so recht. Abwechslung wird hier zu Konzeptlosigkeit, Progressivität zur Aufgesetztheit und Gefühl zu Berechnung. Schade. Aber es haut nicht mehr hin mit uns. Sucht euch andere, vielleicht hören die das anders!
Himmel und Hölle! Was ist das denn für eine Scheibe? Die Band VAULTING aus Hessen legt mit ihrem Longplayer namens "Nucleus" eine ganz schwer verdauliche Kost vor! Es ist schon äußerst schwierig, die Band stilistisch einzuordnen. Letztlich wird man eine brutale Mischung aus Mathcore, Death/ Technical Metal, Jazz und Progressive erkennen. Dabei wirken alle Songs dermaßen chaotisch und wild, dass man die Musik unmöglich nebenbei mal so laufen lassen kann. Songstrukturen sind hier schwerlich zu erkennen. Es zeigen sich verrückt aneinander gereihte Riffs, die einem schnell Kopfschmerzen bereiten, weil man sich unweigerlich dem Wahnsinn nähert. Ich muss zugeben, so was habe ich in der Art noch nicht gehört. Technisch ist die Band dabei auf hohem Niveau, die Gitarrenläufe hören sich an, als würde jemand eine Legokiste voller Musiknoten ausschütten und der Sänger haut dazu mit der Axt auf die Teile, die man wieder zu einem ganzen zusammensetzen will. Irre. Zwischendurch gibt es mal kurze Verschnaufpausen in Form von Pianointerludes ("Permafrost", "Touched By An Unknowing"). Die CD ist wie ein Horrorfilm ohne Happy End oder eine Überdosis Heroin. Zumindest auf letzteres kann ich gut verzichten, so dass es trotz der guten Produktion fraglich ist, wie man mit diesem Werk umgeht. Gewollt ist sicherlich das große musikalische Meisterwerk. In einer gewissen Weise ist das auch geglückt, allerdings ist die Scheibe so schwer verdaulich, dass ich mit ihr nicht viel anzufangen weiß. Zu anstrengend sind die Songs und die musikalische Wucht, die einem da entgegenschlägt. Es gibt wohl keine CD, bei der ich dieses Jahr mehr die Empfehlung aussprechen muss, vor dem Kauf unbedingt reinzuhören. Eine ganz besondere Scheibe, definitiv für mich aber auch wohl das anstrengendste Album des Jahres.
Diese Scheibe funktioniert nicht ohne Kräuterzigarette, Punkt. Oder ihr habt nicht alle Latten am Zaun. Gut, ich kenne zwei, die finden die Scheibe gut, und die sind eigentlich ganz okay. Aber echt mal: Diese saudreckige, altmodische Doom-Scheibe steht nicht nur in der Tradition von Kiffer-Kapellen wie Electric Wizard, sie klingt auch ähnlich kaputt. Die Leipziger wirken vor allem in den angedronten (nicht zugedröhnten!) Parts irgendwie, als jammten sie zusammen, als folgten sie justament ihren ganz individuellen Ansichten von der Einsamkeit des Langstreckenmusikers. Paul singt und schreit, dass es einen bisweilen erschreckt, während er selbst erdige Riffs aus dem Ärmel schüttele (also wenige aus einem), Drummer Seitz lässt von Zeit zu Zeit einen Schlag ab und der Bass von Birger brummelt wie beleidigt im Hintergrund. Wenngleich ein Song wie „Ghost of Dying Time“ sogar richtig groovt, bevor er vor dem eigenen Ende (15. Spielminute) in eine ziemliche Kackophonie abgeleitet. Das ist alles nicht neu (ach was!), und auch nicht originell, aber dennoch irgendwie stimmig. Und in Zeiten, wo dieser anachronistische Retro-Kack allerorten wieder salonfähig oder gar „state of the art“ wird, sollten die Nickelbrillen der Metal-Welt sich vereinigen und ihrer eigenen Arroganz frönen, indem sie BLACK SALVATION hören. Wenngleich diese Band nix dafür kann, die sind wirklich so fertig wie sie klingen. Also irgendwie ganz gut. Wenngleich ziemlich langweilig. Manchmal ist Mist, wenn man Kräuter nicht verträgt….
Für diese Scheibe braucht der Rezipient vor allem eins: Geduld. Vier Stücke (plus Intro) benötigen mehr als 72 Minuten, um sich in ihrer ungehobelten Gesamtheit in die Hirse des Hörers zu fräsen. Und in der Tat ist die Scheibe so rau wie die Heimat der Franzosen, das bretonische Rouen. Der äußerst schleppende Doom Death ist so zäh wie Lava und trotz einiger Ungereimtheiten ein echter Leckerbissen für Freunde diese Sparte. Zumal sie sich beim Titelstück sogar für einen flotten Beginn entschieden. Andere dürften wahnsinnig werden, weil in ihren Ohren so rein gar nichts passiert in einem Song „The Twilight Prophet“, der mehr als 20 Minuten dauert und in dessen Mittelteil als persönliches Highlight französische Sprechgesang und am Ende Verzweiflungsgeschrei der Marke „ESOTERIC light“ zu hören ist. Apropos Gesang: Das Wehklagen kommt hier nicht aggressiv und böse, sondern wirklich leidend und bisweilen etwas kauzig und bei Gelegenheit recht pathetisch daher, erinnert an eine krude Mischung aus ganz ollen Paradise Lost, unterproduzierten Candlemass und eingeschlafenen Doomsword. Oder so. Und auch, wenn mir amtliches Gegrunze der Marke OPHIS viel besser gefällt, so haben FATUS ELISUM mit „Homo Nihilis“ ein prima menschenfeindliches Werk geschaffen, das aber irgendwie immer noch Platz für Hoffnung lässt. Aber auf was bloß…???
Nicht ganz neu, aber immer noch die einzige CD – und vor allem so vehement, dass diese Scheibe unbedingt reviewt werden muss. VLADIMIR HARKONNEN (oder kurz: „Die Vladis“) sind keine Russen, keine Finnen, keine Zaren, keine Skispringer: Nein, sie sind ebenfalls nicht der böse Baron aus Dune, auch wenn die Kapelle sich nach letzterem benannt hat. Die Vladis sind der Zusammenschluss der Bands Bonehouse und 2d Engine – und sie kommen aus dem in letzter Zeit sportlich so erfolgreichen Kiel. Und was noch? Super! Der Erstling gibt eine Mischung aus Hardcore, Punk und Metal (Reihenfolge ohne Wertung!). Die Schleswig-Holsteiner sind total riffgeile Typen mit einem charismatischen Grunz-Brüller und sau-coolen Chören: Die perfekte Mischung aus Bad Religion, Entombed und Discharge, also der Mix aus seligem Mitsingen, exzessivem Rübe-Schütteln und totaler Ausrastorgie. Dabei agieren die Jungs angenehm klischeefrei, nahbar und sympathisch. Irgendwas zu meckern? Nö, außer vielleicht, dass der Titel „Silence, As Long As A Thought, While The Executioners Are Reloading“ zu lang ist. Fakt ist und bleibt aber: Die Jungs haben mächtig Dampf in der Hose – vom Schlagzeuger Eric bis hin zu Philipp in der Front, Mann, geht das nach vorn, Mann ist das ist ne geile Band...
Silence, As Long As A Thought, While The Executioners Are Reloading