„The Current Will Carry Us“ ist das zweite Album der Kanadier COUNTERPARTS, die sich ja gegen starke Konkurrenz aus dem eigenen Land behaupten müssen, immerhin ist mit COMEBACK KID eine Band seit Jahren das Aushängeschild ihrer Szene. COUNTERPARTS wirken mit ihrem neuen Werk wie der wütende kleine Bruder, der um die Aufmerksamkeit der coolen Freunde heischt – „The Current Will Carry Us“ ist entsprechend ungestüm-wütend, was manchmal zu viel des Guten ist („Thank God“), in den meisten Fällen aber in interessante Hardcore-Songs kanalisiert wurde, die sich irgendwo zwischen Bridge9-Bands, COMEBACK KID und STICK TO YOUR GUNS einfinden. Handwerklich passt hier alles, gerade die Gitarrenarbeit muss hervorgehoben werden. COUNTERPARTS haben eine ganz klare Steigerung zu ihrem Debütalbum zu verzeichnen und dürften mit „The Current Will Carry Us“ nachhaltig auf sich aufmerksam machen. Jetzt eine schöne All-Canadian Tour und die Sache läuft.
FATE - das war doch eigentlich die Band von Hank Sherman, der sie auch sinnigerweise zu 50% nach seiner Stammcombo, den großen MERCYFUL FATE benannte. Mit dem Namen war aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit benannt (bis auf den Gitarristen natürlich). So verschrieb sich die neu (1984) gegründete Band eher dem melodischen Hardrock.
Mir rutschte die Band durch den Rost der Zeit. Nun halte ich eine neue Scheibe der Dänen in meinen Händen. Wer ist FATE anno 2012?
Nichts oder besser fast nichts hat die Gruppe mit den FATE der Anfänge gemein. Bis auf den Bassisten ist kein Gründungmitglied mehr mit an Bord. Hank Sherman, Bandgründer und Leuchtpunkt, fehlt demnach auch. An den Vocals ist mittlerweile der dritte Sänger beim Sechsten Album. Macht es Sinn, einen Bandnamen weiter zu führen, ohne in der Lage zu sein, ein beständiges Line-up zu finden oder gar Trademarks zu setzen?
Anyway, die Dänen machen heuer musikalisch gar keinen so schlechten Eindruck. Geboten wird Melodic Rock mit krachenden Gitarren und melodiösem Keyboard. Das Tasteninstrument sorgt für die Farbkleckse und macht die Songs noch eine Spur eingängiger. Der Härtegrad variiert, ist aber eher eine Spur mehr Metal als das in der Vergangenheit war. Der Opener "Children Of The Night" geht mit seinem melodiösen und doch harten Drive ordentlich in die Glieder, die Gitarre generell macht zusehends Spaß beim "abhören". "Seeds Of Terror" kommt schön Metal-like daher, bleibt aber dennoch weich genug, um Genre-Fans zu begeistern. In den Refrains schwingt oft eine leichte Melancholie mit, die vor allem dem neuen Sänger Joensen und dessen Gesangslinie zuzuschreiben ist. Alles in allem rockt "Ghost From The Past" amtlich ab. Gitarre, Songwriting, Gesang und Produktion können sich sehen und hören lassen.
FATE ist 2012 eine nicht zu unterschätzende Truppe geworden, mit Ideen und Ausstrahlung, nur fehlt der Band ein beständiges musikalisches Gesicht zum Wiedererkennen. Mit festem Line-up, vor allem die Vocals und die Gitarre, welches länger als eine Veröffentlichung hält könnte dies gelingen.
THE KANDIDATE haben sich nach ihrem letzten Album an der Live-Front fleißig gezeigt und mit so unterschiedlichen Combos wie ROTTEN SOUND und VOLBEAT die Bühne geteilt. Im Sommer 2011 ging es dann in Jacob Bredahls (voc.) eigenes Studio, um das zweite Album einzuspielen. Und siehe da, „Facing The Imminent Prospect Of Death” ist einen ganzen Zacken heftiger als das Debüt ausgefallen. Mit einem druckvoll-erdigen Sound ausgestattet, kommen Groove-Monster wie „Let The Maggots Have It“ oder die Schädelsprenger „Fucked In The Search For Life“ (bei dem Mr. Bredahl alles gibt) oder der fantastische Abschluss „The Knives Split“ voll zur Geltung. Wenn sie wollen, können THE KANDIDATE mittlerweile alles in Schutt und Asche legen, was gerade auf der zweiten Hälfte des Albums überdeutlich wird. In der ersten Hälfte finden sich dagegen einige eher uninspierte Songs, die zwar saubrutal sind, denen aber das letzte bisschen Ellbogenfett beim Songwriting fehlt, um sie aus dem Death/ Thrash-Einerlei abzuheben. Wer durchhält, wird dafür mit einer bombenstarken zweiten Hälfte belohnt, in der THE KANDIDATE alles richtig gemacht haben. Jetzt bitte ordentlich touren und dann ein Album schreiben, dass sich an den letzten fünf Songs von „Facing The Imminent Prospect Of Death“ orientiert. Danke. Wer waren noch mal HATESPHERE?
Die Proggies KNIGHT AREA sind nun auch schon ein Weilchen unterwegs und lassen mit „Nine Paths“ ihr fünftes Gewächs auf die Menschheit los. Es wird entspannter und sehr schöner Prog geboten, der an diverse Inselvertreter wie IQ, ARENA oder auch PALLAS erinnert, aber mitunter auch an ihre Landsleute von AYREON. Im Gegensatz zu vielen Genrevertretern liegt bei KNIGHT AREA der Schwerpunkt nicht auf möglichst komplexen Instrumentalabfahrten, sondern auf einschmeichelnden Melodien. Dies bedeutet nicht das KNIGHT AREA platt wären, ganz im Gegenteil: Sie verstehen es angenehm zu Hörendes mit Anspruchsvollem zu verbinden. „Nine Paths“ enthält, wie der Name schon sagt, 9 verschiedene Wege. Manche sind länger als andere, manche sind Kurztrips, andere sind verschlungene Pfade, wo ein GPS schon von Vorteil sein kann. Was aber alle Wege gemeinsam haben: Sie sind sowohl für den Stadtmenschen, als auch für den erfahrenen Pfadfinder eine Herausforderung, aber immer angenehm zu gehen. Und das Schönste dabei ist, dass man sich dabei keine Blasen an den Füssen holt, sondern diese Trips gemütlich unterm Kopfhörer auf der Couch liegend unternehmen kann. Mark Smit's im besten Wortsinne poppige Stimme eignet sich perfekt für die eher ruhigen und träumerischen Kompositionen von Bandmastermind Gerben Klazinga. KNIGHT AREA haben mit „Nine Paths“ ein weiteres zum Träumen einladendes Werk eingetütet, in welches Prog Rocker auf jeden Fall mal reinlauschen sollten.
STEEL IGNITION sind eine junge Thrash Band aus Göttingen. Wenn ein Steel im Bandnamen auftaucht bin ich per se schon mal positiv gestimmt. Auf vorliegendem 3-Track Demo gibt es flotten Thrash zu hören, der aber eher nach den 90ern, denn nach 80er Mucke klingt. Ein wenig wie die flotteren Momente der deutschen WARHEAD (falls die noch jemand kennt). Die Songs kommen schön auf den Punkt und gehen im beliebten uffta-uffta Rhythmus gut nach vorne los. Allein der Gesang kommt noch etwas eintönig daher, auch wenn STEEL IGNITION beim Abschlußtrack „Cruel Responsibility“ so etwas wie eine Gesangsmelodie in den Chorus einbauen, ist der Gesang wohl noch die größte Baustelle. Aber für ein erstes Lebenszeichen schon recht ordentlich. Da die Homepage noch im Entstehen begriffen ist, kann man sich unter www.myspace.com/steelignition schon mal ein Bild machen.
Okay, ja, ich gebe es zu: Ich bin ein bisschen spät dran mit dieser Besprechung. Erschienen ist der dritte Longplayer der fünfköpfigen TEN SECOND EPIC nämlich schon Ende Oktober. Ist halt liegengeblieben, wie das manchmal so ist, und das ist ehrlich gesagt auch nicht weiter tragisch. Denn was die Kanadier auf „Better Off“ abliefern, ist dermaßen seichter und kraftloser Pop-Punk, dass es einem echt die Schuhe auszieht. Wobei das „Punk“ hier eigentlich fehl am Platz ist, „Alternative Pop-Rock" trifft es irgendwie besser. Dabei fängt das Album gar nicht mal so schlecht an: Der Opener „Young Classics“ startet mit einem fetten Riff, der Chorus drückt ordentlich und Sänger Andrew Usenik darf stimmlich mal richtig aus sich herausgehen. Auf den folgenden neun Songs drückt aber gar nichts mehr, stattdessen seiert ein einziger radiotauglicher, klebrig-süßlicher Einheitsbrei vor sich hin, der sogar an jeder College-Rock-Party durchfallen würde. Das ist so langweilig wie belanglos und dabei auch noch so auf Friede-Freude-Eierkuchen-Wohlklang produziert, dass es schon fast wieder aggressiv macht. Eine Album, das die Welt nicht braucht.
Dass nicht nur Black Metal in Frankreich zurzeit eine gute Konjunktur hat, sondern es von dort auch die eine oder andere traditionelle Band zu uns herüber schafft, beweisen unter Anderem CRUSHING BLOW, die mit „Cease Fire“ ihr zweites Album (nach „Far Away“ von 2003) vorlegen. Die Band erfindet zwar das Rad natürlich nicht neu, gefällt aber mit basischem, rauem Heavy Metal der 80er Schule, der speziell durch Valène De Santis´ kraftvollen Gesang etwas an WARLOCK und „härtere“ Doro-Soloeskapaden erinnert. Auch im Songwriting-Bereich reißt das Quintett keine Bäume aus, weiß aber mit durchweg gelungenen Kompositionen zu punkten: der mit einem HAMMERFALL-artigen Riff durchstartende Opener „The Wizard´s Tale“, die sehr gute, weitestgehend kitschfreie Halbballade „Shadow“, das flotte „Dreams“ oder die Hymne „Rise Your Soul“ sind sehr solide Songs, die zwar in textlicher Hinsicht bei Weitem nicht jedes ausgenudelte Klischee umschiffen, aber der angepeilten Zielgruppe problemlos gefallen dürften. Mit mehr eigenen Ideen und weniger Verwendung tausendfach bereits woanders gehörter Standards wäre „Cease Fire“ eine mehr als „nur“ hörenswerte Scheibe geworden.
IRON MASK sind das geistige Kind des belgischen Gitarristen Dushan Petrossi, welcher sich auch für MAGIC KINGDOM verantwortlich zeigt. Während sich MAGIC KINGDOM eher an RHAPSODY und Konsorten orientieren, sind IRON MASK eindeutig von Combos wie CONCERTO MOON, REIGN OF TERROR, RAINBOW und natürlich dem Gott aller Shredder YNGWIE MALMSTEEN beeinflusst. Um für weitere Parallelen zu sorgen, wurde ein Großteil des Materials von Ex-Malmsteen Goldkehlchen Mark Boals eingesungen, welcher nach RING OF FIRE nun wieder eine neue Bandspielwiese gefunden haben dürfte. Auch Gören Edman, welcher hier die Ballade „Magic Sky Requiem“ veredelt stand schon einmal im Dienste Malmsteens. Allerdings sind IRON MASK keine reine Tributgeschichte: Erstens ist der Sound dafür viel zu gut und zweitens gehen IRON MASK um einiges heavier an die Sache heran als Großvater Yngwie. Irgendwo zwischen harten Power Metal Nummern wie dem Titelstück oder „Nosferatu“ und epischen Bombasthymnen („Broken Hero“ + „When All Braves Fall“) pendelnd weiß „Black As Death“ zu gefallen und kann in diesem stilistisch engen Rahmen trotzdem Akzente setzen. Das Highlight dieser Scheibe dann begeistert mit fernöstlichen Melodien und Instrumenten und hört auf den Namen „Genghis Khan“. Ein schleppendes Monumentalepos von Song. Alles in allem ist IRON MASK hiermit ein anspruchsvolles und doch gut nachvollziehbares Werk Power Metallischer Musizierkunst gelungen.
CENTURY lassen dem Hörer keine Chance. Weder zum Luftholen noch zum Nachdenken bleibt beim Genuss von „Red Giant“ Zeit. Was das US-Quartett hier in einer wilden Songwritingorgie, bei der die Songs sehr spontan entstanden, erschaffen hat, ist ein gnadenloser Wutbrocken, der laut gehört werden will und dazu einlädt, wild durch’s Zimmer zu springen und alles kaputt zu machen. Kaputtkaputtkaputt! TRAP THEM kriegen das auf ähnliche Art und Weise, wenn dann noch die unvermeidlichen CONVERGE ihre Spuren hinterlassen, kann ein Album richtig groß werden. CENTURY ruhen sich darauf nicht aus, haben stattdessen schön viel dreckigen Metal konsumiert, am besten in Sludgeform, dazu noch den guten chaotischen Hardcore der 90er. Ergebnis: siehe oben.
DARK SUNS haben sich in der Zeit seit “Grave Human Genuine“ offenkunding mit viel Progressive Rock und 70er-Mucke generell auseinandergesetzt – und sind, ganz wie OPETH, zu dem Schluss gekommen, die Metal-Anteile in den neuen Songs zu reduzieren und dafür ganz stark in die Progressive Rock-Ecke zu gehen. Als Erstes fällt der analoge, warme Sound von „Orange“ auf (ob der Plattentitel eine Reminiszenz an die Amps ist?), durch den besonders die Hammondorgel („Elephant“) und der Bass einen wunderschönen Klang bekommen haben. DARK SUNS haben, das wird schnell deutlich, an den Songs lange getüftelt, so dass beim Endergebnis die einzelnen Parts gut aufeinander abgestimmt sind, die Breaks sitzen und der Wechsel zwischen verträumt und knackig immer gelingt („Diamond“). Drummer Nico liefert nicht nur eine verdammt gute Leistung am Drumkit ab, sondern hat auch wieder alle Gesangsparts übernommen, die durch seine warme, kraftvolle Stimme immer wieder Akzente setzen. Witzig sind dabei die immer wieder vorkommenden Screams, die im ersten Moment an die seligen BEE GEES (!) erinnern. Im Gegensatz zu OPETH haben es DARK SUNS zudem verstanden, bei aller Progressivität gute Songs zu schreiben, auf „Orange“ finden sich nur starke Stücke. Vom Groove-lastigen „Diamond“ (mit wildem Hammond-Einsatz im Mittelteil) über den nicht minder fixen Opener („Toy“) bis zum überlangen Rausschmeißer stimmt hier einfach alles, ja lassen sich die Songs nach einmaligem Hören schon locker mitsummen. DARK SUNS haben die richtige Balance zwischen Anspruch und Hörbarkeit gefunden, was in einem saustarken Album resultiert. Und die Frage aufwirft, was die Leipziger in drei Jahren machen werden? Bleiben sie dem Progressive Rock treu oder erkunden sie wieder neue Ufer? Bis dahin wird jeder Fan intelligenter Rockmusik mit „Orange“ glücklich werden.