IAIN ASHLEY HERSEY heißt der Gitarrist und Komponist, ist Amerikaner und bringt mit "Vintage Love" eine "Best Of" seiner bisherigen drei Alben auf den Markt. Und sicher kennen viele - wie auch ich - den Herrn Hersey bis Dato nicht. Und haben wir was verpasst?
Oh ja, geboten wird reinster Classik-Rock, mal europäischer Machart à la RAINBOW, M.S.G. oder WHITESNAKE, mal amerikanisch gefärbt wie SAMMY HAGAR oder MR. BIG. Roh produziert krachen einem die Nummern um die Ohren, mit illustren Gästen am Mikrofon: Graham Bonnet (RAINBOW, M.S.G., ALCATRAZZ), Doogi White (RAINBOW, DEMON`S EYE), Carsten Schulze (EVIDENCE ONE) und nicht zuletzt ein Paul Shortino (QUIET RIOT, ROUGH CUTT, KING KOBRA). Selbstredend macht diese Schar an Sangeslegenden einen Wahnsinns-Job. Besonders erwähnen möchte ich den vermeintlich unbekanntesten Carsten Schulze, der sich mit seiner starken, kraftvollen Stimme unter diesen Top-Vocalisten durchaus behaupten kann.
Die 15 Tracks stehen eigenständig und doch vertraut klingend für die Liebe zur altvorderen Zeit, als die Gitarre lernte zu krachen, der Bass zu wummern und der Barde begann, seine Leidenschaft hinaus in die Welt zu schreien. Die Gitarre steht neben dem Gesang natürlich im Fokus, spielt sich aber zu keiner Zeit à la MALMSTEEN in den Vordergrund. Yep, tolle Melodien mit Kraft und Ausdruck, das ist 'ne feine Hardrockscheibe, welche ihre Wurzeln in den frühen 80ern hat. Ich für meinen Teil schreibe mir den Namen IAiN ASHLEY HERSEY ganz oben auf den Zettel. Neben VOODOO CIRCLE ist dieser Herr die Entdeckung dieses Jahres im Classik-Rock-Segment.
Nach der positiven Aufnahme des Vorgängeralbums im vergangenen Jahr waren ANGELINE fleißig und legen mit „Disconnected“ jetzt nach. Herausgekommen ist dabei hübsches Melodic Hardrock-Futter, die Schweden verstehen ihr Handwerk. Der Opener „When The Lights Go Down“ rockt schön eingängig drauflos und gibt die allgemeine Marschrichtung vor, „Falling Into You“ schließt sich nahtlos daran an. „Solid Ground“ erinnert an zeitgenössische Midtempo-Bon Jovi-Songs, mit „If It´s The Last Thing I Do“ darf natürlich auch eine Ballade nicht fehlen. „First Time Around“ kommt groovig daher und würde auch den Kollegen von AEROSMITH gut zu Gesicht stehen. Sicher, man mag argumentieren, dass ANGELINE mit „Disconnected“ keine großen Neuerungen präsentieren, aber müssen sie das denn? Die Musiker wissen was sie tun, das Album präsentiert rockige, melodiöse Songs und macht Spaß- was will man da mehr?
YOUR HIGHNESS machen auf „Cults’n’Cunts“ keine Sperenzchen, hier gibt es eine gute halbe Stunde lang die gerade angesagte BARONESS/ KYLESA-Chose, also schön rotzig-erdiger Metal, der mächtig Druck macht und arschcool daherkommt. Immerhin haben YOUR HIGHNESS durch ihren im Vergleich mit der Konkurrenz noch stärkeren BLACK SABBATH-Einschlag so was wie eine eigene Note, allerdings leiden sie auch unter einem Shouter mit sehr limitierten Fähigkeiten. Der brüllt manchen Song und manche gute Ideen in Grund und Boden, passt in guten Momenten aber wie Arsch auf Eimer zu der lässig rockenden Musik. „Cults’n’Cunts“ macht trotzdem Spaß, gerae als Wochenendeinstimmung mit ein paar Bier. Große Innovationen sollte niemand erwarten und die besseren Songs schreiben andere Bands, aber Charme hat auch dieses speckige, stinkende Album irgendwie.
Hinter WARBEAST stecken Musiker, die schon einige Bands am Start hatten und entsprechend Erfahrungen sammeln konnten. „Krush The Enemy“ profitiert davon, da die Herren hörbar wussten, wie knackige Thrash-Songs zu klingen haben. Das von Phil Anselmo (DOWN, PANTERA) produzierte Album ist dann auch eine qualitativ durchweg hochwertige Angelegenheit, Füllermaterial haben WARBEAST nicht draufgepackt. Die Songs halten die Balance zwischen Brutalität und Eingängigkeit (gerade in der sehr melodischen Gitarrenarbeit) und gewinnen durch den eigenständigen Gesang an Profil. Irgendwo zwischen EXHORDER, SLAYER und (natürlich) PANTERA angesiedelt, ist „Krush The Enemy“ eine gute Thrash-Platte, die sich Fans des Genres ruhig anhören sollten.
SKARHEAD haben mit „Dreams Don’t Die” ein reines Coveralbum eingespielt, auf dem sie sich fast ausschließlich der New Yorker Szene widmen, was eine sehr starken Nabelschau-Charakter hat. Immerhin hat das Allstar-Ensemble um CROWN OF THORNZ-Danny allerhand Gäste eingeladen, u.a. ist Scott Vogel (TERROR) dabei. In den Songs geben sich SKARHEAD als Band, die Coversongs immer nahe am Original einspielt, eine wirklich eigene Note haben sie so keinem der Songs aufgedrückt. Andererseits wäre das auch angesichts der stilistischen Nähe schwierig. Wie dem auch sei, die meisten Songs funktionieren und werden im Regelfall durch die Gastsänger aufgewertet. Im direkten Vergleich mit den Originalen ziehen SKARHEAD bei der AGNOSTIC FRONT- und der S.O.D.-Variante den Kürzeren (an die Originalsänger kommen sie nicht heran), dafür sind MURPHY’S LAW, BAD BRAINS und SICK OF IT ALL sehr schön gecovert worden. Als letzten Song gibt es mit dem Cindy Lauper-Song noch was zum Schmunzeln. Der Song macht gut Laune und beendet ein gelungenes, wenn auch wenig eigenständiges Coveralbum. SKARHEAD war sicher mehr daran gelegen, die eigenen Einflüsse aufzuzeigen, mit ein paar Freunden im Studio abzuhängen und der guten alten Zeit zu huldigen, als sich künstlerisch mit der Verwurstung von Songs zu beschäftigen. Jedem das seine, Spaß macht “Dreams Don’t Die” auf alle Fälle.
OPHTHALAMIA hatten mit It (ABRUPTUM) einen ganz speziellen Typen als Mastermind, der ja irgendwann einfach aus der skandinavischen Szene verschwand (in den prä-Social Media-Zeiten ging das problemlos). Musikalisch hatte It einiges auf der Pfanne und mit OPHTHALAMIA eine Band am Start, die ihrer Zeit sehr weit voraus war. Der Re-Release des 1998er Werks „Dominion“ zeigt die Schlussphase des kreativen Schaffens, als It und Konsorten eine starke Metal-Kante hatten und deutlich nachvollziehbarer zu Werke gingen. „Final Hour Of Joy“ und „Great Are The Deeds Of Death“ sind extrem gelungene Melodic Death Metal-Songs, die ihre Nähe zu DISSECTION (bei denen It auch zeitweise aktiv war) nicht verbergen können und dank wunderschöner, zweistimmiger Gitarrenarbeit, eines wie Arsch auf Eimer passenden Shouters und des Blicks über den Tellerrand im Songwriting vollends überzeugen können. OPHTHALAMIA waren mehr als die nächste Death/ Black-Band, dafür hatten sie zu viele Einflüsse aus Doom, Stoner und guten alten BLACK SABBATH in ihren Songs. Beim Re-Release finden sich vier Proberaumsongs, inklusive des BATHORY-Covers „Sacrifice“ und ein umfangreiches Booklet. Der Sound hat ein neues Mastering bekommen, so dass die „Dominion“ auf 2011-Standard aus den Boxen kommt. Insgesamt eine lohnende Anschaffung für Komplettisten und allen, die zu jung für die Originalpressung sind.
ROYAL HUNT sind seit über 22 Jahren das Baby von Mastermind & Tastenvirtuose Andrè Anderson. Die Formation steht dabei über diese lange Zeitspanne für symphonisch geprägten Metal mit sehr viel Keyboardeinsatz auf der einen sowie neoklassische Gitarreneinschübe auf der anderen Seite. Mitunter waren die stilistischen Ausschläge dann etwas mehr progressiver in Richtung Powermetal („Paper Blood“/2005) oder auch „nur“ aufgemotzten Hardrock („The Mission“/2001) zu verzeichnen. Qualitätsmäßig gab es auch sehr viele Schwankungen. Die Scheibe „Collision Course“ aus 2008 war aus meiner Sicht damals ein echter Tiefpunkt der bisherigen Veröffentlichungen, sehr belang-, seelen- und ideenlos kam diese Platte vor lauter aufgesetztem Bombast nie in die Pötte. Die vielen Gastsänger konnten da auch nicht mehr viel retten.
Jetzt ist aber alles anders, denn die Dänen können mit “Show Me How to Live” tatsächlich an die glorreichen und beste Phase Ende der 90er Jahre anknüpfen. Und ja sie haben es wieder getan: Anderson hat sich nocheinmal mit dem Hammersänger D.C. COOPER (war ja 1998 ausgestiegen) zusammengetan und hier ein blitzsauberes, vor klasse Melodien, frische und vielseitigen Arrangements nur so strotzendes Album aufgenommen. Hätte ich so im Leben nicht mehr erwartet von den Jungs. Cooper singt dabei alles locker an die Wand, was da in den letzten Jahren als seine Nachfolger im Einsatz war (nicht gegen John West aber auch er zieht hier doch klar den Kürzeren) und vor allem die klasse Kompositionen sind einfach wieder bombastisch und packend zu gleich, auch mit Tiefe ohne dass die Schose zu aufgetragen und nach kitschig-zahnlosem Barrockmetal klingt. Über sieben Tracks hinweg auf knapp 45 Minuten Albumlänge ziehen ROYAL HUNT wird zur Jagd geblasen udn ein sehr kurzweiliges Programm durchgezogen, dass allen ähnlich gelagerten Formationen sicherlich eine hohe Anspruchshürde vorgibt.
Killer Refrains zum Reinlegen, packende Songaufbauten, schöne Breaks, fette Backingchöre mitunter sogar richtig klassisch in bester Opernmetal-Tradition aufgemotzt oder auch mal der ein oder andere Duett mit weiblicher Gegenstimme - gleich der schnelle Opener „One more Day“ (ein Art Minioper) ist ein solches Paradebeispiel und geht da voll gut ab. Die Gitarren kommen ebenfalls sehr fett bzw. virtuos rüber, dürfen sich auch solistisch profilieren und haben diesmal etwas gleichberechtigter ihre Parts in der natürlich sehr tasten und streichergeprägten Anderson-Welt erkämpft. Einer der Kracher der Platte für mich ist ganz klar „Another Man Down“ ein Melodichammer aller erster Güte, sic langsam hochsteigernd und dann mit einer göttliche Hookline, die man nicht aus dem Hirn bekommt, der Song könnte tatsächlich auf dem bisher besten Album von ROYAL HUNT dem 1997er Werk „Paradox“ locker bestehen. Überhaupt erreicht man diesmal insgesamt dass hohe Niveau von damals zu großen Teilen recht locker. Der Mix aus üppig-symphonischer Soundbreite, epischer Songausprägungen mit melodramatisch bis auch mal etwas pathetisch geprägten Klangbildern war lange nicht mehr so kraftvoll („An Empty Shell“), mitreißend und schlicht 100 % überzeugend wie auf diesem Silberling. Was früher oftmals durch die (zu) viele und belanglose Tasteneinsätze und etwas platten Songs in die Abteilung „Plüsch-Kitsch“ geriet ist funzt jetzt einfach perfekt. Füller gibt es tatsächlich keine. Ebenfalls herausragend ist das mächtig treibende mit viel Drumpower versehene „Half Past Loneliness“ und diesem hymnisch Gesangsarrangement mit weltklasse Backingchören, Mensch der Herr Cooper hat schon ein endgeiles Organ ganz egal in welcher Tonlage er gerade loslegt. Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Lin-up auch zukünftig noch länger so Bestand hat.
Den Dänen gelingt hier der absolute Befreiungsschlag, alle alten Qualitäten werden scheinbar mühelos wieder neu aktiviert. Klar, man muß diesen omnipräsenten Keyboardeinsatz schon mögen, hier sind sie keinesfalls nur Beiwerk - aber wer auf knackigen Bombast mit fetzigen Gitarren sowie eine Band die vor Spielfreunde nur so sprudelt abfährt, muß hier einfach mal reinhören und wird sich dieser tollen Musik nicht entziehen können.
Manchmal geht eine Band auch zu früh an die Öffentlichkeit. EDEN WAKES haben zwar drei Jahre von Bandgründung bis zum Release von „Darkest Before The Dawn“ gebraucht, aber beim Hören des Albums wird klar, dass hier zu schnell der Proberaum verlassen und das Studio betreten wurde. Bei der Briten-Band, deren hervorstechendes Merkmal die Zwillingsschwestern im Line-Up sind, ist die Ausrichtung nicht klar und werden die Schwächen im Songwriting schnell deutlich. Die Band versucht sich am modernen Metal, an traditionellem Stahl und Rock-Riffs zu bedienen, scheitert dabei an den eigenen Unzulänglichkeiten, wenn es darum geht, aus den Komponenten gute Songs zu machen. Unter den zehn Nummern findet sich keiner, der den Hörer wirklich packt. Im Gegenteil, stellenweise ist die Chose echt schlecht, was durch die allerhöchstens durchschnittliche Produktion und die (noch?) begrenzten musikalischen Fähigkeiten nicht besser wird. Oder anders: immer wieder wird’s sehr rumpelig. Als Demo wäre „Darkest Before The Dawn” hinnehmbar, aber als Vollpreisprodukt im Wettbewerb mit guten Metal-Scheiben braucht das kein Mensch.
Bereits zehn Jahre existiert diese israelische Band und kann als Referenz ein schon im Jahr 2002 aufgenommenes Debütalbum („Kindless“) vorweisen, auf dem nicht nur DESTRUCTIONs Schmier zu hören ist, sondern das auch noch in Zusammenarbeit mit Tommy und Peter Tägtgren aufgenommen wurde – Respekt! Bei einem derartigen Start sind die Erwartungen an das zweite Werk von ETERNAL GRAY natürlich hoch, aber die acht Jahre, die sich das Quintett für „Your Gods, My Enemies“ Zeit gelassen hat, hört man dem Album leider nicht an. Die Kombination aus abermals fettem Sound und den musikalischen Einflüssen von Bands wie MESHUGGAH, NEVERMORE (Stichwort Gitarrensound!) oder auch BEHEMOTH wirkt genau so, wie sich dieses Klanggulasch liest: nix Halbes und nix Ganzes. An den Riffs und Soli gibt es eigentlich kaum etwas auszusetzen, spielerisch sind die Jungs ebenfalls völlig auf dem Dampfer, lediglich das ausdruckslose Grunzen von Oren Balbus gibt objektiv Anlass zur Kritik, aber genau hier liegt der Hund unterm Rasen. Das nicht zünden wollende, leicht progressiv angelegte Songwriting liefert sich einen aussichtslosen Kampf mit der modernen, aber sterilen Produktion, so dass (durchaus hörenswerte) Songs wie „Controlled“, „Desolate The Weak“ oder „Unlabeled“ am Ende konstruiert und unzugänglich daherkommen, obwohl rein technisch alles richtig gemacht wurde. „Your Gods, My Enemies“ ist wie ein teurer Maßanzug; schick, mit gutem Style, ohne Fehler, aber eben auch unemotional und gelackt. Wer´s mag…
Die Nürnberger REJECTED YOUTH haben es offenbar nicht eilig. 1998 gegründet, bringen sie es gerade mal auf drei Longplayer, und auch für den vierten und neuesten mit dem kämpferischen Titel „Fuck The Consent“ haben sie sich vier Jahre Zeit gelassen. Das musikalische Rezept ist schnell erklärt: Hier gibt es melodischen Streetpunk zu hören, mit einem Schuss 77er Punkrock sowie gelegentlichen kurzen Ska- oder auch Funk-Ausflügen, die an die späten CLASH erinnern (die in „For Fuck's Sake“ auch prompt zitiert werden). Die Songs rocken auch alle ganz gut vor sich hin, und diverse Parts bieten sich zum Mitgrölen an, so richtig zünden tut das alles aber nicht. Das liegt zum einen an dem etwas kraftlos und merkwürdig indirekten Gitarrensound, zum anderen aber auch daran, dass man das alles schon mal irgendwo von irgendwem gehört hat. Auch wenn die Jungs ein Händchen für gute Melodien haben – wirklich hängen bleibt am Ende dann doch fast nichts.