Bei MALADIE finden sich gestandene Musiker, die sich u.a. bei DISBELIEF, AHAB oder TOMBTHROAT ihre Sporen verdient haben. „Plague Within“ ist das Ergebnis ihres Ausflugs in Black Metal-Sphären; ein Ergebnis, mit dem alle Beteiligten vollauf zufrieden sein können. Die sieben Songs orientieren sich zwar grob am schwedischen Black Metal, sind durch Tempowechsel, Genre-unübliche Songstrukturen und sehr große Experimentierfreudigkeit aber vom durchschnittlichen Black Metal weit entfernt. „19792 zeigt das in Perfektion, indem langen Song ziehen MALADIE alle Register und machen klar, dass sie sich auf anspruchsvollen Black Metal verstehen. Gleichzeitig schaffen sie es, die die Genre-typische, unabdingbare, Wut und Raserei einzufangen und zu keiner Sekunde zu soft zu klingen, wofür neben dem irrwitzigen Schlagzeugspiel Shouter Deha verantwortlich zeigt, auch wenn der ruhig bei der einen oder anderen Passage einen Gang hätte zurückschalten können. Das Gitarrendoppel haut derweil Melodien und Riffs, die sich im Ohr festfräßen, im Minutentakt raus und sorgt dafür, dass „Plague Within“ bei aller Vertrackt- und Verrücktheit hörbar bleibt. Passend zum Gesamtkonzept driftet die Musik dabei immer wieder in wahnwitzige Passagen ab und selbst in den ruhigeren Momenten ist dieser Wahnsinn unterschwellig spürbar, MALADIE beweisen auch beim Aufbau der Atmosphäre ein gutes Gespür. „Plague Within“ ist eine starke Black Metal-Scheibe, die mehr zu bieten hat als viele Kollegen und sich vor der skandinavischen Konkurrenz nicht verstecken muss, ebenso wenig wie vor der erstarkenden US-Szene. Fettes Teil.
FEAR FACTORY haben vor „The Industrialist“ mächtig im Karton gerappelt und Leute ausgetauscht, so dass in der Kreativabteilung nur noch Shouter Burton C. Bell und wieder-dabei-Gitarrist Dino Cazares verblieben sind. Da wurde dann auch gleich konsequent auf einen Drummer verzichtet, so dass statt Gene Hoglan ein von Mr. Cazares programmierter Drumcomputer für die Aufnahmen genutzt wurde – erwartet uninspiriert fällt das Ergebnis aus, das Drumming ist ganz klar der schwächste Teil des neuen Albums. Immerhin ist die Produktion gut geworden, „The Industrialist“ kommt druckvoll und im typischen FEAR FACTORY-Sound aus den Boxen. Mit dem Titeltrack erwischt die Band einen guten Einstand, irgendwo zwischen „Demanufacture“ und „Obsolote“, was ja auch die Zeit er großen FEAR FACTORY-Erfolge waren. Im Verlauf von „The Industrialist“ wird aber deutlich, wie wichtig auch die andere hlfte der Band für den damaligen Erfolg waren – ohne die Beiträge von Raymond Herrera und Christian Olde Wolbers stagniert das Songwriting. „The Industrialist” klingt so wie eine Hommage an die gute alte Zeit, als FEAR FACTORY noch richtig was gerissen haben, kann aber den Geist der damaligen Zeit nicht 100%ig wiedergeben. Und, was viel gravierender ist, das Hitpotential fehlt. „New Messiah“, „God Eater“ (mit coolem Synthie-Einsatz) und das knackige „Virus of Faith“ sind solide FEAR FACTORY-Nummern, aber erreichen nicht das Hitpotential von „Replica“ oder „New Breed“. „The Industrialist“ bleibt so hinter den Erwartungen zurück und zeigt die kreative Beschränktheit des Duos Bell/ Cazares auf. Bleibt die Frage, wie die neuen Songs live klingen, immerhin haben sich die beiden mit MALIGNANCY-Drummer Mike Heller ordentlich verstärkt. Wenn er und ex-CHIMAIRA-Gitarrist Matt DeVries sich dann auch noch beim Songwriting einbringen, könnte es noch was werden. „The Industrialist“ zeigt derweil die Grenzen für FEAR FACTORY auf.
Nikolas Hill und IGNITE-Kollege Brett Rasmussen machen mit Chris Chasse (ex-RISE AGAINST) und Todd Hennig (ex-DEATH BY STEREO) als NATIONS AFIRE gemeinsam Musik und liefern mit „The Ghosts We Will Become” ihren Einstand ab. Wie nicht anders zu erwarten, geht NATIONS AFIRE in Richtung melodischer Hardcore, das können alle Beteiligten nun mal am Besten. Im Vergleich zu IGNITE und DEATH BY STEREO fällt auf, dass „The Ghosts We Will Become” etwas poppiger ist und in Sachen Härte zwei bis drei Schritte zurücksteht. Das muss nichts Schlechtes sein, wie das gelungene „I Am An Army“ zeigt, das so auch mittleren RISE AGAINST gut zu Gesicht gestanden hätte. Nikolas Hill überzeugt mit klarer, kräftiger Stimme und der Songaufbau stimmt. So geht es weiter, egal ob „Nine Lives“, „Wolves“ oder „Even The Blackest Heart Still Beats“, es bleibt melodisch, eingängig und in den Texten die Verhältnisse in der heutigen (US) Gesellschaft anprangernd. Das können die Jungs, das machen die Jungs. Stellenweise wäre zu wünschen, dass etwas mehr Hardcore-Kante in die Songs gekommen wäre, aber auch ohne die macht das Ergebnis Spaß. „The Ghosts We Will Become” ist ein Zielgruppen-kompatibles Album, das von versierten Musikern geschrieben wurde, ohne dass es zu einer berechnenden, seelenlosen Kopie der eigenen Bands wurde. Daumen hoch!
THE HIRSCH EFFEKT in so etwas Starres wie Genres zu sortieren, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Hannoveraner machen Musik, auf die sie Bock haben, was schon beim Debütalbum ein fantastisch abwechlungsreichen Mix aller möglichen Stile und Einflüsse gab. „Holon: Anamnesis”, das zweite Album der tourfreudigen Band, steht dem in nichts nach und wird nach einigen Durchläufen beim Hörer zünden. Komplexe Musik braucht ihre Zeit, gerade wenn sie sich aus so vielen Quellen speist wie die gute Stunde „Holon: Anamnesis“. Zwischen Bombast und harter Kante wechseln THE HIRSCH EFFEKT ebenso leicht wie zwischen verkopftem Progressive und direktem Hardcore-Einschlag. Ein einzelner Song lässt sich aus dem Werk nicht as Hit oder exemplarisches Beispiel ziehen, „Holon: Anamnesis“ funktioniert nur als geschlossene Einheit. Wer sich darauf einlassen kann und für alternative Musik offen ist, dem sei dieses wunderschöne Album empfohlen, das als i-Tüpfelchen sehr gute, feinsinnige deutsche Texte verpasst bekommen hat. THE HIRSCH EFFEKT unterstreichen mit ihrem Zweitwerk, dass sie eine der innovativsten Bands sind, die dieses Land zu bieten hat und die dafür alles an Liebe und Unterstützung verdient hat, die dieses Land aufbringen kann!
Für SHADOWS FALL war ihre Karrriere eine Achterbahnfahrt, bis auf die Mitte der 2000er Jahre haben die Amis dabei nie den Status bekommen, der ihnen nach „The Art Of Balance“ vorausgesagt wurde. Das lag auch an den vielen Labelwechseln, das letzte Album kam dann ja auch beim Band-eigenen Label raus, was natürlich ein anderer Schnack als die via Century Media oder Roadrunner Records veröffentlichten Sachen ist. „Fire From The Sky“ hat zumindest für Europa mit Spinefarm Records einen etablierten Partner gefunden – und startet mit „The Unknown“, „Divide And Conquer“ und „Weight Of The World“ bärenstark. Die Songs sind catchy, haben den SHADOWS FALL-typischen Groove und zeigen einen Brian Fair, der seinen Gesang ordentlich variiert (ohne dass er jemals zu den Top-Sänger des Metal gehören wird). Die Songs sind knackiger als beim Vorgänger „Retribution“; es scheint, als hätte die Band ihr Gespür beim Songwriting verbessert, denn auch die folgenden Nummern sind klassischer SHADOWS FALL-Stoff, der NWOAHM-Jünger zufrieden stellen wird. Dank der Produktion von Adam D (KILLSWITCH ENGAGE), der mit SHADOWS FALL ja auch an den ersten Alben gearbeitet hat, kommt die Chose auch druckvoll und klar aus den Boxen. Die beiden Live-Songs sind da ein netter Bonus, den es aber gar nicht gebraucht hätte, sind doch die zwölf regulären Songs schon stark genug und pendeln sich mit 50 Minuten locker in der „value for money“-Region ein. „Fire From The Sky“ zeigt SHADOWS FALL auf einem guten Weg – es bleibt ihnen zu wünschen, dass sie endlich mal wieder ein Bein auf die Erde kriegen. Zwei bis drei gute Touren zur neuen Scheibe dürften da sehr hilfreich sein, Live-tauglich sind die neuen Sachen sicherlich.
Das Trio aus Pennsylvania nähert sich seinem 25-jähriges Bestehen und hat schon eine ganze Reihe an Veröffentlichungen auf dem Buckel. Das letzte Werk der Band, das mir zu Ohren kam, war „Crowned Infernal“ aus dem Jahr 2008, das zwar als halbwegs solide durchging, aber nicht wirklich als Referenzwerk. Ähnlich verhält es sich auch mit „La Hora De Lucifer“, auf dem erneut eine leidlich gelungene Mischung aus Black-Thrash und einem Schuss Melodic Death Metal zu vernehmen ist. Ich kann mir nicht helfen, aber mit Stücken wie „Forged In Eternal Fire“, Engraved In The Book Of Death“, „Blackest Hate“ oder dem Titelsong kann man auf lange Sicht einfach keinen Blumenpott gewinnen. Die Riffs sind weitgehend treffsicher, aber der völlig austauschbare und uncharismatische Kreischgesang von Gitarrist Paul Tucker sowie das wenig fesselnde, sogar teilweise wirr anmutende Songwriting können mich auch dieses Mal nicht vom Hocker reißen. Vielleicht verzettelt sich die Band zu sehr in ihrem Stilmix, aber ganz sicher sind die drei Herren keine guten Komponisten, und sehr wahrscheinlich ist es einfach beides in Kombination. “La Hora De Lucifer“ ist keine qualitative Weiterentwicklung, sondern schlichtweg durchwachsen und belanglos.
Die Iren MILLION DOLLER RELOAD legen nach ihrem gelungenen Debüt "Anthems Of A Degeneration" nach. Das neue Album "A Sinners Saint" wandelt ebenso auf den heißen Pfaden des Rock`n´Roll, wie ihn VICTORY, AC/DC oder CINDERELLA beschreiten, bzw. beschritten.
Zornig, aggressiv schleudert uns Sänger Phil Conlon seine Botschaft bei "Fight The System" ins Gesicht. Welche sich um den Casting Show Wahnsinn im Musik Business dreht, und ohne Zweifel "Bull Shit" ist. Dem kann man natürlich nur beipflichten, wobei "unsere" Musik doch noch recht verschont blieb von solchen "Musik Zombie Produkten".
Alles hat irgendwie Klasse bei MILLION DOLLER RELOAD - tolle Stimme, ordentlich Dampf aus der Rhythmus-Abteilung, gute Produktion; und auch die dargebotenen Soli können sich hören lassen. Die 11 Nummern sind ein pures, ehrliches, schmutziges, nach Straße duftendes Bekenntniss des Rock`n´Roll.
"A Sinners Saint" schießt wie frisches Blut in die Venen des sleazigen Hardrock. Noch ‘ne Schippe mehr Eigenständigkeit und Originalität draufpacken, und wir haben noch lange Freude an dieser "Frischzellenkur".
Allzu viel biografisches Vorgeplänkel kann man sich bei NETHER REGIONS sparen; das Quartett stammt aus Portland, Oregon und wurde 2009 als Nachfolgeband der 2006 dahingeschiedenen DITCHLIQUOR von deren Bassist und Sänger Dutch Wickstorm gegründet. Musikalisch wird es dagegen etwas anstrengender, denn auf „Into The Breach“, dem Debütalbum der Truppe, bekommt man zwar ordentlich groovigen, aber auch recht sperrigen Stoner Rock zu hören, der vor Allem durch den zu dumpfen Sound und den gepresst wirkenden, rauen Gesang von Herrn Wickstorm nicht wenig an den Nerven zerrt. Was dem Album eine psychedelische Note verleihen soll, geht also nach hinten los, und auch das Songwriting will sich nach mehreren Durchläufen nicht erschließen. Ganz grob kann man die Atmosphäre des Albums mit der auf späteren MANILLA ROAD-Werken wie „Atlantis Rising“ oder „Spiral Castle“ vergleichen, wobei NETHER REGIONS mehr Wert auf schrammelige und quietschend hohe Gitarren (muss nicht sein…) legen und die Qualität und die kauzige Treffsicherheit von Mark Sheltons Wirken im Leben nicht erreichen. „Into The Breach“ ist nicht zum Wegrennen schlecht, aber eine dieser „Links-rein-rechts-raus-Platten“. Essentiell? Nein!
„Last Of A Dyin' Breed” - die Letzten ihrer Art – das sind LYNYRD SKYNYRD beileibe nicht. Aber nachdem es von MOLLY HATCHET nur noch Aufgewärmtes gibt, man von den ALLMANN BROTHERS seit Langem nicht Neues hört, BLACKFOOT nur von alten Taten lebt und ZZ TOP demnächst erst noch beweisen dürfen ob sie es noch Können, darf man LYNYRD SKYNYRD getrost als letztes aktives Flaggschiff des Southern Rock bezeichnen.
Und gut Fahrt kann die neunköpfige Mannschaft immer noch aufnehmen – wenn auch wieder mit geänderter Besatzung. Diesmal mußten die verstorbenen Billy Powell (Keyboard) und Ean Evans (Bass) bei LYNYRD SKYNYRD ersetzt werden – einer Band die in ihrer langen Geschichte (offizielles Gründungsdatum war 1964) bereits reichliche Schicksalschläge zu verdauen hatte. Ungeachtet dessen halten Gitarrist Gary Rossington und Sänger Johnny Van Zant das Steuer fest in der Hand und setzen wie bereits auf dem Vorgängerwerk „Gods & Guns” (2009) auf kompakte Songs und härteren Sound im Blues-, Hard Rock- und Country-Umfeld, ohne dabei auf Trademarks wie Mundharmonica, Western-Piano, Banjo und Akustikgitarre zu verzichten – authentisches Western Highway Feeling inklusive. Rausgekommen ist dabei ein bärenstarker Titeltrack („Last Of A Dyin' Breed”), welcher das Album mit ordentlich Dampf und Rockaffinität eröffnet, das flotte, zum mitwippen einladende „Mississippi Blood“ (Southern par excellance) oder die schnell ins Ohr gehende Hymne „Good Teacher“. Dazwischen birgt „Last Of A Dyin' Breed” aber auch Standardsongs im gewohnten LYNYRD SKYNYRD Flair, die emotionalen Balladen sind zwar mittlerweile fast austauschbar – wechseln zwischen Power und Akustik - aber einfach schön zu hören und dank gekonnter Instrumentierung kitschfrei („Ready To Fly“, „Start Livin' Life Again”). Johnny Van Zants erdig rauer und charmanter Gesang besorgt dann den Rest – ob kräftig rockend oder gefühlvoll – ein passenderes Organ für den Salon muss erst noch gefunden werden. Die Produktion der Scheibe ist kräftig fett, warum das Digibook vier gute Songs mehr bietet als die Standardausführung muss man wohl das Label fragen. LYNYRD SKYNYRD machen mit „Last Of A Dyin' Breed” Lust auf Barbecue, Bier, Frauen und Motorrad – auch wenn die ganz großen Melodien und Epen wohl endgültig der Vergangenheit angehören. Wer hier “Hier” schreit macht auch Anno 2012 mit den Southern Haudegen nichts verkehrt.
Nach vielen schwierigen Jahren sind TESTAMENT seit dem formidablen 2008 Album „The Formation of Damnation“ wieder dick im Geschäft. Auch 2012 verwöhnen uns die Bay Area Thrasher mit grandiosem Futter. Die fette und transparente Andy Sneap Produktion setzt die abwechslungsreichen Thrashsongs ins richtige Licht. Welche Thrashband kann von sich behaupten einen absoluten Ausnahmemusiker in ihren Reihen zu haben? TESTAMENT bieten mit Drumgigant Gene Hoglan und Gitarrengott Alex Skolnick gleich derer zwei. Aber auch die anderen drei Mitglieder Greg Christian (Bass), Eric Peterson (Gitarre) und Frontindianer Chuck Billy stehen den genannten zwei in nichts nach, was „Dark Roots Of Earth“ zu einer geschlossenen Mannschaftsleistung werden lässt. „Dark Roots Of Earth“ beinhaltet einige Kracher, welche zu zukünftigen Livestandards werden sollten. Allen voran der mächtige Opener „Rise Up“...ich seh die Fans vor mir, welche auf Chuck Billy's Frage „When I Say Rise Up; You Say...? ein vielstimmiges „War!!!“ zurück brüllen werden. Aber auch das harte „Native Blood“ (mit genialer Melodie über einem hyperaggressiven Blastpart) oder das ruhigere, an „Return To Serenity“ erinnernde „Cold Embrace“ haben das Zeug zum künftigen Klassiker. TESTAMENT toppen in meinen Augen die letzte Scheibe noch einmal, indem sie eine sehr klassische und trotzdem frisch klingende und vor allem recht abwechslungsreiche Thrashscheibe eingezimmert haben. „Dark Roots Of Earth“ ist perfekt dazu geeignet einem Genreneuling sämtliche Facetten des Thrash-Metals aufzuzeigen. Sichert euch die Erstauflage im Digi-Book, denn neben der tollen Aufmachung spendieren uns TESTAMENT hier noch drei Coversongs von QUEEN („Dragon Attack“), SCORPIONS („Animal Magnetism“) und IRON MAIDEN („Powerslave“), außerdem gibt es eine Bonus-DVD mit Making Of und vier Livetracks zu bestaunen.