THE OCEAN hatten mit dem Doppelschlag „Heliocentric“ und „Anthropocentric“ hohe eigene Ansprüche, denen sie trotz extrem komplexer Songs letztendlich nicht voll gerecht werden konnten. „Pelagial“ zeigt die Berlin-Schweiz-Connection einen Schritt zurückgehend und als Einzelalbum konzipiert. Thematisch geht es um den Ozean, genauer um eine Reise in die Tiefsee, was von Jens Bogren (KATATONIA, OPETH) mit einem fantastischen Sound ausgestattet wurde: je tiefer es nach unten geht (also je weiter hinten auf der Platte ein Song zu finden ist), desto brachialer wird der Sound. Auf dem Album befinden sich alle Songs in zweifacher Ausführung, sowohl als reine Instrumentalversion wie auch mit Gesang ausgestattet. Dieser Umstand rührt von der Erkrankung und dann schnellen Genesung des THE OCEAN-Sängers Loic. Als bekannt wurde, dass er nicht in der Lage sein würde, das Album einzusingen, wurde es flugs als Instrumentalwerk geplant; als er dann doch fit war, wurden die Gesangsspuren drübergepackt. Alleine hier zeigt sich schon das ganze Können von Bandkopf Robin und seinen Mitstreitern. „Pelagial“ präsentiert sich als nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch homogenes Album. THE OCEAN haben sich dabei von den vielen ruhigen Parts der beiden Vorgänger verabschiedet und den Fokus auf massive Soundwände und dazu passenden Gesang (was nicht immer Schreien bedeuten muss). Es gelingt ihnen so, die unfassbare Größe und das Verstörende der Tiefsee zu transportieren, „Pelagial“ ist atmosphärisch extrem dicht. „Bathyalpelagic I: Impasses“ überzeugt mit starken Gitarrenspielereien, „Hadopelagic Ii: Let Them Believe“ macht dann deutlich, wie wichtig Loic für die Band geworden ist. Interessant ist natürlich der direkte Vergleich der beiden Versionen eines jeden Songs, da in beiden Versionen tausend Details zu entdecken sind. THE OCEAN haben den leichten Durchhänger nach dem letzten Album verwinden können und zeigen sich mit „Pelagial“ mit einer bärenstarken Leistung, die von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselt. Songwriting, Umsetzung, Produktion, Atmosphäre – hier stimmt einfach alles. Chapeau!
Daniel Gottlob und Benedikt Ostendorf sind keine Band, sondern ein DJ-Duo, das sich seit den 80er Jahren dem Jazz und seinen zahlreichen Sub-Genres (zum Beispiel Acid- Bar- Nu- und Smooth-Jazz, Bossa, Brazil, Nu-Brazil, Latin- und Deep-House) verschrieben hat. Neben den Verpflichtungen in zahlreichen Szene-Clubs berät das Duo unter Anderem Plattenfirmen und sogar Wirtschaftsunternehmen. „Private Pleasure Vol. II“ ist eine weitere Compilation, auf der die beiden Herren über ein Dutzend Bands präsentieren, die durchweg zwar nicht den hauptberuflichen Metalfan ansprechen, deren Kombination aber wie aus einem Guss klingt. Mit dem Begriff „Jazz“ verbinden sie anscheinend (zumindest hier) kein hochtechnisches, vertracktes Mit- und Durcheinander, verzichten auf wurzelnahe, klassische Dixieland- Swing- Bebop- oder Freejazz-Nummern und zeigen zeitgenössische, „moderne“, meinetwegen auch „poppige“ Künstler dieses über die letzten 100 Jahre in alle möglichen Richtungen aufgebrochenen Musikstils auf. Sehr gelungen sind besonders die immer sehr relaxten, bisweilen melancholischen Nummern „Summer In New York“ von Michael Franks, „Bella“ von Beady Belle, „Beautiful“ von TRIANGLE SUN und „Black & Gold“ von PAPIK, wogegen die anderen Darbietungen nur unwesentlich abfallen. Ein großes Lob gebührt auch den Übergängen zwischen den Stücken, die perfekt verzahnt sind und oft das Gefühl vermitteln, es hier mit einem Konzeptalbum einer einzigen Band zu tun zu haben – ein weiteres Indiz für das große Talent der beiden Präsentatoren. „Private Pleasure Vol. II“ ist grundsätzlich nichts für harte Rocker, sondern für Musikliebhaber, die diese Compilation aufgrund ihres hohen Anspruchs und Niveaus fraglos schätzen werden. Richtig gut!
Das aus Österreich nicht nur lecker Essen sondern auch richtig guter Melodic Metal kommt, haben SERENITY ja bereits mehrfach unter Beweis gestellt. Auch mit dem neuen Album "War Of Ages" bleiben die Ösis ihrem Stil treu und verbinden in einer ziemlich gut auf einander abgestimmten Art und Weise Melodic Metal mit symphonischen Elementen und an manchen Stellen auch leichte Prog Metal-Anleihen. Schon der Opener "Wings Of Madness" und das darauf folgende „The Art Of War“ zeigen die genannte Facettenvielfalt auf. Das orientalisch inspirierte "Shining Oasis" braucht zwar einige Anläufe bis der eher ruhige Refrain Part seine volle Farbenpracht entfaltet, ist dann jedoch schnell ein echter Ohrwurm. Die Ballade "For Freedom´s Sake“ ist im typisch orchestral arrangiertem Bombast-Stil und Sänger Georg Neuhauser wechselt sich mit Clémentine Delauney herrlich im Duett ab, bevor sich der Song zu einer echten Gänsehaut-Nummer entwickelt. Seit diesem Album ist Clémentine festes Bandmitglied und neben den Backing Vocals rutscht ihre Stimme immer wieder an erste Stelle und lässt die Songs noch abwechslungsreicher erscheinen. Der Song "Age Of Glory" beginnt mit einem ruhigen Epos Intro und besticht durch eine tolle Leadgitarre sowie ständigen Tempowechseln und einem gigantischem Refrainpart, der durch die Double Bass Drum nach vorne geprescht wird. Generell könnten Teile so mancher Songs durchaus als klassische Filmmusik verwendet werden, so beeindruckend komponiert wirken die Stücke. Die Platte spricht nicht nur den anspruchsvollen Melodic Metal Fan an, sondern dürfte auch Anhänger vom Power Metal bis hin zum AOR durchaus interessieren. Stark!
Nach dreijähriger Abstinenz, in der man irgendwann schon kaum noch zu hoffen wagte, sind HIM endlich mit neuem Material wieder da. Um potentielle Missverständnisse im Keim zu ersticken, sei folgende Erklärung vorausgeschickt: die Verfasserin hat diese Platte lange herbeigesehnt. Der Loyalitätsbekundung folgt nun zunächst die Schelte: muss es wirklich sein, dass man ein Album offiziell mit 13 Tracks versieht, von denen sich dann aber sage und schreibe vier als Intro, Interludes und ähnliches Füllmaterial entpuppen? Die ehrliche Antwort lautet: nein, das muss nicht sein. Ein Intro zum Stimmungsaufbau in Ehren, meinetwegen auch noch ein Interlude dazu – aber ganz sicher nicht vier. Da spürt selbst der größte Fan allmählich eine wachsende Gereiztheit in sich aufsteigen und man beginnt, sich zu fragen, ob das, was da vermittelt werden sollte, wirklich Stimmung ist (wobei die Urheber sicherlich keine Genervtheit im Sinn hatten) oder nicht vielleicht doch eher eine Aussage á la „[…] und dann ist uns leider nichts mehr eingefallen“. So, das musste mal gesagt werden. Hat man sich erst einmal bis zum eigentlichen Album vorgekämpft, sieht die Sache schon besser aus - „All Lips Go Blue“ eignet sich gut zum Lautaufdrehen und „Love Without Tears“ vereint die klassischen HIM-Tugenden in sich: wunderbare Melodie, schöner, einschmeichelnder Gesang, eingängiges Gesamtarrangement. Ein glückliches Lächeln kriecht über das Gesicht des geneigten Hörers: Gott sei Dank, es geht doch! So muss das klingen, bitte mehr davon! Auch der Titeltrack ist ein typischer, klassischer HIM-Song, lediglich das Keyboard ist etwas arg süßlich ausgefallen und erinnert ein wenig an „Dark Light“ (das Lied, nicht das gleichnamige Album). „No Love“ klingt mit seinem Chor im Refrain schön rund und verbreitet auf angenehme Art und Weise fast schon eine Art leichtes Retro-Flair; das mit angezogener Handbremse fahrende, etwas schwachbrüstige „Drawn & Quartered“ dagegen hätte man gut auf die Hälfte seiner Länge eindampfen können, da nicht viel passiert und der gute Herr Valo arg ins Jammern verfällt. Mit „W.L.S.T.D“, dessen Gitarrenriffs an BLACK SABBATH erinnern, steigt der Sänger und Songwriter dann schließlich doch noch in tiefe stimmliche Gefilde herab, die auf „Tears On Tape“ sonst weitestgehend fehlen- was schade ist, war die beeindruckende stimmliche Bandbreite von Samtstimmchen Ville Valo doch immer etwas, das die Band auszeichnete. Fazit: trotz Schelte- schön, dass sie wieder da sind! Etwas mehr hätte es nach drei langen Jahren des Wartens allerdings schon sein dürfen.
Nach ihrem Debüt “Midnight Stench” und der gelungenen EP „Reaper´s Consecration“ legen die Mexikaner mit „At The Caves Of Eternal“ nach und schaffen es tatsächlich, sich auf ihrem zweiten Album hörbar zu steigern. Zwar dominiert über die weitesten Strecken immer noch räudiger, stumpfer (Midtempo-) Death Metal, der im Fahrwasser von Referenzbands wie ASPHYX oder AUTOPSY dahindümpelt, jedoch finden sich auf „At The Caves Of Eternal“ vermehrt richtig gute Melodien und Songs, die auf der letztjährigen EP noch nicht so stark ausgeprägt waren. Bereits der geschickt aufgebaute Opener und Titelsong begeistert mit cool platzierten Breaks, was in „Soul Collector“, „Passage Of Darkness“ oder dem richtig geilen „In The Shadowed Garden“ effektiv fortgeführt wird. Zur Serienausstattung gehören natürlich auch diesmal die starke Gitarrenarbeit sowie der ordentlich dreckige, trotzdem differenzierende Sound aus dem „Necromorbus“-Studio von Tore Stjerna. Weil Mr. Jacko, Mr. Hitchcock und Co. mit diesem Album zwar kein Meisterwerk abliefern, sondern „nur“ eine gute bis sehr gute Death Metal-Scheibe der alten Schule, sollte man ZOMBIEFICATION im Hinterkopf behalten. Zuzutrauen ist den Jungs nämlich noch deutlich mehr.
PIKE’S EDGE, das sind Namensgeber Pike Mujkic (Gesang, Gitarre), Gitarrist Michael Schkarlat, Bassist Albert Mathe und Drummer Junior Pearls, welche mit „Nameless“ eine überraschend flotte Scheibe modernen Metal mit Rock’n’Roll und Core Attitüde als Debüt an den Start bringen. Pike selbst ist ein ehemals in den jugoslawischen Kriegswirren vertriebener Bosnier, den es letztendlich nach München verschlagen hat, und der laut eigener Aussage mit PIKE’S EDGE auch seine Erlebnisse und Erfahrungen verarbeitet. Rausgekommen ist dementsprechend ein eher ruppiges Stück Metal mit differenzierter Ausrichtung und eindringlichem, aggressiv rauen Gesang. Der Opener „F.U.W.M.“ („Fuck You War Makers“) bietet Metalcore Schlagseite, „Pain Arise“ huldigt dem Thrash, „Nameless“ und „Space And Time“ versuchen es mit Rock, Melodie und Gefühl. PIKE’S EDGE gelingt es noch nicht, alle Kompositionen gleichermaßen auf Niveau zu halten, zwischendurch verliert man mal den Faden und nicht jeder Song bleibt dann auch hängen. Manches davon erinnert doch etwas an RAGE und Peavy. Mit „Lazem Sam Seve“ und „Moj Dilbere“ hat man gar zwei Tracks in Pike’s Heimatsprache dabei. Oben genannte Tracks zeigen aber wohin der Wege gehen könnte – und das passt. Ergo: in „Nameless“ darf man durchaus mal reinhören.
Vor rund vier Jahren gingen die beiden NEGURA BUNGET-Gründer Hupogrammos und Negru nach knapp eineinhalb Dekaden Bandgeschichte getrennte Wege. Negru macht seitdem mit öfter mal wechselndem Line-Up (bislang auf überragendem Niveau wohlgemerkt!) unter dem Namen NEGURA BUNGET weiter, Hupogrammos und der ebenfalls abtrünnige Sol Faur haben sich DORDEDUH (was übersetzt so viel wie „Sehnsucht nach dem Geist“ bedeutet und eine tiefe Spiritualität andeutet, die von der Musik transportiert wird) zugewandt, die stilistisch ähnliche Wege geht wie die ehemalige Truppe der beiden. Auch die übermächtigen ENSLAVED stecken bis über beide Ohren in „Dar De Duh“, dem Debütalbum der bis zu acht Mitgliedern starken rumänischen Band. Musikalisch hat hier natürlich alles seinen Ursprung in schwarzmetallischen Gefilden, aber das Album einfach in die Schublade „Viking“, „Pagan“ oder „Folk“ zu pressen, greift definitiv zu kurz. „Dar De Duh“ ist ein abendfüllendes Epos aus großartigen Melodien osteuropäischer Prägung, vielen ruhigen Einschüben, traditioneller Folklore und ruppigen Momenten, das wie aus einem Guss klingt, den Hörer richtig fordert, dann aber mit einer scheuklappenlosen, hoch atmosphärischen und sogar in gewisser Weise eingängigen Reise in eine fremde Welt entführt. Ein Stück wie „Calea Rotilor De Foc“ hätte Quorthon nicht besser hinbekommen, und im Kontrast dazu hätte das abschließende „Dojana“ auch gut in den „Hobbit“ gepasst. Es gibt sicher Fans, die den Split mit NEGURA BUNGET bedauern, aber man sollte das inzwischen positiv sehen, denn sonst wäre dieses herausragende Album niemals aufgenommen worden. Ein Monster düsterer Spielkunst!
Da ist sie also, die "B-Seite" von "House of Gold & Bones"! Ok, das ist natürlich ein bißchen böse formuliert, aber vor einigen Jahren noch hätte ein Künstler aus dieser Ansammlung von Songs ein Doppel-Album gemacht. Tonträger 1 mit den Hits, Tonträger 2 mit den schwerer zugänglichen Songs. Und so viel anders verhält es sich auch mit "House of Gold & Bones" nicht - "Part 2" ist das Album für alle, deren Beziehungsstatus gerade auf "es ist kompliziert" steht, die mit Schicksal, Elternhaus, (ex-) Lebensabschnittgefährten oder anderen großen Steinen im Lebensweg hadern. Für Fans, die sich auf das Konzept des Doppel-Albums und des Comics eingelassen haben, wird damit die Geschichte des Erwachsenwerdens von Corey Taylors Alter Ego weitererzählt - die Lyrics sind allerdings allgemein genug gehalten, so dass sich jeder seinen Teil rausziehen kann. Wohlgemerkt, "Part 2" ist schwerer zugänglich, aber das bedeutet keinesfalls schlechtere Songs: "Do Me A Favor" war die ausgekoppelte Single, "The Uncanny Valley" und "'82" haben grandioseste Gitarrenmelodien und sind meine beiden Favoriten, die "haste mal 'nen Tempo?"-Ballade ist "The Conflagration". Doch, dieses Album ist nicht umsonst in den Charts auf Platz 3 eingestiegen, Corey Taylor, James Root und Josh Rand haben ein tolles Album geschrieben.
Staubiger, deftiger Stoner Rock aus Australien; TRACER überraschten bereits bei ihrem Debüt („Spaces In Between“, 2011) mit einer starken Vorstellung, die dabei noch in den 70er wilderte. Mit „El Pistolero” setzt man da jetzt noch einen Drauf, klingt dabei auch einen Tick moderner. Produzent Kevin Shirley sorgte dafür das groovende Songs wie der auf die zwölf gehenende Titeltrack „El Pistolero” oder „Dead Garden“ in entsprechend energetischer Form aus den Boxen dröhnen. Bei „Wolf In Cheap Clothes“ kommt einen sogar ein texanisches Blues-Rock-Trio in den Sinn. Langsamere Tracks verlassen den eingeschlagenen Wüstenpfad, fügen Alternative-Facetten und einen melancholischen Touch ein. „Scream In Silence“ atmet dabei hörbar INCUBUS-Atmosphäre, allerdings mit einem TRACER-typischen Refrain; „Until The War Is Won“ kann vor lauter düsterer Coolness kaum noch stehen und bewirbt sich für den nächsten blutigen Filmsoundtrack. TRACER haben mit „El Pistolero“ eines der besten Stoner Rock Alben der letzten Monate abgeliefert - cool, fett, macht Laune – irgendwo zwischen QUEENS OF THE STONE AGE, KYUSS und SOUNDGARDEN. Was will das Wüstenherz mehr?
"Outlier" ist wieder fast im Alleingang gefertigt worden - die meisten Instrumente sowie den Produzentenjob übernahm Mr. KINGDOM COME in Personalunion. Wer gedacht hat, "The lonely Wolf" gibt uns mal wieder den ZEPPELIN, der sieht sich enttäuscht. Nein, der Hamburger Musiker kleidet seine melancholisch-rockigen Melodien erneut in ein steriles, abweisendes, kühles Korsett aus elektronischen Sounds. Das Teil klingt düster, gar ein wenig frustriert entsprechend den Bildern, welche die Plattenfirma von Lenny mit beigelegt hat. Fans der "Band" sind darauf eingestellt, dass man nie genau weiß, was man bekommt. Außer natürlich Lenny Wolf, den bekommt man immer - zu 100%. Die Songs klingen persönlich, intensiv und offenbaren unter all dem kalten, harten Sound einen weichen und zerbrechlichen Kern. "Outlier" legt den Blick frei auf das Innere des Künstlers. Und genau das ist das besondere an KINGDOM COME.