Mit "Reign Of Terror" hatten CAPTURE THE CROWN einen erfolgreichen Einstieg in die US-Charts und ihr bis dato erfolgreichstes Album veröffentlicht. Wer sich die in der Deluxe Version 48 Minuten Metalcore am Stück gibt, wird den Grund verstehen: das Album knallt ohne Ende. Schon die ersten Sekunden zeigen - von der Produktion sehr gut in Szene gesetzt - das hohe Aggressionslevel der Songs. Hier gibt es durchweg auf die Moppe, daran ändert auch der immer wieder genutzte Klargesang nichts.
"To Whom It May Concern" hat sehr starke HATEBREED-Anleihen, aber wen kümmert's, gerade wenn der dezente SLIPKNOT-Vibe das Ganze den letzten Kick gibt? "Ox Sunrise" überzeugt mit gut eingesetztem Klargesang im ansonsten brutalen Metalcoregewitter, während "Live Life" ein heftiger Schlag in die Fresse des Hörers ist. Die Ballade "Janina" hätten sich die Jungs klemmen sollen, aber da sie der einzige Schwachpunkt eines ansonsten starken Albums ist, ist das zu verschmerzen. CAPTURE THE CROWN erfinden den Metalcore zwar nicht neu und könnten an der einen oder anderen Stelle über ihre Nutzung des Klargesangs nachdenken, im Großen und Ganzen passt in den Songs aber alles zusammen. Metalcorler können hier nichts falsch machen.
Eine "Overyears Sensation" ist das neue - siebte - Album der Hamburger Band CHALICE jetzt nicht gerade, aber ein Totalausfall eben auch nicht. So lässt sich das Teil geschmeidig durchhören. Der Inhalt ist recht gefälliger, melodischer, ein wenig klebriger Hardrock.
"Chasing Wind" ist ein leicht dramatisches Lüftchen mit MARILLION-Flavour, BON JOVI-Keybord und klasse Melodie, "All About your Love" ist poppiger Hardrock im Schunkelmodus, aber nicht ohne Reiz. Und "Taste it" ist als rockige Aufforderung zum Mitwippen durchaus geeignet.
Klar haben die Hamburger Jungs jetzt den Rock nicht neu definiert, vieles von dem Gebotenen kommt einem bekannt, irgendwie schon gehört vor, und meist ist etwas zu viel Keybord-Soße über den Nummern. Aber dennoch macht das Album Spaß. Der humorige Titel sowie das Artwork gefallen, und als Bonus gibt es das Debüt "In Wonderland" von 1995 noch als gratis Download obendrauf.
Nö, eine Sensation ist der neue Silberling nicht, aber ein stimmiges, kurzweiliges Hardrock Album immerhin.
HOT MAMA sind stilistisch so etwas wie EXILIA 2.0, das heißt groovige und mitunter komplexe rhythmische Ausrichtung und eine Frontfrau, die sowohl aggressiv shouten, als auch lieblich säuseln kann. Die Songs bestechen durch viele Tempiwechsel und sind schlüssig auf den Punkt arrangiert. Laut / Leise Dynamics verkommen hier nicht zum Selbstzweck sondern machen Sinn. Der große Pluspunkt von HOT MAMA sind die Refrains. Mitunter gibt es hier richtig große Melodien („Beco“ oder „Alive“), das macht die Sache dann auch für mich Traditionalisten gut hörbar. Da auch Sound und technische Umsetzung stimmen, kann man „Re-Earth“ Modern Metal Freunden, die beim Begriff „Djent“ keinen Brechreiz bekommen, durchaus ans Ohr legen.
PHALLAX sind wieder so eine Sache: Das typische Beispiel für eine Metal Band und zwar nur und einfach Metal ohne weitere stilistische Eingrenzung. Das mag den Künstler zwar freuen und stolz machen, der geneigte Hörer hingegen bleibt mitunter etwas ratlos zurück, da eine Identifikationsfläche fehlt. Zwar ist das Grundgerüst melodischer Metal welcher mitunter mit geilen Gitarrenharmonien („Little Things“)glänzt, oft aber auch etwas zerfahren wirkt, da modernere Elemente eingeflochten werden, deren Hinzufügen nicht immer homogen ist. Zur weiteren Verwirrung trägt, die -sagen wir mal- sehr individuelle lyrische Gestaltung bei. So heißt es zum Beispiel im traubensaftig betitelten „Trollinger“: „This is how we do it take your guitar and tune it after 3 a.m. we're drunk and ruined but the song is ready“. Und das ist noch eine der am wenigsten verschwurbelten Textzeilen. Ähnlich verhält es sich eben auch mit der Musik. Trotz musikalischer Klasse und gutem Gesang von Jogi Shure werden es PHALLAX schwer haben sich zu etablieren, denn ich weiß immer noch nicht was die Herren eigentlich von einem wollen.
Ex-MANOWAR Gitarrero David Shankle will es acht Jahre nach „Hellborn“ noch einmal wissen. Auch wenn die Kritiken für „Hellborn“ nicht überragend waren, mochte ich die Scheibe eigentlich recht gerne, und auch auf „Still A Warrior“ gibt es Dinge, die mir gefallen: Allen voran die geile US Metal Stimme vom DAMIEN THORNE Fronter Warren Halvarson und auch das schmissige Songmaterial weiß zu überzeugen und erinnert ein ums andere Mal an die unterbewertete POWER Scheibe „Justice Of Fire“ von 1996. Leider kommt das Review nicht ohne ein großes „ABER“ aus: Denn aus irgendwelchen Gründen meinte man, dass ein möglichst matschiger Gitarrensound besonders Heavy ist. Ist es nicht...es nervt und zwar kolossal. Manchmal gar an der Grenze zur Unhörbarkeit („Ressecution“). Wenn die Platte wenigstens per se scheiße wäre, wäre es ja wurscht, da mir der fiedel/kniedel Power Metal aber durchaus zusagt, ist es doppelt nervig, dass es hier brummt und röhrt aber nix sägt. Ich weiß nicht, wo das Problem ist, dass gerade altgediente US Bands immer wieder in die Soundfalle tappen (AXEHAMMER, EXXPLORER, VIRGIN STEELE etc...), nur an der Kohle kann's ja nun wirklich nicht liegen. Schade...in meinen Augen Chance vertan.
Ex-TNT, SHY und SIAM Sirene Tony Mills hatte 2010 auf einer Tour mit TNT auf einem Flughafen eine Erfahrung, wie man sie selber lieber nicht machen möchte. Er war kurze Zeit tot und wurde dann wiederbelebt. Diese Erfahrung verarbeitet er nun in seinem vierten Soloalbum „Over My Dead Body“. Dem Thema entsprechend erwartet einen hier kein Party-Sound, auch wenn Tony dem Erlebten durchaus mit Fatalismus und schwarzem Humor begegnet. Offensichtlich waren in dieser Zeit Tourverpflichtungen oder das Erwischen des richtigen Fliegers wichtiger als der beinahe Exitus von Mills. Prioritäten sind da immer so eine Sache. Musikalisch hat Goldkehlchen Mills das Ganze in teilweise recht knackige Melodic-Metal Songs verpackt, welche durchaus Erinnerungen an selige SIAM Zeiten aufkommen lassen. Allerdings kommen auf „Over My Dead Body“gerade bei den ruhigeren Stücken queenesque Chöre und Orchestrationen hinzu, die es in dieser Form bei SIAM nicht zu hören gab. „Over My Dead Body“ ist ein sehr persönliches, mitnichten aber ein leises Werk. Und bei aller Dramatik endet das von Produzent Neil Kernon (u.a. QUEENSRYCHE oder NEVERMORE) ansprechend in Szene gesetzte Werk mit dem Ohrenschmeichler „Free Spirits“ durchaus hoffnungsvoll und positiv. Wer Mills' Stimme früher schon mochte, kann hier blind zuschlagen, aber auch Freunden unkitschiger Melodic Mucke sei ein Reinhören empfohlen.
HUNDRETH haben ihr neues Album "Free" ein untypisches Artwork verpasst, das zusammen mit dem Albumtitel Raum für Spekulationen lässt. Haben sich die US-Hardcoler einen neuen Sound verpasst? Ist das die Abkehr vom bekannten Sound? Mitnichten. HUNDRETH geben in den zehn Songs plus Intro Vollgas; direkt als zweiter Song macht "Unravel" klar, dass es auch anno 2015 melodischen, stellenweise brutalen Hardcore zu hören gibt, wenn HUNDRETH am Start sind. Einflüsse von THE GHOST INSIDE und COMEBACK KID lassen sich nicht von der Hand weisen, wodurch die Platte insgesamt sehr melodisch und eingängig geworden ist, ohne dabei an Härte zu verlieren. Shouter Chadwick setzt mit seiner rauen Stimme immer wieder Ausrufezeichen, wobei er diesmal auf klaren Gesang verzichtet. So mancher Song hätte vom Beibehalten des klaren Gesangs profitiert, denn so wird "Free" zum Ende hin etwas eindimensional - HUNDRETH haben ihre Songstruktur gefunden und ziehen die gnadenlos durch, da hätte mehr Abwechlung im Gesang Wunder gewirkt. Schlecht ist "Free" beileibe nicht, dafür die Songformel zu gut und spricht den Mosh-Teil des Hirns an. Das Album kommt nicht ganz an THE GHOST INSIDEs letztes Werk oder "Symptons & Cures" ran, zeigt HUNDRETH aber auf einem gutem Weg.
Aus dem sonnigen Kalifornien kommen VALDUR, die neben vielen Splits, Singels und EP's nun ihr viertes Album herausbringen. Zumindest optisch orientiert sich "Pathetic Scum" dabei nicht an dem farbenfrohen Vorreiter "At War With" (2013).
Musikalisch bekommt man hier doomigen Black Metal mit leicht deathigem und crustigem Einschlag. Vor düsteren Samplern, Frauenstimmen und dämonischen Vocals und mystischem Background gibt es hier meist treibendes Drumming und Riffing im Mid-Tempo-Bereich. Mal gehen VALDUR dabei auch schräg, kratzig - ohne das Grundriff zu verlassen - in schnellere Spielrhythmen über. Dann folgt eine athmosphärische Pause, die auf den nächsten Ausbruch warten lässt und geben sich auf ganzer Line sehr experimentell und willkürlich. Elektronische Einsprängsel ("Incantre Pt.II") hätte die Band jedoch echt lieber bleiben lassen sollen.
"Pathetic Scum" hat einige gute Ideen und Momente, kommt oft aber etwas unstrukturiert daher, während so mmanche Riff-Idee bis ins Unendliche wiederholt wird. So schaffen es VALDUR leider nicht über die gesammte Spielzeit ihrer leicht überlangen Songs die Spnnung aufrecht zu erhalten. "Impending Doom" und der Titeltrack weisen weniger Längen auf. Wer old school Black Metal mag und der ein oder anderen Spielerei und dezenter Vermischung mit anderen Genre nicht abgeneigt ist kann bei Bandcamp reinhören.
Amerikanischen Death Metal hab ich schon immer gern umschifft und hab mich lieber der guten alten Stockholmer Schule zugewandt......Je älter ich werde, desto öfter merk ich, was mir da die letzten drei Jahrzehnte entgangen ist. SKINLESS gehören nach diesem Album ganz klar zu den Kandidaten, die von mir näher betrachtet werden. Mit "Only The Ruthless Remains"haben die Herrschaften aus dem Bundestaat New York einen Hassbatzen hingelegt, der sowohl Jungspunde wie auch die Altherrenfraktion begeistern dürfte. Blastparts, tiefstes Klospülungsgeröchel und tonnenschwere Grooveparts geben sich am laufenden Band die Klinke in die Hand. Technisch messerscharfe Riffs, die nie Gefahr laufen zu nervendem Gefrickel zu werden, wechseln sich mit für die New Yorker Szene durchaus typischen Breaks aus der Hardcoreecke ab, ohne aber zu albernem Luftgeboxe zu verleiten....hier regiert der Nackenmuskel, hier wird der Kopf geschüttelt! Nach gut 35 Minuten, lassen SKINLESS den geneigten Hörer endlich wieder durchatmen. Länger muß dieser musikalische Schlag in die Fresse gar nicht sein, alles andere würde nur Gefahr laufen Langeweileparts aufkommen zu lassen. Deswegen auch keine speziellen Anspieltips.....Das Ding macht im Ganzen ne Mordslaune!
AGENT FRESCO geben auf ihrem neuem Werk "Destrier" alles, satte 14 Songs haben sie draufgepackt. Im Mittelpunkt findet sich schnell die Stimme von Sänger Arnor Dan Arnasson wieder, beispielsweise in "Howls", bei dem Ähnlichkeiten zu SIGUR ROS erkennbar sind. Generell ist der Gesang sehr hoch und klar, was vielen Songs eine sphärische, träumerische Note gibt. Die im positiven Sinne unruhigen und verspielten Gitarren relativieren das wieder und bringen "Destrier" zwar nicht ganz auf den Boden der Tatsachn zurück, lassen aber das Album nicht allzu sehr in träumerische Gefilde abdriften. AGENT FRESCO sind eine Band, die erkennbar Lust auf Experimente beim Songwriting hatte, was "Destrier" unvorhersehbar und damit spannend macht. Ganz selten kommt Aggression im Sound der Isländer durch, die werden dann problemlos in den Sound eingefügt und bereichern ihn um eine Facette, anstatt ein Störfaktor zu sein. TOOL sind ein Vergleichspunkt für den AGENT FRESCO-Sound, genau wie SIGUR ROS - gerade in Hinblick auf den starken Gesang und die ausladenden Songs - und BJÖRK, der Durchgeknalltheit wegen. Das soll nicht heißen, dass "Destrier" schwer verdaulich ist, im Gegenteil: "Wait For Me" oder der Titelsong sind wunderschöne, zugängliche Alternative-Songs. Es muss ein Faible für interessante Musik da sein, dann macht "Destrier" Laune und entfaltet seine ganze Schönheit. AGENT FRESCO haben ein starkes Album aufgenommen, mit dessen Eigenwilligkeit und Verspieltheit sie hoffentlich viele Musikfreunde für sich werden gewinnen können.