DISSECTOR aus Russland bieten einen cleveren Mix aus alter Göteburg-Schule (frühe IN FLAMES bzw. DARK TRANQUILLITY) mit eher brachialem Stockholm-Sound (DISMEMBER, UNLEASHED) und finnischen Melancho-Anteilen (uralte SENTENCED und AMORPHIS). Das passt wunderbar zusammen und so kommen trotz des harschen Gesangs auch die Melodien nicht zu kurz. DISSECTOR können es thrashig-flott wie in „Sinking in Disgrace“, nur um im folgenden „Delicately Yours“ einige Gänge runterzuschalten („Dreaming In Red“ anyone?). Das ist zwar nicht neu, in dieser Zusammensetzung aber auch nicht alltäglich und vor allem ist es schlicht gut gemacht. Man verzettelt sich nicht und kommt gut auf den Punkt. Die zwanzig-jährige Erfahrung hört man den Herren also durchaus an. Man merkt, dass DISSECTOR die Abwechslung sehr wichtig war, und trotz der vielen unterschiedlichen Stimmungen wirkt das Album wie aus einem Guss. Da passt sogar eine im besten Wortsinne „poppige“ Nummer wie „Hide Away“ super ins Bild. Anhänger von zeitlosem, melodischem Death Metal, die nicht auf der Suche nach neuen Geschwindigkeits- und Brutalitätsrekorden sind, sollten „Grey Anguish“ ein Ohr leihen.
Die Norwegerin Isabell Oversveen ist recht fleissig und hat mit „Crossfire“ schon ihr viertes Album in knapp 5 Jahren am Start. Stilistisch ist es zwar noch im Fahrwasser der drei Vorgänger, allerdings ist es noch eine Spur melodischer und softer ausgefallen. Was nichts an der Tatsache ändert, dass auch „Crossfire“ eine hervorragende Plüschscheiblette geworden ist. Eine Nummer wie das im Duett mit FM's Steve Overland vorgetragene „Raintown“ hätte in den 80ern mit Sicherheit mordsmäßig Airplay bekommen. Auch wenn sich „Crossfire“ nahezu durchgehend in eher entspannten Regionen bewegt, ist auch für Abwechslung gesorgt. Natürlich ertappt man sich des öfteren bei Gedanken wie „Das klingt jetzt ja echt wie...“. Solange das aber so gut gemacht ist wie hier, ist mir das ziemlich schnurz. Und da Bands wie VIXEN und Konsorten seit Jahrzehnten nicht mehr auf so einem Niveau musizieren, kommt ISSA da gerade recht. Fans von eben VIXEN, 80er HEART, FIONA oder der Soloscheibe von THE MURDER OF MY SWEET Sängerin ANGELICA sollten sich „Crossfire“ einverleiben und entspannt den kommenden Sommer genießen. Anspiel-Tips: das Titelstück „Crossfire“, das VIXEN-lastige „Heartbeat“ und der Good-Time-Rocker „Red Lights“.
Die Schweden BONAFIDE melden sich mit ihrem neuen Album „Denim Devils“ zurück. Was sofort auffällt - noch bevor man die Scheibe auflegt – BONAFIDE haben sich durch ihren Coverkünstler Björn Wallin eine unverkennbare Optik zugelegt. Man erkennt ein neues BONAFIDE Album mittlerweile auf den ersten Blick. Das sollte im überfüllten Kaufhausregal (oder meinetwegen auch auf einer Bestellhomepage) schon mal zum Vorteil gereichen.
Hat man die Scheibe dann aus dem Digi-Pak gefummelt und aufgelegt, fällt sofort der sehr trockene und live klingende Sound auf. Passt zwar prinzipiell zum 70er Aussie Hard Rock der Schweden, ein bisschen mehr Wumms hätte aber auch keinem weh getan. Aber das ist Geschmackssache. Dass die Jungs mit AIRBOURNE tourten macht durchaus Sinn, auch wenn BONAFIDE um einiges entspannter und rockiger um die Ecke kommen als die oft auf Anschlag agierenden Australier. Klar sind AC/DC mit Bon Scott allgegenwärtig, aber gerade eine ultrapoppige Nummer wie „One Kiss“ gibt’s weder vom Original, noch von diversen neuen Classic Boogie Rock Bands. Eingängig zumindest ist es. „Denim Devils“ würde sich perfekt als Soundtrack für alte Burt Reynolds Schinken eignen. Sprich: Mit nem dicken Spritfresser den Südstaaten Bullen erst den gepflegten Mittelfinger und dann den Auspuff zeigen. Ich fand zwar den direkten Vorgänger „Bombo“ einen Tick stärker, Freunde von knackigem 70er Rock sollten aber mit „Denim Devils“ nicht unglücklich werden.
Man höre in „Get A Grip“, „Good Stuff“ oder das erwähnte „One Kiss“.
„Vintage“- Stoner Rock aus einem so kalten Land wie Island? Das das geht, haben THE VINTAGE CARAVAN spätestens mit ihrer „Voyage“ aus 2012 bestens bewiesen – und sind nun bei dem Mayor-Label Nuclear Blast gelandet. „Arrival“ heißt die neuste Scheibe des bodenständigen Trios, ein passender Titel. Wer die drei bereits seit dem Debüt verfolgt und „Voyage“ mit seiner fesselnden Eingängigkeit so spitzenmäßig fand, wird mit „Arrival“ vielleicht leite Anlauf-Schwierigkeiten haben.
„Arrival“ schreitet etwas verhaltener und progressiver zu Werke als der Vorgänger, verspielter, komplexer und irgendwie erwachsener. Der Gesang hat an Tiefe gewonnen und die Stücke sind um einiges komplizierter im Aufbau. Hier merkt man Entwicklung! Gerade solche Stücke wie „The Last Day Of Light“ mit seinem immens langen Intro oder das progressiv-geniale „Winter Queen“ zeugen von der musikalischen Weiterentwicklung der Isländer brauchen ihre Zeit – Werden aber auch mit der Masse an Details niemals langweilig. Songs wie das mit Rhythmus-Trommeln durchtränkte „Babylon“, das fetzige „Shaken Beliefs“ oder der blues-rockige „Sandwalker“ wissen sofort zu zünden. Mit „Innerverse“ beweisen THE VINTAGE CARAVAN gegen Ende, dass sie es auch ruhiger angehen lassen ohne das auch nur ein Fünkchen Langeweile aufkeimt. Hier haben die drei eine wunderschöne, intensive Halb-Ballade geschaffen. Einige Soli, Variationen und eine stetige Zunahme an Geschwindigkeit sorgen dabei für Abwechslung.
Doch vielleicht dauert es auch gerade deswegen seine eins, zwei, Durchläufe bis THE VINTAGE CARAVAN mit ihrem neusten Output zünden können. Hat einen das urtümliche Feuer der Isländer einmal gepackt, lässt es einen nur schwer wieder los.
DISCREATION geben sich auf "Procreation Of The Wicked" als Death Metal-Band, die fröhlich in der US- wie Schwedenschule wildert und auch vor Black Metal und AMON AMARTH-Ideen nicht zurückschreckt. Könnte voll in die Hose gehen. Könnte, wohlgemerkt. "Procreation Of The Wicked" entpuppt sich als feine, straight nach vorne gehende Death Metal-Scheibe, auf der die Band alle Einflüsse und Inspirationen gut miteinander harmonieren lässt. Mal klingen sie nach alten MALEVOLENT CREATION ("Descending To Abyssic Darkness"), mal gibt es einen Gruß nach Schweden ("Procreation Of The Wicked"), immer funktioniert es.
Gut und trocken produziert - was den Drums sehr zugute kommt - wird hier eine Attacke nach der anderen auf die Nackenmuskeln des Hörers geritten. Beim Gesang passt alles, schön rauh und mit der genau richtig dosierten Boshaftigkeit, die Gitarren sprudeln vor Ideen und haben immer ein schönes Riff in der Hinterhand, und die Rhythmusfraktion macht einen sausoliden Job. DISCREATION können sich mit diesem Album in der Spitzengruppe des einheimischen Death Metals etablieren. "Procreation Of The Wicked" macht lange Spaß und dürfte sich live als Hitgarant entpuppen. Läuft.
BURIAL VAULT konnten bei Kollege Beese einen guten Eindruck hinterlassen. Mit "Unity In Pluralism" müssen die Jungs nun daran anknüpfen, wo ihr letztes Album aufhörte, um den guten Eindruck zu bestätigen. Nach den ersten Durchläufen des neuen Langeisens kommen leichte Zweifel auf, dass die Band das schaffen kann. Die Zweifel verfliegen mit der Zeit nicht, sondern verfestigen sich, so schade das auch ist. Handwerklich hat die Band aus Papenburg zwar noch eine Schippe draufgelegt und kann besonders in der Gitarrenarbeit immer wieder für ungläubiges Staunen sorgen, aber in Sachen Songwriting ist ihnen nicht alles gelungen - es finden sich auf "Unity In Pluralism" zu viele Songs, die sich beim Hörer nicht festsetzen wollen. Die melodische Seite in Melodic Death Metal bekommt dabei etwas mehr Spotlight ab, was stellenweise gerne mit etwas Brutalität hätte gekontert werden dürfen. Beim Gesang werden sich die Geister scheiden, über Albumlänge kann er aufgrund von wenig Variationen nicht überzeugen, was manchen Death Metal-Fan als Treue zum Genre auffassen würden. Sei es drum, am Ende zeigen BURIAL VAULT auf ihrem neuem Album Licht und Schatten gleichermaßen, was unter dem Strich eine solide Leistung ergibt. Da wäre mehr drin gewesen.
Seit 2004 gibt es LARENCY, was so viel wie "Diebesbande" bedeutet. Seit Gründung hatten die Baden-Württemberger mit einigen Line-Up-Wechseln zu kämpfen: Die neuste Neuereung an der Front ist der Wegfall weiblicher Gesangsleistung - Was die Band durchaus mehr in die Melodic Death-Ecke rückt und der Scheibe mehr Härte verleiht. Wer den Vorgänger "My Fall" also gerade wegen der weiblichen Vocals im Stile von LACUNA COIL so sehr mochte, muss auf "Into Darkness" ohne dies auskommen.
Experimentierfreudig sind LARENCY auch 2015 noch - viele gute Ansätze, prägnante Melodien und Refrains findet man hier. Hier gibt es einige Elemente des (ja!) Symphonischen Black Metal, welche sich gerade in Gesang und Keys offenbaren (allem voran: "Limbus"). Daran reihen sich mal thrashige, mal power-metallische Refrains. Was hier Sache ist, fragt man sich da öfters.
Was auf "Into Darkness" indes am meisten stört ist das irgendwie künstlich klingende Keyboard und die Tatsache, dass der Sänger nicht gerade die variabelste und kräftigste Stimme hat. Einige Songs wirken etwas unstrukturiert. Und war es notwendig vier komplett neu eingesungene Songs auf das Album zu packen?
Der große Sprung ist LARENCY auch mit "Into Darkness" leider nicht geglückt. Wer auf undergroundartigen, experimenttelen Death Metal steht kann hier dennoch mal reinhören. Mit etwas Übung und einer etwas saftigeren Produktion könnte das ja noch was werden. Am meisten punkten konnten das schwarzmetallisch-gotische (und komplett auf Deutsch gesungene) "Limbus" und das thrashige "No Surrender".
NIHILISTINEN BARBAARISUUS kommem - man mag es kaum glauben - aus dem doch recht weit von Finnland entfernten Philadelphia. So kann man sich täuschen. Die Band, die eher nach skandinavischen Wäldern denn gigantischen Hochhäusern klingt und ihre erstes Album "Synkää Tuuli" (finn.: "Dunkler Wind", (2013)) komplett mit finnischen Lyrics versah, bringt nun unter dem wesentlich prägnanteren Titel "The Child Must Die" ihr zweites Werk raus. Auch die Lyrics sind hier größtenteils in der englischen Sprache verfasst.
Eines hat sich jedoch nicht geändert: Wer deftig rohen "Ambient" Black Metal mag, ist bei NIHILISTNEN BARBAARISUUS genau richtig. Zwischen den leichten, atmosphärischen Ambientteilen geht es mit Gitarren, Schlagzeug und krazigen Vocals nämlich ziemlich hart zur Sache - wobei die Amerikaner stets ausgesprochen melodisch bleiben. Majestätische Riffs reihen sich an harte Ausbrüche und atmospärische Momente, die auf "The Child Must Die" spärlich aber passend gesetzt sind. Ein Händchen für eingängige Melodien haben die Beiden. Und trotz der Epic und Atmospäre bleiben NIHILISTINEN BARBAARISUUS stets schwarz in schwarz. Hier nervt kein Klargesang oder Wikingerchor - Und das obwohl "The Child Must Die" auf der finnischen Kalevala basiert.
Wer den Stil von Bands wie CALADAN BROOD, (früheren) SUMMONING und BURZUM sollte hier unbedingt mal reinhören. Die Produktion ist zugegemener Maßen nicht wirklich klar, passt abeer gut zu dem räudigen Stil und gibt dem optisch ziemlich ansehlich gestalteten Werk einen gewissen Charme, der nach den 90ern duftet. Als Anspieltipps sind der eingängige Opener "Woudrous Sampo" oder das ebenfalls sehr fesselnde "Let Them Perish" zu nennen. Der abschließende Epos ist auf jeden Fall mit "Väinämöinen" klar gesetzt und wird durch das Instrumental-Outro "The Night She Died" gebührend ausgeleitet.
Einfach reinhören! Zu erwerben ist die CD auf der Bandcamp-Seite.
Einen Sängerwechsel unbeschadet zu überstehen ist nicht einfach, erst recht, wenn sich die Vocalisten stark unterscheiden, wie das der Fall bei SERPENTINE ist. Tony Mills (SHY, TNT), der die zwei vorangegangenen Scheiben eingesungen hat, musste aus gesundheitlichen Gründen seinen Job bei den Briten aufgeben; ersetzt wurde er durch den eher unbekannten Adam Payne.
Dessen ruhige, ausgeglichene Stimme erinnert in manchen Momenten an Gary Hughes (TEN), ist aber im Vergleich zu den hohen, energischen Vocals von Mills schon ein enormer Kontrast. Die Band verliert dadurch klar an Konturen und kann dies leider nicht adequat ausgleichen. Das liegt auch an den nicht mehr ganz so zwingenden Kompositionen. Gleichwohl sind nach wie vor noch klasse Melodic Rock Songs auf dem neuen Silberling zu finden. "La Tragedienne", das melancholische "Forever" und der Titelsong können durchaus Eindruck hinterlassen.
"Circle of Knives" ist nach dem Sängerwechsel ein kleiner Neuanfang, der nicht ganz geglückt ist. Dennoch habe ich die Band weiterhin auf dem Zettel, zu stark war das bis Dato Gebotene.
BOREALIS (lat. für "nördlich") heißt die Band, deren neustes Album "Purgatory" ich gerade in den Händen halte. Das, was micht von der Optik etwas an frühe NIGHTWISH-Alben erinnert hat 2005 tatsächlich mal mit einer Opern-Sängerin gestartet und noch wesentlich anders geklungen. Seit 2008 und ihrem Debüt-Album "World Of Silence" sind die Kanadier mit Sänger unterwegs - und haben in Matt Marinelli auch einen mehr als fähigen (Power-)Metal-Sänger gefunden.
Tatsächlich ist Progressive Power Metal hier die Spielart - Und der kommt nicht zu fröhlich, sondern dafür schön düster daher. Eingängige Stücke wie "The Chosen One", "Destiny" oder "Welcome To Eternity" gehen dabei direkt ins Ohr - BOREALIS wissen mit straighten Melodien und Ohrwurmlastigen-Refrains aufzuwarten. Kitschig wird es dabei trotz viel Keyboard recht selten. Doch natürlich fehlt auch hier der nötige Schmalzfaktor nicht: So fehlen auch auf "Purgatory" die obligatorischen Balladen nicht. "Darkest Sin" schafft es dabei jedoch ohne Kitsch mit einer düsteren Stimmung aufzuwarten."Mit "From The Ashes" gibt es von den Kaniadiern mit Gastsängerin Sarah Dee ein Duett auf die Ohren. "My Peace" und "Pleace Of Darkness" indes sind ähnlich Zucker-haltig, wenn man das so nennen darf. Dafür überrascht das relativ seicht beginnende "Rest My Child" als sehr emotionaler, sich aufbauender, Progressive-Song. Der Opener und Titelsong sind auch recht eingängig.
Fans von Bands wie EVERGREY, MOONCRY, KAMELOT oder auch alten SONATA ARCTICA könnten an "Purgatory" von BOREALIS durchaus Gefallen finden.