Nicht genug damit, dass der Bandname klingt wie ein überfahrener Apfel, den Albumnamen kann man selbst mit geölter Zunge kaum aussprechen. Man mag Einflüsse des Landes der tausend Seen raushören. Die sieben Musiker kommen jedoch definitiv aus Norwegen. Manchmal zelebrieren sie vorsichtig fast trollische Humpamelodien, um Sekunden später in Vintersorgs Vorgarten zu wildern. Und zwischen aller nordischen Kälte, kriegerisch anmutenden Rhythmen und leichtfüßigen Lagerfeuergesängen blitzen immer wieder beinahe zerbrechliche Momente auf, wenn die Sängerin alleine von einer Geige oder Tasteninstrumenten begleitet wird. Der Ansatz klingt vielversprechend, die Umsetzung ist detailverliebt und auch atmosphärisch dicht. Die metallischen und teils tonnenschweren Gitarren tun ihr übriges um fast doomige, manchmal düstere Stimmung aufkommen zu lassen. Nur leider geistern in sieben Köpfen wohl mehr Ideen rum als gut ist und dem Songwriting fehlt der rote Faden. Die Grenze zwischen Holprigkeit und gewollter Komplexität sind zu fließend ausgefallen. Kleiner Apfel, zurück an den Baum und im nächsten Jahr noch mal ernten.
Sie habens nicht leicht. Aber so ist das nun mal wenn man als eines der großen Vorbilder gehandelt wird. Wenn man unendlich viele Bands beeinflusst hat, oft kopiert und doch nie erreicht wurde. Und wenn man sich dann, wie KORN unlängst mit "Untouchables" in die eigene Bude kackt, muss man sehen wie man den Gestank wieder rausbekommt. Und sie lösen das Dilemma geschickt. Warum also nicht einfach die tiefe Härte der Erstlinge mit der süßlichen Melodik der neueren Alben mischen? Sich dabei im Studio nicht von fremden Producern auf die Fingerchen patschen lassen sondern es selber in die Hand nehmen und das ganze mit der soliden Finanzkraft von Epic an den Mann und die Frau bringen. Natürlich haftet auch dieser Veröffentlichung der Beigeschmack der knallharten Kalkulation an. Und doch hat mich "Take A Look In The Mirror" überrascht. Die alle sehr flüssig komponierten und ins Ohr gehenden Songs bedienen sich dabei durchaus erstaunlich heftigen Tönen, die gute Single "Did My Time" war definitiv erst der Anfang. Die Bassseiten schlagen einmal mehr fast derbe aufs Griffbrett, die Gitarren haben an Einfluss gewonnen und pushen einige Tracks ordentlich in Richtung Metal. Schwachpunkte sind der durch etliche Effekte unterstützte Gesang, der lange nicht mehr so urig und verrückt wirkt wie früher. Das ändert aber wenig daran, dass es nicht viele Bands geschafft haben ohne eine komplette Neuorientierung so glaubhaft wieder an dem anzuknüpfen, was sie einst ausgemacht hat. Ohne große Verzierungen, manchmal fast wütend, dann wieder modern und ironisch ("Y´All Want A Single") sind KORN im Jahre 2003 wieder da wo sie bereits einmal waren. Und auch wenn die Zeiten gewagter Taten Jahre zurückliegen, hebt sich "Take A Look In The Mirror" vom restlichen Nu Metal Sumpf deutlich ab. Ohne zu wissen was sie denn nun genau anders gemacht haben, dickes Booklet und obligatorischer Hidden Track gehörten jedenfalls schon immer dazu.
Bei Best Of-Scheiben kurz vom weihnachtlichen Konsumterror ist schon mal Vorsicht geboten. Da wird einem oft ein altes Album in neuem Gewande angeboten oder die digital remasterden Perlen der guten alten Vinylzeit klingen auf CD immer noch irgendwie lau. Die Sorge braucht man sich aber bei MOLLY HATCHET’s "25th Anniverssary - Best Of Re-Recorded" nicht machen. Erstens ist Southern Rock Marke MOLLY HATCHET nicht gerade dass was man Mutti unter dem Baum legt; und zweitens geht es wohl vielen wie mir. Ich für meinen Teil habe die Songs größtenteils zwar im unnachahmlichen Original im Schrank stehen, aber auf X verschiedenen Vinylscheiben verteilt und mit reichlich weniger Power ausgestattet als hier feil geboten. Die alten Originale strömen zwar immer noch Wärme aus (und an die Kratzer hatte ich mich schon vor Jahren gewöhnt), trotzdem machen die allesamt neu aufgenommen und in einen zeitgemäßen Mantel gepackten Southern-Klassiker einfach nur Laune - und so sollen die Tracks heutzutage verdammt noch mal ja auch aus den Boxen knallen. Und damit kann ich dass, was Band-Cheffe Bobby Ingram zum Thema "25th Anniverssary - Best Of Re-Recorded" gesagt hat nur unterstreichen: "Wir sind nicht hier, um etwas besser zu machen. Das könnte man auch gar nicht, dazu haben die Originalversionen einfach zu viel Eigenleben. Unser Ziel war es, die alten Songs härter, größer und dynamischer klingen zu lassen." Obwohl bekanntlich ja mit einer anderen Besetzung als die Originale eingespielt (einschließlich Sänger Phil McCormack) bleibt man recht nahe an den Vorlagen und probiert hier keine gutgemeinten aber unnötigen Spielereien aus. Das mit "Edge Of Sundown" einer der Klassiker fehlt tut ein wenig weh (auch wenn man sich immer noch die 2000er-Akustik-Version auf dem Album "Kingdom of XII" anhören kann), vor allem, da man wohl auf "25th Anniversary Song" (30 Sekunden Opener) und "Epitaph / Memories / The Great Beyond" hätte eher verzichten können. Ansonsten lässt sich über sie Songauswahl nicht meckern. Für Fans ein nettes Geschenk zum 25-ten, für alle anderen auf jeden Fall mal ein echter Reinhörer in Sachen Southern und Extrem-Boogie - und die Hoffnung, dass man in diesem Sounde im Jahr 2004 mal wieder ein reguläres Album von MOLLY HATCHET um die Ohren gehauen bekommt.
Japan Live 95" ist das vierte (!) Live Album einer der besten Hardrock-Bands der Achtziger, DOKKEN. Besser gesagt, es ist die vierte Veröffentlichung, denn aufgenommen wurde die 14 Tracks bereits im Jahre 1995, und wie der Titel nahe legt fand das Live-Ereignis im Land der aufgehenden Sonne statt. Wer sich die Diskografie von DOKKEN ansieht bzw. anhört der erahnt die besondere Verbundenheit der Band mit Japan - keine Zweifel, dort hatten und haben die Jungs ja auch ihre größten Erfolge und mit die treusten Fans. An den 88er-Meilenstein "Beast From The East" (logisch, Live in Japan recorded) kommt "Japan Live 95" nicht ran. Aber die Aufnahmen klingen "Live", ja fast roh (auch wenn das Publikum nur hin und wieder nach vorne kommt) und kommen absolut ehrlich rüber, was dem ganzen einen mehr als sympathischen Anstrich gibt. Wer aber nicht gerade ein Fan von Live-Alben ist oder "Beast From The East" bereits besitzt muss hier nicht unbedingt zugreifen. Wer sich allerdings DOKKEN-Fan schimpft, der wird an "Japan Live 95" sicher seinen Spaß haben. Über die Songauswahl kann man bei einer Band wie DOKKEN immer geteilter Meinung sein, jeder wird wohl den einen oder anderen seiner Faves vermissen. Aber nachdem das Konzert nun schon über acht Jahre her ist, sind Musikwünsche wohl nicht mehr anzubringen - Ausfälle gibt’s beim Songmaterial von Dokken praktisch sowieso nicht. Das "Unchain The Night" in einer Akustikversion am Start ist finde ich persönlich eher schade (ich mag das Teil einfach mit Power); man muss aber anerkennen, dass der Song in dieser Version nichts von seiner Qualität einbüßt und darüber hinaus wohl einigen Fans besser wie das Original gefallen wird. "Japan Live 95" gibt’s auch als DVD; da bekommt man dann noch zwei weitere Titel geboten, - "Paris is Burning” und "In My Dreams” - letzteres vermisse ich für meinen Teil auf der CD schmerzlich.
Die kiffen doch. Und leben das Sex, Drugs and Rock’n’Roll-Motto voll aus. Albumtitel wie "Pussyworld" (2002er Scheibe der Polen) oder das Cover der neuen Scheibe machen deutlich, dass die Priorität der Jungs bei Frauen und Drogen liegt. Jedem das sein, ich kann sie gut verstehen haha. Das CORRUPTION da nicht viel anderes als Stoner Rock machen konnten, liegt auf der Hand. Dabei haben sie sich deutlich hörbar von der ganzen Wüstenrockposse um Kyuss, Fu Manchu und Konsorten inspirieren lassen und rocken mit einem erdigen Sound durch die knappe Stunde Spielzeit. Sie haben dabei immer schön den Fuß auf dem Gas und verheddern sich nicht in langatmigen Kiffersoli, was die Scheibe wie aus einem Guss wirken lässt. Ein-, zweimal nehmen sie das Tempo ein wenig zurück und versuchen auf der ruhigen Black Sabbath-Schiene zu reisen ("In League With The Devil"), das sind aber nicht die stärksten Momente der Polen. Anfänge wie bei "Baby Satan" beweisen hingegen meine These vom Kiffen - und dass polnisch für westliche Ohren einfach komisch klingt. In die gleiche Kerbe haut auch der "Hidden Track", der schön auf dem Dislplay angezeigt wird, aber erst nach einer 8minütigen Pause nach Track 12 startet. Hä? Egal, die kiffen, die dürfen das hehe. Was CORRUPTION auf "Orgasmusica" (Sex, Drugs….ach, ich wiederhol mich…) fehlt, ist ein echter Kracher, ein Smashhit, ein Ohrwurm. So catchy die Songs auch sind, gibt es einfach kein "Paranoid" oder "Green Machine". Das würde die Platte so richtig geil machen, so bleibt unter’m Strich eine coole Stoner-Scheibe, die zu den großen Vorbildern nicht ganz aufschließen kann.
Das Tolle an vielen der unzählbaren Nu Metal Combos ist die Tatsache, dass die Wartezeiten zum nächsten Ouput so kurz sind, weil viele Bands ersetzbar sind wie ein Grashalm auf dem Feld. 40 BELOW SUMMER bilden hier leider keine Ausnahme. Und können sich so auf die Fahre schreiben bereits beim zweiten Album mit Bands wie Linkin Park oder Hed P.E. in einen Topf geworfen zu werden. Nur leider machen 40 BELOW SUMMER im selben Atemzug bereits auch den Deckel auf selbigen und verweigern sich auf dem Album "The Mourning After" jegliche Eigenständigkeit wie ein Springpferd vor dem Wassergraben. Was bei "Self Medicate" durch einen ins Ohr gehenden Chorus noch unterhält, fällt generell durch eine stärkere Orientierung zur neumetallischen Masse auf. Vom ehemals wilden Charakter ist abgesehen von einigen Vocals wenig geblieben, Ill Ninos Kurzauftritt ("F.E.") rettet ein wenig. Straighter New Metal mit üblichen Zutaten und dem sauren Nachgeschmack des poppigen Kalküls.
"Unter www.roadrunnerrecords.de findet ihr den Song "Self Medicate" vom aktuellen Album "The Mourning After" als free MP3."
Da schau an, der Herr Wermèn! Den gibt’s also doch noch, das ist ja schön. Wer den guten Mann nicht kennt, sollte sich mal Deranged oder Murder Corporation anhören, Death Metal par excellence. Wobei Deranged’ letztes Album "Plainfield Cemetary" nicht so der Bringer war. Normalerweise haben Murder Corporation nach jedem Deranged-Album fast sofort ein neues Murder Corporation-Album hintergeschickt, aber nach "Plainfield Cemetary" kam nix. Bei Murder Corporation tummeln sich die gleichen drei Jungs wie bei Deranged, nur dass sie da ein wenig räudiger klingen, für die Unwissenden hier. Gut, jetzt wo ich die Scheibe von KILLAMAN in der Hand halte und im Info deutlich steht, dass Murder Corporation Geschichte sind, wird einiges klarer. KILLAMAN machen da weiter, wo ihre Vorgängerband aufgehört hat, saubrutaler Death Metal amerikanischer Art mit dem gleichen furztrockenen Sound wie eh und je. Egal welche Deranged- oder Murder Corporation-Scheibe man anmacht, man wird immer den gleichen Sound finden, der trocken, differenziert und druckvoll ist. KILLAMAN machen da weiter, haben natürlich im gleichen Studio wie immer aufgenommen (Berno). Im Vergleich zur letzten Murder Corporation sind sie ein wenig abwechslungsreicher, haben sogar Backing Shouts ("Pistol Whipped") und den punkig-räudigen Anteil noch ein wenig erhöht, klingen wie eine Mischung aus Deranged und Motörhead mit ner Prise Impaled Nazarene, total geil! Und im Gegensatz zur erkennbaren stilistischen Selbstlimitierung und daraus resultierender Einfallslosigkeit bei Deranged haben sich auf "Killaman" neuen Einflüsse eingeschlichen, selbst vor Soli schreckt man jetzt nicht mehr zurück ("Breed On Kills") und gelegentlich nehmen die Herren sogar den Fuß ein wenig vom Gas. Erstaunlich! Und einfach nur eine geile Scheibe! Groovt wie Sau (was Murder Corporation eh’ schon mehr als Deranged getan haben, aber nicht so krass wie hier) und ist gleichzeitig so was von brutal, das es eine Freude ist. Welcome Back Rikard!
Oh Mist. Da ich die Quireboys nicht kannte (obwohl sie schon seit ewigen Zeiten rumlärmen, jedenfalls laut Info - ich hab von ihnen noch nie vorher was gehört), hatte ich an eine geile Rotzrock-Band wie Gluecifer gedacht. Dieser Irrtum wurde mir nach dem ersten Song klar. THE QUIREBOYS sind eine Rockband für alte Leute. "100% Live" ist - wer hätte es gedacht? - eine Live-Scheibe, aufgenommen bei der 2002er Tour der Jungs in England. Wenn ich solche Musik höre stell’ ich mir im Publikum immer Jeanjacken, Vokuhilas und blondgefärbte Friseusen vor, die gleichen Leute, die auch bei Wolfgang Petry abgehen hehe. Die gute Stimmung auf den Konzerten fängt die Live-Scheibe gut ein und die Band ist auch ganz fit (auch wenn diese krächzende Röhre von Spike mir tierisch auf den Sack geht), für Fans von Klischee-Rock kann das Teil also ganz unterhaltsam sein. Ich werde sie wohl nie wieder hören, dafür bin ich einfach zu jung.
Mit dem nagelneuen Plattendeal bei Relapse Records im Rücken durften auch AMORPHIS im Mai 1992 im Sunlight Studio in Stockholm aufnehmen, damals der Institution in Sachen Death Metal - im Nachhinein fragt man sich heute, ob Tomas Skogsberg die Bands Anfang der Neunziger hochkant im Aufenthaltsraum gestapelt und auf einem Fließband durchs Studio gefahren hatte, bei der Menge an wegweisenden Alben, die damals im Wochenrhythmus aus seinen dunklen Katakomben mit dem sonnigen Namen kamen. Hier also wurden 4 Tracks von der "Privilege of Evil" zunächst noch mal umgekrempelt und neu aufgenommen, dazu kamen sieben neue Songs. Und AMORPHIS haben sich damit das erste Mal einschneidend verändert: Statt 08/15-Tod-und-Teufel-Lyrics wie noch auf den "Privilege"-Tracks kommen Mythen ins Spiel ("Grail’s Mysteries") und - Karelien, ewig umkämpftes finnisches Kernland, erst marschierten hier die Wikinger durch, dann die Russen zurück, Schweden und Russen betrachteten es als ihrs und kämpften mehrfach um die karelische Meerenge, den "Karelian Isthmus". Zwei Gitarren klimpern akustische eine folkloristische Melodie zur Einstimmung. Ach ja, die Gitarren, ein weiteres Trademark der Finnen werden die außergewöhnlichen, sich hypnotisch wiederholenden Gitarrenläufe, für jeden Song eine prägendes Thema. In "The Exile Of The Sons Of Uislu" - meinem ewigen Favoriten auf diesem Album - leisten sie sich einen Wettlauf mit den Drums, der in triumphierenden Melodien mündet. Schmuck ist auch, dass Relapse das Album 2003 mit aufpoliertem Artwork zusammen mit der "Privilege of Evil" wiederveröffentlicht haben, so kann jeder noch mal selbst die frühen Songs vergleichen. Auf dieses Release bezieht sich auch die Zeitangabe oben, die ursprünglichen 11 Songs spielen 44:11 min.
Anfang der Neunziger waren AMORPHIS Teenager und haben wie so viele Gleichaltrige in Europa Death Metal gezockt, haben sich bei der schwedischen Szene eine Menge abgeguckt und ihrerseits die Schweden zu neuen Höchstleistungen angestachelt. Das immerhin so gut, dass gerade die Songs von "Privilege Of Evil" viele auch meiner musizierenden Kumpels nachhaltig beeinflussten. Viele Sänger versuchten noch ein paar Jahre später, so zu gurgeln und grunzen wie Tomi Koivusaari. Der spielte zuvor in der Schulfreunde-Kapelle ABHORRENCE, von denen er der Song "Vulgar Necrolatry" mitgebracht hat, ebenso wie den Gastsänger Jukka Kolehmainen. Besonders auffällig ist der brummige, trotzdem klare Sound mit einem tickeligen Schlagzeug im Vordergrund, an dem Jan Rechberger schon zu so früher Zeit Höchstleistungen abliefert. Aufgenommen wurde dieses 6-Track-Demo ausgerechnet von Timo Tolkki - genau, dem Gitarristen von Stratovarius. Richtig viel Glück hat es AMORPHIS leider nicht gebracht, das amerikanische Krachlabel Relapse dachte nach diesem ersten Eindruck, AMORPHIS würden langfristig mitten in ihr Geräuschrepertoire passen und band die Finnen mit einem vieljährigen Kontrakt an sich. Wurde ursprünglich als Split-LP rausgebracht und 1993 von Relapse als MCD wiederveröffentlicht.