Torben Enevoldsen, seines Zeichens auch Gitarrist der Band SECTION A, meldet sich hier mit seinem nunmehr dritten Soloalbum zurück und zeigt, dass sein Lehrgeld für den Gitarrenunterricht gut angelegt war. Traditionellen, gut gespielten, aber leider auch etwas trockenen Hardrock der alten Schule bietet "Flying Solo" und auffällig ist, dass die einzelnen Songs lediglich das Fundament für die sehr hohen, Malmsteen - beeinflussten Eskapaden des Meisters dienen. Nur selten gehen die Stücke über Midtempo hinaus und beim Hören des kompletten Albums schleichen sich einige Ermüdungsphasen ein, da Abwechselung trotz des hohen Könnens nicht gerade großgeschrieben wird. Viel mehr gibt’s zu "Flying Solo" eigentlich nicht zu sagen. Wer gerne melodischen, leicht progressiven Old School - Hardrock mit toll gespielter Gitarre und ohne Gesang hören möchte, könnte hier richtig liegen, aber Freunde der härteren Gangart und tiefer gestimmter Klampfen sollten Abstand halten. Ein handwerklich sehr gutes, solides und hörenswertes Album, aber garantiert kein Muss.
Als Sängerin der ambitionierten MILA MAR oder als Duettpartnerin von Heppner - MILU ist keiner der großen Namen aber sicherlich eine der besseren Sängerinnen dieses Landes. "No Future In Gold" - der einzige englische Titel (bei dennoch deutschem Text) des gleichnamigen Albums - zeigt, dass es bei allem angesagten deutschen Pop/Rock der Blick auf die Charts nicht zwingend folgen muss. MILUs Texte lassen tief blicken und umschiffen Peinlichkeiten, vermeiden dabei zu blumige Umschreibung genauso wie plumpe Reime und müssten die perfekte Droge für verletzte Herzen sein. MILUs nachdenklicher Pop pendelt zwischen Pointierungen die am ehesten in ein Musical passen würden, entspanntem TripHop, kreativem Indiepopappeal und auch immer wieder oppulenten Inszenierungen irgendwo nahe bei ROSENSTOLZ oder NINA HAGEN (Chorus von "Schnappschuss")und der Filmmusik zu einem schwarzweißen Agentenfilm. Echter Herzschmerz trifft bei MILU auf Cappuccinophilosophie am Frühstückstisch, hebt nie den Zeigefinger oder spricht weltliche Probleme direkt an. Wenn Sängerin Hachfeld singt: "Mit meinen Wunden könnte ich Straßen pflastern… mit meiner Liebe könnte ich Häuser bauen" (aus "Nie genug") und dabei von einer wunderbar traurigen Klaviermelodie und getragenen Streichern begleitet wird, ist das durchaus Musik die zum Weinen verleitet ohne auf die Tränendrüse zu drücken. Die Texte entspringen nicht einer tiefen Verbitterung sondern einer gesunden Nachdenklichkeit - die variable Stimme und passende musikalische Untermalung tut den Rest. Schöne Musik für einen kleinen Hörerkreis.
CLITEATER folgen dem auf "Clit Em All” eingeschlagenen Weg auch mit ihrer neuen Scheibe "Eat Clit Or Die”. Ultra-brutaler Grind mit derbe tiefen Vocals - eigentlich so gurgelnd, dass man die Texte nicht mehr verstehen kann. Aber wer will das bei Porngrind schon? CLITEATER haben bei mir einen Bonus gegenüber anderen Porngrindbands, weil die Holländer offensichtlich keine verklemmten Stubenhocker sind, die nie eine Frau angesprochen haben und ihre Probleme mit dem anderen Geschlecht in Gewaltphantsaisen ausleben. Ich glaube, die Jungs von CLITEATER wissen mit Frauen durchaus etwas anzufangen und gehen die ganze Geschichte mit einem Augenzwinkern an, was ja schon ihre Plattentitel beweisen, auch wenn das Splattercover etwas anderes sagen könnte. Der Humor zieht sich wie ein roter Faden durch alle Songtitel, nur bei der Mucke hört der Spass auf. Heftiger Grindcore, der nur für eine kleine Gruppe Menschen erträgöich sein wird und Namen wie ROMPEPROP, WACO JESUS oder HAEMORRHAGE in nichts nachsteht. CLITEATER gönnen sich und dem Hörer auch mal ne Pause und schreiben quasi Grindballaden ("Whores’ Desire”), was der Platte merklich gut tut. Wenn die meisten Songs pures Geballer sind, braucht man auch mal ne Pause, ganz einfach. Grind on!
Kurz vor dem Release des neuen Albums "Vredens Tid" kommen via Displeased die beiden MANEGARM-Demos aus den Jahren 1996 und 1997 remastert und mit neuem Artwork auf einer CD zusammen raus. Was durchaus Sinn macht, sind doch die originalen Demos schon lange vergriffen und immer wieder von Fans gewünscht. Wie das halt so ist mit Demos. MANEGARM zeigten bereits in den Anfangstagen, dass sie ein Händchen für melodischen Black Metal haben und es verstehen, auch auf ausgetretenen Pfaden Neues zu entdecken. Klar, weder "Vargaresa" noch "Ur Nattivndar" sind sonderlich innovative Schwarzmetall-Demos, aber eben gut gemacht. Wie viele Bands setzen auch MANEGARM auf bekannte Elemente und nutzen diese, um gute BM-Songs zu schreiben. Bienenschwarmgitarren und bösartiger Keifgesang alleine machen noch keinen guten Black Metal, dazu gehören auch eingängige Songs genau wie gute Riffs - etwas, dass MANEGARM haben und einzusetzen verstehen. Der Drummer holpert auf dem 1996er Demo noch ein wenig, gerade bei der Fußmaschine, kann sich aber schon auf der 97er Scheibe steigern. Mit besserem Sound versehen, sind die beiden Demos zusammen eine gute Black Metal-Platte, die man sich als Schwarzkittel ruhig zulegen kann.
Keyboardloses Gothicmetal ist fast ein Relikt aus einer längst vergessenen Zeit geworden deren großen Geschöpfe nach und nach Aussterben. Und doch schweben sie wie ein dunkler Schatten über allen die Versuchen das Revier zu betreten. "To No Avail" tut sich wie auch schon Erstling genau damit recht schwer aus den Fußstapfen von SISTERS OF MERCY bis TYPE O NEGATIVE zu treten. Drei Gitarren auf der Haben-Seite, einige fette Riffs und wie beim soliden Opener "On The Way" auch recht straight gerockte Parts mit finnischem HIM-Einschlag gefallen durchaus. Melodien ohne Süße passen zum erdigen Sound und zur bei aller Düsternis auch eher vorherrschenden Härte - wirklich aus dem Schema fällt lediglich die Akustikballade "Loss" bei der Sänger Sjöblom mit sehr natürlichen Vocals punktet. Was dem Album fehlt sind die Details, an denen außer Sänger Sjöblom keiner gearbeitet zu haben scheint und auch dieser manchmal bereits beim Versuch scheitert und im tiefen cleanen Bereich teils zu gepresst klingt. Nach einigen Songs wiederholen sich die Ideen, wirkliche Übersongs fehlen. "To No Avail" ist guter Durchschnitt in einer leider etwasverstaubten Nische, bei dem andere Bands aber seit 15 Jahren gelernt haben wie es geht. Mit etwas mehr Originalität hätten LOST IN TEARS sicherlich Zeug zu mehr.
"Kingslayer", der Opener des dritten GRAND MAGUS-Albums, groovt wie ein Opel Diplomat im vierten Gang. Hammer. Die Band zelebriert ungepflegten Stoner-Doom mit heftiger Black-Sabbath-Schlagseite und hat auf "Wolf’s Return" insgesamt ein wenig an Tempo zugelegt. Was Doom-Doktoren vielleicht nicht ganz so gut gefällt, dürfte die Band um JB (auch Spiritual Beggars) einem breiterem Adressaten-Kreis zugänglich machen. Zumal die wirklich quälenden Lahmarsch-Parts ("Hämnd") auch noch vorhanden sind, aber eben nich so nerven, wie es viele Doom-Gegner bei anderen Bands kritisieren. Erstaunlich: Die charismatische JB-Stimme hätte auch in den späten Siebzigern für enorm positives Feedback gesorgt, hätte das Zeug gehabt, anstelle von Ozzy, Dio und anderen Vögeln, Rock-Geschichte zu schreiben… Hat er aber nicht und so bleibt GRAND MAGUS "nur", die Geschichte der harten Musik um eine weitere Episode reicher zu machen, ein Stück Musik, das sich überraschend dicht am Metal hält Und das gelingt gut, selbst, wenn die Scheibe das Niveau des ersten Stückes nicht ganz halten kann - zumindest nicht auf Dampframmen-Stärke.
Ich dachte, Neue Deutsche Härte sei tot? Was eine Tatsache ist, die ich nicht sehr bedauere. MORT beweisen mit ihren deutschen, leicht prolligen Texten das Gegenteil. Aber was stört’s, wenn die Mucke ballert? Eben, nix. Und MORT haben ein fettes Metalcoregerüst, über das sie ihre deutschen Texte stülpen. Der Gesang passt wie Arsch auf Eimer zum Metalcore und das ist doch alles, was zählt. Mir ist es dann auch egal, ob auf deutsch, englisch oder usbekisch gesungen wird, vor allem wenn sich der Gesang so aggressiv und gleichzeitig variabel wie hier gibt. Unterstützt wird er von einer sehr schönen Gitarrrenarbeit, die in Richtung HEAVEN SHALL BURN geht, jedenfalls in den schnelleren Passagen. Soll heißen, schwedisch-melodische Riffs. MORT können auch die andere Seite des Metalcores spielen, das harte Gepose von BORN FROM PAIN ("Tag der Toten"). Die drei Songs des Demos sind ein gelungenes Lebenszeichen der Band und lassen sie als abwechslungsreiche hoffnungsvolle deutsche Metalcoreband in der Erinnerung zurückbleiben. Was will man mit einem Demo mehr erreichen?
Birmingham ist also die Geburtsstadt des Metals, jedenfalls laut Infoschreiber zur MISTRESS-Scheibe "In Disgust We Trust". Aha. MISTRESS mögen einen schnuckeligen Namen, machen aber mitnichten Music For Sissies, ganz im Gegenteil. Das englische Quintett gibt ordentlich Gas und legt eine Crust-Scheibe vor, wie sie mittlerweile selten geworden. Schnörkellos wird geballert und typische Crust-Riffs ohne Ende abgefeuert. Vergleiche mit den alten Helden der Ecke wie BRUTAL TRUTH oder NAPALM DEATH (die alten) drängen sich natürlich auf, aber auch aktuelle Combos wie DISFEAR können zur musikalischen Standortbestimmung herhalten. MISTRESS haben neben einer Menge Wut auch Spass inne Backen und scheuen selbst vor Klischeekreischmetalverbeugung nicht zurück ("Whiskey Tastes Better…"). Selbst wenn gnadenlos geschrubbt wird, sieht man das Grinsen des Haufens quasi vor sich. Da wird aus musikalischen Abrissbirnen wie "Fucking Fuck" ein Grund zum Lächeln. Kompromißloser Crust mit Humor, das hat man selten. Und dann noch so gut - endgeil!
Mit THE UNSEEN ist Tim Armstrongs Hellcat-Label mal wieder ein dicker Fisch ins Netz gegangen. Die Bostoner sind beileibe keine Unbekannten mehr, haben bereits vier Alben und diverse EPs und Splits hinter sich und eröffneten alleine im Jahr 2004 für so namhafte Bands wie SICK OF IT ALL, AGNOSTIC FRONT und HATEBREED. Produziert hat ihr fünftes Werk kein Geringerer als Ken Casey von den DROPKICK MURPHYS, gemischt hat Brett Gurewitz und Tim Armstrongs Band-Kollege Lars Frederiksen steuerte zu einem Track Vocals sowie diverse Backing Vocals bei. Bei so viel Namedropping drängt sich die Vermutung auf, dass die Band selbst nicht viel zu bieten hat. Aber weit gefehlt - "State Of Discontent" ist ein Street Punk-Kracher, der sich gewaschen hat. Mit ungebremster Energie wird sich durch die 14 Tracks geprügelt und gerockt, einfach, direkt, schnökellos, rotzig, rau und dreckig. Die schnellen Songs, wie beispielsweise der Opener "On The Other Side" oder "The End Is Near" gehen grade auch wegen des aggressiven, keifigen Schreigesangs von Shouter Mark als lupenreiner Hardcore durch, Stücke wie "Scream Out", "Social Damage" oder der melodische und für UNSEEN-Verhältnisse fast schon pop-punkige Ohrwurm - und nebenbei mein Favorit - "You Can Never Go Home" dürften aber auch Fans von ´77er Punkrock vollauf glücklich machen. Grade wegen dieser Vielfalt wird die Scheibe an keiner Scheibe langweilig und ein Sich-Satt-Hören scheint Jahre entfernt. Einzig das wenig originelle "Paint It Black"-Cover hätte man sich lieber für die nächste Tour aufsparen sollen. Da wir schon dabei sind: Wann zur Hölle stehen die Jungs wieder auf Deutschlands Bühnen? Wenn man das Album hört, kann man es kaum noch erwarten...
Da, wo BRAND NEW SIN herkommen, ist der New Yorker Speckgürtel auch schon wieder zu Ende. Auf halber Strecke zwischen New York und Chicago ist man froh, wenn man noch Arbeit hat - und wenn, dann ist sie hart und in der niedergehenden Stahlindustrie. Es ist eine harte Welt für harte Kerle, und aus dieser Welt erzählen die Songs auf "Recipe For Disaster". Erzählen vom Pech, das man haben kann, von der "Brown Street Betty" und den Männern, die sie verlassen hat, von der Härte im Knast. BRAND NEW SIN verstecken hinter der harten Schale aus imposanten Oberarmen und breiten Stiernacken, die den einen oder anderen Schlag einstecken können, ein weiches Herz. Zu ihren Songs dürfen auch die besagten harten Kerle, mit denen sie sich zusammen in schmierigen Bars den Whisky die Kehle hinunterrinnen lassen, eine Träne wegdrücken. Das weiche Herz schlägt aber auch für den bandeigenen Rennwagen, und als Soundtrack zu dessen Rennen sind Songs wie "The Loner" oder "Black And Blue" super Soundtracks im Hinterkopf. So erdig und ehrlich wie BRAND NEW SIN schüttelt sich momentan allerhöchstens ZAKK WYLDE seine Riffs aus dem Griffbrett. Die gezielten Rückkopplungen umschwirren die Band wie ein Orkan sein Auge. Sänger Joe Altier hat ein Reibeisen-Organ, dass sich streckenweise wie das von John Bush anhört. Der perfekte Hardrock zum Whisky-Testen. Cheers!