Ihr zweites Release, die 4-Track-EP "Cat Of The Year", haben THE COMEDOWN komplett in Eigenregie aufgenommen und abgemischt und verzichten noch dazu auf Label und Vetrieb. Ganz davon abgesehen, dass mir DIY-Produktionen grundsätzlich extrem sympathisch sind, geht auch die Musik der vier Göttinger absolut in Ordnung. Ihr melodischer Alternative Rock lebt von Kontrasten, indem sich melodische und zumeist cleane Parts mit harten, teils rockigen, teils metal-lastigen Riffs abwechseln, ohne dass jedoch Brüche entstehen, sondern jedes Stück für sich eine Einheit bildet. Die Songs sind rund, die Instrumente gut gespielt und mit "Your Favourite Memory" gibt es auch noch einen ruhigen, verträumten Abschlusstrack mit schönen Harmonien. Leider gibt es aber doch einen Haken bei der Sache: den Sound. Der ist zwar recht differenziert, aber etwas dünn und kraftlos, wie das bei Self-Made-Produktionen eben oftmals der Fall ist. Und das ist schade, denn man kann auf den Aufnahmen zwar das Potential der Band erkennen, aber für den wahren Genuss fehlt dann doch noch ein amtliches Klanggwand mit mehr Wumms. Trotzdem - THE COMEDOWN haben vier gute Songs eingespielt, die hoffen lassen, dass für die nächste Veröffentlichung doch ein Label gefunden wird, dass ein paar Tage im Studio und einen Produzenten bezahlt (Gegen ein kleines Indie-Label ist doch nichts einzuwenden, Jungs, oder...?). Was zum Abschluss nicht unerwähnt bleiben sollte: Die vier Tracks können auf der Homepage der Band kostenfrei heruntergeladen werden. Ein weiterer Sympathiepunkt...
Manchmal bin ich regelrecht erstaunt, mit welchen Superlativen einige Labels in ihren Infos um sich werfen. Dort werden Angehörige diverser Magazine zitiert, die vor Freude über das Album das Wasser kaum noch halten können und selbst fügt man dann noch einen Satz der Marke "ARTIMUS PYLEDRIVER is equal parts Southern Rock and Jack Daniels: straight, no ice, no glass, just leave the bottle! Hell yeah!" hinzu und fertig ist der Wunschtraum vom Meilenstein. ARTIMUS PYLEDRIVER aus den USA und ihr selbstbetiteltes Debüt sind aber noch weit vom erhofften Klassikerstatus entfernt. Zugegeben, ihre Mischung aus staubigem Southern Rock, Rotzrock, riffbetontem Groove und AC/DC (besonders beim Gesang) ist sehr ansprechend, aber nicht sonderlich dynamisch. Hört man das Album von vorne bis hinten durch, ergibt sich eine fast schon ermüdende Behäbigkeit, denn die Songs sind einerseits gut gespielt, andererseits besitzen sie jedoch keine herausragenden Erkennungsmerkmale. Im sturen Midtempo wird das Erbe - im - Geist von Angus Young, Pete Wells und Co. angetreten, ohne auch nur ansatzweise deren Gespür für aufregende Rocker und mitreißende Hymnen zu offenbaren. Die angegebenen Lobhudeleien, die das Info preisgibt, kann ich demnach absolut nicht nachvollziehen und belasse es dabei, dass es sich bei "Artimus Pyledriver" um ein höchstens nettes, aber nicht gerade zwingendes Album handelt. Die Doppelläufige auf dem Cover ist ohrenscheinlich nach hinten losgegangen…
ROYAL HUNT sind im Genre des bombastischen, barocken Power Metals seit Jahren eine feste Größe. Die besonderen Markenzeichen der Band sind nach wie vor Keyboarder Andre Andersen und Stimmwunder John West, der im letzten Jahr unter Anderem mit FEINSTEIN fremdging und mit ihnen ein herausragendes Werk zustande brachte. Er ist es dann auch, der "Paper Blood" seine Hauptqualitäten verleiht, denn Andre Andersen versteht sein Werk anders als etwa sein Fast - Namensvetter Richard Andersson und kleistert alle Songs hoffnungslos mit seiner Tastenarbeit zu! Dabei schlägt er über weite Strecken Töne an, die meist oberhalb der uns bekannten Tonleitern liegen. Selbst für gestandene Symphonic - Metaller und Keyboard - Sympathisanten ist diese Mischung aus schlüpfrigem Keilriemen und "Katze - mit - Schwanz - unterm - Schaukelstuhl" sicher nicht leicht zu ertragen, zudem auch beim Songwriting keine Quantensprünge auszumachen sind. Bevor es zu negativ klingt: "Paper Blood" ist ein sehr gut gemachtes und handwerklich über jeden Zweifel erhabenes Album, aber keiner der Songs kann wirklich vom Hocker reißen und die Soloaffinität von Mr. Andersen liegt deutlich über der Schmerzgrenze ("SK 983", "Twice Around The World"). Als gelungene Anspieltipps kann man die Hymne "Not My Kind" und den ebenfalls coolen, riffbetonten Titelsong angeben, die zeigen, dass bei diesem Album noch viel mehr drin gewesen wäre. Ein von ausgezeichneten Musikern eingespieltes, aber auch ohne die oft nervigen Keyboards sehr banales Werk, zu dem es viele mitreißendere Alternativen gibt.
Die Indie-Szene ist momentan in lustiger Bewegung, quiekt, freut sich ihres Lebens und wächst. Vielleicht von dieser Inspiration getrieben haben sich in Ingolstadt "Milchmann Records" zusammen gefunden und erst einmal Geld in einen superguten Grafiker und einige sehr, sehr unterschiedliche Künstler investiert. Querschnitt: Lustige Klangblörps- und -blieps (DESOTO - "Laura"), wildes Mod-Gestampfe, unter Umständen tanzbar (TUNESMITH - "What´s It All About"), sehr viel akustische Gitarre (SLAMWEJAM, MIKROFISCH), ein sehr leises, böses NIRVANA-Cover (MILKWOOD - "Lilith"), späten Drum´n´Bass (NOVAK), melancholischer Pop (UPHILL RACER, THE ELECTRIC CLUB) und meine Favoriten bisher. Und eine Menge Unsicherheit - so viel Hangover kann ich gar nicht haben, dass ich über eine Stunde lang so ruhige Musik vertrage...
Kurz und knackig ist das Debüt der Holländer OMISSION - bei knappen zwanzig Minuten weiß ich nicht, ob man hier von einem Album sprechen sollte. Aber andere HC-Scheiben sind ja ähnlich kurz und Shows auch nicht viel länger, also geht das in Ordnung. OMISSION lassen in der kurzen Zeit einen Stapel explosiver Songs auf den Hörer los, der es in sich hat. Ähnlich MALKOVICH oder RAZOR CRUSADE nutzen OMISSION Hardcore nur als Grundgerüst und erweitern den Sound um viele Facetten, wobei OMISSION ziemlich direkt vorgehen und schön oft einfach braten ("Bled With You"), ganz im Sinne alter HC-Helden. Sänger Nico schreit sich voller Wut die Seele aus dem Leib, wobei der oft von seinen Bandmates unterstützt wird. Leider haben OMISSION nur eine Gitarre am Start, was auf Platte noch kein Nachteil ist, aber live Druck wegnehmen wird, der dem Sound gut zu Gesicht steht. Aber egal, auf Scheibe ist das Ganze wie gesagt ordentlich druckvoll und Marten zaubert einige coole Melodien hin. OMISSION nehmen den Hörer auf eine Achterbahnfahrt mit, die er so schnell nicht vergessen wird. Moderner HC kann so schön sein.
"Schallereignissortierer" hießen die Tonleute in der früheren DDR - und so einen könnten VERSTÄRKER im doppelten Sinne gebrauchen: VERSTÄRKER bauen sich ihre eigene kleine Klangwelt, verstecken sich im Hall und nur der Schlagzeuger weiß, wohin die Reise geht. Das hätte Stonerrock werden können - aber dazu sind die Münchner viel zu freundlich. Für den Jazz ihrer Jugend sind sie zum Glück zu erwachsen, also bleibt munteres Geplänkel. Meditationsmusik ohne Wale. Stört nicht wirklich, schläfert aber ein und verlangsamt garantiert den Herzschlag. So slow, dass die Aufmerksamkeit sinkt und man nur im eingelullten Unbewussten mitbekommt, dass VERSTÄRKER große Geister wie Theodor Storm und Else Lasker-Schüler zitieren, weitere Texte hat Gitarrist Roberto Cruccolini geschrieben.
Sollte es eine Erkenntnis aus der ersten Hälfte dieses Jahres geben, dann: Blackmetaller sind eigentlich super Songwriter. Hinter dem vor lauter Melodien überfließenden Rock von AUDREY HORNE, den man am ehesten auf der Bühne des legendären Viper Room auf dem Sunset Boulevard erwarten würde, steckt ein Haufen Norweger. Angeführt vom Sänger Toschie, gleichzeitig Womanizer und erster Anheizer der rockenden Herren, spielen bei AUDREY HORNE unter anderem der Schlagzeuger von GORGOROTH und der zweite Gitarrist von ENSLAVED - oder umgekehrt? Sorry, in Jeans und ohne Kampfnamen ist es schwer, die auseinander zu halten... AUDREY HORNE sind Die-Hard-Fans von Davd Lynch: der Bandname gehört einer Figur aus "Twin Peaks", der Albumtitel "No Hay Banda" ist die spanisch-sprachige Schlüsselszene aus "Mulholland Drive" und bedeutet "Es gibt keine Band". Lyrics und Inhalt können gut und gern auch von dem verstörenden Regisseur beeinflusst sein. Verstörend ist auch die Vielfalt an musikalischen Querverweisen: AUDREY HORNE vergleichen sich selbst mit TOOL, QUEENS OF THE STONEAGE, TURBONEGRO oder den FOO FIGHTERS. Ich würde noch das Hollywood-Inventar BUCKCHERRY und VELVET REVOLVER dazu tun, außerdem die Elegien der Landsleute von GREEN CARNATION - und ein bißchen bei der Eigeneinschätzung werten. Denn sie mögen so dunkel sein wie TOOL, sind aber wesentlich straighter und kommen eher auf den Punkt. Sind nicht so cool und abgezockt wie QOTSA, nicht so rotzig wie TURBONEGRO, obwohl sie das eine oder andere Lick von Gitarrist Euroboy geklaut haben können, und sind auch nicht so lässig wie die FOO FIGHTERS. Trotzdem ist "No Hay Banda" ein süßes Stück Earcandy, perlt auf der Zunge, bappt nicht am Gaumen - aber es wird nicht meine neue Lieblingssüßigkeit, denn eigentlich hofft man genau bei dieser Art Musik auf Hits - und die fehlen noch.
Sauber! MY COLD EMBRACE zeigen mit ihrer neuen Scheibe, dass Eigenproduktion Label-Scheiben in nichts nachstehen müssen. Das Artwork ist arschcool und die Mucke wurde bei Jonas Kjellgren im Soundlodge gemastert, was für Qualität bürgt. Nach einem gelungenen Intro legen die Kasseler ordentlich los und zeigen wo der Hammer hängt. "Melatonin" ist trotz melodischem Riffs eine echte Abrissbirne und hämmert ohne Gnade aus den Boxen. Mr. Kjellgren hat wie gewohnt ganze Arbeit geleistet und "Katharsis" einen absoluten Top-Sound verpasst, der die Songs der Combo angemessen aus den Boxen drückt. MY COLD EMBRACE konzentieren sich auf dieser Platte auf die eher brutale Seite ihrer Musik, Tracks wie "Reborn In Fire" sind bei aller vorkommenden Melodie in erster Linie verdammt brutal. Zugleich geben sich die Jungs experimentell, wie das ungewöhnliche aber gute "Varnished Reality" beweist, bei dem Sänger Ernie seine klare Stimme ausgiebig einsetzt und dabei eine verdammt gute Figur macht. "Amen" ist dann mal frech bei "One" geklaut, allerdings in leicht brutalerer Form. MY COLD EMBRACE positioniren sich mit dieser Scheibe als eine der besten deutschen Death Metal-Combos, die bei aller Brutalität die Melodie und Eingängigkeit nicht zu kurz kommen lassen und über stumpfes Geballer schon lange hinaus sind. "Katharsis" ist von vonr bis hinten eine feine Death Metal-Scheibe, die hoffentlich regen Zuspruch finden wird - verdient hat sie es!
CENTINEX noch vorzustellen wäre wie mit den Eulen und Athen. Jeder Fan gepflegten schwedischen Lärmes sollte die Hellbrigade schon mal gehört oder gesehen haben und wissen, was es mit der Combo auf sich hat. Album Nummer 8 hat den schönen Titel "World Declension" und bietet das, was man von CENTINEX gewohnt ist: brutaler schneller Death Metal mit einer ordentlichem Schuss Thrash. Aufgenommen im quasi-bandeigenen Sound Lodge (das Gitarrist Jonas gehört) knallt "World Declension" heftig aus den Boxen. Leider ist der erste Track auch der schlechteste des Albums, "Victorious Dawn Rising" ist zwar ein ganz ordentlich Mid Tempo-Mosher geworden, aber leider auch stinklangweilig. Sollten CENTINEX auf ihre Tage etwa das Händchen für gute Songs abhanden gekommen sein? Schon der nächste Track bringt die Gewissheit, dass dem nicht so ist. "Purgatorial Overdrive" rettet den Tag und zeigt CENTINEX in Hochform, wie sie Death und Thrash in ihrer unnachahmlichen Art verbinden. Knaller des Albums ist ohne Zweifel "Synthetic Sin Zero", das mit gnadenloser Double Base, einem echten Killer-Refrain und melodischen Gitarren ohne Ende daherkommt und live sicher der neue Liebling der Fans wird. Besser kann man solche Mucke kaum machen! Bis auf den Opener sind aber auch die anderen Songs erste Sahne und zeigen CENTINEX anno 2005 brutaler als gewohnt ("Flesh Is Fragile") - gleichzeitig aber auch melodischer, auch wenn die Melodien sich oft ein wenig im Hintergrund verstecken. "World Declension" ist eine der besten Death/ Thrash-Scheiben der letzten Zeit und ein Höhepunkt in der CENTINEX-Discographie! Join The Hellbrigade! Ihr werdet es nicht bereuen…
Moment, Moment, will mich da jemand verarschen...? PLANLOS soll die Band heißen? Und der Sänger Pino? Das klingt doch original wie die HOSEN, und Pino klingt nicht nur dem Namen nach verdächtig nach Campino. Und dann erscheint das mittlerweile vierte Album "Klartext" auch noch auf dem Goldene Zeiten-Label von Ex-HOSEN-Drummer Wölli. Und auf der Innenseite der CD-Hülle steht "Das Ende setzen wir uns selbst!". Gab´s das nicht auch schon mal in einem HOSEN-Song? Aber glauben wir mal der Presse-Info und gehen nicht davon aus, dass es sich hier um ein Inkognito-Album der Düsseldorfer handelt... Obwohl das schwer ist, denn die Musik klingt verdammt ähnlich, kommt ansonsten aber zugegenbermaßen ziemlich gut. PLANLOS gehen Mit viel Energie, tollen Refrains und gut arrangierten Songs an den Start, und ihr angepunkter Rock treibt fast ausnahmslos ordentlich nach vorne. Mit "Sorgenkind" gibt es außerdem einen Ausflug in folkige Gefilde, in der Strophe von "Demokratie" sind Reggae-Einflüsse zu hören, "Es Geht Mir Gut" ist eine Art Mitgröl-Lagerfeuer-Rock und mit "Der Brief" klingt das Album mit einer Ballade mit Akustik-Gitarre aus, so dass die gesamte CD nicht nur sehr abwechslungsreich ist, sonder vor allem auch nie langweilig wird. Die Texte gehen insgesamt gesehen in Ordnung und verbinden Kritik an Politik und Gesellschaft mit durchaus poetisch zu nennender Sprache. Stellenweise spürt man allerdings unangenehm den in bester HOSEN-Manier (wie auch sonst...?) erhobenen Zeigefinger, wie z. B. in "Blender": "Wir sind jämmerliche Blender, skrupellose Menschenhändler / Wir verkaufen Seelen am Straßenrand / Bald klebt hier das Blut an jedem Stein / Ich schäme mich, ein Mensch zu sein". Und auch vor ebenfalls HOSEN-tpyischen naiven Plattitüden schreckt man nicht zurück, wie in "Verraten & Verkauft", einem Song über unsere tollen Casting-Shows: "Es ist traurig aber wahr, die Industrie macht euch zu Stars / Sie kauft euch ein, sie saugt euch aus, ihr seid verraten und verkauft". Ach nee... Einen Pluspunkt gibt es noch für die schöne Covergestaltung: Die CD kommt in einem packpapier-farbenen Digipack, mit handgestempeltem Aufdruck der Band und einem in die Innenseite eingeschobenen Leporello-Booklet. Klarer Fall: Die beste HOSEN-Platte seit Jahren!