InterviewIm August ist euer neues Album erschienen. Das letzte reguläre kam 2004 raus. Was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht?
Wir sind viel getourt, u. a. drei Monate lang direkt nach dem Albumrelease. Ansonsten haben wir auch zwischendurch immer wieder mal Songs geschrieben, aufgenommen und ausprobiert. Ungefähr zwei Jahre nach dem letzten Album haben wir das neue aufgenommen, dann aber erst mal kein Label gefunden. Bis es erschienen ist, hat es eben noch ein Jahr gedauert.
Wie kamt ihr zu People Like You, eurem jetzigen Label?
Die haben irgendwie mitgekriegt, dass wir neue Songs aufgenommen haben und angefragt, ob wir schon ein Label hätten. Und wir sagten: Ok, macht ihr´s.
Ihr seid außerhalb der Schweiz erfolgreicher als in eurer Heimat. Wie erklärt ihr euch das?
Zum Teil hat das damit zu tun, dass Schweizer Bands in der Schweiz ein bisschen weniger ernst genommen werden als beispielsweise Ami-Bands oder englische Bands. Es gibt ja auch nur wenige Schweizer Bands, die man wirklich kennt. Deswegen haben die Leute das Gefühl, dass es hier eh nichts Gutes gibt. Die andere Seite ist, dass wir die Schweiz oft vernachlässigen. Normalerweise touren wir überall, nur nicht in der Schweiz, weil wir denken, dass wir ja dann hier eh immer noch spielen können. In der Schweiz spielt man am besten eh nur Wochenend-Gigs. Denn der Schweizer denkt sich, für ne Schweizer Band muss ich unter der Woche nicht irgendwo hingehen, denn die kommen eh mal wieder am Wochenende. Also spielen wir hier halt ab und zu Wochenend-Gigs und denken: Wir machen ja dann eh noch ne richtige Tour. Aber jetzt machen wir erst mal die Tour und die Tour und die Tour...Und eh du dich versiehst, sind zwei Jahre um. Das haben wir erst grade wieder gecheckt, deshalb versuchen wir nächstes Jahr, auch wieder ein bisschen Schweizer Publikum zu erobern.
Wie sieht aus eurer Sicht die Punkrock- und Rock ´n Roll-Szene in der Schweiz aus?
Das kann man gar nicht so genau sagen, denn sie ist viel kleiner als in Deutschland. Zu unseren Konzerten kommt eher ein gemischtes Publikum. In Deutschland hast du da nur zwei, drei Szenen vertreten, während du in der Schweiz mehrere hast. Die einzelnen Szenen sind viel zu klein, um einen Club zu füllen.
Hat sich die Szene in den letzten Jahren verändert?
Ja, die Psychobilly-Szene war irgendwann ziemlich tot und auch ein bisschen scheiße. Das ist inzwischen wieder ein bisschen trendy geworden, junge Leute sind dazugekommen. Und die Stimmung auf Psychobilly-Festivals ist viel angenehmer als das früher war. Früher war das auch mal ein bisschen gewalttätig, dagegen steht heute wieder der Spaß im Vordergrund. Was sich auch geändert hat, ist, dass sich gewisse modische Strömungen gebildet haben. Diese Greaser-Typen z. B., die gab´s vor sieben Jahren noch nicht. Auch nicht dieses Lucky Thirteen- und Eightball-Zeugs. Wenn du das vor fünf Jahren in einem Laden in irgendeiner Großstadt gesehen hast, dachtest du: Wow, da musst du dich eindecken. Und jetzt läuft jeder damit rum, und überall bekommst du´s. Diese Szene ist ziemlich groß geworden.
Was glaubst du, wie es kommt, dass so viele Kids auf diesen alten Stil und die alte Musik stehen?
Es kommt halt immer mal alles wieder, was schon mal da war, vor allem Musik und Styles. Wenn etwas zwei, drei Jahre hip war, dann flaut es ab und dann wird was Neues gesucht und von den Medien gepusht. Dass sich Neues so schnell verbreitet, hat sicherlich auch damit zu tun, dass es heute einfachere Wege gibt, sich Informationen zu beschaffen. Vor zehn Jahren war das noch viel komplizierter, da musstest du dir irgendwelche Fanzines kaufen. Wenn heute etwas neu ist, wird das über Internet, myspace usw. viel schneller verbreitet, und die Leute kriegen auch mit, wie das aussieht. Als ich in den 80ern Psychobilly entdeckt habe, wusste ich gar nicht, wie ein Psychobilly aussieht. Woher auch? Ich habe mir auf meinen paar Platten die Fotos angeguckt und mir gesagt: So, aha!
Wo wir grade bei Psychobilly sind: Ihr selbst bezeichnet eure Musik als eine Mischung aus Rockabilly und Punkrock. Vermeidet ihr den Ausdruck „Psychobilly“ bewusst?
Wir finden einfach, dass wir nicht Psychobilly sind, zumindest nicht im klassischen Sinn. Wir haben unsere Wurzeln im Psychobilly, und wir kommen auch aus dieser Szene. Wenn auf einem Flyer für eins unerer Konzerte „Psychobilly“ draufsteht, oder wenn wir auf einem Psychobilly-Festival spielen, dann ist das nicht ganz verkehrt, aber es ist nicht wirklich das, was wir sind.
Ihr habt auf eurem Album auch einige eher untypische Songs, die deutlich von Garage beeinlusst sind. Wie hat sich das entwickelt?
Zum einen gibt´s bei uns immer leichte stilistische Wechsel von einer zur nächsten Platte. Wir wollen einfach nicht zwei Mal hintereinander dieselbe Platte aufnehmen. „It´s Time For...“ war ziemlich eindimensional. Das wollten wir umgehen und ein bisschen mehr Abwechslung reinbringen. Und dieses Garage-Zeugs haben wir eigentlich auch schon immer gespielt. Gleich auf unserer zweiten Single war ein Billy Childish-Cover drauf. Das war immer etwas, das uns Spaß gemacht hat und das für uns ganz natürlich ist. Wir haben das nur zwischendurch nicht immer wieder aufgegriffen.
Ihr seid auf der Bühne immer gut angezogen. Wie wichtig ist euch Stil?
Stil ist ein bisschen wichtig. Wir glauben an dieses Band-Ding. Eine Band soll auch optisch eine Einheit sein. Ich schau mir lieber Bands an, die wie eine Band aussehen und nicht wie ein paar Zufallsbekannte, die irgendwie auf der Bühne rumstehen. Zum Teil hat das auch praktische Gründe. Wenn du auf Tour bist und jeden Abend auf der Bühne schwitzt, dann ist es sehr praktisch, wenn du Bühnenklamotten hast, die du immer wieder von neuem nass machen kannst, und deine anderen Klamotten, die du zwischendurch trägst. Und wenn du schon Bühnenklamotten anziehst, dann kannst du dir ja auch ein bisschen was überlegen. Und wir dachten uns eben: Ok, lass uns schwarze Kleidung tragen, das ist nie verkehrt. Außerdem ist das Umziehen vor dem Konzert wie ein Ritual. Wenn du im Backstage in Jeans und Kapuzenpulli rumhängst, und dann heißt es, wir müssen in einer Viertelstunde spielen, dann stehst du auf und ziehst dich um, und du weißt, gleich geht´s los. So kommt man in die richtige Konzertstimmung.
Ihr werdet jetzt erst mal viel in Deutschland unterwegs sein und im März auch einige Shows in England spielen. Wie geht´s danach weiter? Wollt ihr auch wieder in die USA?
Wir versuchen jetzt erst mal, ein paar Konzerte inder Schweiz für Anfang nächstes Jahr zu buchen. Dann wollen wir auch wieder in Länder wie Italien oder Spanien. Aus der USA kommen die ganze Zeit Anfragen von Bookern, aber das ist natürlich auch ein finanzielles Risiko, deswegen holen wir erst noch ein paar Informationen ein. Wenn ein Booker aus den USA in einer E-Mail schreibt „Ich book euch ne Tour“, dann kannst du natürlich sagen: Hey super, machen wir! Besser ist es, andere Bands zu fragen, wie der Typ drauf ist, ob der einen übers Ohr haut. Aber sicherlich werden wir dann irgendwann wieder in den USA spielen, und auf jeden Fall in Kanada. Bis Juni sind wir aber sowieso ziemlich ausgelastet. Und danach ist ja dann Fußball-EM, während der Zeit sollte man vermutlich eh nicht touren.
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Euer letztes Album „Burnout Boulevard“ habt ihr vor fünf Jahren veröffentlicht. Was habt ihr in der Zwischenzeit getrieben?
2010 haben wir eine Live-DVD veröffentlicht, die 2008 in Berlin aufgenommen wurde, und dieselbe Show wurde auch als Album herausgebracht. Und wir haben einige Konzerte hier und da gespielt. Wir sind nicht so regelmäßig getourt wie in den Jahren davor, aber wir waren nie richtig weg. Wir haben SOCIAL DISTORTION bei einigen Konzerten in den Niederlanden, England und Norwegen supportet und haben einige Festival-Shows gespielt. Und wir haben angefangen, die Songs für „Monkeys With Guns” zu schreiben. Also waren wir eigentlich ziemlich beschäftigt.
Hattet ihr das Gefühl, dass ihr eine Pause nach all den Jahren gebraucht habt, in denen ihr fast durchgehend auf Tour wart?
Ja und nein... Wir lieben es, zu touren, aber es gibt auch noch andere Dinge im Leben, um die man sich kümmern muss. Es ist immer gut, für eine Weile andere Dinge zu tun, während man die alten Batterien auflädt.
Habt ihr während dieser Zeit das Tour-Leben vermisst, oder war es auch eine Erleichterung, für eine Weile einfach mal zu Hause zu sein?
Wir haben das natürlich ein bisschen vermisst. Konzerte zu spielen und Fans zu treffen, ist ein großer Teil unseres Lebens. Aber wie ich schon sagte, an irgendeinem Punkt muss man immer die Batterien wieder aufladen.
Wie ist es überhaupt für euch, immer wieder auf Tour zu sein? Vermisst ihr eure Familien und Freunde?
Wenn wir es nicht lieben würden, auf Tour zu sein, würden wir es nicht tun. Ja, natürlich vermissen wir unsere Familien, aber so läuft es eben, und es gibt ja mehrere Wege, um den Kontakt zu behalten, wie Skype und so. Und hey, wir sind ja nie für Jahre weg, sondern immer nur kurze Zeit.
Der Sound von „Burnout Boulevard“ unterscheidet sich von dem eurer vorherigen Alben. Er ist transparenter, aber – meiner Meinung nach – auch weniger dreckig und kraftvoll. Was denkt ihr im Nachhinein über die Produktion?
Es ist immer noch ein gutes Album, vielleicht weniger dreckig, aber ich würde nicht sagen, weniger kraftvoll, und es gibt großartige Songs darauf. Aber ich bin ziemlich sicher, dass das Album, wenn wir es heute aufnehmen würden, ein bisschen anders klingen würde – wie genau, weiß ich aber auch nicht.
„Monkeys With Guns” klingt jetzt wieder mehr wie eure älteren Aufnahmen und gleichzeitig druckvoller als je zuvor. Was habt ihr dieses Mal anders gemacht?
Vielleicht haben wir einfach gelernt, unsere Instrumente zu spielen?! Ha ha ha... Na ja, nein, im Ernst, ich glaube, wir haben irgendwie mit mehr Attack aufgenommen. Wir haben mehr Amps verwendet und sie zusammen geschaltet, und wir haben mehr Cabinets verwendet, um den Klang deutlicher und dreckiger zu machen. Kombiniert mit den Sounds von Boners und meiner Gitarre und zusammen mit Spooky, der die Drums heftig bearbeitet hat und Andis Attack-Bass hat das den Sound entstehen lassen, wie wir ihn wollten.
„Monkeys With Guns” wurde von Magnus „Mankan“ Sedenberg produziert, der auch schon für eure ersten drei Alben verantwortlich war. Ist das Grund oder einer der Gründe für die erneute Veränderung eures Sounds?
Ich würde nicht sagen, dass es eine Veränderung unseres Sounds ist, sondern eine Entwicklung. Und der Produzent weiß, was wir meinen. Wir sprechen dieselbe Sprache, ohne zu sprechen. Ha ha ha...
Auf „Monkeys With Guns” gibt es einen Song, der „Burnout Boulevard” heißt. Ist das ein alter Song, der der Titelsong eures letzten Albums werden sollte, oder habt ihr ihn erst danach geschrieben?
Wir haben den Song danach geschrieben, zumindest den Text. Die Musik habe ich schon vor sechs oder sieben Jahren geschrieben.
Worauf bezieht sich der Albumtitel? Wer oder was sind die „Monkeys With Guns”?
Das muss jeder selbst herausfinden... he he he... Ich glaube, wir werden noch oft danach gefragt werden. Alles, was ich sagen kann ist, dass es eine alte Redensart ist, und irgendwie sind wir darauf gestoßen, also sagten wir uns: Hey, das passt zum neuen Album!
„Burnout Boulevard“ wurde auf Century Media veröffentlicht, jetzt seid ihr wieder zurück bei People Like You. Welche Erfahrungen habt ihr mit Century Media gemacht, und was war der Grund für den Wechsel?
Wir sind genau genommen immer noch bei Century Media, denn People Like You gehört ihnen. Century Media ist ein starkes Label mit kompetenten Mitarbeitern, und die Leute, die für People Like You verantwortlich sind, wissen wirklich, was sie tun. Es passt perfekt zu uns, alles läuft gut.
Eure nächsten Konzerte werdet ihr vor allem auf Festivals spielen. Wird es auch eine Klub-Tour geben?
Ja, nach dem Sommer werden wir in einige Klubs kommen, und wir freuen uns total darauf. Das werden intensive Shows, voller „blood, sweat and beers”...
Abgesehen von einem Konzert in Frankreich spielt ihr ausschließlich in Deutschland. Ihr scheint hier eine wirklich starke Fanbase zu haben...
Hell yeah! Deutschland ist wie ein zweites Zuhause für uns und ist das auch schon seit vielen Jahren. Wir haben dort überall großartige Fans.
Wie ist denn euer Status in eurem Heimatland Schweden? Seid ihr dort bekannt oder sogar Stars, und verkauft ihr dort viele Platten und spielt in großen Venues? Oder seid ihr im Ausland erfolgreicher?
Meistens spielen wir außerhalb von Schweden. Um ehrlich zu sein, sind wir in Schweden noch nie richtig getourt, sondern haben immer nur hier und da einzelne Konzert an Wochenenden gespielt. Wir fokussieren uns auf Europa, aber natürlich ergreifen wir auch in Schweden jede Chance, um spielen zu können. Über die Plattenverkäufe hier wissen wir zur Zeit gar nichts. Es scheint, als würden alle Plattenläden einer nach dem anderen verschwinden... das ist wirklich traurig...
Gibt es denn in Schweden immer noch eine Szene für Punk Rock, Rock ´n´ Roll und Garage Rock? Oder welche anderen musikalischen Trends haben sich während der letzten Jahre herausgebildet?
Ja, es gibt noch eine Szene, auch wenn es immer weniger Venues gibt. Zurzeit ist glaube ich all so seltsamer Metal trendy. Aber ich kümmere mich nicht wirklich darum, was trendy ist und was nicht. Wir gehen unseren eigenen Weg und weichen nicht davon ab, nur um irgendwelchen Leuten zu gefallen.
Nach der Pause sind eure Batterien ja bestimmt wieder aufgeladen, und ihr seid sicher schon wieder heiß darauf, auf der Bühne zu stehen...
Ich sage dir, sie sind komplett aufgeladen. Wir haben uns immer darauf gefreut, auf der Bühne zu stehen. Das wird mit Sicherheit explosiv. Rock ´n´ roll is here to stay! Cheers!
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