Der inzwischen dritte Longplayer von KONTROLLE aus Solingen steht in den Startlöchern und ich durfte mich mit freundlicher Unterstützung von Promoagentur und Band die letzten paar Wochen bereits in "GRAU" reinhören. Dass ich Fan der Gruppe bin, könnte durchaus in mein Review einfließen.
KONTROLLE lernte ich im September 2022 in Ulm kennen, wo sie zusammen mit PORNOPHON aufgetreten sind. Auf den ersten Blick eine etwas merkwürdige Kombi, denn die lokalen Pornophon machen Hardcore und KONTROLLE würde ich eher mit DÜSTER-PUNK oder DARK-WAVE-POST-PUNK bezeichnen. Ich gehe davon aus, dass der politische Text zu "ZUGANG ZU INFORMATIONEN" vom zweiten Album "ZWEI" die Ulmer aufhören und die Band buchen ließ. Mich hat das Gesamtpaket beim Konzert sofort begeistert: harter Punk gemischt mit Synthie-Sounds, die an die 80ern erinnern: "(FREITAG) WE'RE IN LOVE"!
Bei den ersten zwei Songs von Platte Numero drei bin ich gleich entzückt über das treibende Schlagzeug, das mit dem verzerrten Bass in den Vordergrund gerückt wird. Die "LESEECKE" und der "LAUBBLÄSER" warten wieder mit leicht absurden Texten über vermeintlich normale Leute auf, dazwischen gesellt sich einer meiner Favorites "GRAU". Musikalisch machen KONTROLLE eigentlich genau dort weiter, wo sie mit den ersten beiden Alben aufgehört haben. Es ist, als ob man einen guten Bekannten wieder trifft, es ist alles weiterhin sehr düster und in Moll (?) gehalten, es gibt einige "Schrammel-Wände", nur habe ich das Gefühl, Sänger Daniel ist noch wütender geworden und schreit mehr und singt weniger. Aber wer kann's ihm verdenken.... "HANS DAMPF IN DER KRISE" ist für mich ein 80er-Dark-Wave-Fest, die E-Gitarre kommt erst nach einer Minute und der Refrain lädt ein, ins Klagelied mit einzustimmen.
Textlich ist Politik kein großes Thema, man konzentriert sich eher auf Gesellschafts-Beobachtungen und das eigene Empfinden. Meine Lyric-Highlights hierzu: "Pausenclowns auf Purple Haze in Pinneberg" und "Ballermann, Ballerfrau und Ballerkind. Alle freuen sich, weil sie so anders sind" aus der ersten Single "HÜTTENSCHNAPS" und "Ich atme ein, ich raste aus" aus "KNOTENKOPF". We can relate, Daniel. Zum Ausklang gibt es mit "GESTALTEN" noch ein nicht tanzbares Highlight, das man am Besten zuhause genießt. Insgesamt würde ich auch empfehlen, dem Album soviel Aufmerksamkeit wie möglich zu schenken, da sonst evtl. etwas von den Details, insbesondere bei den Texten, vorüberzieht. Für das "ungeschulte Gehör" könnte sich beim Nebenbei-Hören auch etwas Monotonie einschleichen. Ich vergebe 4,5 von 5 Samplern, da mir vielleicht doch ein wenig ein "Überraschungsmoment" fehlt und ein textliches Meisterwerk wie bei "BAUMARKT" dieses Mal nicht ganz erreicht wird. Ganz grob empfehle ich KONTROLLE allen, die auf FLIEHENDE STÜRME und EA80 stehen und bei denen nicht immer eitel Sonnenschein sein muss.
"GRAU" erscheint am 27. September 2024 als CD und als geniales Splatter-Vinyl (erhältlich bei Holy Goat Records).
Die neue Formation THE PILL aus Frankfurt haut auf ihrem ersten Long-, bzw. aufgrund der Spielzeit doch eher ein Short-Player, zehn PUNK- und HARDCORE-Songs in bester US-Manier raus. Die Band besteht aus vier männlichen Mitgliedern, die bei diversen Bands schon Alben releast und internationale Touren gespielt haben, und einer Sängerin, die sich bis dato als Singer/Songwriterin verstand und auf ein Inserat mit dem Hashtag BLACK FLAG gemeldet hat. Diese Infos habe ich mir über eine "extremst intensive" investigative, journalistische Recherche (Google) von einem etwas längeren Bericht der FAZ geholt. Da wird man dann natürlich etwas hellhörig. Warum zieht der Release des Albums derartige Kreise? Woher kommt die Sängerin? Bei dem Thema ist dann die FAZ leider ausgestiegen, obwohl es doch eigentlich ganz interessant ist: SAM KAT ist eine Art INFLFUENCERIN mit ca. 118.000 Followern auf INSTAGRAM und dutzenden schicken Fotos. Vermutlich erklärt das die hier und da genannte Zahl von 110.000 YouTube-Aufrufen der ersten Single "GOVERNMENT WHORE" in den ersten paar Wochen...
Zurück zur Musik, die hier ja im Vordergrund stehen soll. Der erste Song "SWITCH" macht gleich richtig Laune mit seinem schnellen Tempo und dem dreckigen Gesang, bei "HOLLYWOOD SMILE" und "WHAT'S NEW" wird die Geschwindigkeit gedrosselt, bevor sie bei "WORMS" wieder angezogen wird. Musikalisch wird für Hardcore-Punk-Verhältnisse ein bisschen was geboten, am Besten gefallen mir die Parts, in denen beide Gitarren zu hören sind, und Tempowechsel innerhalb eines Songs find ich auch immer gut. Gesanglich könnte man monieren, dass das zwar alles schön rotzig, aber insgesamt etwas monoton ist. Richtig viele unterschiedliche Töne bzw. tatsächliche Gesangs-Melodien sind Fehlanzeige, aber das gehört ja eigentlich auch so. Genauso wie die Tatsache, dass ein Song maximal 2:45 geht, aber sich bei vielen Liedern eher unter 2 Minuten bewegt, ist dem Genre geschuldet und erklärt dann auch die Laufzeit von insgesamt 20:44. Meine Lieblingstextzeile kommt übrigens gleich zu Beginn von "THE BITTER PILL": "Groceries now cost a liver". Es kommt definitiv keine Langeweile auf, also alles richtig gemacht. Ich schwanke zwischen 4 und 4,5 von 5 möglichen Nietenhalsbändern, weil ich die Frage "Ist das noch Punkrock?" aufgrund des Backgrounds von Shouterin Sam im Hinterkopf einfach nicht los werde.
Releast am 5. April 2024 auf Vinyl oder als MP3s beim Label SOUNDS OF SUBTERRANIA in Hamburg.
ULI SAILOR ist einigen vielleicht schon bekannt, haute er doch bereits erfolgreich für D-SAILORS und die TERRORGRUPPE, welche sich letztes Jahr "zu Grabe tragen" ließ, in die Tasten. Nun hat er mit seiner 5-Track-EP die ersten eigenen Stücke veröffentlicht, nachdem er bereits zwei EPs mit Cover-Songs veröffentlicht hat. Das ganze lief und läuft als "PUNKROCK PIANO", welches seinem Sound den perfekten Stempel aufdrückt.
Bei ULI SAILOR gibt's genau das und beim Opener "Live fast, die Punk" wird man irgendwie das Gefühl nicht los, dass er eigentlich für eine komplette Punkband geschrieben würde. Der Song ist gleich mein Highlight der EP, denn er prescht richtig schön vor und zeigt mit dem genialen Text, wohin die Reise thematisch geht: etwas Melancholie bezüglich der Jugend und was man daraus gemacht hat (oder nicht) und die Beleuchtung verschiedener Facetten der Rockmusik und was aus ihr geworden ist. Textlich holt das also bestimmt viele Hörer im Alter zwischen ca. 40 und 50 ab und bei mir "wächst" die EP mit jedem Mal Hören.
Die Haupt-Instrumente, die eingesetzt werden, sind das Klavier und ein Cello (genau so hat ULI SAILOR kürzlich eine Tour absolviert), aber es gibt auch mal eine Gitarre, eine Posaune, eine Bohrmaschine (!) oder, zu Ende der Veröffentlichung, einen Drumcomputer (?) zu hören. Der Vergleich mit DANGER DAN liegt natürlich nahe, aber während dieser in seinen Songs viel über Liebe, Politik und aus seinem Leben singt und musikalisch eher gediegener unterwegs ist, spricht mir ULI SAILOR mit seinen Beobachtungen aus dem Leben mehr aus der Seele und er schafft es tatsächlich, einen punkigen und rockigen Sound zu machen und etwas "aktueller" zu klingen. Manchmal erinnern mich die Chöre und das Songwriting an DIE ÄRZTE bzw. FARIN URLAUB und das ist auch nie verkehrt. Von mir gibt es 4,5 von 5 Punkrock Pianos und ich hoffe auf weitere tolle Releases von Uli.
Die Band NEUROTOX legt mit „Echt“ ihren sechsten Longplayer im zehnten Jahr Bandgeschichte vor. Die Band aus Rheinberg/Wesel hat sich zum Jubiläum schöne „Geschenke“ für die Fans ausgedacht: den Release gibt es als Digi mit Studio-Album auf der ersten und einem Livemitschnitt auf der zweiten CD und als Box-Set mit tollen Goodies wie Beanie, signierten Plektren und Drum-Stick-Schlüsselanhänger, Stickern und Autogrammkarte. Ich persönlich bevorzuge es, einen richtigen Tonträger in der Hand zu halten, im Booklet Songtexte nachlesen zu können und solche reichhaltig ausgestatteten Box-Sets sind auch irgendwie ein Dankeschön an alle, die Musik tatsächlich noch kaufen und nicht nur streamen, woran Bands ja bekanntlich so gut wie nichts mehr verdienen.
Das Album geht mit dem Titelsong gleich in die Vollen und es gibt Punkrock in unterschiedlichen Variationen zu hören. Da könnte man z. B. DIE TOTEN HOSEN oder DIE ÄRZTE erwarten, oder auch mal fetteren CALIFORNIA SKATE PUNK, wird dann aber doch auf eine etwas andere Schiene geleitet, denn Bennys Gesang ist jetzt nicht unbedingt der feinste und die Texte nicht die poetischsten. Das Ganze ist definitiv Richtung Party mit alkoholischen Hopfen-Getränken ausgelegt, bei der Anreise zum Festival oder hinterher auf dem Campingplatz. Musikalisch gefällt es mir gut, aber mir persönlich sind die Texte etwas zu simpel und zu „alles schon mal da gewesen“ (wobei: ist hier für irgendeine Band noch etwas zu holen? Fragen wir Gutalax....). Insgesamt ganz gut, aber der Song, der tatsächlich für einen halben Punkt-Abzug sorgt, ist „Weniger Schlafen“; „Weniger scha la la la la la lafen und mehr sau sau saufi saufi saufen...“ Meinen die das Ernst? Der Gegenpol hierzu kommt kurz darauf mittels echt schönen Piano Versionen von „Heute Nacht“ und „Nur einen Herzschlag“,
Ich empfehle das Album allen, die auf DEUTSCHROCK stehen und/oder bei Songs die Lyrics nicht so wichtig sind. Es gibt von mir 3,5 von 5 möglichen Schweissbändern. Vom Spaßfaktor der vierköpfigen Gruppe kann man sich auf der kommenden Tour ab September machen.
DESTINATION ANYWHERE ist eine Ska-Pop-Punk-Band aus Siegen und Umgebung, welche sich nach ihrem letzten Album „Bomber“ (2018) und einer Abschiedstour in 2019 an sich aufgelöst hatten. Im Herbst 2022 gab es dann mit der gelungenen Single „Erkennst du mich denn wieder?“ ein Lebenszeichen, dem nun ein komplettes Album („Mehr davon“) folgt. Die vier Jungs und ihre Bläsertruppe offenbaren dabei ein geschicktes Händchen für eingängige Melodien. Die meist flotten Ska-Punk-Stücke überzeugen aber auch durch textliche Vielfalt, einer gewissen Pop-Hit-Attitüde und kommen fix auf den Punkt. Dabei erinnert mich persönlich DESTINATION ANYWHERE gelegentlich an die ÄRZTE – was ja nicht die schlechteste Referenz ist. Wer mal schnuppern möchte darf mal gerne in „Bassdrum“, „Loser-Hymne (Halb so gut wie du)“ oder „Sonne“ reinhören. Macht Laune – „Mehr davon“.
MASSIVE WAGONS klangen selten punkiger als auf "Triggered!", dem neuen Langspieler der Band. Nicht nur die Darbietung, sondern auch die Attitüde sowie die Texte bei Songs wie "Fuck The Haters", "A.S.S.H.O.L.E." oder "Skateboard" deuten genau in diese Richtung. Lebensfreude, eine gewisse Aufgekratztheit und ein steil nach oben gerichteter Mittelfinger sind allenthalben in ihrem siebten Album zu spüren.
Gleichwohl, wird nicht nur Punk geboten. Dem Kollektiv gelingt es, trotz seiner hohen Simplizität und Griffigkeit der Nummern, jedem Song ein eigenes Antlitz zu verpassen. "Generation Prime" punktet mit Reggae-Rythmen und einem Refrain, der Hit-Qualität besitzt. "Gone Are The Days" mischt Alternative und Punk Rock zu einer dynamischen Melange, die pure Lust am Leben vermittelt. Der Titelsong bietet Hard Rock mit Glam Flavor, und "Germ" ist 80er Independent Rock, wie ihn einst NEW MODEL ARMY oder heuer BILLY CLYRO praktizieren.
MASSIVE WAGONS "Triggered!" ist eine bunte Spaßveranstaltung, der es trotz ihrer unterschiedlichen rockigen Einflüsse gelingt, gebunden und überraschend kompakt zu wirken.
Zuletzt konnte unser Lieblings-Bobby ja nicht gerade durch positive Schlagzeilen glänzen: neben der Misshandlung seiner eigenen, seinerzeit 87-jährigen Mutter, für die er eineinhalb Jahre gesiebte Luft atmen musste, soll er sich während einer Tour in sexistischer Art und Weise gegenüber (weiblichen) Mitgliedern der Bands WAX IDOLS und KING WOMAN geäußert haben, die die Tour daraufhin verließen. Zudem war das letzte Album „Curious Volume“ (2015) seiner (grundsätzlich großartigen!) Hauptband PENTAGRAM zwar kein Reinfall, aber auch kein Highlight der Band-Diskografie. Nun hat sich der 67-Jährige erneut am Schopf gepackt und versucht zumindest in künstlerischer Hinsicht, verlorenen Boden gutzumachen. Gemeinsam mit Sonny Vincent von TESTORS, Jimmy Recca von THE STOOGES sowie Hugo Conim und João Pedro Ventura von DAWNRIDER hat er THE LIMIT an den Start gebracht, die nun ihr Debütalbum „Caveman Logic“ vorlegen. Und diese illustre Zusammenrottung von Punk- und Doom-Rockern funktioniert erstaunlich fetzig – nix mit Rollatorenparade und aufgewärmtem Altherren-Kaffeekränzchen. Das Quintett liefert ein Dutzend frisch gezapfte, kurze, knackige und doch eher punkige als doomige Gassenhauer, die sicher auch dem guten Iggy gefallen dürften: der flotte Opener „Over Rover“ mit seinen heftigen Eruptionen, die arschgeile erste Single „Black Sea“, der melodische Rocker „These Days“, der mit bluesigen Anleihen kokettierende Titelsong, das eingängige „Sir Lancelot“ oder der melancholische Zweiminüter „Death Of My Soul“ sind nicht alle Highlights dieses durch und durch frisch tönenden, sehr starken Albums, auf dem lediglich das mit einem allzu banalen Refrain aufwartende „Enough´s Enough“ gegenüber dem Rest ein wenig abfällt. Und ich hoffe inständig, dass Bobby, der hier eine astreine Gesangsvorstellung abliefert, seine - sehr diplomatisch formuliert - schwierige Biografie endlich im Griff hat und in Zukunft noch mehr Perlen wie „Caveman Logic“ abliefert – gerne auch wieder mit PENTAGRAM!
„Wichtig Ist Am Strand“ und „Helgoland“: zwei Songs als Gruß an alle Rock´n´Roll-Butterfahrer mit Klaus von´ne RAZORS auff´m Cover hinten abgebildet. „Uuuuuuuuuuuuuuuuhhhh Uuuuuuuuuuuhhhh Uuuuuuuuh“ und „Lalalala Lalalalalalalalala lalallalalala“. Geilgeilgeil. Das´ Punk!
28 Jahre ist der Auftritt im Göttinger Outpost her, der von der ru(h)mreichen Zeit der Eschweger Halb-Punks zeugen soll. Die glorreiche Ära ist längst vergangen und auch die Bravo-Lovestories mit Beteiligung von Jugendstar BLÜMCHEN langsam in Vergessenheit geraten. Und nun kommt „Unfucked – Live“ remastert in die Regale, und man fragt sich, wer hier die Zielgruppe sein soll. Das Gymnasiasten-Publikum ist schon lange nicht mehr auf dem Dosenbier- und Anarchie-Trip, sondern läuft wahrscheinlich im Nadelstreifenanzug in irgendeiner Bank rum, und echte Punks haben sich schon damals nicht für die Bubblegum-Songs interessiert.
Das Album fängt genauso pubertär an, wie man es für ein Relikt aus den Neunzigern erwartet. Eine JuZe-Mitarbeiterin beschwert sich über das Rumgesaufe der Band und deren asoziales Verhalten. Was eine gefährliche Band. In diesem Kontext muss man erwähnen, dass Frontman Zimbl an eben diesem Konsum frühzeitig verstorben ist. Ob es hier sinnvoll war, das Intro so zu belassen, halte ich für extrem fragwürdig.
Es bleiben 20 Songs, die den Live-Charakter gut rüberbringen und die Publikumsreaktionen ordentlich zur Geltung bringen. Ein bisschen Punk, ein wenig Ska und eine Prise Rock, und fertig ist der massenkompatible Freitagabend. Eingestreute Cover-Versionen machen das Hörereignis von „Unfucked - Live“ noch besser verdaulich, und so rettet man sich auf knapp 50 Minuten Spieldauer. Das Ergebnis tut keinem Menschen weh, aber ob man mit diesem Release überhaupt noch eine Zielgruppe erreichen kann, bleibt für mich dann doch fraglich. Für ewig Gestrige bestimmt ein netter Ausflug in die eigene Jugend, aber meiner Meinung nach sollte man Legenden ruhen lassen. Für mich ein ärgerlicher und unnötiger Output.
„Halt die Schnauze und lächeln, verdammt noch mal“ schreit der Donnermann und schreit und monotonisiert die Instrumente. Denn wie er sagt, „Vom Westend weiß ich nichts“. Ich auch nicht. Aber nach Genuss dieses Songs will ich da auch gar nicht mehr hin. „Schieres Entsetzen“ ist der zweite Output des Ein-Mann-Projekts, der kassettige Vorgänger trug ja die Nummer F52.7, die für gesteigertes sexuelles Verlangen, Nymphomanie oder Satyriasis steht. Wer weiß, vielleicht stillt A. Donnerman (auch 100000 TONNEN KRUPPSTAHL und HERMANN) seine Zwänge mit dieser Art von Musik. Frei nach dem Motto „minus mal minus gibt plus“. Will sagen, wer sich als „normal“ – in welchem Sinne auch immer – bezeichnet, der wird mit dieser Art von „Musik“ wenig anfangen können. Die sieben Stücke tragen krude Titel wie „Organgabe“ oder „Labskaus Wrack“, alle liefern bei erfreulicher Low-Fi-Produktion total noisigen Metal-Krach. Und Thunderman schreit dazu im letzten Stück „Tot“: „Vergraben in einer Kiste, ein schlichter Grabstein, nur der Vorname drauf, niemand kam zur Beerdigung, keine Blumen, acht Grad, Regen“. Mehr geht nicht um zu beweisen, wie beklemmend gute und abgefahrene Musik sein kann. Wollen wir hoffen, dass es ihm nach der Produktion dieser Scheibe besser geht. Den Käufern nach dem Hören sicher nicht.