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True North

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Lange habe ich mich nicht mehr mit Freunden so sehr über ein Album gestritten! Dabei ist das 16. Studioalbum der Punk-Großväter von BAD RELIGION gar kein "Love it or Hate it"-Album: Beim ersten Durchhören ist es eher langweilig und wenig überraschend. "Ein schneller Song, ein langsamer Song - fertig ist jedes Album seit 1986", sagt der beste Mann von allen aus dem Nebenzimmer. Aber das stimmt so schon mal gar nicht mehr: Die schnellen Songs sind gar nicht so schnell, die Balladen sogar eher abwechslungsreich. Nein, bei den ersten Hörversuchen langweilt es mit Perfektion: Die Harmoniegesänge sitzen bis auf's letzte "a-ha-ha", die drei Gitarren spielen selbst das Picking absolut synchron. Über diese Aussagen gibt es Streit Nummer eins, zwei und drei: zum einen sind die schnellen Songs natürlich schnell, "My Head Is Full Of Ghosts" legt die Latte für die Generation 50plus hoch! Zum zweiten ist es kein digital perfektioniertes Album, "True North" wurde auf sauteurem analogen Studioequipment eingespielt - gut, dass es noch Oldschool-Produzenten wie Joe Barresi gibt! Co-produziert wurde von Sänger Greg Graffin und Brett Gurewitz, die sich auch das Songwriting geteilt haben. Es überwiegen Songs in pessimistischem Moll, bei denen erst die intellektuelle Pointe fürs erlösende Lächeln sorgt. Und wenn man sich auf die Texte einläßt, ist einem längt nicht mehr langweilig: Im Titelsong "True North" diskutiert Greg Graffin, wie man den moralischen Kompass richtig justiert - also, ob es auch in moralischen Fragen den Unterschied zwischen vier möglichen Nordpolen gibt. Das Album erzählt von stark polarisierten Vereinigten Staaten von Amerika: in denen die Wirtschaftskrise von 2009 so starke Zerrissenheit hinterlassen hat, dass Leute mit einem Job diesen mit Klauen und Zähnen verteidigen - selbst wenn er sie und andere kaputt macht; in denen der Präsidentenwahlkampf einen tiefen Graben zwischen religiöse Wissenschaftsverweigerer und liberale Großstadtmenschen gerissen hat. Fazit: "True North" hat keinen Hit wie "21st Century Digital Boy" drauf, aber eine handvoll sehr, sehr guter Songs. Vor allem ist es ein wichtiges politisches Album für dieses Jahr - und in den USA, Spanien, Portugal, Griechenland und Italien Soundtrack zur Zeitgeschichte (besonders: "Crisis Time"). Anspieltipps: den Titelsong, das harmonische "Past Is Dead", den fröhlichen Surfpunk von "Dharma and The Bomb", das dunkle "Hello Cruel World" - und den besten Song des Albums, das vorab ausgekoppelte "Fuck You".

True North


Cover - True North Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 16
Länge: 35:9 ()
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Live In Chicago

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Gerade letztes Jahr haben sich HOT WATER MUSIC nach einigen Jahren Sendepause mit ihrem energiegeladenen Album „Exister“ eindrücklich zurückgemeldet und wieder einmal allen gezeigt, wie man meisterhaft dreckigen Punkrock mit großartigen Melodien und anspruchsvollen Texten verbindet. Und ebenso wurde hier deutlich, dass die sympathische und bodenständige Band aus Gainesville/Florida in ihrer Summe eben immer noch um Längen besser ist als die Solo- und Seitenprojekte der einzelnen Mitglieder. Mit „Live In Chicago“ wird jetzt nachgelegt, wobei es sich hier jedoch um eine Aufnahme aus dem Jahr 2008 handelt. Warum diese erst jetzt erscheint, ist mir nicht ersichtlich, aber Grund zur Freude bietet die Veröffentlichung allemal. Mit ganzen 30 Songs, erhältlich wahlweise auf Doppel-CD plus DVD (die mir allerdings leider nicht vorliegt) oder Dreifach-Vinyl, wird hier ein umspannender Überblick geboten, der sicherlich keine Wünsche offen lässt. Der rohe, ungeschönte Sound transportiert die Live-Atmosphäre hervorragend, wobei besonders das Sänger-Gespann Ragan/Wollard noch einmal deutlich rauer als auf den Aufnahmen klingt. Besonders Einsteigern wird hier ein toller Querschnitt des Schaffens der Band geboten. Wer sowieso schon alle oder einen Großteil der Alben besitzt, muss sich die Scheibe vielleicht nicht unbedingt zulegen, aber Tatsache ist, dass sie von vorne bis hinten großen Spaß macht und ein schönes Live-Dokument dieser herausragenden Band darstellt.


Tracklist:


1. A Flight And A Crash

2. Remedy

3. Wayfarer

4. Trusty Chords

5. Jack Of All Trades

6. Rooftops

7. Ende Of A Gun

8. Better Sense

9. Kill The Night

10. Instrumental

11. Free Radio Gainesville

12. Giver

13. All Heads Down

14. Moonpies For Misfits

15. God Deciding

16. I Was On A Mountain

17. No Division

18. Just Don't Say You Lost It

19. Old Rules

20. Swinger

21. Our Own Way

22. Choked And Seperated

23. Manual

24. Paper Thin

25. Turnstile

26. 220 Years

27. The Sense

28. Alachua

29. Position

30. Hard To Know






Live In Chicago


Cover - Live In Chicago Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 30
Länge: 93:52 ()
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Rivals

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HER BRIGHT SKIES sind beim ADEPT-Label Panic & Action gelandet, das ja bekanntlich von Peter Ahlqvist, der schon mit Burning Heart Records sein Gespür für feine Bands bewiesen hat. So ist es wenig verwunderlich, dass auch „Rivals“ eine Platte ist, die Spaß macht und geichzeitig zeigt, dass sich die spielfreudigen HER BRIGHT SKIES nicht um Genres scheren. Hier wird fröhlich Punkrock, Metal, Emocore und Pop vermischt, was im Ergebnis von knackigen Songs („Working Class Punx“) bis zu ruhigeren Nummern („Up & Away“) ein breites Spektrum abdeckt. Wie bei so gut wie allen schwedischen Bands kann auch HER BRIGHT SKIES ein routinierter Umgang mit Instrumenten und Songwriting bescheinigt werden, hier hat alles Hand und Fuß. „Rivals“ erfindet zwar Stromgitarrenmusik nicht neu, macht aber Spaß und hält die Balance zwischen Härte und Poppigkeit, um für eine große Zielgruppe interessant zu sein. Die Tour mit ROYAL REPUBLIC steht den Schweden dabei ebenso gut zu Gesicht wie es eine gemeinsame Unternehmung mit TITLE FIGHT oder ASKING ALEXANDRIA täte.

Rivals


Cover - Rivals Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 40:12 ()
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Treibeis

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CAPTAIN PLANET erwischen mit „Pyro“ einen Traumstart in ihre neue Platte „Treibeis“: der Song ist ein echter Ohrwurm, der spätestens beim Refrain jeden gepackt hat. Dazu ein Text, der intelligent ist und über Plattitüden jeglicher Art weit hinausgeht. Das folgende „Sand in den Augen“ hält das Niveau ebenso mühelos wie „Nest“ – und spätestens dann wird klar, was für eine gelungene Punkrockplatte CAPTAIN PLANET hier (wieder einmal) am Start haben. Keiner der folgenden Songs fällt merklich ab, alle haben die Mischung aus Rotzigkeit, wütender Trauer und nachdenklich-intelligenten Texten, die CAPTAIN PLANET ebenso zu Eigen ist wie MUFF POTTER (R.I.P.) oder HOT WATER MUSIC. Handwerklich machen die Jungs sowieso alles richtig, auch wenn sich Neueinsteiger in den Sound der Hamburger sicher erst an den Gesang werden gewöhnen müssen. Lohnt sich aber, denn „Treibeis“ überzeugt durchgehend und ist eines der besten deutschen Alben des Jahres.

Treibeis


Cover - Treibeis Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 30:6 ()
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Vertrieb:
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Artless

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Die Deutschpunk-Band ARTLESS aus dem Ruhrgebiet existierte nur sehr kurz, nämlich von 1979 bis 1981. Dabei brachte sie es immerhin auf zwei Veröffentlichungen, nämlich ein Demo (auf Kassette) namens „Tanzparty Deutschland“ und die 7-Inch „Mein Bruder is’en Popper“. 1990 hat Teenage Rebel das Demo wieder ausgegraben und auf Vinyl veröffentlicht, 2007 erschien es dann auch auf CD. Daraufhin haben sich zwei der Originalmitglieder mit vier weiteren Musikern zusammengetan, um ARTLESS wieder aufleben zu lassen. Jetzt ist das erste „richtige“ Album erschienen, und dieses klingt wie Old-School-Deutschpunk in Reinform: schnell, simpel, dreckig und authentisch, wobei auch noch einige Mitgröl-Refrains abfallen. Die Texte reichen von sozial- und politikkritisch bis witzig, mal wird es sogar im wahrsten Sinne des Wortes poetisch, denn der Text von „Erleuchtung“ ist ein Gedicht von Heinrich Heine. Die Songs, die sich eher auf der lustig gemeinten Seite befinden, wie „Baby nimm mich mit zu dir“, „Max Mustermann“ und „Schamhaar Sarah“, kommen allerdings etwas albern daher und wirken eher jugendlich-naiv und wollen nicht so recht zum fortgeschrittenen Alter der (Original)-Bandmitglieder passen. Ob dieses Comeback irgendjemand gebraucht hat, sei dahingestellt, sicher ist aber, dass die alten Haudegen hier ein Album abgeliefert haben, dass gleichzeitig nach alter Schule wie auch erstaunlich frisch klingt.

Artless


Cover - Artless Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 14
Länge: 37:18 ()
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In Defiance Of Empty Times

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Hoppla, was ist denn da los? STRIKE ANYWHERE erwischen mit den ersten sechs Songs von „In Defiance Of Empty Times“ einen Bilderbuchstart in ihr Akustikalbum: die Songs, mitgeschnitten beim Event für Industrial Workers Of The World (in Rochester, NY) glänzt mit erstklassigem Sound und lässt an selige MTV Unplugged-Zeiten denken. Aber ab dem siebten Song kippt die Soundqualität merklich, der im heimatlichen Richmond, VA aufgenommene Gig klingt sehr stark nach Bootleg. Sehr schade, denn hier geht das Publikum noch etwas mehr ab als im ersten Teil und steigert sich beim abschließenden „Sunset On 32nd Street“, dass einem Gänsehaut garantiert ist. STRIKE ANYWHERE haben ihre Songs dem Akustikset anpassen können und präsentieren eine Auswahl von „Exit English“ und „Iron Front“. Musikalisch ist das erste Sahne und ebenso gut vorgetragen. Da stimmt alles. Wäre die zweite Hälfte mit ebenso gutem Sound ausgestattet, wäre „In Defiance Of Empty Times“ ein Instant-Klassiker, so ist es „nur“ ein gutes Album, mit dem STRIKE ANYWHERE zeigen, was in ihnen steckt.

In Defiance Of Empty Times


Cover - In Defiance Of Empty Times Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 12
Länge: 34:40 ()
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Lost Songs

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Willkommen zum punkigsten Album von ...AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD.

Andere Bands werden mit dem Alter weiser, das Songwriting ausgefeilter, die Arrangements

subtiler und bis ins letzte Cis durchgeplant. Das letzte AYWKUBTTOD-Album "Tao Of The Dead" von

vor zwei Jahren war ein sechsgängiges Menü für jeden Kompositionsfetischisten. Inklusive

Minzplätzchen für den Musik-Gourmand. Lest euch die letzten Sätze noch mal durch, denn jetzt

kommt die schrabbeligst vorstellbare Gitarre, und sägt das alles weg! Bei "Open Doors" wird

einmal durchgelüftet, und der Orkan, der zufällig ums Haus zieht, weht alles weg, was man bis

eben über die Band wusste. Conrad Keely und Jason Reece sind Hipster mit AOK-Brille - pah!

Halten wir uns besser nicht an Äußerlichkeiten auf, TRAIL OF DEAD (ja, so kann man sie auch

abkürzen) zerdeppern trotz ihrer Optik noch auf jedem Konzert mehr Instrumente als THE WHO

früher. Das Tempo ist bis auf "Awestruck" durchgehend hoch, der Sound zwar druckvoll und laut, aber insgesamt absichtlich schräg und unsauber. Keely und Reece müssen eine Menge Wut im Bauch

haben. Und so äußern sie sich auch, der Pussy-Riot-Prozeß habe sie inspiriert; der Song "Pin Hole Camera" sei über den syrischen Bürgerkrieg. In Hamburg standen sie relativ kurzfristig vorm Molotow und protestierten mit einem proppenvollen Konzert gegen den Abriß des Gebäudes, in dem der Kellerclub sich befindet. Die Jungs von TRAIL OF DEAD haben ihre Wut sehr produktiv kanalisiert: Egal ob als CD oder als iTunes-Download, der Kunde bekommt in jedem Fall ein wertiges Produkt mit 180 Seiten Text und Illustrationen von Conrad Keely. In den normalen Editionen als CD oder nur-Musik-Download (heißt das in der modernen Welt dann "downgegraded"?) sind immer noch die Songtexte und ausführliche Liner-Notes enthalten. Als letztes noch etwas Lokalkolorit: Aufgenommen wurden die "Lost Songs" in den Horus Studios in Hannover und haben sich von der Varusschlacht zum "Mountain Battle Song" inspirieren lassen.

Lost Songs


Cover - Lost Songs Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 12
Länge: 45:43 ()
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The Marathon

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LOWTALKER sind eine Band, die sich aus aktiven und ehemaligen Mitgliedern von COMEBACK KID, LIVING WITH LIONS und MISERY SPEAKS zusammensetzt, was für eine grundsätzliche Erfahrung und Qualität aller Beteiligten spricht. So ist es dann mit „The Marathon“ auch, dessen sechs Songs voll überzeugen können, ein Faible für Punkrock vorausgesetzt. Denn irgendwo zwischen FUCKED UP, TITLE FIGHT und ANTI-FLAG bewegt sich kanadisch-amerikanische Haufen („The Weight Of An Anvil“), passend roh ist die EP dann auch produziert. Bei gut 20 Minuten ist das eine kurzweilige Angelegenheit, die unterhält und zu gefallen weiß. Handwerklich ist natürlich alles im grünen Bereich, das wäre bei so gestandenen Musikern sonst auch sehr überraschend. So bleibt die zweite LOWTALKER-EP in guter Erinnerung und dürfte im Punkrock- und Hardcore-Umfeld gut ankommen.

The Marathon


Cover - The Marathon Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 6
Länge: 20:10 ()
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Live At The Montage Theater

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Livealben sind eine Sache für sich – für den Fan mangels Bonussongs nicht immer interessant, für Neueinsteiger als quasi-Compilation hingegen eine nette Sache. Anders sieht es bei Akustik-Livealben aus – hier freuen sich Fans über ungewohnte Variationen ihrer Lieblingssongs, während für Neueinsteiger der Nutzen ob des veränderten Sounds weniger hoch ist. POLAR BEAR CLUB haben mit „Live At The Montage Theater” ein solches Akustik-Livealbum eingespielt. Das zeigt Band und Publikum in entspannter, harmonischer Atmosphäre, es wird gelacht, gescherzt und viel gemenschelt. Gesungen wird auch, sieben POLAR BEAR CLUB-Songs plus Coversongs von SAVES THE DAY und THE WEAKERTHANS, die sich gut in den Set einfügen. Höhepunkt der auf der Scheibe vertretenen Songs ist zweifellos „At Your Funeral“, bei dem der ganze Laden mitsingt, und natürlich „Living Saints“, das als dritter Song der Setlist das Eis bricht. „Live At The Montage Theater” ist so ein für Fans interessantes Livealbum, zeigt es die Band doch von einer anderen, ruhigeren Seite und mit einer gelungenen Songauswahl. Hätte nur drei bis fünf Songs mehr haben können...

Live At The Montage Theater


Cover - Live At The Montage Theater Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 38:22 ()
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Failed States

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PROPAGANDHI sind für ihr sechstes Album „Failed States“ zu Epitaph Records gewechselt, was angesichts der Tatsache, dass mit Punkrock-Professor Brett Gurewitz (BAD RELIGION) ein kluger Kopf hinter dem Label steckt, keine schlechte Wahl ist. Denn auch nach gut 15 Jahren sind PROPAGANDHI kein bisschen ruhiger oder leiser geworden und lassen auch in den zwölf neuen Songs ihrem Ärger über den Zustand von Gesellschaft und Politik freien Lauf. Wie schon bei „Supporting Caste“ ist auch auf „Failed States“ David Guillas an der zweiten Gitarre dabei, was dem PROPAGANDHI-Punkrock gut Punch gibt. „Hadron Collision” oder „Devil’s Creek” profitieren davon sehr, während „Rattan Cane“ zeigt, dass auch Männer im gesetzterem Alter noch wütenden Punkrock machen können und das Ergebnis authentisch klingen kann. Authentizität ist dann auch das passende Stichwort, genau die zeichnet PROPAGANDHI weiterhin aus. Kombiniert mit ihrem sehr guten Songwriting ergibt das eine knackige Punkrockplatte, die alles aufweist, was eine gute Scheibe ausmacht und auch nach 100 Durchläufen noch frisch klingt. PROPAGANDHI haben nicht vor, ruhiger zu werden, wofür „Failed States“ der gelungene Beweis ist. Well done!

Failed States


Cover - Failed States Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 37:0 ()
Label:
Vertrieb:

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