Review: Shrine Of New Generation Slaves
RIVERSIDE haben schon mit ihrem letzten Studiowerk „Anno Domini High Definition" (2009) endlich den wohlverdienten internationalen Durchbruch geschafft. Es war aber auch wirklich Zeit, dass die hochwertige Musik der Polen von mehr Leuten gehört und so auch in den Charts vom Käufer entsprechend gewürdigt wurde. Die Band hat sich ihre Ausnahmestellung als eine der besten und vor allem innovativsten Progartbands der letzten Jahren redlich verdient.
Jetzt kommt nach einer EP endlich der lang erwartete Nachfolger und (auch da typisch RIVERSIDE) geht titelmäßig etwas kryptisch zu: “Shrine Of New Generation Slaves” klingt vermeintlich etwas sperrig aber alles mit (Hinter)Sinn, denn die Anfangsbuchstaben ergeben das Akronym SONGS. Auch hier gibt es wieder ein inhaltliches Gesamtkonzept (die vielfach selbstgemachte Sklaverei der Menschen, die ihr Leben nicht so gestallten, wie sie es eigentlich wollen), das den berühmten roten Faden bildet. Das klasse Artwork von Travis Smith unterstützt diese Aussage ebenfalls perfekt.
Die Band schert sich ansonsten überhaupt nicht um etwaige Erwartungshaltungen durch die Vorgängerwerke, es wird stilistisch wieder eine etwas andere Richtung eingeschlagen; man hat sich u.a. deutlich vom angedeuteten Progmetal entfernt. RIVERSIDE gehen also nicht auf Nummer Sicher, sondern tun dass, auf was sie gerade Lust hatten und kreieren auf “Shrine Of New Generation Slaves” einen Mix aus erdigem Classic, Hardrock hin zu typischen Prog Rock der 70er und modernem Artrock – alles zusammen in einem Topf gut umrühren und raus kommt ein Hammeralbum.
Die Band - ist Floskeln hin oder her - spürbar gereifter, klingt jetzt vollkommen erwachsen, ist handwerklich absolut perfekt aufgestellt und kann sich erneut auf ihren Wahnsinnssänger Mariusz Duda (der sich nochmal gesteigert hat) verlassen, er bekommt diese oftmals krude Mischung aus zerbrechlicher Melancholie und erdigem Rock mit heftigeren Temperamentsausbrüchen perfekt hin.
Der energetische Opener "New Generation Slave" ist mit der härteste Track es gibt fette Riffs, die Tasten hier eher noch zurückhaltend eingesetzt aber dann grooved Song voll gut ab. Die bekannte Vorabsingle setzte noch mal einen drauf, jetzt mit fetten Hammondsounds ausgestattet bietet "Celebrity Touch" eine gelungene Hommage an Jon Lord und so klingt das Ganze auch wie DEEP PURPLE auf Prog.
Und dann wieder diese Wechsel und beinahe grenzenlose Variabilität, nichts scheit dieser Band fremd zu sein, da sticht ein luftiges Saxophonsolo gegen Ende bei "Deprived (Irretrievably Lost Imagination)" heraus, der Song hat soviel Tiefe und Melancholie zum Niederknieen und endet jazzig luftig, ambientartig mit ganz viel Chill-Out-Feeling. Oder auch "The Depth Of Self-Delusion": hier gibt’s viel Floydiges mit tollen hypnotischen Gitarrenlicks und Neoprogfeeling pur aus den 80ern. Da kommen mir nur beste Erinnerungen an MARILLIONs Klassiker „Brave“ in den Sinn, die Stimme in ihren zartesten Ausprägungen hat hier was von Morten Harket (ex-AHA), man höre nur das Kurze „Coda“. Und bei allen Wendungen oder Breaks, die Melodiebögen und Refrains bohren sich dem (Zu)hörer in die Seele die bittersüßen Ballade "We Got Used To Us" ist auch so ein Beispiel. Kaum zu glauben, dass beim "Escalator Shrine" ein Prog-(„Zwölfender“) die gleiche Kapellen zu hören ist hier wird innerhalb 12:41 in epochaler Breite von DOORS beseeltem Orgelspiel mit fetten Gitarreneinschüben und einem Hammerende mit mollig-bedrohlichen Bläsersetzen die faste wie eine Art kirchliches Requiem klingen, einen Rundumschlag vom Artrock der 70er bis hin zu unserer Zeit.
Dem Quartett ist mit dieser Platte erneut ein Meisterstück gelungen, mit diesem bislang besten Album hat man die Spitzenstellung im Proggenre mehr als nur untermauert. Da der Hörer hier nie überfordert wird, dürften nicht nur die alten Fans mal reinhören. Ich habe selten eine so mitreißend emotional-tiefgründige Platte, die aber im rechten Augeblick auch wieder richtig rockt gehört, wie “Shrine Of New Generation Slaves”. Die Scheibe ist daher ein echtes Klangerlebnis und allen Fans von Rockmusik mit Kraft und Ausdruck zugleich nur wärmstens zu empfehlen.
Shrine Of New Generation Slaves
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
8
Länge:
50:58 ()
Label:
Vertrieb:
Review: The Last Embrace To Humanity
Ab und an fange ich Reviews mit einem Satz an, der irgendwas mit „komisch“ beinhaltet, in diesem Falle auch: Das vorliegende Album, „The Last Embrace To Humanity“ ist der Nachfolger des 2011 erschienenen „Symmetrical“ der italienischen Progressive Gruppe ODD DIMENSION ist eine seltsame Angelegenheit – soweit so gut, aber „progressive“ klingt doch immer erst mal gut. Noch besser klingt es, wenn man weiß, dass es aufwendig in diversen Studios in Italien aufgenommen und gemischt wurde und dass das Artwork vom PORCUPINE TREE Designer Carl Glover stammt. Doch was rechtfertigt das komische „komisch“ im Intro nun?
Nun, sagen wir so: Eigentlich ist „The Last Embrace To Humanity“ total gut. Der Sound ist eigen, professionell und schafft es trotzdem, positive Assoziationen zu diversen Größen der Metal- und Rock-Szene hervor zu rufen ohne wie eine Kopie zu wirken. Der sanfte Rock-Titel „It’s Too Late“ erinnert mich an eine ruhige Nummer von DREAM THEATER, das steiler nach vorne gehende „Fortune And Pain“ ist eine starke, eingehende Nummer die mit ihrem Wechsel aus Sechzentel-Riffing, Keyboard-Solo Marke LIQUID TENSION EXPIERMENT und dem Abschluss mit kraftvollen Hymnen-Tönen (ähnlich der letzten DREAM THEATER-Veröffentlichung „A Dramatic Turn OF Events“) überzeugt. Die Ballade „The New Line Of Time“ erinnert sofort an Timo Kotipeltos (STRATOVARIUS) sehr starken Gesang und die Solo-Elemente sofort an lange Stunden mit Kopfhörern und den (mit Verlaub, ziemlich grenzgenialen) PORCUPINE TREE und der wieder mehr in Richtung Prog-Metal gehende Abschluss „Far From Desire“ kombiniert die Stärken der anderen Titel.
Auch ist das Gesamtbild auch aus musikalischer Sicht stark: Hervorragendes Spiel, Abwechslung, nie Langeweile bei Riffing, Keyboard-Melodien oder Drumpattern. Aber (die Profis werden es gemerkt haben): Ich habe immer noch den „komischen“ Teil nicht erklärt – nur ist das einfacher gesagt als getan.
Denn: So gut die Einzelsongs auch wirklich sind, so unbefriedigend fühlt sich das Durchören an. Mir fehlen die genauen Anhaltspunkte, ich kann auch nach dem Hören jenseits des zehnten Durchgangs irgendwie nie sagen „Jetzt kommt’s!“ – obwohl es dazu eigentlich genug Gelegenheiten gäbe.
Vielleicht machen ODD DIMENSION mir zu viel Potpourri (so gut es auch sein mag!), vielleicht habe ich ja langsam einen Schaden vom Festival-Dosenbier, aber: Der Platte fehlt für mich der gewisse Kick. Und daher kann ich jedem Prog-Fan zwar das Reinhören schwer ans Herz legen, allerdings besteht die Chance, dass das Ding die Gemüter spaltet. Wahrlich eine Hassliebe!
Release: 22. März 2013
The Last Embrace To Humanity
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
8
Länge:
51:5 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten