Heute schon gekifft? Nee? Wenn’s denn sein muss und ihr Musik dazu braucht - hier ist definitiv die richtige. Definitiv? Naja. Ihr müsstet schon auf Equipment der 70er Jahre stehen und Black Sabbath - wenn nicht mit der Muttermilch aufgesogen - zumindest mögen. Denn ELECTRIC WIZARD machen doomigen Metal mit Jammerstimme und Retro-Sound - psychedelisch, okkult, britisch, dreckig, riffbetont, und ja, satanistisch. Endlich mal unchristlicher Doom… Hier dröhnt der Geist einer beinahe vergessenen Zeit und eigentlich habt ihr schon eure Stirnbänder um und eure Schlaghose an, oder? Brigitte Bardot ist geil und lila Texte auf ocker-farbenem Hintergrund cool? Dann braucht ihr "Witchcult Today". Okay, ihr habt das alles schon mal gehört, entweder von ELECTRIC WIZARD selber oder von anderen Blaupausen. Aber was soll’s, wenn ihr true seid, könnt ihr euch angesichts weggeflexter Hirnmasse eh nicht dran erinnern. "Black Magic Rituals & Perversions"? Na klar. Obwohl der Dope-Throne letztlich konventioneller klingt als man sich gemeinhin einen ultimativen Drogenrausch vorstellt. Aber: Wer auf letzteres steht, der kann auf den morbiden Sundtrack zum eigenen Untergang kaum verzichten. Und der kommt eben gerade aus Dorset, UK, von Justin und seinen Freunden. In diesem Sinne: Join(t) the ELECTRIC WIZARD. Oder auch R(K)iff on!
Mutig! Selbst im Genre Prog oder wie hier bei einer Doom-Scheibe. Mutig ist es schon auf ein Album nur einen einzigen 30-minütigen Song zu packen. Vor allem, wenn es sich wie bei BURIED AT SEA eigentlich um das erste Lebenszeichen seit 2003 ("Migration") handelt, welches man veröffentlicht. Genregrößen jeglicher Ausprägung könnten sich das schon eher erlauben. Aber was die vier Amis mit "Ghost" abliefern ist trotzdem durchaus aller Ehren wert und dürfte Freunden außergewöhnlicher Klänge bestehend aus dunklen Vorahnungen und intensiver Trägheit mehr als nur gefallen. Auf "Ghost" mutieren hypnotisch langsame Parts Pink Floydscher Ausprägung zu aggressivem Doom um kurz darauf nur wieder in die Langsamkeit der epischen Dunkelheit zurückzukriechen. Fast ausschließlich instrumental spielt das Quartett recht gekonnt mit der schwarzen Seite der Vorstellungskraft. BURIED AT SEA werden mit "Ghost” weder offene Türen einrennen noch ein Fanprojekt starten, können aber in ihrem musikalischen Selbst zu jedweder Tageszeit in den Spiegel schauen. Und das ist grade heutzutage auch was wert.
Der Bandname des Quartetts aus Bad Oeynhausen ist nicht grade Programm, denn es hat sich swingendem Rockabilly in eher gemäßigtem Tempo verschrieben. Ihre Songs sind dabei aber durchgehend von düsterem Chakakter, was daran liegt, dass Bandgründer, Bassist und Leadsänger Johnny "Don Vincenzo" seine Songs ausschließlich in Moll schreibt. Das erste Album war daher "Minor Part I" betitelt und das neue heißt schlicht und einfach "Minor Part II". Dieses liefert 14 Songs lang authentischen Rockabilly in halligem Old School-Sound, mit knarzendem Kontrabass und Tarantino-Gitarren, deutlich beeinflusst von Bands wie den legendären STRAY CATS. Die Songs selbst sind einfach gehalten, zum Teil allerdings etwas zu einfach. So fehlen irgendwelche Höhen und Tiefen und klingen viele Songs einander etwas zu ähnlich. Dazu ist das "Personal Jesus"-Cover ziemlich überflüssig, denn es ist sehr nah an der Johnny Cash-Version und wirkt somit wie ein Cover des Covers. Bei "In Pain We Trust" schließlich ist man etwas irritiert, denn hierbei handelt es sich um eine zwar düstere, aber doch ziemlich schwülstige Ballade, die dazu stellenweise mit einem Synthiebass unterlegt ist. Unterm Strich wird dem Rockabilly-Fan hier aber ordentliche Kost geboten. Der Gesamtsound stimmt, und man hört den Jungs einfach gerne zu.
Ganz im Sinne der ersten Hardcore/Punk-Welle der 80er sind CLOAK/ DAGGER unterwegs. Ronald Reagan, MINOR THREAT, BLACK FLAG, Kalter Krieg. Genau die Zeit. Roh, mit rumpelig-kratzigem Charme pflügen die Amis eine Schneise durch den Gehörgang und geben mit bratenden Gitarren, einem nahe an der Grenze zur Hyperventilation stehendem Sänger und viel old scholligem Spirit dem Hörer eins auf die Mütze. Da stört es nicht, dass die Scheibe nicht mal die dreißig Minuten schafft, dafür sind die Songs knackig und gleichzeitig so intensiv, dass die Spieldauer vollkommen ausreicht, um alles jenseits der Boxen nach Luft schnappend zurückzulassen. Eine gelungene Verbeugung vor der eigenen Vergangenheit ist "We Are" geworden, die sich jeder HC-Fan zulegen sollte, der aufgeschlossen für die Wurzeln der Szene ist.
BABY WOODROSE aus Kopenhagen waren zunächst nur ein Nebenprojekt der Psychedelic Stoner Band ON TRIAL, das 2001 von Frontmann Lorenzo Woodrose gegründet wurde. Anfangs noch ein Soloprojekt, ist die Band mittlerweile zu einem Trio mit fester Besetzung angewachsen. Diverse Alben, EPs und Singles sind bereits veröffentlich worden, und mit "Chasing Rainbows" steht jetzt das neue Album in den Läden. Dieses bietet eingängigen Psychedelic Rock mit groovenden Beats, treibendem Bass und viel verspielten Sounds im Hintergrund, wie Hammond-Orgeln oder Sitar-Klängen. Der Großteil des Albums macht dabei durchaus Spaß, denn die meisten Songs rocken ordentlich und bieten dazu noch eine ganze Reihe Ohrwürmer. Ab der Hälfte kippt das Ganze dann aber immer mal wieder allzu sehr in Richtung Hippie-Geseier. Beim tödlich langweiligen Sechseinhalb-Minüter "In Your Life" etwa wird neben einer Sitar auch jede Menge esoterisches Percussion-Geschengel bemüht, bei "Dark Twin" wird in kitschigen Melodien geschwelgt und "Renegade Soul" klingt wie ein billiger Abklatsch eines alten PINK FLOYD-Songs aus den 60ern. Unterm Strich bleibt "Chasing Rainbow" zwar ein gutes Album, aber der Hippie-Faktor trübt das Vergnügen dann doch ein bisschen.
Normale Bands genießen die Auszeit zwischen zwei Touren, hängen mit Freunden und Familie rum und laden die Batterien auf. TERROR schreiben vier neue Songs, proben ein Coverstück und marschieren ins Studio ihres Drummers, um mal eben eine neue EP aufzunehmen. "Rhythm Amongst The Chaos" ist das Ergebnis, das von der magischen 30-Minuten-Marke weit entfernt ist, noch nicht einmal die zehn Minuten werden erreicht, was angesichts des erwartet hohen Aggressionslevel verschmerzbar ist. Die vier eigenen Songs sind klassicher TERROR-Stoff, also schön bollernder Hardcore der New Yorker Schule mit leicht metallischem Einschlag und gekränt von Scott Vogels Pitbull-Stimme. Feine Sache, die TERROR-Fans vom ersten Ton an begeistern wird. "Kickback" ist das erwähnte Cover, das in der Originalfassung von BREAKDOWN geschrieben worden. Als Schmankerl gibt es bei dem sehr coolen Song einen Gastauftritt von Vinni Paz, der sonst bei den HipHoppern JEDI MIND TRICKS aktiv ist. TERROR blicken über den Tellerrand hinaus, feine Sache. Wie auch die ganze EP eine feine Sache ist, die jeden Fan kurz vor Weihnachten glücklich machen wird. Natürlich stilecht als 7".
DYING HUMANITY werden vom Label in die "Deathcore"-Schublade gesteckt, was Erinnerungen an die guten alten Zeiten weckte, als die ganzen Irgenwascore-Bands noch originell waren. Der erst 2006 gegründete Fünfer hat mit Hardcore allerdings wenig am Hut und gibt auf "Fallen Paradise" lieber 100% totmetallisch einen aufs Mett. THE BLACK DAHLIA MURDER standen sehr offensichtlich Pate beim Songwriting, hier wie da wird viel geblastet, die Gitarren geschreddert und beim Gesang wahlweise gegrowlt oder gekreischt - und das alles mit ordentlich Druck auf dem Gaspedal. Die sieben Songs (plus Intro) werden Totmetallern gefallen, zumal die Produktion des Rape Of Harmonies und der Mix von Jacob Hansen sehr gut geworden sind und die Scheibe knallen lassen. DYING HUMANITY können auf ihr Debütalbum mit Recht stolz sein, mit etwas Glück werden sie sowas wie die deutsche Antwort auf TBDM.
Gönnern ist vielleicht einigen bekannt als Bundesligaverein - im Tischtennis. Die Band HYEMS aus genanntem hessischen Örtchen sind ungleich interessanter als PingPong. Weil: sind laut, böse, schwarz und tot, aber eben nicht blöd. "Antinomie" ist ein Mix, der vor modernen Einflüssen nicht Halt macht. Aber keine Angst: HYEMS Mucke ist garantiert MetalCore-frei, aber eben nicht ohne - Anspruch. Zar klingen manchmal Bands wie Naglfar durch, aber HYEMS halten sich durch die eigenwillige Hinzunahme vieler Stilelemente den eigenen Weg frei. Ähnliches machen sie auch mit der Änderung des Bandnamens von Hiems zum jetzigen - denn der Grund lag in der Existenz einer nicht ganz koscheren italienischen Band gleichen Namens - und in der Abgrenzung von eben dieser. Was zu den erfreulich klischeefreien Texten kommen lässt: Trotz deutscher Sprache bleibt kein Raum für Peinlichkeiten, der gute Sound reiht sich in die Folge positiver Aspekte ein. Eine gute Scheibe - eine sehr gute noch nicht. Denn zum einen wirkt der energische Gesang des Jägers bisweilen ein wenig eintönig und ermüdend (ganz im Gegenteil zur Musik und eben auch nur stellenweise). Und das Streben nach Abwechslung durch das Zulassen vieler Einflüsse wirkt manchmal noch etwas bemüht, der strenge Handlungsstrang fleddert an manchen Stellen ein bisschen auseinander, und manche Elemente bleiben trotzdem vorhersehbar. Dennoch: HYEMS sind ambitioniert, haben mit Leif (Dew-Scented) und Jost (Lay Down Rotten) prominente Gastsänger, sind nicht in der alten Schule hängen geblieben, ergehen sich nicht nur in öden Klischees - sie wissen, was sie tun. Und das kann ja schon eine Menge wert sein. Spannender als Tischtennis ist es um Längen - im Schneider sozsagen.
TEPHRA haben bereits mit ihrem selbstbetitelten 2005er-Album auf sich aufmerksam gemacht und sich als junge, aufstrebende Postcore-Band einen Namen gemacht, was sie mit "A Modicum Of Truth" zementieren wollen. Die Braunschweiger haben ihren Stil nicht sonderlich verändert, einzig ein größerer Einfluss von MASTODON macht sich in vielen Songs beim Aufbau bemerkbar, außerdem wurde dem Gesang mehr Platz eingeräumt. Wuchtige Soundwände und schädelspaltende Riffwiderholungen sind aber weiterhin ein wichtiger Bestandteil des TEPHRA-Sounds, mit denen viel dunkle Atmosphäre aufgebaut wird, die durch den psychopathisch-leidenden Gesang an Gänsehautfaktor gewinnt. TEPHRA haben mit diesem Album unter Beweis gestellt, dass ihr Erstling keine Eintagsfliege war und in den Köpfen der Mucker noch viele Ideen stecken, die zu erstklassigen Postcore-Songs verarbeitet werden können. "A Modicum Of Truth" ist das gelungene Ergebnis, dass selbst be einer Stunde Spiezeit nie langweilig wird. Schlicht gut. Punkt.
TOXPACK stammen aus Berlin, haben praktische Frisuren und jede Menge Tattoos. Da bleibt nur Hardcore oder Punkrock zur musikalischen Einordnung, oder? Richtig. "Streetcore" nennt die Combo selbst ihren Sound, was im Grunde eine Mischung aus Punkrock, metallischen Gitarren und durchaus etwas Hardcore ist. Unterlegt mit deutschen Texten, die den rauhen Charme der Strasse versprühen und wie zu erwarten von einem knarzigen Sänger vorgetragen werden, geben die Herren zwölfmal Gas, womit sie zu gefallen wissen. Textlich geht es um Tattoos, Fußball, Politik (ohne zu radikal zu werden) und ähnliches Zeugs. Für die Zielgruppe sicherlich eine Anschaffung wert, wer auf TROOPERS, ONKELZ und Konsorten steht, wird mit TOXPACK nichts falsch machen.