In Paris sind APOCALPYSE NOW beheimatet, die mit ihrem Debütwerk noch für Aufsehen sorgten, da die Texte ausschließlich aus Bibelpassagen bestanden. Der Nachfolger „Empires Fall“ hat das nicht, da müssen sich die Franzosen auf die Musik verlassen, um in der unübersichtlichen Core-Szene weiterhin bestehen zu können. Der Einstieg in die Platte ist eher zäh, die ersten beiden Songs sind zwar guter Slayer-Core, bleiben aber nicht lange beim Hörer haften. „The New Icon“ ist dann der Weckruf und kann mit mitreißenden Riffs und einem echtem Killer-Refrain punkten, da stimmt einfach alles. Hier kommt das erste Mal die rauhe Stimme voll zur Geltung, die zwar nicht in den Vordergrund gemischt wurde, aber trotzdem Akzente setzen kann und APOCALYPSE NOW ein Erkennungsmerkmal verleiht. Nicht nur für den Hörer, auch für die Band war „The New Icon“offensichtlich der Weckruf, die folgenden Songs halten das Niveau und machen „Empires Fall“ letztendlich zu einer guten Slayercore-Platte, die sich im Wettbewerb behaupten kann.
Retro-Sound ist schon wieder mehr als out? Mag sein, aber den kalifornischen ANNIHILATION TIME geht das sonstwo vorbei. Der 2001 gegründete Fünfer mischt auf seinem dritten Album Punkrock, Metal und Classic Rock, als wenn die 80er nie aufgehört hätten. Dreckige Gitarrenriffs treffen auf zweistimmige Läufe und hingerotztes Punkrock-Gebölke, dazu ist noch alles in feinstem analogen Garagen-Sound gehalten. Insgesamt klingt das wie eine Mischung aus BLACK SABBATH und BLACK FLAG, und stellenweise fühlt man sich an die Kollegen von VALIANT THORR erinnert - ohne dass ANNIHILATION TIME jedoch an deren Ideenreichtum herankommen. Überhaupt wird die Scheibe auf Dauer dann auch etwas eintönig, denn es geht ohne nennenswerte Highlights einfach nur grade durch. Immerhin muss man der Band aber zugute halten, dass sämtliche Klischees mit einem Augenzwinkern verbraten werden, und was wirklich beeindruckt, ist die grenzenlose Energie und Spielfreude, die hier rübergebracht wird. Nur allzu ernst nehmen kann man das alles eben nicht, aber das tut die Band offenbar auch nicht. Die Jungs wollen einfach nur ordentlich Lärm machen und ihren Spaß dabei haben – und Spaß haben kann man mit ihrer Mucke allemal!
370 Shows in 17 Monaten ist schon ein ordentliches Stück Arbeit, ALESANA scheinen das Leben im Tourbus zu lieben. Fragt sich, wann sie die Songs für ihr neues Album geschrieben haben… nach dem Erfolg ihres „On Frail Wings Of Vanity And Wax“-Album gab es für ALESANA keinen Grund, an ihrem Grundgerüst etwas zu ändern. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass „Where Myth Fades To Legend“ die konsequente Fortsetzung des Screamo-Sounds ist und Fans nicht mit Experimenten verwirrt. Handwerklich zeigen sich die Musiker durch die Bank verbessert, gerade die Gitarrenarbeit ist variantenreicher geworden und überrascht einige Male mit Heavy Metal-Anleihen. Auch beim Gesang hat sich viel getan, allerdings ist der aggressive Gesang noch immer sehr zahm und klingt nach wütendem Teenie, dafür ist die klare Stimme sehr gut und trägt die Songs. Selbige sind ausgefeilter als die des Debüts und gehen öfter ins Ohr, richtiges Hitpotential haben ALESANA aber noch immer nicht. Einige Songs sind zudem allerhöchstens mittelmäßig und in ihrer Beliebigkeit sehr austauschbar. „Where Myth Fades To Legend“ zeigt die Band an vielen Stellen verbessert und trotzdem noch mit viel Raum für Verbesserungen. Die Zielgruppe wird das nicht stören, bieten die 13 Songs doch genau den Screamo-Sound, den die Fans wollen. Als zusätzlichen Kaufanreiz wurden einige Videos und ein Making Of auf den Silberling gepackt.
FINAL PRAYER haben mit „Right Here, Right Now“ ein solides Fundament gelegt, das sie mit zahllosen guten Live-Shows festigten. „Filling The Void“ kommt beim rührigen GSR-Label raus und soll den guten Ruf der Berliner weiter festigen. Ihre Affinität zu US-Klängen können FINAL PRAYER auch mit dem neuen Longplayer nicht leugnen, ganz im Gegenteil: so manche Passage klingt so sehr nach den Straßen New Yorks oder HATEBREED, dass immer wieder der Blick zum Plattencover geht. Richtig, FINAL PRAYER laufen da gerade. Die Grundrichtung ist also klar, wuchtiger, heftiger Harcore, der ordentlich Arsch tritt und von der dicken Produktion gut in Szene gesetzt wird. Die Songs sind wie gemacht für Live-Shows und geizen nicht mit eingängigen Zeilen, die jeder nach einmaligem Hören mitschreien kann, um dann beim nächsten Moshpart Gas zu geben. Die durchweg hohe Qualität der Songs ist Beweis genug für das Können der Berliner, so dass „Filling The Void“ nur jedem ans Herz gelegt werden kann, der auf brachialen Hardcore der modernen Schule steht.
NO TURNING BACK könnten im Wörterbuch unter „dedicated“ zu finden sein, so rast- und ruhelos wie die Holländer fegt sonst keine Band über die Bühnen, tourt konstant und veröffentlicht Scheibe um Scheibe. Das neue Werk „Stronger“ kommt zwar Überraschungsfrei daher, das dürfte die Fanschar der Band nicht enttäuschen, bekommen sie doch gut drückenden Hardcore der alten Schule. Markante Vocals, knackige Riffs und fette Gangshouts verströmen den alten New Yorker Flair und lassen die Songs schnell ins Blut gehen. Dabei variieren NO TURNING BACK geschickt die Stilmittel um Langeweile während der guten halben Stunde Spielzeit zu vermeiden. Durchaus mit Erfolg, „Stronger“ ist eine gelungene Angelegenheit geworden, die konstant Druck macht und die Live-Power der Band ins heimische Wohnzimmer bringt. Auf Augenhöhe mit dem aktuellen TERROR-Album werden NO TURNING BACK niemanden enttäuschen, der auf der Suche nach einem ehrlichen Hardcore-Album ist.
Was für Finnland ENSTAND, sind für Italien STRENGTH APPROACH. Punkt. Was die Römer auf ihrem GSR-Debüt „All The Plans We Make Are Going To Fail“ vom Stapel lassen, zaubert Hardcore-Fans ein Grinsen ins Gesicht, so eingängig, melodisch und gleichzeitig heftig die Songs aus den Boxen kommen. Ganz so wie bei den großartigen finnischen Kollegen. Die Produktion des 15-Trackers ist zudem ganz ähnlich, etwas rau und trotzdem druckvoll. STRENGTH APPROACH haben im derzeitigen Line-Up (bei dem es in der Vergangenheit regelmäßig Änderungen gab) offensichtlich genaue Vorstellungen, wie ihr Hardcore klingen soll und dem durch die kleinen Punk-Anleihen eine Rotzigkeit verliehen, die das Ganze noch faszinierender macht. Die knappe halbe Stunde vergeht wie im Flug, ohne dass dem Hörer eine Sekunde Zeit zum Luftholen bleibt, jeder Song entpuppt sich als Granate. Wessen Herz bei schnellem Hardcore einen Freundensprung macht, wird mit dem neuen STRENGTH APPROACH-Werk glücklich werden. Großes Kino!
Mit „Vultures“ konnten TO KILL viel Lob einheimsen, „When Blood Turns Into Stone“ soll da anknüpfen. Da verwundert es nicht, dass im Grunde alles beim Alten bleibt und der Einfluss des (weiblichen) Neuzugangs im Line-Up sich auf gelegentliche Backing Shouts beschränkt – etwas mehr Metal hat zwar den Weg in den TO KILL-Sound gefunden, ist im Vergleich zum Tough Guy-Hardcore-Anteil immer noch gering. Die Römer hauen ordentlich aufs Mett und ballern im Prinzip recht vorhersehbar durch die ersten Songs, erst bei „Nor Or Never“ und dem folgenden „Kingdom Come“ weichen sie vom Schema F ab. Dabei können sowohl die etwas anders klingenden Songs wie auch die Highspeed-Prügelattacken der vorherigen Nummern überzeugen und bekommen durch die gewohnt gute Tue Madsen-Produktion den nötigen Wumms. Und wer TO KILL schonmal Live gesehen hat, der weiß, dass die Songs da noch eine ganze Ecke besser funktionieren. So gesehen ist „When Blood Turns Into Stone“ eine gelungene Scheibe, mit der TO KILL ihren Weg erfolgreich fortsetzen werden können.
Über den VISIONS-Coup muss nicht mehr gesprochen werden, FIRE IN THE ATTIC werden damit einen großen Sprung in Sachen Bekanntheit gemacht haben. „Cum Grano Sails“ verdient das auch, ist die Scheibe doch die konsequente Fortführung des Band-Sounds. FALLOUT BOY gehören noch immer zu den grüßenden Band, genau wie ein Haufen ähnlich gelagerter Combos, aber trotzdem verkommen FIRE IN THE ATTIC nicht zu einer belanglosen Kopie. Bei den kraaftvollen Backing Shouts können selbst viele Bollo-Combos nicht mithalten, während die eingängigen Parts sofort in Tanzbei und Hirn gehen. „Electric Arc“ oder „Fake It Like You Mean It“ seien das als exemplarische Beispiele genannt. Im direkten Vergleich mit dem eigenen Backkatalog kann „Cum Grano Salis“ zwar nur das Niveau halten und keinen entscheidenden Schritt nach vorne machen, aber angesichts der hohen Güteklasse der vorherigen Alben ist das viel wert. Da sich auch an der Produktion und der Leistung der Musiker nichts zum Meckern finden lässt, kann „Cum Grano Salis“ nur jedem empfohlen werden, der mit dezent poppiger, moderner Musik aus der Core-Ecke was anfangen kann. Das kann der Beginn von etwas ganz Großem werden – zu wünschen wäre es der hart arbeitenden Band, die mit diesem Album voll überzeugen kann!
Kanadier haben gemeinhin das Drohpotential eines Streifenhörnchens, da helfen auch musikalisch brutale Exporte wie CRYPTOPSY oder KATAKLYSM nicht. CURSED machen sich seit 2001 dran, der Welt zu beweisen, dass auch aus Kanada nihilistische, zynische Töne kommen können. Ihr dritter Longplayer, wenig überraschend „III“ betitelt, bietet dann auch genau das, was die Band schon zuvor auf zwei Alben und zwei EPs zockte: komplexen, brutalen und verstörenden HC/ Punk, der sich mit den weniger schönen Themen auseinandersetzt, die sich in der Gesellschaft finden lassen. Dabei verwischen sich die Grenzen von HC/ Punk und Grind, was so manche gnadenlose Abrissbirne ergibt. Aber auch den doomigen Tönen stehen CURSED offen gegenüber und wissen sie für ihre Zwecke zu nutzen, so dass „III“ angenehm vielschichtig und interessant klingt. Zu jeder Sekunde ist dabei die Wut und Angepisstheit der Musiker spürbar – hier haben sich gestandene Männer die rohen Emotionen ihrer Teenagertage bewahrt und sie mit der Lebenserfahrung und dem Zynimus der Gegenwart gepaart. Ergibt ein grandios-brutales Album, dass den Geist der HC/ Punk-Anfangstage versprüht. Fett, sehr fett!
Bei ETERNAL LORD sind keine Anfänger am Werk, einige der Mitglieder haben bei I KILLED THE PROM QUEEN und BURNING SKIES Erfarungen sammeln können. „Blessed Be This Nightmare“ profitiert davon, im handwerklichen Bereich sind die Engländer allesamt fit und wissen, was sie können. Allerdings hapert es im Songwriting ganz gewaltig – kaum einer der Songs kann sich vom Death Metal-meets-Hardcore-Schema absetzen, das zudem beinahe durchgehend im gleichen stampfenden Tempo angesiedelt ist und so schnell eintönig wird. Über den Versuch, mit „Amity“ völlig andere Wege zu gehen, sollte der Schleier des Vergessens geworfen werfen, das ist ist gar nix. So plätschert „Blessed Be This Nightmare“ vor sich hin und kann den geneigten Hörer selten einmal fesseln. „Set Your Anchor“ und „O’Brothel Where Art Thou“ sind da noch die besten Songs und lassen sogar leichte Vergleiche mit THE BLACK DAHLIA MURDER zu. Aber das war es auch schon an guten Ideen. Und das ist am Ende zu wenig, um in einem Genre mit einer so großen Veröffentlichungsflut wie dem Metalcore lange bestehen zu können.