Konsequent zurück in die 80er gehen BITTER END mit ihrem Debütalbum „Climate Of Fear“, sowohl in Aufmachung als auch musikalisch. 80er NYHC, um das klarzustellen. Mit einem Sänger, der weniger Brüllwürfel als mehr Erzähler ist, grooven sich die Texaner durch die gute halbe Stunde und können einige gute, eingängige Songs zum Besten geben („Vicilance“). Natürlich muss eine gewisse Affinität zum New Yorker Sound beim Hörer vorhanden sein, sonst klappt das nicht. Wer die hat und auf den neumodischen Kram wie Breakdown und Grind-Gegurgel verzichten kann, sollte die Nike Air Max schnüren, zum Plattenladen kaufen und die BITTER END-Scheibe kaufen. Gibt’s die eigentlich als Vinyl? Alles andere wäre stillos.
Schaut man sich die Band-Bilder im CD-Booklet an, fällt auf, dass die vier Jungs von BAD REACTION noch wirklich jung aussehen. Besonders Drummer Nik - und umso mehr beeindruckt, was er hier so alles wegprügelt. Überhaupt besitzt der Vierer aus Los Angeles ohne Ende Energie, und alles geht dermaßen nach vorne, dass man beim Hören kaum ruhig sitzen bleiben kann. Ihr Sound orientiert sich an den Hardcore-Bands der frühen 80er, wie den ADOLOESCENTS, MINOR THREAT oder den BAD BRAINS, aber trotz der deutlichen Anlehnung an die Vorbilder klingt hier nichts verstaubt oder antiquiert, sondern kommt alles erstaunlich frisch rüber. Einziger Minuspunkt ist, dass die Scheibe mit neun Tracks und gerade mal gut fünfzehn Minuten Spielzeit etwas sehr kurz geraten ist. Und tatsächlich handelt es sich hier eigentlich nur um die Zusammenfassung zweier EPs, die um das BAD BRAINS-Cover „Pay To Cum“ erweitert wurde. Hoffen wir, dass bald mehr neues Material folgt!
Irgendetwas in der australischen Luft scheint die Entwicklung von Rock´n´ Roll-Bands zu begünstigen. Nach AC/DC und ROSE TATTOO sind nun jedenfalls deren Landsmänner/-frauen BUG GIRL zum Eroberungszug angetreten, und auch diese fabrizieren dreckigen Rock´n´Roll wie er im Buche steht. Der Albumtitel "Rock´n´Roll Hell" ist denn auch treffend gewählt, könnte doch der (leider etwas melodiearme und somit eher anstrengende) Opener "Shootin´Fire" durchaus den passenden Soundtrack zu einer ebensolchen abliefern. Es ist erstaunlich, was man mit zwei Leuten- denn ja, BUG GIRL sind ein Duo- an krachiger Energie verbreiten kann, und Frontfrau BugGirl an Mikrofon und Gitarre verfügt über eine Stimme, die wie geschaffen ist für die von ihr gewählte Art von Musik. Der Titeltrack groovt sich in AC/DC-Tradition ein, und auch "Ian Astbury" erinnert eindeutig stark an besagte Altvorderen- Riffs, Melodie, das volle Programm. "Suck It" ist eher eintönig geraten, bei "War & Fire" wird dann zum Abschluss noch mal der Overdrive reingedreht. Krachige, dreckige, energetische Rock´n´Roll- Kost.
Seit einer guten Dekade ballert sich das ARKANGEL-Quintett durch die europäische Core-Szene und legt mit „Is Your Enemy“ ihren GSR Music-Einstand hin. Im Laufe der Jahre hat sich einzig das Tempo der Songs verändert, der Rest ist gleichgeblieben – es gibt also auch auf dem neuen Silberling gut einen vor den Latz, wie gleich der Opener „Damned Forever“ klarmacht. Baldur schreit sich wie gewohnt die Seele aus dem Leib und gibt den Aggressionslevel vor, dem sich seine Kollegen nur zu gerne anschließen. „Enduring Violence“ ist die Reminiszenz an die eigene Vergangenheit und hat einige schnelle Passagen zu bieten, kann aber überraschenderweise in den schleppenderen Parts mehr überzeugen, was nicht zuletzt an der vielschichtigen Gitarrenarbeit liegt, die mehr als nur bratende Riffs zu bieten hat. ARKANGEL haben sich mittlerweile viel Routine erspielt und diese beim Songwriting zu „Is Your Enemy“ voll ausgeschöpft. Das Ergebnis ist eine geschlossene Platte, in der kein Song qualitativ abfällt und die somit Corlern nahegelegt werden kann.
Gottohgott, CODE RED legen mit „Action Speaks Louder“ einen klassischen Fehlstart hin und lassen für den Rest von „The Art Of Trinity“ Schlimmes ahnen. Simples Riffing, miese Gesangsleistung und lahmer Songaufbau lassen die Fußnägel hochklappen und den Wunsch die Skip-Taste zu drücken, mit jeder Sekunde stärker werden. „Becoming“ zeigt danach, dass die Saitenfraktion „Aerials“ von SYSTEM OF A DOWN kennt und zu viel mehr als beim Opener gezeigt fähig ist, gleiches gilt für den Sänger. „Danger Zone“ wird dann schon richtig gut und entpuppt sich als moderner Metalsong mit sehr guten Gesangslinien und viel Power. Glücklicherweise geht es auf dem Level weiter, CODE RED können dabei nicht nur das gute Niveau des dritten Songs halten, sondern immer wieder mit interessanten Ideen überrraschen, wie den klar gesungenen Parts. Das versöhnt mit dem fiesen Einstieg in die Platte und zeigt die gute Entwicklung, die CODE RED in den letzten Jahren gemacht haben.
Wirklich überzeugend war das Debüt der Dänen MEVADIO vor drei Jahren nicht. Sahen die Herren wohl auch so und haben sich für den Nachfolger recht viel Zeit gelassen. Zeit, in der sie viel schwedischen Death Metal gehört haben, auf „Fresh Kill Daily“ finden sich mehr Anleihen bei SOILWORK und IN FLAMES als auf dem Vorgänger. Natürlich haben auch die Landsmänner HATESPHERE ihre Spuren hinterlassen („Ultimate Human Virtues“). Diese Einflüsse, kombiniert mit dem immer noch vorhandenen modernen Sound, könnte eine Mischung ergeben, die für eine breite Fanschar interessant wäre. Einige Songs haben durchaus das Potential, dem durchschnittlichen IN FLAMES-Hörer zu gefallen, aber über Albumlänge machen sich einmal mehr die Defizite im Songwriting bemerkbar – es haben sich einfach zu viele mittelmäßige Nummern eingeschlichen, die die Platte unnötig in die Länge ziehen. Handwerklich sind die Dänen fit und haben in Teilen (besonders beim Gesang) noch eine Schippe drauflegt. Wäre ihr Songwriting-Skill in gleichem Maße gestiegen, wäre „Fresh Kill Daily“ eine richtig gute moderne Metal-Platte geworden. Aber das ist kein Spiel der Konjunktive. „Fresh Kill Daily“ krankt an zu vielen mittelmäßigen Songs, um das neue große Ding aus Dänemark zu werden.
In Paris sind APOCALPYSE NOW beheimatet, die mit ihrem Debütwerk noch für Aufsehen sorgten, da die Texte ausschließlich aus Bibelpassagen bestanden. Der Nachfolger „Empires Fall“ hat das nicht, da müssen sich die Franzosen auf die Musik verlassen, um in der unübersichtlichen Core-Szene weiterhin bestehen zu können. Der Einstieg in die Platte ist eher zäh, die ersten beiden Songs sind zwar guter Slayer-Core, bleiben aber nicht lange beim Hörer haften. „The New Icon“ ist dann der Weckruf und kann mit mitreißenden Riffs und einem echtem Killer-Refrain punkten, da stimmt einfach alles. Hier kommt das erste Mal die rauhe Stimme voll zur Geltung, die zwar nicht in den Vordergrund gemischt wurde, aber trotzdem Akzente setzen kann und APOCALYPSE NOW ein Erkennungsmerkmal verleiht. Nicht nur für den Hörer, auch für die Band war „The New Icon“offensichtlich der Weckruf, die folgenden Songs halten das Niveau und machen „Empires Fall“ letztendlich zu einer guten Slayercore-Platte, die sich im Wettbewerb behaupten kann.
Retro-Sound ist schon wieder mehr als out? Mag sein, aber den kalifornischen ANNIHILATION TIME geht das sonstwo vorbei. Der 2001 gegründete Fünfer mischt auf seinem dritten Album Punkrock, Metal und Classic Rock, als wenn die 80er nie aufgehört hätten. Dreckige Gitarrenriffs treffen auf zweistimmige Läufe und hingerotztes Punkrock-Gebölke, dazu ist noch alles in feinstem analogen Garagen-Sound gehalten. Insgesamt klingt das wie eine Mischung aus BLACK SABBATH und BLACK FLAG, und stellenweise fühlt man sich an die Kollegen von VALIANT THORR erinnert - ohne dass ANNIHILATION TIME jedoch an deren Ideenreichtum herankommen. Überhaupt wird die Scheibe auf Dauer dann auch etwas eintönig, denn es geht ohne nennenswerte Highlights einfach nur grade durch. Immerhin muss man der Band aber zugute halten, dass sämtliche Klischees mit einem Augenzwinkern verbraten werden, und was wirklich beeindruckt, ist die grenzenlose Energie und Spielfreude, die hier rübergebracht wird. Nur allzu ernst nehmen kann man das alles eben nicht, aber das tut die Band offenbar auch nicht. Die Jungs wollen einfach nur ordentlich Lärm machen und ihren Spaß dabei haben – und Spaß haben kann man mit ihrer Mucke allemal!
370 Shows in 17 Monaten ist schon ein ordentliches Stück Arbeit, ALESANA scheinen das Leben im Tourbus zu lieben. Fragt sich, wann sie die Songs für ihr neues Album geschrieben haben… nach dem Erfolg ihres „On Frail Wings Of Vanity And Wax“-Album gab es für ALESANA keinen Grund, an ihrem Grundgerüst etwas zu ändern. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass „Where Myth Fades To Legend“ die konsequente Fortsetzung des Screamo-Sounds ist und Fans nicht mit Experimenten verwirrt. Handwerklich zeigen sich die Musiker durch die Bank verbessert, gerade die Gitarrenarbeit ist variantenreicher geworden und überrascht einige Male mit Heavy Metal-Anleihen. Auch beim Gesang hat sich viel getan, allerdings ist der aggressive Gesang noch immer sehr zahm und klingt nach wütendem Teenie, dafür ist die klare Stimme sehr gut und trägt die Songs. Selbige sind ausgefeilter als die des Debüts und gehen öfter ins Ohr, richtiges Hitpotential haben ALESANA aber noch immer nicht. Einige Songs sind zudem allerhöchstens mittelmäßig und in ihrer Beliebigkeit sehr austauschbar. „Where Myth Fades To Legend“ zeigt die Band an vielen Stellen verbessert und trotzdem noch mit viel Raum für Verbesserungen. Die Zielgruppe wird das nicht stören, bieten die 13 Songs doch genau den Screamo-Sound, den die Fans wollen. Als zusätzlichen Kaufanreiz wurden einige Videos und ein Making Of auf den Silberling gepackt.
FINAL PRAYER haben mit „Right Here, Right Now“ ein solides Fundament gelegt, das sie mit zahllosen guten Live-Shows festigten. „Filling The Void“ kommt beim rührigen GSR-Label raus und soll den guten Ruf der Berliner weiter festigen. Ihre Affinität zu US-Klängen können FINAL PRAYER auch mit dem neuen Longplayer nicht leugnen, ganz im Gegenteil: so manche Passage klingt so sehr nach den Straßen New Yorks oder HATEBREED, dass immer wieder der Blick zum Plattencover geht. Richtig, FINAL PRAYER laufen da gerade. Die Grundrichtung ist also klar, wuchtiger, heftiger Harcore, der ordentlich Arsch tritt und von der dicken Produktion gut in Szene gesetzt wird. Die Songs sind wie gemacht für Live-Shows und geizen nicht mit eingängigen Zeilen, die jeder nach einmaligem Hören mitschreien kann, um dann beim nächsten Moshpart Gas zu geben. Die durchweg hohe Qualität der Songs ist Beweis genug für das Können der Berliner, so dass „Filling The Void“ nur jedem ans Herz gelegt werden kann, der auf brachialen Hardcore der modernen Schule steht.