Rock mit 80er New Wave und Pop zu vermischen, ist ja zur Zeit extrem angesagt. Im Falle von z. B. FRANZ FERDINAND kommt dabei nur belangloses Geseier heraus, andere Bands dieser Richtung, wie die EDITORS, die KILLERS und vor allem BLOC PARTY, haben aber überdurschnittlich gute Rock-Alben hervorgebracht. Die vier Darmstädter Jungs von THE DATA BREAK versuchen sich ebenfalls an diesem (Sub-)Genre und tendieren dabei in die Ecke der letztgenannten Bands. Sprich: Es geht eher hart und düster zur Sache. "Clap" ist ihr Debüt-Album und eine recht zwiespältige Angelegenheit: Songs wie "Indikator" oder "Erotic Suicide" können aufgrund von Ohrwurm-Melodien, gutem Aufbau und treibenden Beats durchaus überzeugen, aber Stücke wie "Monkey B" oder "Telefunken" sind zu hektisch geraten und besitzen zu viele schräge Harmonien, als dass man noch von Hörgenuss sprechen könnte. Dazu kommt noch, dass sich die meisten Songs stark ähneln, so dass das Album irgendwann einfach langweilig wird. Auch die stellenweise sehr penetranten 80er Keyboard-Sounds sowie der überdrehte, Robert Smith-artige Gesang von André Liegl (Warum klingen eigentlich zur Zeit so viele Sänger nach dem CURE-Frontmann...?) tragen auf Dauer zu einem recht hohen Nerv-Faktor bei. Insgesamt spielen DATA BREAK sicherlich keine schlechte Musik, aber Songs und Sound fehlen noch eine ordentlich Portion an Eigenständigkeit und Vielfältigkeit.
Die Fans der Bostoner Indie-Rocker PIEBALD dürfen sich freuen: Mit "Killa Bros And Killa Bees" kommt ein schönes Package in die Läden, das eine DVD mit einer CD kombiniert. Auf der DVD gibt es einiges an Live-Material zu sehen, das angereichert ist mit "on the road"- und Studio-Schnippseln, und nebenbei wird auch noch der "Grease Not Gas"-Biodiesel-Van der Band vorgestellt. Besonders das Tourleben wird hier aber ein wenig zu ausführlich dargestellt, auch wenn es recht amüsant anzusehen und -zuhören ist, was die Jungs an Blösinn von sich geben. Ich hätte mir aber dafür mehr Musik gewünscht, die leider ein wenig zu kurz kommt. Diese ist dazu auch nur schwer zu genießen, da der Sound wirklich grottenschlecht ist und so klingt als sei er nur über die Handycam aufgezeichnet worden. Das haben die Macher der DVD wohl auch bemerkt, da bei einigen Songs die Studio-Aufnahmen unter die Live-Bilder gelegt wurden. Schön ist aber wiederum speziell für die deutschen Fans, dass neben legendären Läden wie dem New Yorker CBGB´s auch Filmmaterial aus hiesigen Landen übernommen wurde, wie z. B. aus dem Underground in Köln und dem Wild At Heart in Berlin. Die CD beinhaltet - der Titel legt es nahe - 17 B-Seiten, und leider klingen sie fast durchgehend auch so. Sprich: Es handelt sich hier um eine Zweitverwertung von mittelmäßigem Material. Das meiste davon ist irgendwie ganz witzig, aber Stücke wie der "Song About Sex" und "Timing Is Everything", die wie die BEATLES auf ganz viel Drogen klingen, sind tatsächlich sogar nur schwer zu ertragen, und überhaupt gibt es für meinen Geschmack besonders gegen Ende zu viel Akustik-Gitarren-Geklampfe. Nur ab und zu gibt es Lichtblicke, wie das rockige "There And Back Again" und den akustischen Country-Song "The King". Interessant ist sicherlich auch noch, dass die Demo-Version von "Part Of Your Body Is Made Out Of Rock" enthalten ist, meiner Meinung nach der beste PIEBALD-Song überhaupt, obwohl mir die Version vom "All Ears, All Eyes, All The Time"-Album besser gefällt. Insgesamt ist dieses Package also ein reines Fan-Produkt geworden. Überzeugte PIEBALD-Anhänger werden wohl ihre Freude daran haben, alle anderen sollten es besser erst mal mit einem der Alben versuchen.
Straight Ede-Typen haben oftmals mit einer Menge Vorurteile zu kämpfen; man sagt ihnen nach, sie seien arrogant, missionarisch, humorlos und besserwisserisch. Wie gesagt, alles nur Vorurteile…. GOOD CLEAN FUN haben schon vor fast zehn Jahren erkannt, dass die HC-Szene einen Schwenk Richtung Humor braucht und insbesondere die SXE-Abteilung. Immerhin sind GOOD CLEAN FUN beinahrte Veganer, da wissen sie, wovon sie sprechen. "Between Christian Rock And A Hard Place” ist der neueste Streich der Jungs (und des Mädels) und bietet eine halbe Stunde punkigen, fröhlichen Hardcore, der besonders mit seinen ironischen Texten voll überzeugen kann. Wenn es um MySpace geht oder Beobachtungen über Stylo-Pärchen wiedergegeben werden ("Punk Rock Love"), kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen. Derweil braten die Gitarren, es gibt jede Menge Singalongs und man kommt aus dem Mitnicken nicht mehr raus. GOOD CLEAN FUN haben schlicht genug Erfahrung, die man beim Songschreibeneffektiv eingesetzt hat und so zwölf arschtretende positive HC-Songs produziert hat, die jedem Kid gefallen dürften, dass mit COMEBACK KID, ANTI-FLAG oder 7 SECONDS was anfangen kann. Selbst der Hidden Track ist witzig - und das ist echt selten. Wäre die Scheibe einen Tick länger und die 30-Minuten-Marke geknackt, wäre "Between Christian Rock And A Hard Place” ein Tipp geworden.
Im November vergangenen Jahres zog die Eastpak Antidote Tour mit FLOGGING MOLLY, MILLENCOLIN, RANDY und THE UNSEEN durch unsere Lande, und natürlich ließ man es sich nicht nehmen, eine Compilation zu dem Ereignis zusammenzustellen. Neben den eben genannten sind noch 20 weitere Bands vertreten, und man hat sich dabei offenbar bemüht, neben den USA auch einen Großteil Europas abzudecken, denn die Tracks stammen u.a. von Bands aus Dänemark, Frankreich, Italien, Spanien, England, Österreich und der Schweiz. Bei insgesamt 24 Songs lässt es sich kaum vermeiden, dass sich auch eine ganze Reihe mittelmäßiger bis langweiliger Songs auf der CD befinden, so sind z. B. mal wieder einige berühmt-berüchtigte Ober-Schlaftabletten am Start, wie NO USE FOR A NAME, MXPX und VANILLA SKY. Dafür gibt´s dann aber auch jede Menge hochkarätige Akteure zu hören, wie STRIKE ANYWHERE, die REAL MCKENZIES, die kanadische Reggae-Band BEDOUIN SOUNDCLASH und die grandiosen New Yorker Zigeuner-Punks GOGOL BORDELLO mit einem Track von ihrem letzten Album, einem der musikalischen Höhepunkte des Jahres 2005. Weitere Highlights sind die bislang unveröffentlichte Live-Version von FLOGGING MOLLYs "Rebels Of The Sacred Heart", der Hammer-Song "You Can Never Go Home" von THE UNSEEN sowie meine persönliche Compilation-Überraschung EPHEN RIAN aus Österreich, die einem mit ihrem melodischen Metalcore ordentlich durchs Gehör blasen. Insgesamt bekommt man hier also viel gutes Material mit großer musikalischer Bandbreite geboten, und da der Ladenpreis noch dazu unter 10,- Euro liegt, kann man bedenkenlos zugreifen.
RISE AND FALL geben zwar selbst die Bezeichnung Punkmetal für ihren Sound vor, können aber einen starken HC-Einfluss nicht von der Hand weisen. So manches Mal erinnern sie an TERROR zu "Lowest Of The Low"-Zeiten, ganz besonders beim rauen Gesang gibt es hörbare Parallelen. Aber nicht nur Ami-HC hat seine Spuren hinterlassen, im schweren Riffgewitter haben RISE AND FALL einige alte Rockverweise eingebaut und vor Punk scheuen sie ebenfalls nicht zurück. Kommt also schon einigemaßen hin mit Punkmetal. Immer straight nach vorne, immer feste drauf und im richtigen Moment einen Moshpart einbauen. So einfach kann das sein, eine gute HC-Platte zu machen - schwupps, schon hat man neun coole Songs (der zehnte ist ein sehr düsteres Instrumental). Hätte nur ein paar mehr sein dürfen...
Immerhin ganze dreizehn Jahre hat das kalifornische Pop-Punk-Quartet GAMEFACE sein Unwesen getrieben. Zwei Jahre nach dem Split hat sich Ex-Gitarrist/Sänger Jeff Caudill auf Solo-Pfade begeben, und das Ergebnis in Form seines Debüts "Here´s What You Should Do" überrascht nicht nur angenehm, sondern übertrifft zumindest meine Erwartungen um ein Vielfaches. Musikalisch hat Caudill eine absolute Kehrtwende eingeschlagen: Sein Sound befindet sich irgendwo zwischen Folk, Rock, Singer/Songwriter, Blues und Country, die Songs sind schlicht, ruhig, gefühlvoll, traurig und träumerisch, und im Hintergrund hört man Slide-Gitarren, Akkordeon, Mandoline oder Mundharmonika, ohne dass diese Elemente zu sehr in den Vordergrund geraten. Mal fühlt man sich dabei an eine Band wie LIVE erinnert, dann wieder klingen die ruhigen Stücke von SOCIAL DISTORTION und SPEED BUGGY oder das Solo-Album von SUPERSUCKERS-Frontmann Eddie Spaghetti durch, kombiniert mit der Gelassenheit eines Jack Johnson. Dabei begeistert auch sein großartiger Gesang: Seine klare, aber an den richtigen Stellen knarzende Stimme scheint wie geschaffen für diese Musik. Durch die raue Produktion driftet er dabei auch nie ins zu Glatte oder zu Schöne ab, und dazu ist das Album sehr schön aufgebaut, indem zwischen die wirklich ruhigen Stücke immer wieder rockigere Songs gesetzt wurden. Als Anspieltipps seien hier nur der folk-rockige Opener "Favorite Version Of Your Life", die Country-Ballade "Destination" oder das blues-rockig groovende "Never Been High" genannt. Dieses Album hat mich echt umgehauen und ist wie geschaffen für lange, einsame Winter-Abende.
Der Opener des Debüts des norwegischen Duos BONK lässt Schlimmstes vermuten: Was einem hier entgegen schlägt, ist eine Mischung aus lärmigen Gitarren, elektronisch unterstützten Beats und verzerrtem Geschrei und kann man wohl bestenfalls als Avantgarde-Elektro-Noise-Rock bezeichnen. Ganz anders der zweite Track "Grooverman": Hier wird punkig, garagig und dreckig gerockt bis der Arzt kommt. Der Rest des Albums ist dann quasi eine Mischung all dieser Elemnte. Oft ballern schwere Rock-Riffs nach vorne, über denen dreckig ins Mikro geröhrt wird, die aber immer wieder gerne durch noisige Parts mit verschwommenen Gitarren und oft disharmonisch-psychedelischen Harmonien und andere Störeffekte unterbrochen werden, wie abgespacte Breaks und Soundeffekte oder eine gesprochene Strophe, die lauter als die Musik gemischt ist. Genau solche Spielereien sind es, die dann irgendwann etwas nerven und einige Tracks recht anstrengend machen. Besser sind BONK, wenn sie allen Schnickschnak weglassen und einfach nur grade rocken, denn dann entstehen echte Hammer-Songs wie "Ni Hao Mama", "Wasted Love" oder "Waiting In A Car", die nichts anderes sind als purer, rotziger Schweinerock.
Weihnachtszeit, besinnliche Zeit. Zeit der Stille. Das heißt, Regler nur bis neun, statt bis elf (immer "einen lauter" eben). Aber wenn dann eine Band wie PICASTRO aus Toronto vorbeischaut, dann Regler lieber auf null! Hilfe, mal gut, dass ich diese Platte nicht am Heiligen Abend im Player hatte. Der alte Kerl mit dem dicken Sack hätte glatt mit quietschenden Kufen einen U - Turn vor unserem Dach hingelegt und wäre nie wieder aufgetaucht. Ich habe schon viel Mist gehört, aber "Metal Cares" lässt sämtliche Schaltkreise durchkokeln. Da wird ultra bekifft und ultralahm herumgejault und einfach nur strunznervig durch die Botanik gequietscht; und ich weiß nicht, was Frontdame Liz Hysen in ihrer Freizeit alles an verschreibungspflichtigen Genussmitteln konsumiert. Stellt Euch eine Katze mit ihrem Schweif unter Opas Schaukelstuhl vor, während Opa, den meisten seiner Sinne bereits altersmäßig beraubt, versucht, auf seiner Gitarre Jimi Hendrix zu covern. Und als Backgroundchor funktioniert ein schlüpfriger Keilriemen irgendwo aus der Nachbarschaft. Obwohl ich mich stets bemühe, auch dem größten Schrott noch etwas Positives abzuringen, sind meine Kapazitäten bei diesem Album jedoch völlig erloschen. Ich weiß nicht, was sich die vier (plus einer Gast - Viola) Musiker hierbei gedacht haben. Meiner Meinung nach wahrscheinlich nicht viel. Und ich habe keine Ahnung, wer diese vertonte Jam - Session unter stark vernebelten Bedingungen kaufen soll. Furchtbar! Ganz, ganz furchtbar!!!
Ich habe selten eine so durchgeknallte Band gehört wie dieses Quartett aus Oakland. Hier wird der Begriff "progressiv" wahrlich in neue Sphären geführt! Meine Fresse, die Jungs mischen aggressiven Death Metal inklusive derber Kotzvocals mit purem Jazz. Eben noch fies abgeschädelt, ist die nächste Passage schon wieder gemäßigt, teilweise mit Sprechgesang oder lustigen Schunkelbeats oder minutenlangen, nervenaufreibenden Instrumentalpassagen, bzw. Soloorgien. Echt krank und für das normal ausgeprägte Ohr kaum zu ertragen. Wer jedoch einen großen Hang zum abgedreht / wahnsinnig / bekloppt Progressiven hat und auf der Suche nach Stoff ist, bei dem Todesblei mit Saxophon oder auch Keyboard bis zum Kollaps zelebriert wird, der dürfte an Stücken wie dem geilen Opener "This Is Your Final Dream", der sehr kurzen Krachorgie "Gas Pipe" (total irre!!!) oder dem nur noch geisteskranken "Ride Of The Juns" seine helle Freude haben. Solche Gemüter dürfen zu "Perfect Picture Of Wisdom & Boldness" gerne noch den "Tipp" addieren, aber selbst "normale" Proggies dürften hier arge Schwierigkeiten mit dem Verständnis haben. Ist Prog das Einmaleins, ist dieses hier hohe Analysis. Hochklassig, aber nur für die ganz großen Freaks geeignet!
Die BAMBOO KIDS kommen aus New York City, aber ihre Musik klingt so gar nicht nach diesem Schmelztiegel der Kulturen. Weder klingen sie irgendwie frisch oder neu, noch nach retro, bewusst ironischem Trash oder sonst irgendwie abgefahren. Oder positiv ausgedrückt: Sie spielen einfach guten, alten, old-fashioned Rock ´n Roll. Um Trends scheren sie sich einen Dreck, und auf ihren Radios scheinen ausschließlich Oldie-Sender zu laufen. Der Titel ihres zweiten Albums "This Ain´t No Revolution" ist daher Programm: Mit Sicherheit wird diese Scheibe nicht das Geringste bewegen - aber dennoch macht es großen Spaß, sie zu hören. Die musikalischen Einflüsse liegen vor allem im 60s Garagenrock, aber auch 70s Punkrock hat seine Spuren hinterlassen: So sind deutliche Parallelen z. B. zwischen dem Song "Ain´t No Fun" und den RAMONES sowie "Eternal War" und den CLASH nicht von der Hand zu weisen. Die meiste Zeit über geht es allerdings eher unpunkig zu, dafür aber - zwar mit gemäßigtem Tempo - durchgehend dreckig und grade nach vorne. Man mag das als langweilig bezeichen, aber auf der anderen Seite ist es äußerst erfrischend, mal wieder eine Band zu hören, die so unspektakulär, schlicht und gradlinig zu Werke geht.