AMENRA gehören zu den Bands, deren neue Werke in der Regel extrem anstrengend und verstörend sind, gleichzeitig aber auch genau dadurch fesseln. „Mass V“ ist da keine Ausnahme und führt die Discography der Band nahtlos fort. Vier Songs haben die Belgier für ihre neue Langrille aufgenommen, insgesamt kommt das Ganze auf 40 Minuten Spielzeit, den Songs wird also Raum zur Entfaltung gegeben. Nihilistisch klingen die NEUROSIS-Fans (bei deren Label sie mittlerweile gelandet sind), verstörend und Endzeitstimmung verbreitend. Melodien finden sich auf „Mass V“ nur sparsam eingesetzt, während die Schreie von Shouter Colin immer wieder dafür sorgen, dass die bedrohlich-nihilistische Atmosphäre erhalten bleibt. Wenn er dann einmal zu Sprechgesang oder gar clean gesungenen Passagen wechselt, ist der gewollte Bruch umso größer und reißt den Hörer aus schwermütigen Gedanken. Ein Track wie „Boden“ ist eine verstörende Reise in eine postapokalyptische Landschaft, in der einzelne Figuren um Überleben und Sinn kämpfen. Immer wieder schimmert in der Musik der Einfluss gerade alter NEUROSIS-Sachen durch, ganz frei machen können sich AMENRA von ihren Vorbildern nicht, schaffen es aber, nicht zur belanglosen Kopie zu werden. Scott Kelly himself ist dann auch als Gast auf „Mass V“ zu hören und veredelt „Nowena | 9.10“, was sich auch als brutalster Track erweist. AMENRA haben mit dieser Scheibe einen harten Brocken Musik erschaffen, der vertone Endzeit ist und diese Atmosphäre extrem dicht transportiert. Feines Teil, das in den dunklen Monaten der perfekte Soundtrack ist.
KONGH haben an ihrem dritten Album etwas länger gefeilt, der Vorgänger „Shadows Of The Sleepless“ erschien ja 2009. Auffällig ist schon beim ersten Durchlauf die stärkere Ausrichtung zum Rauchwarenrock, was sich vor allem beim Gesang bemerkbar ist, der nicht nur vielschichtiger geworden ist, sondern sich durch seine Klarheit sowohl vom Genre-Standard als auch von den bisherigen KONGH-Werken unterscheidet. Überraschenderweise steht das den vier neuen (und gewohnt überlangen) Songs giut zu Gesicht, auch wenn der Hörer erstmal einige Durchläufe zur Eingewöhnung brauchen wird. So abgrundtief schleppend und böse wie bei „Counting Heartbeats“ gehen KONGH anno 2013 nicht mehr vor, dafür wurden die dezent rockenden Passagen ausgebaut. Gleichzeitig haben es die Schweden vermocht, die pechschwarze Atmosphäre ihrer ersten beiden Alben zu erhalten, so dass „Sole Creation“ auch in den knackig-rockigen Abschnitten nie zu Hippie-mäßig freundlich klingt. Die gute Dreiviertelstunde Musik bleibt so hochspannend, ja erst im abschließenden 13-Minuten-Epos „Skymning“ laufen KONGH zur Höchstform auf und zaubern ihren besten Song aus dem Hut – gleichermaßen heftig wie rockig, zum Ende hin dann wunderbar doomy. So soll das sein. KONGH haben den Spagat zwischen Fortführung und Veränderung hinbekommen, „Sole Creation“ wird so sowohl die alten Fans zufrieden stellen wie auch aufgeschlossene (Stoner)Rockfans und Retro-Rocker in seinen Bann ziehen.
Es ist echt erstaunlich, wie Gerrit P. Mutz unbeirrt sein Ding durchzieht, das müssen selbst die zahlreichen Kritiker seiner Bands und vor Allem seines Gesangs zugeben, zumal er – ob man diesen Stil nun mag oder nicht – einen sauhohen Wiedererkennungswert hat. Schwingt er bei SACRED STEEL die Echtstahlkeule und huldigt er bei ANGEL OF DAMNATION der obskuren Kauzigkeit, sind DAWN OF WINTER seit 1990 seine Doom-Spielwiese, die nun mit „The Skull And The Sorcerer“ stilecht eine ausschließlich auf Vinyl erhältliche EP ausspuckt. Der recht flotte Opener „Dagon´s Blood“, der überlange, herrlich zeitlupende Titelsong sowie das melancholische, im Mittelteil balladeske „In Servitude To Destiny“ sind sehr gute, bandtypische Doomer, denen Gerrit mit seinem hohen Schräggesang wieder einen ureigenen Stempel aufdrückt. Lediglich das schlapp wirkende „By The Blessing Of Death“ fällt im Vergleich zum Rest des Materials etwas ab, was aber nichts daran ändert, dass DAWN OF WINTER immer noch auf sehr hohem Niveau unter uns weilen. Weiter so, Gerrit!
Diese Franzosen machen ihrem Namen wirklich alle Ehre, denn sie ziehen ihr Ding, auf jedem Album einen wahren „Monolithen“ zu parken, kompromisslos durch. Die ersten beiden Alben nannten sich „Monolithe I“ und „Monolithe II“ und beinhalteten jeweils einen (ebenso betitelten) Über-50-Minüter, woran „Monolithe III“ nahtlos anknüpft. Aber so simpel dieses Konzept anmutet, so überzeugend ist es auch, denn rein musikalisch bietet „Monolithe III“ echte Gourmetkost, die selbstredend von Easy Listening weit entfernt ist und in epischer Breite die Einflüsse von alten KATATONIA, MY DYING BRIDE, alten PARADISE LOST, OPETH oder alten TIAMAT durchscheinen lässt. Neben doomiger Düsternis thronen große Melodien, in die der sehr weit in den Hintergrund gerückte und selten eingesetzte Grunzgesang kaum merklich einbricht, aber dennoch Unbehagen erzeugt. Dieses Mammutwerk ist sicher kein Happen für zwischendurch, sondern eine sehr geile, wenn auch ganz sicher nicht allgemein zu empfehlende, monströse Achterbahnfahrt durch glühende, morbide Lava. Für die angesprochene Zielgruppe ein echter Geheimtipp!
MOSS machen keine Witze. Oder wenn doch, dann versteht sie niemand. „Moss’ Horrible Night“ ist der musikalische Beweis der These, denn was die Briten auf ihrem neuesten Werk loslassen, ist vertonte Finsternis, ist der Soundtrack für das langsame Ertrinken in der eiskalten Nordsee, ist ein Hassklumpen. Klar sind da SUNNO))) als Vergleich zu nennen, aber die seit Anfang des Jahrtausends vor sich hin lärmenden Briten haben in den Jahren genug Eigenständigkeit aufgebaut, um solchen Vergleichen nicht viel Gewicht beizumessen. Die Drums sind erwartet langsam, bauen aber trotzdem Groove auf; die Gitarren zerfurchen die Soundlandschaft auf „Moss’ Horrible Night“ ebenso schaurig-schön wie auf der „Tombs Of The Blind Drugged“-EP; der Gesang ist noch etwas prominenter eingesetzt und verstärkt so die Atmosphäre gekonnt. Alles in allem ein Fest für Doomster und Sonnenlichtverweigerer, ganz in MOSS’ Sinne. Doom on!
Wer an einem ordentlichen Metal-Stammtisch nach dem Genuss von zwölf Gerstensäften mindestens zehn Metalbands aus Peru aufzählen kann, wird vermutlich für den totalen Nerd gehalten. Aber weil man nur wenige bis gar keine Truppen von dort kennt, heißt das ja nicht, dass es auch keine gibt: REINO ERMITANO wurden 2001 in Lima gegründet und zelebrieren auf ihrem inzwischen vierten Album einen grundsätzlich gelungenen Stoner/Doom-Cocktail, der (natürlicherweise) der alten BLACK-SABBATH-Schule entspringt, aber deutlich kauziger und uneingängiger daherkommt. Wer jetzt Truppen wie REVEREND BIZARRE, SAINT VITUS oder PENTAGRAM im Sinn hat, liegt nicht falsch, wobei REINO ERMITANO noch schwerer zugänglich sind und in ihren Songs nicht ganz auf den Punkt kommen. Großen Anteil daran hat auch Sängerin Tania Duarte, deren angenehm kraftvoll-weiblicher Gesang zwar passend mit dem Stil der Band einher geht, jedoch auch eine hohe Monotonie mitbringt, die das recht eintönige Songwriting noch verstärkt. Bevor das alles zu negativ klingt, muss man sagen, dass sich Fans der oben genannten Referenzen nicht abschrecken lassen sollten, diesem exotischen Quartett eine Chance zu geben, zumal sich auf dem Album mit „Sobre Las Ruinas“, „Soy El Lobo“ (saucooler Anfang!) oder „Sangre India“ (mit folkigen Akustik-Parts) einige sehr hörenswerte Momente befinden. „Veneración Del Fuego“ ist sicher keine schlechte Scheibe, aber über die gesamte Spielzeit etwas schwerfällig und eine Angelegenheit ausschließlich für Genre-Fans.
HANGING GARDEN haben nach dem letzten Album viel firschen Wind in das Line-Up gebracht und gleich mal drei Leute ausgetauscht. Die neue Mannschaft gibt mit „At Every Door“ ihren Einstand und präsentiert sich als handwerklich gute Finnentruppe, die sich mit Kollegen wie SWALLOW THE SUN, GHOST BRIGADE, INSOMNIUM &. Co. messen will. Hier gibt es als schleppenden, melancholischen Doom/ Death zu hören, der für das Land der tausend Seen so typisch ist, was es aber für Bands schwierig macht, ihre eigene Note zu finden. So ließe sich HANGING GARDEN unterstellen, dass sie nur ein weiterer Abklatsch das Finnengenres sind, hätten sie es nicht geschafft, den mehr als 50 Minuten Material ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Das liegt zum einen an der kraftvollen Stimme des Sängers, zum anderen am Songwriting, das den Songs immer viel Platz für Entfaltung lässt. So kann die Band-eigene Melancholie voll zur Geltung kommen („Hegira“), gerade die starke Doom-Schlagseite trägt viel dazu bei. Stellenweise finden sich zwar Längen und lassen HANGING GARDEN ein wenig den Fokus vermissen, aber im Grunde ist „At Every Door“ eine eigenständige, spannende Düstermetal-Scheibe geworden, mit der sich die neuen HANGING GARDEN beim Klassentreffen der Finnenbands sehen lassen können.
Irgendwie distanziert, düster, zuweilen ein wenig gleichförmig, aber mit jeder Menge Profil walzt mich "Earthmother", das bereits vierte Album von SEAMOUNT, platt. Das Ding ist nicht einfach einzuordnen; die Stimme verbreitet zuweilen 80er Jahre New Wave-Kälte, das Keyboard erinnert an die abgefahrenen 70er , und der Gitarrensound und die Rhythmik sind eine Melange aus doomigen BLACK SABBATH, geheimnisvollen BLUE ÖYSTER CULT und einer Prise dunkler SISTERS OF MERCY - dazu allerdings noch einige eigene Zutaten. Obwohl im Retro-Gewand gekleidet, gelingt es der deutsch-amerikanischen Band, fern der ausgetrampelten Pfade von LED ZEPPELIN, PINK FLOYD oder eben allzu viel BLACK SABBATH, ihren eigenen Weg zu gehen.
"Echoes" ist eine wehmütige Reise durch ein siebenminütiges langes Jammertal ohne große Kontraste, aber mit jeder Menge Emotion und Bitternis. Doch nicht nur Zerknirschtheit haben die Musiker zu bieten, sondern auch eine Ladung Wut und Zorn, die sie in gewaltigem Druck aus den Boxen hauen. Im Titelsong gelingt es ihnen gar, eine starke melancholische Melodie ins Zentrum der Nummer zu stellen, welche gesonderten Applaus verdient. Die Band schafft es, mich in ihren Bann zu ziehen! Ich denke, die Jungs haben wirklich was mit ihrer Musik zu sagen. Wenn auch die eine oder andere Nummer eine Spur zu lang für den musikalischen Inhalt ist, so kann mich doch die ausbreitende Energie und Dynamik von der Skip-Taste fernhalten.
"Earthmother" ist ein Album, das (zunehmend mehr) Spaß macht, da das "Hörbild" und der Sound originell und gelungen sind und mir die Band damit so gewaltig auf die Lauscher klatscht, dass ich mir ein wohliges Grinsen nicht verkneifen kann. Bravo SEAMOUNT !!!
SATURNUS lassen sich Zeit mit dem Schreiben neuer Song. Das ist nicht nur ihrem schleppenden Doom/ Death geschuldet, sondern auch einigen Wechseln im Line-Up, die in der Regeln Verzögerungen beim Schreiben und Aufnehmen bedeuten. „Saturn In Ascension“ ist dann doch irgendwann mal fertig geworden und bietet in mehr als 75 die gewohnt heftige Doom-Kost. Also schleppend, verdammt depressiv („Wind Torn“) und mit einem Sänger, der durch starke Growls immer wieder Akzente setzt. Richtig gut wird der neue SATURNUS-Sound, wenn sich die Stimme im Hintergrund hält und so den Instrumenten Platz einräumt („Forest Of Insomania“). Wenn dann der Gesang in Form gesprochener Passagen einsetzt, was SATURNUS immer geschickt eingebaut haben, entfaltet sich das ganze Spektrum an Emotionen, die auf „Saturn In Ascension“ vermittelt werden. Die neuen SATURNUS brauchen den Vergleich mit dem alten Line-Up nicht scheuen und legen mit ihrem ersten gemeinsamen Album ein starkes Stück Doom Metal vor, das den Bandsound konsequent weiterführt. Well done!
Obwohl IDES OF GEMINI mit Bassistin Sera Timms eine starke, melodisch-kräftige Sängerin an Bord haben und reichlich doomig-düsteren Rock spielen, kann man die Band der erstarkenden okkulten Szene nicht direkt zurechnen, da „Constantinople“, das Debütalbum der Trios um den langjährigen Film- und Musikjournalisten Jason Bennett, musikalisch etwas moderner klingt als die Ergüsse von JEX THOTH, BLOOD CEREMONY oder THE DEVIL´S BLOOD und keine direkten satanistischen Motive erkennen lässt. Aber Fans dieser genannten Bands könnten die sehr relaxte, hochatmosphärische Klangdichte in Kombination mit den schleppenden, einfach zeitlosen Gänsehautkompositionen ins dunkle Herz schließen, da sich IDES OF GEMINI zudem sehr erfolgreich von gängigen gotischen Klischees, aber auch psychedelischen Schrammel-Orgien abheben. Laut Info hat irgend ein Internet-Blogger den Stil der Band als „Dream Doom“ bezeichnet, was eine gute Umschreibung darstellt; man könnte sich auch eine ruhigere, abgründige Variante von THE GATHERINGs Klassiker „Nighttime Birds“ vorstellen. Fernab aller stilistischen Deutungen, die ja nur grob umreißen sollen, womit wir es hier zu tun haben, ist „Constantinople“ ein Album voller starker Songs, die erst am Stück genossen ihre wahre Pracht entfalten. Der Opener „The Vessel & The Stake“, das fies aus dem Keller grummelnde „Slain In Spirit“ oder das tieftraurige „Resurrectionists“ sollen hier nur als Anspieltipps herhalten und wachsen, wie auch der Rest, mit jedem Durchlauf. Man könnte behaupten, dass die Platte recht monoton ist, was durchaus stimmt, aber sie ist dabei ausgezeichnet – am Ende auch mit unserem „Tipp“.