Nach der recht gelungenen 2001’er Best-Of Zusammenstellung "7even Year Itch" hatte ich COLLECTIVE SOUL zugegebenermaßen doch etwas aus den Augen verloren. Dies mag u.a. auch an dem letzten regulären aber leider gnadenlos seichten Popsoul Werk "Blender" gelegen haben - vergessen und vergeben jetzt sind die Jungs um die Gebrüder Roland mit ihrem neuen Album "Youth" wieder zurück. Eigentlich stammt die Scheibe schon aus dem letzten Jahr als dieser Longplayer allein in den USA satte 300.000 Abnehmer fand und man außerdem bei diesem eindrucksvollen Comeback mit "Better Now", "Counting The Days" und "How Do You Love" gleich 3 Singles in den Top 40 der amerikanischen Rock Charts platzieren konnten. Jetzt fand sich endlich auch ein Vertrieb für Europa, der diesen typischen amerikanisch geprägten Mainstream Gitarren-Rock ins Programm nahm und für Fans dieses Genres sollte sich dies wirklich lohnen. Auch wenn hier natürlich nichts wirklich bahnbrechend Neues zu hören ist aber diese Jungs haben ihren schon schon immer recht eigenständigen Gitarrensound weitergesponnen und klingen frisch ohne aufgesetzt oder etwa altbacken zu sein. In den seltensten Momenten kann man hier noch wirklich von "Alternative" sprechen aber die vornehmlich knackig-catchy gehaltenen Rocksongs mit ihrem stets irgendwo durchschimmernden Popflair und der charakteristischen Stimme kommen schnörkellos und eindringlich aus den Boxen. Mann kann sich der Musik nicht einfach entziehen die Band versteht es einfach nur "easy listening" Musik wohl eher (hauptsächlich) zum Nebenbeihören zu machen - nicht gerade für Intensivhörer, die erst jede Note dreimal umdrehen müssen geeignet. COLLECTIVE SOUL reden nicht lange drum herum sondern wollen einfach nur unterhalten und dies machen sie wirklich gut. Schön dass man sich trotz der vielen manchmal etwas zu süßen Keyboards dabei wieder der Gitarren etwas mehr erinnert hat, anscheinend haben die Jungs viel AEROSMITH gehört, denn dass Riffing erinnert mehr als einmal an TYLER und Co, macht ja nix, klingt irgendwie cool auch wenn dass Riff von "Home" dann doch relativ stark von "Walk This Way" abgekupfert wurde. Ansonsten sind der lässige Opener "Better Now" mit gelungenem Saxophon, das etwas an R.E.M. erinnernde "Perfect To Stay", die klasse recht straight gehaltene Nummer "Counting The Days" sowie der mit tollen U2-Gitarrenfeeling versehene Track "Under Heaven’s Sky" als Anspieltipps zu nennen. Coole Songs in solider Qualität mit optimistischer Grundausrichtung ohne allzu stark tiefgehende Arrangements, die aber einfach sofort gute Laune machen - auch das muß und sollte es geben.
Nur knappe eineinhalb Jahre haben CULT OF LUNA gebraucht, um den Nachfolger zu "Salvation" fertig zu stellen. "Somewhere Along The Highway" ist aber beileibe kein Schnellschuß, das würde zu der schleppenden Scheibe auch nicht wirklich passen. Die Schweden haben sich auf ihre Stärken konzentriert und die logische Fortführung von "Salvation" geschrieben. Wieder gibt es eine emotionale Achterbahnfahrt, bei der die positiven Emotionen aber nur einen kleinen Anteil haben. Soundmonster wie "And With Her Came The Birds" sind vertonte dunkle Emotion, nur selten unterbrochen von Hoffnungsschimmern. Wie gewohnt ist Sänger Klas die Schizophrenie in Person und leidet, brüllt, wimmert sich durch die Songs, während seine sechs Mitstreiter von ruhigen Passagen bis eurptiven Ausbrüchen musikalischer Gewalt das volle Spektrum ziehen. CULT OF LUNA entziehen sich weiterhin jeder Einordnung in ein Genre und sind nur schwer zu beschreiben. Das Stichwort NEUROSIS ist immer noch verdammt gut - und verdammt gut ist auch "Somewhere Along The Highway"!
Nach dem Ende bei Nuclear Blast brauchten die Schweden diesmal vier statt zwei Jahre für ihren neuen Output. In dieser Zeit wechselten sie Sänger (Jimmy Fjallendahl heißt der neue) und Stil. Was früher an Destruction erinnert, das lässt jetzt (auch dank der Stimme) eher an Metal Church (höre die Halb-Ballade "Rising") denken. Fast könnte Fan denken, die Band mit dem tollen Namen wäre softer geworden. Und in der Tat haben sich zu weiter vorhandenen Thrash-Trademarks inzwischen auch leichte Power-Meta-Parts oder echte Metal-Abschnitte eingeschummelt (und damit weitestgehend den "Haunted-Thrash" verdrängt). Das tut letztlich der Stadt der Verdammten eher gut, denn dadurch erhöht sich Eingängigkeit und Groove von RAISE HELL - und die Musik hebt sich angenehm vom derzeitigen Einheitsbrei des "Thrash mit Metalcore-Schlagseite" ab. Vielleicht ist es dadurch manchen zu pur-metallisch und nicht heftig und thrashig genug. Aber es kommt halt nicht immer nur auf Härte an, damit eine Scheibe gut wird - nicht nur.
Alle zwei Jahre haben die polnischen Techniker DECAPITATED eine neue Scheibe fertig, demzufolge folgt 24 Monate nach „The Negation“ ihr neuer Longplayer „Organic Hallucinosis“ auf dem die Polen mal wieder zeigen, dass sie kräftig am MORBID ANGEL-Thron rütteln. Aber irgendwie machen sie das schon seit ihrem (richtig geilen) Debüt „Winds Of Creation“, haben aber immer das letzte bißchen Genialität vermissen lassen, dass wirklich große Bands von der breiten Masse unterscheidet. Klar können DECAPITATED einiges und sind technisch eine der besten Death Metal-Bands, aber an Klassiker wie „Altars Of Madness“ werden sie auch dieses Mal nicht rankommen und weiter hinter MORBID ANGEL und VADER hinterher hecheln – was aber nicht heißt, dass „Organic Hallucinosis“ ein schlechtes Album ist. Im Gegenteil, auch mit neuem Sänger wird immer ncoh auf technisch höchsten Niveau geballert und dabei übermäßig lange Frickelparts vermieden. Immer vol auf die zwölf, aber mit Niveau, bitte! Schon beim Opener bleibt einem angesichts der Güteklasse die Spucke weg, besonders wenn die Gitarristen mal zeigen, was sie können (so ungefähr in der Mitte des Songs). Auf konstant hohen Niveau geht es dann die nächsten 30 Minuten weiter, hier kommen Death Metal-Fans voll auf ihre Kosten. Man kann also beruhigt zugreifen, wenn man auf Geballer mit Anspruch steht. Nur einen Klassiker sollte man nicht erwarten. Aber eine saugute Scheibe muss ne Band auch erstmal schreiben können. Und das haben DECAPITATED mal wieder geschafft.
SERPENT OBSCENE sind wahrlich nicht vom Glück begünstigt: ihr 2001er-Album "Devastation” erscheint mit satten zwei Jahren Verspätung und nach dem Release haben die Schweden einige Line-Up-Wechsel zu ertragen, so dass sich "Chaos Reign Supreme” ebenfalls verzögert. 2005 konnte dann endlich das Berno Studio gebucht und zehn neue Death/ Thrash-Granaten eingezimmert werden. im Vergleich zum Vorgänger haben (die um zwei KAAMOS-Leute verstärkten) Schweden die Thrash-Seite noch stärker betont, besonders beim Riffing und dem Grundtempo der Songs wird das deutlich. Immer schön auf die Zwölf und dabei leicht rumpelig. Wobei das bei SERPENT OBSCENE sicher nicht an mangelndem Können liegt, da wird einfach dem originalen Thrash-Gedanken gehuldigt: "Bist du zu gut, bist du kein Thrash". Die Röhre von Sänger Erik paßt dazu wie Arsch auf Eimer und ist mit "Vokills" absolut passend beschrieben. Bei den zehn Songs gibt es keine Verschnaufpause, so was wie langsame Parts kennen echte Thrasher eben nicht. Trotzdem ist die halbe Stunde Gemetzel nicht langweilig und kann zum Ende hin mit den drei stärksten Tracks aufwarten. Feine Scheibe, wie schon der Vorgänger. Bleibt zu hoffen, dass die Band diesmal mehr Glück hat und die Granaten auch live abfeuern kann.
Ganze fünf Jahre haben die Stockholmer SILVERBUG für ihr Debüt benötigt. Doch die langwierige Arbeit hat sich gelohnt, denn "Your Permanent Record" tritt einem mit voller Wucht in den Allerwertesten, dass es nur so eine Freude ist. Der dreckig-punkige Garagen-Rock des Vierers geht durchgehend straight und mit ungebremster Energie nach vorne und aufgrund vieler melodischer Parts und Mitgröl-Refrains bieten sich an jeder Ecke Ohrwürmer. An vielen Stellen lassen altbekannte Skandinavien-Rocker wie GLUECIFER und TURBONEGRO grüßen, aber auch die RAMONES und MOTÖRHEAD haben, wenn auch weniger offensichtlich, ihre Spuren hinterlassen. Wie vielseitig die Jungs sind, zeigen nicht nur die variierenden Tempi der Songs - von Mid-Tempo bis High Speed wird alles abgedeckt - sondern z. B. auch die cleane Gitarre unter der Strophe von "Steal The Rythm" und das Steal Guitar-artige Thema von "Louisiana Hayride", was beides einen leichten Country-Touch in die Musik bringt. Diese Scheibe sei allen Liebhabern des ungepflegten Schweinerock wärmstens ans Herz gelegt.
Am 22.12.2002 verstarb mit Joe Strummer (THE CLASH) eine der wenigen wirklichen Persönlichkeiten, die der Rock’n’Roll hervorgebracht hat. Zu seinen Ehren und als musikalischer Abschiedsgruß fanden sich knapp zwei Monate später, am 20.02.2003, ein Haufen wilder schwedischer Punkrocker in dem kleinen Debaser Club in Stockholm ein und coverten ihnen wichtige THE CLASH-Songs, um sich auf diee Weise bei Joe Strummer zu bedanken und den Hut vor ihm zu ziehen. Das audio-visuelle Dokument dieses Abends gibt es jetzt als DVD, passabel aufgenommen und mit einem guten Sound ausgestattet. Die Kamera ist immer nahe an den Musikern und nach ein paar Songs meint man, den Schweiß und das Bier des gut gefüllten Clubs im heimischen Wohnzimmer riechen zu können. Neben Leuten von BACKYARD BABIES, THE HIVES oder THE INTERNATIONAL NOISE CONSPIRACY hat sich auch Mick Jones die Gitarre umgeschnallt und einige Songs begleitet. Für beinharte Schweden-Punkrock-Fans wichtig ist auch die einmalige Reunion von EBBA GRÖN, die sich nach 20 Jahren mal wieder auf die Bühne gestellt haben und deutlich routinierter als die meisten Jungspunde drei Songs zockten. MONEYBROTHER zum Beispiel hatten echt Schiß und spielten sich recht nervös durch "Tommy Gun". Die DVD ist eine feine Sache für THE CLASH-Fans, die auf andere Art Abschied nehmen wollen und für Schweden-Fans natürlich eine kleine Perle. Warum es aber drei Jahre gebraucht hat, bis der Silberling im Player landen kann, ist mir ein Rätsel. Egal, Spaß macht "Roots Rock Rebel" allemal.
Burning Lights - Magnus Carlson (Weeping Willows)
Safe European Home - Kent Norberg (Sator)
Spanish Bombs - Marit Bergman & Maria Andersson (Sahara Hotnights)
I Fought The Law - Nicke Borg & Dregen (Backyard Babies)
Broadway - Kajsa Grytt
Tommy Gun - Moneybrother
English Civil War - Per Persson
Rudie Can’t Fail - Macke (Republicans, ex Turpentines), Nicke Andersson (The Hellacopters)
Clampdown - Idde Schultz, Joppe Pihlgren
Cheat - Johan Johansson
London Calling - Anders "Brodde” Brodin
Straight To Hell - Balsam
White Riot - Sigge Hill
Bankrobber - Dennis Lyxzèn (International Noise Conspiracy), Martin Sköld (Kent)
48 Hours - The Nomads
Hateful - Eggstone
Radio Clash - Infinite Mass
Rock The Casbah - Howlin Pelle (Hives) & Randy
White Man In Hammersmith Palais - Weeping Willows & Mick Jones
Schon das Cover und das Bandlogo bestätigt was dann kurz danach mit dem harten, schnellen und von kreischenden Gitarren dominierten "Shadowman" aus den Lautsprechern knallt. RAM sind wohl die geilste Zeitmaschine, welche mir in den letzten Monaten unter die Lauscher gekommen ist. Irgendwo zwischen alten Priest, Exciter und Mercyful Fate angesiedelt zelebrieren die Schweden auf "Forced Entry" was Anfang der Achtziger die Fans in Verzückung und diverse Eltern und Lehrer in den Wahnsinn trieb - und entwachsen damit (so hoffe ich doch) endgültig dem Underground. Neben dem bereits genannten kraftvollen Opener noch ganz groß: "Sudden Death" (Live-Killer), "Machine Invaders" (hart, kreischend hoher Gesang und mit eingängigem Chorus versehen), das abwechslungsreiche, purer Heavy Metal verströmende "Forced Entry", das etwas gedrosselte, lässige "Breaking Through" und die mit klassischem Soli ausgestatte Headbanger-Hymne "Infuriator". Nicht alle der zehn Tracks können da immer mithalten, aber RAM kommen auf "Forced Entry" definitiv ohne Ausfall aus. Die abschließende Ballade "Burning Scars" (auch das traditionell) könnte dann auch aus den Federn der Scorpions stammen. Und auch der Sound kann sich hören lassen; wohlig roh und erdig dröhnt es aus den Boxen, gut aber nicht überproduziert. RAM legen der NWOBHM einen roten Teppich aus - und so muss das auch sein und nicht anders. Das Teil sollte ähnlich einschlagen wie seinerzeit 3 Inches Of Blood. Ein Muss für jeden True-Headbanger.
Fast sechs Jahre hat es gedauert, bis das Debüt-Album der Schweden TOPPER aufgenommen war. Die titelgebende Single "Once A Punk Always A Punk" ist bereits im Mai 2000 erschienen und schaffte es sogar bis auf Platz 23 der schwedischen Charts. Doch dann gab es Probleme mit der damaligen Plattenfirma, und so dauerte es eine Weile, bis die Stockholmer sich wieder aufgerafft hatten und sich endlich ins Studio begeben konnten. Wie der Titel nahe legt, hat sich der Vierer dem Punkrock verschrieben, wobei hier versucht wird, alten und neuen Sound zu verbinden. Die Songs selbst sind der ´77er Phase zuzuschreiben und lassen an Bands wie die CLASH, die SEX PISTOLS, aber auch die STIFF LITTLE FINGERS erinnern. Der moderne Anstrich entsteht hauptsächlich durch den teils recht cleanen und eher pop-punkigen Gesang und die trotz dreckiger Gitarren extrem transparente Produktion, für die übrigens ein gewisser Sank verantwortlich zeichnet, der schon für KILLING JOKE, die BACKYARD BABIES und CLAWFINGER tätig war. Hier liegt aber auch das Problem des Albums: Besonders der Gesang bietet einfach einen zu starken Kontrast zum authentischen Punkrock-Flair der Songs, so dass die Musik insgesamt nicht vollends überzeugt. Der wahre Rotz und Dreck fehlen hier, was dem Gesamtsound etwas Künstliches und Aufgesetztes verleiht. An den Stücken selbst gibt es nichts zu meckern, so sind z.B. der Opener "Cash From The Chaos" und der Titeltrack druckvolle, hymnische Ohrwürmer und überrascht "White Shiny Missiles" mit groovendem Dub-Sound. Trotzdem: So richtig packt einen die Scheibe nicht. Und den Album-Titel nimmt man den Jungs beim besten Willen nicht ab. Vor allem nicht, wenn man den Direktvergleich mit einer Scheibe wie beispielsweise der neuen U.S. BOMBS wagt...
MY MORNING JACKET kommen aus dem eher ländlichem Louisville in Kentucky und klingen auch so, d.h. etwas verschroben, ohne Hektik und mit einem hörbarem Hang zum alternativen Singer-Songwriter-Stil. Das neu formierte Quintett um Sänger, Songwriter und Gitarrist Jim James legen mit dem einfach "Z" betitelten Album ihren Longplayer Nummer vier vor, gut produziert von John Leckie (Radiohead, The Stone Roses, XTC) und durchaus von der Sorte abwechslungsreich. Dabei haben alle 10 Tracks eines gemeinsam - MY MORNING JACKET lassen es durchweg entspannt angehen, sie wildern mal ungefragt und gekonnt in Pop und Country, wie beim ganzstarken "It Beats 4 You" und lassen dann plötzlich episches Breitwandformat heraus wie beim nachfolgenden "Gideon". Dann wieder klingt es nach schrägen Sixties-Feeling ("What A Wonderful Man"). Nicht genug damit, um den Stilmix vollständig zu machen gibt’s auch noch atmosphärisches aus der Psychedelic-Jam-Abteilung ("Off The Record") und mit "Into The Woods" würden sie eine gute Figur auf jedem Jahrmarkt abgeben. Die auf der letzen Scheibe im Übermaß vertretenen langen Jamsongs sind bis auf den Rausschmeißer "Dondante" gänzlich verschwunden. "Z" ist nun gar nichts für Freunde gepflegt lauter Alternative-Töne und wird trotz des Erfolges des ersten Major-Deal Albums (2003 "It Still Moves) in den Staaten wohl in unseren Breiten eher ein Indie-Tipp bleiben - und dass heißt, manchen gefällt es total und manchen halt überhaupt nicht. Im ersten Moment verstört "Z" schon ein wenig, bevor jene, welche es zu mehreren Durchläufen bringen entlohnt werden.