Calzoni gefällig? So heißt nämlich der Macher der Band, die entgegen der Vermutungen angesichts des CD-Titels aus Italien kommt - und nicht aus Frankreich. Der angesprochene Sergio gründete das Projekt 1998 und hat sich absolut minimalistischem Trip-Hop verschrieben, der in seinen "wüsten" Aswüchsen auch mal Dark Wave genannt werden darf. Als ferne Vergleiche könnten vielleicht Depeche Mode (Gesang) und Tiamat zur psychedelischen Phase oder auch ganz ruhige Pink Floyd genannt werden. ACT NOIR sind entgegen ihres Band-Names selten düster, eher zuckersüß, aber immer ruhig. Und das kann einem Metaller in dieser Verbindung schon mal tüchtig auf die Nüsse gehen. Wer die ersten neun Songs durchgehalten hat, ohne einzupennen, der wird belohnt mit einem Mesmerizemix von "Unheimlich", das alles andere als heimlich nach Wolfsheim meets New Order auf Trash klingt und mit "Distance" (von Monumentum) in einem Act-Noir-Mix. Und das ist mal wenigstens düster, mit viel Elektronik - was es auch nicht besser macht. Für diesen Akt sehe ich schwarz.
Ex-Impnaz Lehtosaari und seine depressiven Kollegen kommen mit der vierten ganzen Scheibe seit 1995 - insgesamt weisen die traurigen Löwen sogar zehn Veröffentlichungen vor. Hört sich nach Stress an, den die Musik aber keineswegs transportiert. Vielmehr gibt’s hier dunklen Rock für verlassene Novemberabende, ihr wisst schon mit Rotwein und Räucherstäbchen. Wovon sie vielleicht zwischendurch zuviel eingenommen haben, den der Song "El Gusano Rjo" macht richtig gute Laune, klingt entfernt nach Andys Gnadenschwestern. Naja also: Metal-Fans müssen schon einen ziemlich weiten Horizont aufweisen, um "Bossonova" zu mögen. Die sehr ruhige Scheibe dürfte eher Fans von Nick Cave und The Doors gefallen, obwohl Janis Stimme längst nicht die orgiastischen Tiefen des Genrekönigs erreicht. Markant im Vordergrund steht bei PLAN E das Keyboard, das exotische Instrumente (vor allem Percussions) charakteristisch unterstützen - und zumiest für eine recht psychedelische Stimmung sorgt. Aber irgendwie wollen die durchaus interessanten Ansätze gemeinsam nicht fruchten. Es gibt aus Finnland viele gute und sehr traurige Scheiben - traurig ist PLAN E auch.
"Rock ´n Roll Receiver" ist das mittlerweile fünfte Album der 70s-Rocker aus Schweden. Gegenüber dem Vorgänger-Album hat sich nicht viel verändert. Wieder gibt es gute, grade Rock-Songs zu hören, die ihre Wurzeln in den End 60ern und 70ern haben, die jedoch bei weitem nicht so straight ausfallen wie die der Landsmänner von den HELLACOPTERS, deren Drummer Robban Eriksson übrigens bis im Jahr 2000 bei den SEWERGROOVES die Felle bearbeitet hat. Natürlich müssen nicht alle schwedischen Rockbands wie die HELLACOPTERS klingen, aber den SEWERGROOVES fehlt einfach der letzte Kick, um einen richtig zu rocken. Auch Sänger/Gitarrist Kurt Dräckes kommt nach wie vor stellenweise ein wenig zu schwachbrüstig rüber, auch wenn er schon mehr aus sich herausgeht als auf dem letzten Release. Und ich vermisse immer noch die echten Ohrwürmer, die für diese Musik eben absolut notwenig sind, da sonst eine Band wie die andere klingt. Der Retro-Sound alleine macht´s noch nicht, den hört man mittlerweile zu oft. Immerhin gehen es die Vier zumindest stellenweise mittlerweile etwas dreckiger an und treten dann und wann doch mal ein wenig aufs Gaspedal, etwa beim rotzigen "Remember Everything" oder beim treibenden "Keep It Coming", das man schon fast als DANKO JONES light bezeichnen könnte. Unterm Strich bleibt jedoch alles beim alten: Die SEWERGROOVES machen zwar gute Musik, aber sie hauen einen auch nicht um.
RAIN PAINT sind melancholisch, gar todtraurig, machen Gothic Rock, gar Metal - und ja, sie sind Finnen. Das hört sich alles ziemlich langweilig an, ist es aber keineswegs. Natürlich erinnern die Soumis zuweilen an ihre Landsmänner von HIM oder Sentenced, natürlich klingt hier mal Katatonia oder Anathema durch. Andererseits sind RAIN PAINT wesentlich authentischer als die Band um den notorischen Berufsstöhner Ville, dafür aber mindestens so philosophisch wie Anathema. Zudem versucht sich Mastermind Aleksi Ahokas (sonst Rapture) mit seinem wandelbaren Organ auch mal an furchtbar cleanem Gesang, der über die normale Trauer eines finnischen Trauerkloßes hinausgeht und den in psychedelische Momente eines blassen Briten hineinsteigert - und covert deswegen das Cure-Stück "Disintegration". Alles in allem reicht die musikalische Bandbreite vom seichten Pop bis hin zum härteren Rock beziehungsweise sachtem Metal - und immer schön wenig Spaß dabei. Wenn jetzt endlich mal das Wetter schlecht würde, dann wäre das hier sicherlich eine passende Alternative für den CD-Player. Und wer sich inzwischen imitten des Zahnspangen-Klientels bei HIM etwas overaged findet, der muss hier unbedingt mal antesten. Zumal auch die schicke professionelle Aufmachung (mit leger in schwarz-grau.weiß-gehaltenem Styling) die Laune nicht entscheidend aufbessert. In diesem Sinne: Immer schön traurig bleiben!
Wie oft kommt es vor, dass in der Metal - Szene mal ein Riff, eine Melodie oder eine Songidee "ausgeliehen" wird?! Wie oft hat man auch bei bekannten und namhaften Bands das Gefühl, das Gehörte schon mal irgendwo anders vernommen zu haben?! Das ist nix Schlimmes und oft auch eine Ehrerweisung an das Original! Aber so was wie dieses Album hier habe ich bisher nicht erlebt. Was Gitarrist Sascha Paeth und seine neue Band hier abliefern, ist schlichtweg eine Unverschämtheit! "Von JUDAS PRIEST inspiriert" - ja, nee, is´ klar… nur hat man hier die Institution Priest gekonnt umschifft und klaut hemmungslos bei Rob Halfords Soloangelegenheiten. Jeder Song auf "Rage Of Fire" ist geklaut, sei es bei FIGHT oder den letzten, traditionellen Scheiben des Metal God!!! Bei "Gone Too Far" ist man sich nicht mal zu schade, sogar eine ganze Textzeile beim Song "Crucible" vom gleichnamigen Album zu stibitzen ("Lost in a room of mirrors - there´s only one way out"), bei "Peace & War" hört man "The One You Love To Hate" fast eins zu eins übernommen, "Respectable" klingt wie eine B - Seite von "War Of Words", Sänger Thomas Rettke versucht dermaßen im Windschatten von Robbi Rob zu fahren, dass es lächerlich wird… das sind nur ein paar Beispiele für die "Inspiration", die REDKEY uns hier verkaufen wollen. Eigentlich macht die Band wirklich keinen schlechten Job, handwerklich ist alles im grünen Bereich, aber ich habe noch niemals zuvor, trotz des Genusses zahlreicher Nachahmer, einen solchen Diebstahl (über die Länge eines ganzen Albums!) erlebt wie hier. Sorry, Leute, ich fühle vergackeiert und kann abschließend nur anmerken, dass Robbis sexuelle Ausrichtung zwar unnötig oft in den Vordergrund gekehrt wird, aber dass hemmungsloses, dreistes Klauen wie auf "Rage Of Fire" definitiv noch viel schwuler ist!
Kollegin Lattwesen hatte beim CHAOSBREED-Release in Erinnerungen an alte Zeiten schwelgen können, als Mixtapes noch angesagt waren. Scheinbar haben die Jungs bei Black Lodge die gleichen nostalgischen Erinnerungen, "Stinking Up The Night" ist in der Promo-Version als schniekes Tape angekommen (daher ist die Spielzeitangabe mit Vorsicht zu genießen). Nicke Andersson hatte anscheinend eines Tages Sehnsucht nach seinen alten ENTOMBED-Zeiten und konnte Robert Pehrsson (THUNDER EXPRESS, WRECKS, DEATHWITCH) und Mange Hedquist überrden, mit ihm den rohen Schwedensound der frühen 90er zu frönen. Schenll ein paar Songs geschrieben, eine 7" aufgenommen und dann bei Black Lodge unterschrieben. So einfach kann das sein. "Stinking Up The Night" ist natürlich nicht sonderlich anders, sondern schlägt in die gleiche Kerbe, Death Metal as fuck. Unterstützt von Fred Estby (DISMEMBER), Jörgen Sandström (ex-GRAVE) und Scott Carlson (REPULSION) haben DEATH BREATH zehn Songs eingespielt, die den Geist des alten Stockholmer Death Metals versprühen. Ungetriggerte Drums, schön tief gestimmte Gitarren, effektiv-simpler Songaufbau und immer schön dreckig macht die Platte jeden Totmetaller mit einem Faible für Schweden glücklich. Die B-Seite hat dabei die besseren Songs abbekommen, "Reduced To Ashes" und besonders "Flubby Little Things From Beyond" sind so verdammt geile Old School-Songs, das man einfach in nostalgische Rückblicke verfallen muss. "Cthlhu Fhtagn!" (Hallo, Herr Lovecraft) als Akustik-Rausschmeißer ist auch schon klassicher Stoff und beendet eine grandiose Zeitreise, bei der jedem Death Metal-Fan das Herz aufgehen wird. Bitte mehr!
FRANKENSTEIN DRAG QUEENS sind wohl leider endgültig Geschichte, da ist es ein kleiner Trost, dass der etwas anämisch aussehende Wednesday 13 weiterhin aktiv ist und unter eigenem Namen Horror-Rock macht. Wie schon beim letztjährigen Album ist auch "Fang Bang" eine wilde Mischung aus Punk, Rock und Metal - immer schön schnell, schön augenzwinkernd böse und schön rotzig. Ist der Opener "Morgue Than Words" noch sehr in Richtung Psychobilly unterwegs, wird im weiteren Verlauf in allen Genres gewildert, "Die Sci Fi" entpuppt sich als getragene Halb-Ballade, während "Haddonfield" ein fast schon Stadion-kompatibler Mitgröhl-Rocker ist. Dem Punkrock hat Mr. Wednesday wieder mehr Platz eingeräumt, das ganze Album klingt dadurch spontaner und dreckiger. Am Gesang wurde aber nichts verändert, wer mit dem dreckigen Gesang bisher gut leben konnte, wird auch bei "Fang Bang" nicht enttäuscht. Der Gesang ist es dann auch, der "Fang Bang" sehr viel Atmosphäre gibt und Altmeistern wie ALICE COOPER in nichts nachsteht. Bis auf zwei Ausnahmen ("Curse Of Me" und das angesprochene "Die Sci Fi") sind die Songs derbe treibende Rocker, die man einfach nicht ruhig sitzend anhören kann. Mit diesem Album läßt sich das Dahinscheiden der Drag Queens etwas leichter verschmerzen. In diesem Sinne: rock on, dude!
Ihr sucht was zum Chillen? Dann seid ihr in Italien richtig, genauer gesagt in Rom, wo ja auch Klimt 1918 (von denen Herr Söllner übrigens bei "Isquosadmove") gastiert) oder Room With A View die sanften Gefühle des harten Rockers ansprechen. Also macht die Augen zu und lauscht den irgendwie traurigen Klängen, die oft akustisch betont sind und nicht selten an die ruhigen Augenblicke von Opeth erinnern - indes längst nicht so mathematisch daherkommen wie die monumentalen Aufgaben von Akerfeldt und Co. Und natürlich sind die amtierenden Weltmeister auch lange nicht so hart wie die Schweden. Vielleicht passen sanfte Anathema, Amorphis zu ihrer unmetallischen Phase oder auch Katatonia als Orientierungshilfe? Und die Stimme klingt sehr nach Alternative, vielleicht beruft das sich Info deswegen auch Alice In Chains? Auf jeden machen EN DECLIN ansprechende und anspruchsvolle, sehr smoothe und gefühlvolle Musik, könnte sein, dass hier der Begriff "Emo" wirklich seine passende Bedeutung gefunden hat, "emotionaler Rock" passt in jedem Fall besser als die aufgesetzte Stilbeschreibung "Ethereal Morphosis Music". Erstaunlich bleibt die große Qualität der Musik (inklusive Sound aus dem Hause Outer Sound), immerhin handelt es sich bei "Trama" um ein Debüt. Härtner können die Südeuropäer ignorieren, entspannte Charaktere aber könnten sich ruhig mal mit den Jungs befassen. Und schöööön chillen….
Aus Schweden kommen nun wirklich Unmengen guter Rockbands nahezu aller Schattierungen, man könnte meinen gute Musiker wachsen da auf den Bäumen. Gute Musiker sind die vier Herren und eine Dame (Caroline af Ugglas) wohl auch, nur ihr Debüt unter der Firmierung TWIGGS will so gar nicht zünden. Das Debüt erscheint selbst nach mehreren Durchläufen eine halbgare Sache zu sein. Songs wie das Openerdoppel "Model Girls" und "Waltzing" oder das schon zu eingängige "Wake Up Girls" zeigen Ansätze, bleiben aber in denselben auch stecken. Und die Produktion hat auch nicht gerade dafür gesorgt, das es rockt - dünn vor allem auch Gitarre und Schlagzeug. Sängerin Caroline af Ugglas hat zwar an sich ein sehr angenehmes Organ, kommt aber über alle zehn Songs auch recht leicht daher - da fehlt einfach die Power um aus den eher einfach gestrickten Kompositionen einen richtigen Rocksong zu machen. Das ganze erinnert fatal an die Auswüchse der NDW. Und das Cover in rosa gibt mir dann den Rest. Sorry, ein Debüt muss da mehr punkten um Perspektive zu zeigen.
Das zweite Album der DOITS zeigt, dass sich die Schweden-Rocker deutlich weiter entwickelt haben. Klang auf dem Debüt noch alles ziemlich gleich, präsentiert der Vierer seine Mischung aus 60s Garagen-Rock, 70s Rock und einem Hauch Punkrock auf "Lost, Lonely & Vicious" weitaus vielfältiger. Mal geht das gut, wie bei "Love You From The Planet I´m On", dessen Strophe mit seinem krummen Beat und dem hohen, leicht Robert Smithigen Gesang etwas an die Engländer BLOC PARTY erinnert und in Kontrast zum grade gerockten Chorus steht. Mal geht das aber auch ziemlich in die Hose, wie bei der bluesig-schwülstigen Ballade "I Could Never Make You Stay", bei der besonders Sänger/Gitarrist Altay Sagesen mit seinen jauligen Vocals ziemlich daneben liegt. Da bevorzuge ich dann doch eher die HELLACOPTERS-mäßigen Rocker, wie "Righteous In A Liars Mind" oder "Lose All The Time". Die DOITS sind sicherlich eine gute Band, und der Ansatz, weitere musikalische Einflüsse aufzunehmen, ist auf keinen Fall verkehrt. Allerdings fehlt mir insgesamt noch ein echter eigener Stil und vor allem auch eine ordentliche Portion Ass-Kick-Attitüde.