Ari Nissilä, Toni Kansanoja, Mikko Nevanlahti and Kari Vähäkuopus raus, dafür Mikko Hepo-oja, Tony Qvick, Sauli Jauhiainen, Juha-Matti Perttunen und Jussi Sauvola rein – einige Dinge ändern sich bei CATAMENIA nie, das sich munter drehende Besetzungskarussel gehört immer dazu. Irgendwas muss an Riku Hopeakoski schwierig sein, anders ist das nicht zu erklären. Aber gut, was zählt, ist auf dem Platz und da liefern CATAMENIA gewohnt solide Arbeit ab – aber Halt, „The Rewritten Chapters“ bietet gar keinen neuen Stoff. Im Mastervox Studios haben die Finnen 14 Songs neu aufgenommen, bieten also einen Querschnitt durch die Bandgeschichte. Das ist alles gut gelungen, auch wenn die Produktion hier und da etwas differenzierter hätte sein können. Die Auswahl der Tracks deckt alle Schaffensphase des Herrn Hopeakoski ab und bietet so Einsteigern in den CATAMENIA-Sound einen guten Überblick. Allerdings ist fraglich, wieweit die regulären Alben der Finnen zwingend notwendig für die heimische Sammlung sind, immerhin sind sie oft nicht über gehobenes Mittelmaß hinausgekommen, da ist eine Best-Of schon der sinnigste Kauf. Abgerundet wird die Scheibe durch ein witziges JON BON JOVI-Cover. Das ist alles völlig ok, aber ob CATAMENIA nochmal ein solides Album schreiben werden und wer von der aktuellen Besetzung dann dabei sein wird, sind die eigentlich spannenden Fragen.
SUIS LA LUNE sind mit ihrem dritten Album dann auch mal bei Topshelf Records gelandet, die ja u.a. mit PIANOS BECOME THE TEETH und THE SADDEST LANDSCAPE ähnlich gelagerte Künstler in ihren Reihen haben. Künstler, die in jüngster Zeit gut durchgestartet sind. SUIS LA LUNE aus dem Land von Elch, Volvo und IN FLAMES sollte das mit „Riala“ prinzipiell auch möglich sein, sind doch die knapp 40 Minuten gespickt mit schönen Screamo-Songs, die dem Material von beispielsweise „The Lack Long After“ in nichts nachstehen. Die Gitarrenarbeit der Schweden ist dabei anders gelagert: zum einen melodisch-verspielt, mit einem Gespür für das Aufbauen großer Klanglandschaften (was schon etwas Postrock-artiges hat), zum anderen auch gerne mal knackig-punkig nach vorne gehend. So ist „Riala“ im Instrumentalbereich ganz weit vorne und steckt die Labelkollegen da in die Tasche. Beim Gesang halten sich SUIS LA LUNE dann aber Genre-Konventionen, indem sie auf emotionalen, zwischen Verzweiflung und Wut schwankenden Gesang setzen. Das ist in der Regel gut auf die Stimmung und den Aufbau der Songs abgestimmt, hätte aber stellenweise ruhig etwas variabler sein können, ja sogar etwas mutiger. Im Endeffekt ist das aber Jammern auf hohem Niveau, immerhin kann „Riala“ auch in der dargebotenen Form von Anfang bis Ende überzeugen und den Werken der Kollegen locker das Wasser reichen.
MUTILATION RITES ist das neue Betätigungsfeld ehemaliger TODAY IS THE DAY- und TOMBS-Mucker, die hier ihrem Faible für Black Metal nachgehen. Der hat mit dem hippen WOLVES IN THE THRONE ROOM-Sound aber nichts gemein, stattdessen wird auf eine Crust-meets-DARKTHRONE-Mixtur vertraut, die dank einer entsprechend räudigen Produktion schön authentisch nach Mitt-90er klingt. Witzigerweise sind die Songs länger als erwartet, in gut 35 Minuten gibt es ganze sechs Songs und nicht wie erwartet die doppelte Anzahl. Die Songs selbst sind gnadenlos: gnadenlos schnell, gnadenlos roh, gnadenlos heftig, aber leider nicht gnadenlos geil. Einzeln machen sie durchaus Laune, gerade wenn MUTILATION RITES mal das Tempo kurz rausnehmen und leichte Doom-Einflüsse einstreuen; aber auch die rasanten Songs können einzeln gefallen. Nur im Albumverbund will das Ganze nicht zünden, dafür ist es dann doch zu sehr nach dem gleichen Strickmuster gemacht. Ein zwiespältiges Album, das sich Black Metal-Puristen ruhig mal anhören können, aber Wunderdinge sollten nicht erwartet werden.
"Inside My Head" ist das neueste Werk von RICHARD MARX. Neu!? - Das ist nicht die ganze Wahrheit. So sind nur vier Songs wirklich neu, der Rest ist zusammen geschnipselt aus US Releases. Dennoch, für den europäischen Markt ist das Ding mit 13 Songs (welche hier teilweise unbekannt sein dürften) nicht uninteressant.
Ich muss zugeben, dass ich am Anfang so meine Probleme mit dem neuen Album von Herren Marx hatte. Das liegt oder besser gesagt lag u.a. an dem Umstand, dass das Teil eher bedächtig anfängt und erst gegen Ende rockigere Stücke auspackt. So kann es schon passieren, dass man zu Beginn etwas eingelullt wird und wenn es knackig wird, schon weg gedämmert ist. Versteht mich nicht falsch, das Album hat, wenn man sich darauf einlässt, große Melodien zu bieten. "Wouldn't Let Me Love You " ist eine starke Ballade mit einer Melodie zum Hinknien. Oder "On The Inside" rockt atmosphärisch und offenbart mit starkem Chorus seine ganze Kraft. Ab Titel Nr. Acht werden die Gitarren lauter und die Drums bekommen Wumms. Man kann "All Over Me" sogar ohne Bedenken als Hardrock bezeichnen. Warum das Album so angelegt worden ist - erst leicht, bedächtig und soft, gegen Ende rockiger und lebendiger - ist mir ein Rätsel.
Das Songwriting ist stark, ohne Wenn und Aber. Jeder Song besitzt eine gewisse Strahlkraft. Viele Balladen, eine Stimme die in Milch und Honig gebadet hat, viel Klavier, nur ein Drittel Rock - wer dazu "ja" sagt oder zumindest "manchmal", kann hier zugreifen.
Komplett irre, was das englische JAMES CLEAVER QUINTET hier vom Stapel lässt. Bands wie FAITH NO MORE und SYSTEM OF A DOWN lassen im Geiste grüßen, und doch klingt „That Was Then, This Is Now” ganz anders. Hardcore wird mit Metal, Post-Punk, Rock, vertrackten Riffs und jazzigen Harmonien kombiniert, cleaner Gesang wechselt sich ab mit Growls und Shouts, und dazwischen passen auch noch ein Latin-Beat und das ein oder andere atmosphärische Interlude. Klingt abgefahren? Ist es auch. Funktioniert aber erstaunlich gut. Das liegt zum einen wohl an der überbordenden Energie, die die Band in den meist eben doch extrem nach vorne abgehenden Parts ausstrahlt, zum anderen aber auch an den immer wieder eingebauten melodischen und eingängigen Passagen. Der rote Faden ist hier absolute Unberechenbarkeit, und man ist immer wieder gespannt darauf, was den Jungs wohl als nächstes einfällt. Die Überdrehtheit, die sie mit eingangs erwähnten Bands teilen, wirkt auf einige sicher nervig, ist auf eine eigene Art aber auch ebenso faszinierend wie ansteckend. Diese Scheibe ist sicherlich nicht Jedermanns Sache, wenn man sich aber darauf einlässt, kann man viel Spaß damit haben.
Neun Jahre (!) haben THE FORSAKEN für den Nachfolger ihres Drittwerks „Traces Of The Past” gebraucht (dessen Titel im Rückblick sehr passend ist). Die Schweden waren wohl mit anderen Dingen beschäftigt, aber haben ihr Faible für Auf-die-Fresse-Death Metal in all den Jahren nicht verloren. So knallt „Beyond Redemption“ dann auch ohne Ende und wird richtig gut, wenn die große Groove-Keule ausgepackt wird („No Dawn Awaits“), da können sich THE FORSAKEN mit AMON AMARTH locker messen. Handwerklich ist alles im grünen Bereich, aber genug Zeit zum trainieren der eigenen Fähigkeiten sollten die Herren ja auch gehabt haben. Die Produktion der Scheibe geht ebenfalls in Ordnung, so dass das quasi-Comeback mit „Beyond Redemption“ als geglückt bezeichnet werden kann. Wer auf ehrlichen, schnörkellosen Death Metal steht, ist bei diesem Album genau richtig.
Was sich schon auf „The Mirroring Shadow“ gezeigt hat, setzt sich auf dem neuen MISERATION-Album fort: der Death Metal der u.a. aus UNMOORED-Leuten bestehenden Combo ist noch komplexer und noch heftiger geworden, das macht gleich mal der Opener „Stepping Stone Agenda“ klar. Hier wird ordentlich vom Leder gezogen und unbedarfte Totmetaller ein harter Brocken gegeben, der Song ist mehr was für die Frickel-Fraktion. Diese Ausrichtung ändert sich im weiteren Verlauf nicht, MISERATIOn haben mit „Tragedy Has Spoken“ endgültig ihre Vorliebe für technisch anspruchsvollen Death Metal entdeckt. Experimente wie der Klargesang bei „On Wings Of Brimstone“ sind genau das: Experimente. Anno 2012 stehen MISERATION für gut gemachten technischen Death Metal, der zwar eine klare Schwedenkante hat, aber auch Fans der US-Schiene gefallen wird. Gute Scheibe, das.
PIGEON TOE ist ein weiteres Projekt aus dem Umfeld der inzwischen verblichenen FEAR MY THOUGHTS. Hier gibt’s auch die erste Konfusion, denn sind doch mit Drummer Norman Lonhard (TRYPTIKON) und Patrick Hagmann auch zwei Leute von EARTHLIMB aktiv, deren Debüt hier im Review zu finden ist. PIGEON TOE gehen dann auch ähnlich eben EARTHLIMB vor, auch wenn „The First Perception“ nicht so leicht zugänglich ist wie „Origin“. Wer sich auf die progressive Musik der Band einlässt, wird mit einer vielschichtigen und oft düsteren Platte belohnt, die in solchen Momenten an neuere KATATONIA erinnert; an anderen Stellen blitzen immer wieder OPETH-Einflüsse auf („The Chase“). Die Gitarrenarbeit ist – obgleich fest im Metal verwurzelt – sehr breit gefächert und lässt immer wieder 70er Rock in den Sound einfließen, was gut zur Musik passt und dank der erdigen, warmen Produktion gut zur Geltung kommt. Beim Gesang gibt es nichts zu kritisieren, die Stimme ist klar und kraftvoll und wird immer wieder gut in Szene gesetzt – das hat Martin Fischer ja auch schon bei FEAR MY THOUGHTS sauber hinbekommen. „The First Perception“ ist eine gute Progressive-Scheibe, die das ganze Spektrum der Hörerschaft ansprechen dürfte und dem EARTHLIMB-Debüt qualitativ in nichts nachsteht, außer in Sachen Zugänglichkeit. Trotzdem well done!
"Unbreakable" - das sind PRIMAL FEAR auch mit ihrem neunten Studioalbum rund 14 Jahre nach ihrem Debüt. Trotz einiger Besetzungswechsel im Laufe der Jahre, bleiben die Schwaben auch auf diesem Output ihrem Stil treu ohne dabei zu sehr auf einer Stelle zu treten. Schon bei "Give ' em Hell" und "Strike" kommen klar ihre Wurzeln zum Vorschein - das ist der Stil den das GERMAN METAL COMMANDO zum Teil auch selbst mitgeprägt hat. Ralf Scheepers Kehlstimme in Wechselarbeit mit einer kräftigen, Riff orientierten Songstruktur. „Bad Guys Wear Black“ wird alleine schon wegen der Textpassage „Bang Your Head“ zur neuen Hymne des gleichnamigen Festivals, überzeugt jedoch viel mehr durch ein treibendes Tempo und ein sehr eingängigen Refrain. Eine geniale Leadguitar Melodielinie eröffnet „And There Was Silence” und avanciert schnell zu einer Nummer die man in einem Atemzug mit “Nuclear Fire” nennen kann. Die obligatorische Mid-Tempo (ja fast schon tanzbare) Nummer folgt in Form von „Metal Nation“. Das die Stärken von PRIMAL FEAR mittlerweile auch im Bombast Metal Bereich liegen haben sie auf den letzten Alben zweifelsfrei unter Beweis gestellt. Nun greifen sie ihr Lieblingsthema „Angels“ mit der acht-minütigen, balladesk beginnenden Mid-tempo Nummer „Where Angels Die“ auf, welche jedoch seinen Höhepunkt im bombastischen Mittelpart findet. Richtig auf die Tube wird dann bei „Marching Again“ gedrückt. Das ist quasi Speed Metal mit donnernden Double Bass Attacken und einem Hymnenhaften Chorus bei dem Ralph Scheepers seine Stimmbänder besonders strapaziert. „Blaze Of Glory“ hätte auch schon auf dem Debütalbum vertreten sein können und groovt sich gut ins Ohr. Die atmosphärisch daherkommende Ballade „Born Again“ beschäftigt sich mit dem „Leben nach dem Tod“ und geht für mich als eine der stärksten Ballade von PRIMAL FEAR überhaupt ein. Insgesamt recke ich für "Unbreakable" beide Daumen nach oben! Ganz weit!
Ordentlich zur Sache geht es bei den sechs Schweden von C.B MURDOC. Erster Eindruck: MESHUGGAH. Ein bisschen hardcoriger. Progressiver Hardcore wird vorgeschlagen. Passt auch. Oder einfach Djent. Djent als Begriff für eine Stilrichtung existiert noch gar nicht so lange, jedenfalls gab es MESHUGGAH lange bevor man eben diese in jene neue Schublade als sogenannte Vorreiter des Genres steckte. Zitat aus C.B MURDOCs Biographie, die ein norwegischer Journalist geschrieben hat:
„At any rate, up to now, there’s only been a couple of ways to play this „djent“. Either you:
A) play it EXACTLY like MESHUGGAH or you play it
B) wrong”
Hört, hört. Wo das dann weiter hinführt kann man ahnen. Abseits der etwas provokativen Bio, zocken C.B MURDOC echt geile Mucke. MESHUGGAH ist gefallen, KVELERTAK könnte man noch einschieben und auch COALESCE. Unbeschriebene Blätter sind die meisten der sechs Herren auch nicht, denn immerhin spielten vier von ihnen schon bei der Black Metal-Truppe MÖRK GRYNING, die sich allerdings 2005 auflöste. Eine hervorragend Mischung also, die sich trotz ihrer Nähe zu MESHUGGAH in diversen Momenten doch auch ebenso deutlich absetzen kann. „The Green“ sollte sich jeder Freund von roher, technischer und äußerst zorniger Hardcore- oder auch Metal-Musik mal genauer anhören. Es wird sich lohnen.