Die Band LETHAL STEEL macht es mir erschreckend einfach. Man kann es eigentlich kurz halten: Junge, schwedische Band versucht, den Heavy Metal in die Welt zu tragen, aber wie bei so vielen übermotiviert-ambitionierten Bands scheitert das Unterfangen leider schon ein wenig im Ansatz.
2016 schnupperten High Roller Records in der Band Potential und veröffentlichten das Debüt „Legion Of The Night“, und LETHAL STEEL bekamen durchschnittliche bis gute Bewertungen seitens der Presse. Natürlich war vor vier Jahren die Metal-Retrowelle im vollen Gange, und wahrscheinlich wurden auch gerne mal ein bis zwei Pünktchen an Retrobonus von der Presse verteilt. Dies funktioniert in 2020 aber nicht mehr, und auch damalige Aussagen der Band wie: “LETHAL STEEL sind derzeit die einzige authentische schwedische Heavy Metal Formation…“ tragen nicht dazu bei, Symphatiepunkte zu ernten.
Kommen wir aber jetzt zur 2020 erschienenen EP „Running From The Dawn“, welche mit einem ruhigen Intro beginnt und dann in einen gutklassigen Heavy Metal Song mündet. „Weekday Refugee“ nimmt im Refrain das Tempo ein wenig raus, und das tut dem Song nicht gut, da der Refrain ziemlich belanglos und ersetzbar wirkt. Bei „Stay Away“ wird das Tempo erhöht, und man kratzt hart am Speed Metal. Leider kann Sänger Steven Gustafsson hier nicht mithalten. Zu limitiert sind hier die gesanglichen Möglichkeiten, und manchmal klingt es, als hätte der Sänger einen Keks verschluckt. Musikalisch bietet der Song nur Standardkost und hebt sich zu keiner Zeit von der Masse ab. „Ge Allt“ (Übersetzung: „Kann Alles“) wird in der schwedischen Muttersprache vorgetragen, und Gustafssons Stimmlage rutscht ein wenig in tiefere Gefilde, was dem Song gut tut, aber manche schiefen Töne nicht ganz retuschieren kann. Die leisen Gangshouts vom Refrain kann man leider nur erahnen und kommen bestimmt nicht so intensiv rüber, wie die Band sich dies sicher gewünscht hätte. Somit ein komplett durchschnittlicher Song. Auch der Rausschmeißer „City Of Sin“ kann nicht mehr alles retten. Beginnt der Song mit einem ordentlichen Riff und einer passenden Gesangsleistung, kann leider das Songwriting nicht ganz mithalten. Es klingt alles nicht wirklich zwingend und zu konstruiert. Trotzdem kein schlechter Song, und das Solo ist tatsächlich nicht ohne.
Als Fazit kann man sagen, das sich LETHAL STEEL mit dem nächsten Output definitiv beweisen müssen und die Marschrichtung der EP eventuell noch einmal oder zweimal überdenken sollten. Für mich ist das Ganze weder Fisch noch Fleisch und komplett austauschbar. Definitiv eine Band aus der dritten Reihe der Retrobands und somit keine Empfehlung von mir, und über das Coverartwork schweigen wir einfach mal besser…
SIRENs "No Place Like Home" (1986) Album gehört mit zu den außergewöhnlichsten, eigenständigsten, gehaltvollsten und somit besten Heavy Metal-Werken dieser Zeit, nur leider ohne den dazugehörigen Erfolg. Hier hat sicher nicht zuletzt das skurrile und untypische Artwork seinen Anteil daran. SIREN zählen heute wie CIRITH UNGOL zu den Underground Legenden mit leicht kauzigem Charakter. Das liegt an Sänger Doug "Dead" Lee, dessen Stimme und Stil teilweise kontrovers aufgenommen wird. Ich teile diese Wertung nicht, finde seine Vocals und Gesangslinien profilgebend und eigenständig und bei weitem nicht so polarisierend wie die von Tim Baker (CIRITH UNGOL).
SIREN sind zurück und beglücken uns mit "Back from the Dead", Longplayer Nr. 3. Hierzu hat Fabi eigentlich schon alles gesagt. Ich möchte Euch, liebe Vinyl-Liebhaber, nun die analoge Version ans Herz legen. Das Album gibt es in zwei farblichen Variationen: einmal in schwarz (limitiert auf 200) und in einer wunderschönen blauen Splatterversion (limitiert auf 150). Der Klang ist ausgewogen und die Verarbeitung makellos, wenn man von dem etwas engen Mittelloch mal absieht. Die Platte kommt mit beidseitig bedrucktem Einleger, Downloadcode und allen Texten zum Kunden. Leider fehlen dem Tonträger drei Songs gegenüber der CD; am schwersten vermisse ich dabei das mitreißende, leicht punkige "Insomnia" und das beim Songfinale sich episch aufbäumende "How Do you Think I Feel". Hier hätte man sicher eine andere Auswahl treffen können, wobei das zugegeben nicht einfach war. Das Album ist rundum gelungen, es strotzt vor Energie, das Songwriting ist famos (siehe oben + "S-Blade Serenade", "Science Fiction Movie") und bedient dabei die Erwartungen eines SIREN-Fans. Das hätte man so nach immerhin fast 25 Jahren Funkstille nicht zu hoffen gewagt.
Das Vinyl gibt es noch bei HRR Records und Underground Power Records, die CD ist bei info@gom-records-onlineshop.com zu erwerben.
Wer auf ältere SYMPHONY X-Sachen steht, wird mit diesem Album von FAIRYLAND mehr als glücklich. Ich bin auf jeden Fall Fan davon und damit ab sofort auch Fan von FAIRYLAND. Obwohl dies bereits das vierte Konzeptalbum der Band ist, bin ich erst jetzt mit der Band in Berührung gekommen. Schande über mein Haupt.
Der erste Track nach dem schicken Intro verläuft noch etwas schleppend mit etwas ruhigeren Stellen und nicht ganz so viel Betonung auf den Gitarren.
Aber mit "The Hidden Kingdom Of Eloran" geht es dann richtig ab. Ein Sechs-Minuten-Song, der nie langweilig wird und man regelrecht traurig und überrascht ist wenn er dann zu Ende ist.
Allerfeinster Symphonic Power Metal!
Mit dem Einsatz von diversen Gastmusikern, als da wären: Elisa C Martin (Leadvocals bei "Eleandra"), Flora Spinelli & Victoria Cohen (Leadvocals bei "The Age Of Light"), Tony Rabusseau (Backvocals), Camille "Cydorrh" Dominique von der Band ADARYN (Geigen & Flöten), Dan Wilberg (Erzähler bei "The Age Of Birth"), wird der Platte einiges an Abwechslung verliehen und diverse musikalische Überraschungen hinzugefügt.
Von mir allerwärmstens zu empfehlen und natürlich ein "TIPP" mit Ausrufezeichen!
Noch gar nicht so lange bereichern die Kanadier TRAVELER den konservativen Heavy Metal-Markt. Und das mit zunehmenden Erfolg. Nach dem 2019er Debutalbum „Traveler“, welches in den einschlägigen Medien gefeiert wurde wie ein verloren gegangenes Kind, wird in 2020 der ersehnte Nachfolger „Termination Shock“ nachgeschoben. Die Band wirkt nach einer Headlinertour, welche auch unsere Breitengrade beehrte, extrem eingespielt und hat scheinbar Lust, die New Wave Of British Heavy Metal nochmals komplett in den Wohnhäusern und auf den Bühnen dieser Welt zu zelebrieren.
Die falschen Vorbilder hat man sich für ein solches Unterfangen wahrlich nicht gesucht. An jeder Ecke kann man Einflüsse von IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST wahrnehmen, was sich besonders bei dem MAIDEN-Einfluss in der exorbitanten Nutzung von typischen Twin-Gitarrenduellen und der Stimme von Frontmann Abboud zeigt, die allerdings ein wenig rauer als die von Bruce Dickinson durch die Boxen hallt und auch vor einigen Rob Halford-Screams nicht zurückschreckt. Im Song „Diary Of A Maiden“ verweisen TRAVELER nicht nur durch den Titel an IRON MAIDEN, sondern kopieren fast ein wenig dreist einige Passagen der großen Vorbilder, was den Spaß an dem Song aber definitiv nicht mindert. Auch das Solo in „Termination Shock“ erinnert ziemlich an die Jungfrauen, während Abboud zeigt, das er PRIEST-Screams tatsächlich im Blut hat und ohne Fremdschämfaktor nutzen kann. „After The Future“ beginnt ruhig und verträumt und steigert sich dann in einen wahren Heavy Metal-Kracher, bei dem kein Auge trocken bleiben wird. Tolle Melodieführungen und eine souveräne Gesangsstimme bringen uns durch einen tollen Song. „Deepspace“ macht keine Gefangenen und gleitet ein wenig in den Speed Metal ab, was der Band sehr gut zu Gesicht steht um dann die Geschwindigkeit bei „Terra Exodus“ rauszunehmen und damit den einzigen Song auf der Scheibe abzuliefern, der das extrem hohe Niveau auf „Termination Shock“ nicht halten kann. Schade, dieses Album hätte einen gnadenlos guten Song als Rausschmeißer verdient gehabt. Aber egal, die anderen Songs negieren „Terra Exodus“ im nu und machen diesen Ausrutscher schnell vergessen.
Man merkt, ähnlich wie bei der Band NIGHT DEMON, dass TRAVELER nicht nur auf der momentanen Heavy Metal-Welle aus Kanada mitschwimmen wollen, sondern einen großen Anspruch auf deren Führung aufzeigen. Wie man als kanandische Band weltweite Beachtung erlangen kann, das haben uns ANNIHILATOR schon vor Jahren bewiesen, und ich traue TRAVELER mit weiteren solchen Leistungen im Bereich Heavy Metal einfach alles zu. Sollte man schon auf dem Einkaufszettel dick vermerken.
Fast zwanzig Jahre haben die Slowaken GLOOM auf dem Buckel, und so klingt auch deren Musik. Man fühlt sich frappierend an die glorreiche Phase des Gothic Metals erinnert, welche in GLOOMs Gründungszeit einen mächtigen Hype erlebte. Um den Stil der Band einem Außenstehenden zu erklären, braucht es also nicht viele Bandvergleiche, und die Vorreiterbands des Genres, HIM, SENTENCED, MOONSPELL, werden definitiv in einer solchen Konversation fallen.
Und auch in 2020 haben GLOOM diesem Stil nicht abgeschworen und bieten soliden Gothic Metal, der natürlich mit haufenweise weiblichen Parts gespickt wird. Das Ganze klingt altbacken und somit aber heutzutage wieder erstaunlich frisch, und man fühlt sich tatsächlich um Jahre jünger. Warum nicht schon die zwei Vorgängeralben „Nostalgia“ und „Catharsis“ einen großen kommerziellen Erfolg und somit eine große Reichweite erzielen konnten, kann ich mir nur durch ein verkorkstes Marketing erklären, denn solche Musik hätte sich in diesen vergangenen Tagen verkauft wie warme Semmeln.
Mit „Awaken“ wird der kommerzielle Durchbruch wohl leider auch nicht klappen. Zu weit bewegt sich die Band in musikalischen Gefilden, die nur noch die ältere Generation verstehen kann und will. Einen Anschluss zur jungen Metal-Generation wird man mit dieser Art von Musik leider nicht mehr finden. Schade eigentlich.
Wie oben schon angedeutet, wird das Rad hier definitiv nicht neu erfunden, und viele Songs erinnern an die genannten Vorbilder, die allesamt dem Underground mit Leichtigkeit entsagt haben. GLOOM können und wollen hier keine Weiterentwicklung und bleiben störrisch bei ihren Vorlieben, die man gleich zu Beginn der Scheibe bemerken wird. „Feel The Pain“ hätte auch auf jeder Platte von HIM ein Plätzchen gefunden, und die Herzen von jungen Damen wären der Band zugeflogen. Musikalisch hat man es eben mit dem professionellen Wiederholen eines totgesagten Genres zu tun, welches in punkto Texte natürlich auch in der Vergangenheit und der Romantik schwelgt. Songtitel wie „Lovecry“ oder „Bleed In My Arms“ zeugen nicht von Splatter-Texten und unterstützen die Songs natürlich lyrisch perfekt. Natürlich dürfen obligatorische Streichinstrumente und Pianoparts nicht fehlen, die sich aber toll in die sehr gute Gitarren- und Drumarbeit integrieren. Man merkt, dass die Musiker nicht erst seit gestern dem Gothic frönen und genau wissen, was die Zielgruppe von ihnen erwartet, und was sie abzuliefern haben. Dem Spagat zwischen Kitsch und musikalischem Anspruch werden GLOOM aber zu jeder Zeit gerecht.
Mir hat das Album gut gefallen und mich in eine längst vergessen geglaubte Welt zurück gebeamt. Eine schöne Zeitreise, die ich wirklich genossen habe. Wegen mir können GLOOM als lebende Konstante auch gerne noch in zehn Jahren ihren Weltschmerz verbreiten. Ich bin dabei!
Die SPARKS! „This Town Ain’t Big Enough For Both Of Us” war 1974 ein Riesenhit. Aber eigentlich zu wenig für eine Kapelle zweier Up-„Seventeens“, die bald „Goldene Hochzeit“ als Duo feiern und auch bei der Anzahl der Langspieler am Silbernen Jubiläum der Vermählung kratzen. Aber sie hatten eben nur einen „Smasher“, vielleicht zwei, wenn der geneigte Musik-Historiker „The Number One Song in Heaven“ dazu zählt. Und dennoch begeistert das Brüder-Duo Russell und Ron Mael seit Jahrzehnten Tonnen von Musikern, vom gleichzeitigen Einfluss auf selbige ganz zu schweigen. Man müsste sich mal vorstellen, um wieviel (noch) belangloser die Pet Shop Boys wären, hätte es die SPARKS nicht gegeben. Puuh. Und auch Queen und deren Freddy zählten die SPARKS der Sage nach zu ihren Einflüssen. Was zu passen scheint. Fest steht: Wer sich mit diesen Amerikanern beschäftigt, merkt, dass sie für eine Seite des Landes stehen, denen es deren Oberhaupt verleiden will: open-minded und kritisch (gegen Trump, Smombies, Naturschutz, Macho-Rollen etc.). Und diese Offenheit braucht jeder Hörer, auch die Leser dieser Seite. Musikalisch bezeichnete das Feuilleton die beiden Herren oft als „Staubsauger des Pop“ – eine zu vielen Seiten sehr despektierliche Formulierung. Wenn man die Musik schon mit einem Küchengerät vergleichen möchte, dann muss doch so eine teure sein: also lieber Thermomix als Kobold! Denn natürlich verarbeiten die beiden Männer alles, was ihnen vor die Finger kommt zu einem individuellen Art-Pop, und schaffen sozusagen eine Corporate Identity für die Ohren. Heraus kommen tolle Songs wie der Opener „All That“, der gleichzeitig optimistisch wie melancholisch klingt. Oder das beinahe nervige „Lawnmower“. Das fast hymnische „Sainthood Is Not In Your Future” oder das operettenhafte “Pacific Standard Time”– eigentlich sind alle Songs toll, aber eben auch nur dicht dran am wirklichen Hit – wobei: Die Single „Self Effacing“ ist wohl tatsächlich ein Ohrwurm. Mit „Stravinsky’s Only Hit“ zitieren sich die SPARKS selber, ein Song wie eine Zirkusnummer. „Please Don’t Fuck Up My World“ steht als gelungenes Schlusswort wie ein trauriges Monument, ein Weihnachtslied für Selbstmörder. Eine Bitte geht an die SPARKS: Schreibt nie einen belanglosen Chartstürmer, sondern bleibt das, was ihr immer schon seid, eine wirklich einzigartige Formation! Gleichzeitig erscheint das Duo auf wohlige Weise konventionell: Denn gerade mit vielen Überraschungen ist es sich sehr treu. Und das liegt nicht am Bart oder der ewig zitierten Falsett-Stimme. Sondern an der Kunst, die dieses Duo mit „A Steady Drip, Drip, Drip” auslebt. Die wirkt ironisch, hintergründig, böse, Kammerspiel-artig, Stadion-rockig und irgendwie comichaft, alles zugleich. Und sie ist groß, die Kunst der SPARKS, wirklich groß.
Die Hannoversche Frauen-Band Rosy Vista trotzt dem Corona-Virus und macht Fans Mut.
Im letzten Jahr meldete sich Deutschlands erfolgreichste weibliche Hardrock-Band Rosy Vista mit dem überaus erfolgreichen Album "Unbelievable" zurück. In Zeiten des Corona-Lockdowns kommen die Ladies nun ungewöhnlich balladesk daher.
Das Interessante: Obwohl die Damen gemeinhin für harte Klänge bekannt sind und weltweit verehrt werden, steht der Band auch dieses Sound Gewand ganz ausgezeichnet zu Gesicht!
Rosy Vista treffen hier punktgenau den Zeitgeist, denn „Uuuu, it’s always love“ versteht sich in erster Linie als Mutmacher! Der Song weckt Hoffnung in einer extrem schwierigen Zeit, in der wir uns auf das besinnen müssen, was nun mal im Leben am wichtigsten ist: die Familie - zusammengehalten von alles umfassender Liebe.
„Together forever and never apart - Maybe by distance but never by heart!“
Mit Klängen, die mitunter an die Balladen der Beatles oder Led Zeppelin erinnern, setzen Andrea Schwarz (voc), Anca Graterol (git, b, voc) und Marina Hlubek an den Percussions ein eindrucksvolles Zeichen für Empathie, Mitgefühl und Zusammenhalt! Übrigens: Das dazugehörige Splitscreen-Video entstand selbstverständlich, indem jede Protagonistin ihren Part allein in ihren eigenen vier Wänden aufnahm. Außerdem im Video zu sehen: die Bassistinen Gaby Neitzel und Heike Müller, sowie der treue Band-Roadie und „langzeit-Freund“ Kurt „Welttour“ Chalikiopoulos.
Hoffen wir, dass wir die Band nach überstandener Corona-Krise auch bald wieder live erleben können!
Tja, was kommt wohl für Musik aus den Boxen, wenn Pelle Gustavsson von NIFELHEIM und Frederik Folkare von UNLEASHED und FIRESPAWN gemeinsame Sache machen? Die Antwort ist eh falsch, da 90% auf eine schwedische Krawallband getippt hätten. Weit gefehlt. Da Pelle wohl einer der größten IRON MAIDEN-Fans auf dem Erdball ist, hat er sich scheinbar gedacht, dass unbedingt ein Album veröffentlicht werden muss, das alle Trademarks der MAIDEN-Monumentalsongs in sich vereinigt. Schon die EP „Rekviem“ wurde für diese eindeutige Anbiederung von der Presse abgefeiert, und nun haben wir es mit der ersten Fulltime-Veröffentlichung „Gravitas“ zu tun, welche eine sehr hohe Erwartungshaltung seitens der Fans und der Presse geschürt hat.
Die Frage ist, kann „Gravitas“ die erhaltenen Vorschusslorbeeren erfüllen? Meiner Meinung nach ein klares: Nein, kann es nicht! Der erste Song „Black Tongue“ kommt gefällig rüber, und besonders Pelles Stimme mag zu begeistern, und man merkt, wie auch auf dem ganzen Album, dass er die Vocals von Vorbild Bruce Dickinson intensiv studiert hat. Das Lied klingt wirklich völlig in Ordnung, aber bei IRON MAIDEN kommt nach langer Aufbauarbeit immer ein Aha-Effekt und ein gigantischer Refrain, welche die gewaltigen und fast nie live gespielten Meisterwerke von den Eisernen Jungfrauen ausmachen. Bei DEAD KOSMONAUT zieht sich dieses Problem des nicht Vorhandenseins durch eigentlich alle Songs.
„Iscariots Dream“, welcher in den Anfangsklängen stark an MAIDENs „Killers“ erinnert, „Vanitatis Profeta“ und „The Spirit Divite“ sind alle gutklassige Songs, für die sich keine Band schämen muss, aber man kommt einfach nicht auf den Punkt, auf den jeder Hörer wartet. Die musikalische Explosion wird einfach ignoriert, und der Refrain von „The Spirit Divite“ kommt fast ein wenig zu poppig durch die Boxen, obwohl ein kleiner Steve Harris-Huldigungspart den Song noch aus der Belanglosigkeit rettet.
Bei „Hell / Heaven“ hatte ich beim ersten Anspielen doch große Ansprüche, da man in über elf Minuten doch sehr viel Meisterhaftes und Opulentes unterbringen kann. Und der Song beginnt auch verheißungsvoll. Ballateske Töne und schöne Lead-Gitarren versprechen einen angenehmen und spannenden Song. Ein Piano versucht, die Spannung zu erhöhen, und man erwartet den Ausbruch eines Vulkans. Und was passiert? Nichts! Am Ende nimmt der Song Fahrt auf, wirkt aber dem Hautthema nicht mehr zugehörig. Hier hätte man ein Monster erschaffen können, aber leider bleibt der Song auf der Strecke. „Gravitas“ ist ein eher unnötiges Zwischenspiel, welches dann in das Intro von „Dead Kosmonaut – Part II“ übergeht. Wieder ein Elf-Minuten-Song und die Frage ist, ob DEAD KOSMONAUT zum Abschluss noch die Kurve bekommen oder ganz aus der Bahn fliegen. Der Song beginnt mit einer tollen Gesangsleistung, die Lust auf mehr macht, und dann kommt sogar ein kleiner Peak, der aber gleich wieder von leisen Klängen erstickt wird. Gefällige Gitarrenleads und eine Orgel untermalen den Song sehr angenehm, aber leider bleibt auch hier das Gesamtbild ruhig und einschläfernd. Wirklich schade, aber man bringt sich selbst um alle Chancen! Die Basis ist ausgearbeitet, die Stimme ist da, aber wo bleibt der Songschreiber, der der Band mal richtig in den Arsch kickt?
Leider haben wir es hier mit einem völlig durchschnittlichen, gar langweiligen Album zu tun. Dies liegt nicht am Können der Musiker, nicht am Sound, nicht an den Fans. Es liegt am Unvermögen der Band, aus einem tollen Unterbau Musik für die Ewigkeit zu schreiben. Eventuell hätte man sich beim Songwriting ein wenig mehr Zeit lassen sollen. In meinen Augen wurde hier eine große Chance einfach liegengelassen, und man steuert den Weg in die Belanglosigkeit an. Schade!
ALICE COOPER VERÖFFENTLICHT HEUTE BRANDNEUE SINGLE „DON’T GIVE UP”,
EINE ERMUTIGUNG IN ZEITEN EINER GLOBALER KRISE.
Der von Bob Ezrin produzierte Track ist eine spontane Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen, denen wir alle uns stellen müssen.
Aus seiner selbst gewählten Heimisolation empfand Alice Cooper, der zurzeit an der Fertigstellung seines neuen Albums arbeitet, das dringende Bedürfnis, mit seinen Fans in Kontakt zu treten. „
Don't Give Up“ ist Alices eindringlicher Appell, in diesen Zeiten stark zu bleiben, nicht aufzugeben und gemeinsam zu kämpfen.
Alice Cooper erklärt: “Don’t Give Up” ist ab heute erhältlich! Es ist ein Song über unsere aktuelle Situation, über das, was wir zurzeit gemeinsam durchmachen und darüber, den Kopf nicht hängen zu lassen und stark zusammen zu stehen.
Was auch immer du tust – gib nicht auf!”
Erst vor zwei Wochen lud Alice Cooper Fans ein, Teil seines neuen Musikvideos zu werden, welches er und seine Band getrennt voneinander in Quarantäne drehten.
Über 20.000 Fans folgten dem Aufruf und sendeten Bilder von sich mit Schildern, die einzelne Textpassagen des Songtexts zeigen.
Die streng limitierte 7’’ Vinyl Single (Picture Disc!) erscheint am 14. August 2020 bei earMUSIC und kann hier vorbestellt werden: https://alicecooper.lnk.to/DontGiveUp
Jetzt wird es albern und vermessen. Die Norweger COURSE OF FATE wollen sich mit Bands wie QUEENSRYCHE ("Operation Mindcrime"), PINK FLOYD ("The Wall"), DREAM THEATER ("Scenes From A Memory") sowohl textlich als auch musikalisch messen und denken tatsächlich, dass nicht jeder Progressive-Fan mit ein wenig Ehre spätestens bei dieser Aussage verächtlich mit den Schultern zuckt und seines Weges geht.
Mit solchen Aussagen wird man konfrontiert, wenn man die Reise durch „Mindweaver“ startet und mit wenig bis gar keinen Erwartungen in die eigene Welt von COURSE OF FATE eintaucht und dann am Ende der Reise ein völlig verschobenes musikalisches Weltbild hat.
Wie genial ist bitte diese Scheibe? Wo kommen die her? Wo wollen die hin? Was soll das alles, und habe ich das nur geträumt?
Aber fangen wir erst mal ganz nüchtern bei den Basics an, die aufhorchen lassen und auf eine außergewöhnliche Laufbahn und eine perfekt geplante Inszenierung hindeuten. Die Songs aus dem Konzeptalbum haben schon einige Jahre auf dem Buckel und stammen genauer gesagt aus dem Jahr 2014. Nach einigen Testaufnahmen in diversen Studios kam man zu der Erkenntnis, dass die Aufnahmen von Gitarre, Bass und Keyboards doch besser im heimischen Studio verwirklicht werden sollten. Man wollte 100% Perfektion erreichen, und mit der gewaltigen Stimme von Gastsängerin Jeanette Heidenstrøm sollte ein weiterer Baustein die Musik von COURSE OF FATE eindrucksvoll bereichern. In den Nobel Street Studios wurde von Arnold Lindberg der letzte Feinschliff vorgenommen, und so wurde „Mindweaver“ mit einem klaren, druckvollen und jederzeit transparenten Sound belohnt. Auch das Coverartwork, welches das Wort „Art“ ganz zurecht in seinem Namen hat, besticht durch die Detailverliebtheit der Band. Hier wurde wirklich alles in Bewegung gesetzt um ein echtes Kunstwerk zu erschaffen.
Da COURSE OF FATE einen großen Schwerpunkt auch auf die textlichen Inhalte gelegt haben, kommen wir kurz noch zu diesem Part von „Mindweaver“. Ein Bewohner des Universums sieht in seinen Visionen das Ende der Welt, welche den Einsturz vom Himmel, Seuchen und eine große Flutwelle beinhalten. Verzweifelt versucht der Mann, Anhänger in der Bevölkerung zu finden, die seine Theorie unterstützen und die Welt vor dem Abgrund retten sollen. Er entdeckt sein Talent, Menschen mit seinen Worten zu überzeugen und zu manipulieren und entfremdet sich aber immer mehr von seiner eigenen Familie, die er schließlich verliert. Er sucht nach Erlösung und ist sich nicht mehr sicher, ob seine Visionen nicht doch nur Träume und Halluzinationen gewesen sind. Auch eine persönliche Geisteskrankheit schließt er fortan nicht mehr aus. Das Ende der Geschichte und das Schicksal der Welt und des Mannes bleibt offen und schreit schon jetzt nach einer Fortsetzung.
Kommen wir jetzt endlich mal zu der Musik. Nach dem Intro „There Is Something Watching“, in dem wir zum ersten Mal mit der fantastischen Stimme von Eivind Gunnesen Bekanntschaft schließen dürfen, kommen wir gleich zum ersten Kracher. „The Faceless Men Part I“. Die Seuche wird eingeschleppt und grandios in DREAM THEATER-Manier vertont und dargeboten. Wie auf der ganzen Scheibe herrscht ein hohes technisches Niveau, welches aber nichts an dem Wiedererkennungswert der Songs ändert. Ein sehr starkes Stück, welches gleich von „Endgame“ mit zwingenden Keyboards und einem ruhigen Gesangspart eingeläutet wird. Man fühlt sich ein wenig an „Into The Electric Castle“ von AYREON erinnert, und dies ist wahrlich ein königlicher Vergleich, der einem Ritterschlag sehr nahe kommt. „Utopia“ ist der Teil der Geschichte, bei der die Anhängerschaft überzeugt werden soll, und nicht nur die Anhängerschaft soll überzeugt werden, sondern auch der Hörer. Eivind begeistert durch seine überzeugenden QUEENSRYCHE-meets-FATES WARNING-Vocals, die von ruhigen Klängen begleitet werden um dann musikalisch komplett ins QUEESNRYCHE-Universum abzugleiten. Tolle Gitarrenmelodien runden das Musikstück perfekt ab. Das ist Musik ganz nahe an der Perfektion. “The Walls Are In“ ist ein gefühlvoller Anspieler für „Wolves“. Hier geht es um die Unsicherheit, ob alles nicht doch eine Halluzination gewesen ist. Hier passiert unglaublich viel, und alle Register eines Progsongs, der etwas auf sich hält, werden mit einer Leichtigkeit ausgespielt, dass es eine wahre Freude ist. Besonders die Six-String-Front kann hier mit ihrem musikalischen Können beeindrucken. Der Mann bedauert sein Schaffen, und dies wird in „Drifting Away“ bemerkenswert vertont. Erinnert tatsächlich an PINK FLOYD in langsamen und getragenen Stücken und lässt einen verzaubert zurück. Man fängt fast an, den Mann zu bedauern. So kann Musik berühren. Großartig! Als Endstück von „Mindweaver“ steuert man geradlinig in QUEENSRYCHE-Gewässern und hält deren Niveau zu jeder Zeit. Ein sowohl musikalisch als auch gesangliches Meisterwerk, in dem AYREON-Keyboardparts einen hohen Stellenwert haben, die die eine oder andere Gänsehaut hinterlassen.
Wenn man bis hierhin gelesen hat, dürfte klar sein, da ich von der Finesse, der Professionalität und besonders der Genialität der Band nicht nur komplett überzeugt bin, sondern tatsächlich mit Haut und Haaren in die Platte eingetaucht bin. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie man dieses Prog-Feuerwerk noch toppen könnte, und dabei sprechen wir hier von einem Debutalbum. Dies kann man wirklich nicht alle Tage sagen. Ok, „Operation Mindcrime“ bleibt trotzdem noch auf seinem Thron sitzen und wird dort wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit über die Prog-Szene wachen, aber „Mindweaver“ hat sich einen nur minimal kleineren Thron verdient, und COURSE OF FATE greifen mit diesem Meisterwerk tatsächlich nach den Sternen. Wahnsinnig gut und somit alle Daumen in den Himmel!