Konzert:
Ignite, Biohazard, Agnostic Front, Walls Of Jericho, Death By Stereo, Evergreen Terrace, No Turning Back - Hamburg, Docks
Konzert vom Über Sinn und Unsinn solcher Touren wie der Persistence Tour lässt sich in der Hardcore-Szene bestens diskutieren, Tatsache ist aber, dass diese Touren gut besucht sind und für die Bands eine solide Einnahmequelle. So war der letzte Tag der Tour in Hamburg ausverkauft, wobei gefühlt weniger Leute da waren als im Jahr zuvor, als das Docks klaustrophobisch voll war.
NO TURNING BACK waren als einige europäische Bands bei der Tour dabei und hatten die undankbare Aufgabe des Openers übernehmen müssen, da der lokale Support kurzfristig ausgefallen war. Die Holländer ließen sich davon nicht stören, auch wenn vor der Bühne noch viel Platz war. Aber im Laufe der gut 25 Minuten Show wurde es da etwas voller, selbst ein paar textsichere Fans fanden sich, die NO TURNING BACK den Hamburg-Besuch versüßten. Musikalisch gab es gewohnt ordentlich was auf die Mütze, „Stronger“ und Co. funktionieren aber auch immer bestens. Einzig die Ansagen wirkten dieses mal etwas gezwungen und manchmal komplett merkwürdig, aber wahrscheinlich waren die Akkus beim Shouter einfach leer.
Davon war bei EVERGREEN TERRACE nichts zu spüren, die nach langer Umbaupause für eine gute halbe Stunde auf die Bühne kamen und einen Best Of von „Wolfbiker“ und „Almost Home“ boten, bei dem zum Ende hin mit „Wolfbiker“ und „Chaney Can’t Quite Riff…“ die beiden Kracher kamen, bei denen das Publikum richtig abging. Aber auch vorher hatten die ersten Reihen ihren Spaß und die Security das erste Mal was zu tun, da Shouter Andrew gerne und oft in den Graben hüpfte und das Mikro in die Menge gab.
Das versuchte DEATH BY STEREO-Sänger Efrem auch, scheiterte aber grandios beim Versuch, wieder auf die Bühne zu kommen und musste sich vom Roadie hochziehen lassen. Aber er hat ja auch mehr Gewicht als Spargeltarzan Andrew zu stemmen. Wie überhaupt DEATH BY STEREO wie die uncoolen Kollegen der anderen Bands aussahen, so völlig ohne sichtbare Tattos, ohne Bandshirts (vom einen Gitarristen mal abgesehen) und mit leichten Plautzen. Dafür rockten die Herren mächtig, was mit „Death Is My Only Friend“ auch nicht schwer fällt, sind die Songs live doch noch einen Zacken heftiger als auf Platte und eignen sich zudem bestens zum Mitsingen. Kein Wunder, dass Flummi und Gute-Laune-Bär Efren (der zudem stimmlich voll auf der Höhe war) und seine Kollegen ordentlich gefeiert wurden.
Da sind WALLS OF JERICHO ein anderes Kaliber, auch wenn Frontfrau Candace als Einzige Tattoos zu bieten hat – und mächtig gute Laune verbreitet. Was nicht heißt, dass sie das Publikum mit Samthandschuhen anfasste in ihren Aufforderungen zu mehr Action im Pit, mehr Circle Pits, mehr Headbanging, oder „A Trigger Full Of Promises“ und Konsorten mit Engelsstimme sang. Aber irgendwie sprühte sie gleichzeitig vor positiver Energie, während die Herren der Band wie gehabt ordentlich Energie beim gleichzeitigen Spielen und Bewegen verbrauchten. Über die Songs an sich muss kein Wort mehr verloren werden, die funktionieren Live bestens und brachten das Publikum zum Kochen. „Revival Never Goes Out Of Style“ bot dann den gewohnt grandiosen Abschluss einer erwartet guten Show der Detroiter.
Für die nun kommenden älteren Herren wurde jedes Mal ein eigenes Drumkit rangeschafft, so dass sich die Pausen etwas mehr zogen. AGNOSTIC FRONT waren die Wartezeit aber wert, denn was die New Yorker Veteranen an Klassikern im Gepäck hatten, war Grund genug, die Show zu besuchen. Mittendrin „Gotta Go“ brach spätestens das Eis und stellte sicher, dass Roger Miret und Co. von allen Anwesenden geliebt wurden. Dazu trugen auch die Spielfreude der Kerle bei, die auch nach fast 30 Jahren ordentlich über die Bühne hüpfen und dabei mächtig Spaß haben; genau wie die Ansagen Mr. Mirets, der ehrlich und direkt seine Meinung kund tat.
In Sachen Ansagen macht BIOHAZARD aber niemand was vor. Mittlerweile wieder im Original Line-Up unterwegs, sind die Herren aus Brooklyn nicht in Ehren ergraut, sondern im Herzen immer noch die prolligen New Yorker. Dabei sind sie nicht wirklich ernst zu nehmen, sind aber wiederum so symphtatisch im Auftreten, dass ihnen niemand Böse sein kann. Und wer PANTERA und BAD RELIGION hintereinander weg covert, hat eh gewonnen. Dazu noch „Urban Discipline“ und fertig. Kleine Rap-Einlage zur Abrundung, die kultige „And when you are in Brookly, you best watch your back!“-Ansage und das Versprechen eines neuen Albums und alle liebten Evan, Billy und Co.
Das Proll-Level sank bei IGNITE natürlich deutlich. Irgendwie sind die beiden Gitarristen die HC-Brüder von John Stockton und Jeff Hornacek, das wird mit jeder Show deutlicher. Aber wumpe, wenn die Musik spannender ist als der Basketball der Utah Jazz. Und ist er, mit Songs von „Bleeding, „Run“ und dem coolen „Sunday, Bloody Sunday“-Cover auch keine Frage. Dazu noch ein paar richtig alte Songs (u.a. „You“) und den Rest mit „Our Darkest Days“ gefüllt, schon ist eine gute 60-Minuten-Show rum, bei der das Publikum ordentlich abgeht und jeder mitsingt. Zoli brachte gewohnt intelligente und ehrliche Ansagen und stellte einen der wieder die Band auf Tour begleitenden Sea Shepherd-Leute vor. Der Typ, ein britischer Kapitän, machte symphatisch für seine Sache und gab zu, dass sie Piraten sind – „but the good ones“. Bleibt zu hoffen, dass ein paar Leute mit Spenden nach der Show zu ihm kamen. IGNITE waren ein würdiger Headliner, bei deren Show viele Musiker am Bühnenrand standen, von denen Frankie (DEATH BEFORE DISHONOR) und WOJ-Candice zwischen zwei Songs von Zoli auf die Bühne gezogen wurden, damit er verkünden konnte, dass die beiden seit Kurzem verheiratet sind. Da brachen sicher ein paar Männerherzen…
Konzert:
Ruiner, Any Port In The Storm - Kiel, Schaubude
Konzert vom RUINER haben mit „Hell Is Empty“ ein verdammt gutes Album veröffentlicht, mit dem sie sich mal eben so an die Spitze der Bridge9-Bands gebracht haben. Und offensichtlich hat ihnen die ruhigere erstere Hälfte des Jahres gut getan, mittlerweile sind die Jungs aus Baltimore wieder öfter unterwegs, sogar Europa steht wieder auf dem Plan. In Kiel wurde Zwischenstation gemacht, um einen Day Off zu vermeiden, was den ganzen Nordlichtern aus Hamburg und Bremen gelegen kam, da sonst keine Show der Tour in deren Nähe gewesen wäre. Und Kiel ist eh immer dankbar für gute Shows, so dass die Schaubude ordentlich gefüllt war.
ANY PORT IN THE STORM machten den Anfang (die ursprünglich angesetzten TACKLEBERRY waren verhindert) – und ihre Sache ziemlich gut. Sänger Kevin machte aus der Not eine Tugend und ließ die kleine Bühne links liegen, um sich mitten unter die Leute zu mischen, so dass kein Graben entstehen konnte. Die Kieler dürften den meisten Anwesenden relativ unbekannt gewesen sein, da sie noch nicht mal ein Demo dabei hatten, konnten aber mit gut gespieltem, moderndem Hardcore überzeugen und die ersten Leute in Bewegung versetzen. Für einen Opener eine überzeugende Leistung, die viel Potential zeigt, das in der Band steckt.
Wer darf ein Publikum mit „Hello you fuckers, you assholes, you social rejects“ begrüßen? SPINAL TAP, ist klar. MOTÖRHEAD auch. Aber sonst? RUINER bringen das auch fertig, ohne dafür auf die Nase zu bekommen – stattdessen stimmt der halbe Laden in die Zeilen von „Two Words“ ein und beschert Rob & Co. einen gelungenen Einstieg in die nächsten 45 Minuten. In denen ziehen die recht nerdig aussehenden Amis alle Register und zocken sich durch ihre Historie, von „Adhering To Superstition“ bis „Paint Peals“ geht es, mit einer Handvoll „Hell Is Empty“-Songs dabei. Angeheizt vom kleinen agilen Rotschopf am Mikro namens Rob geht das Publikum schnell steil und singt aus Leibeskräften mit, selbst ein paar Circle Pits werden gestartet. Zwischen den Songs gibt es zudem sinnige Ansagen über das Leben an sich als auch kleine Tour-Anekdoten und ein, zwei sozial-politische Themen, genau so, wie das sein soll. Als Zugabe kann ich das Kieler Publikum noch einen Song wünschen, dann ist Ende und die Erkenntnis gereift, dass RUINER eine dieser verdammt guten Live-Bands sind, die viel zu selten in der Nähe spielen…
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