Konzert:
Engel - Hamburg, Logo
Konzert vom ENGEL sind nicht das erste Mal in Hamburg, und ein paar Nasen haben sich
zum Glück die famose Vorband von der Amon Amarth-/Dimmu Borgir-Tour vor
zwei Jahren gemerkt: Obwohl die Bengel aus Göteborg seit ihrem Debüt
"Absolute Design" kein neues Album draußen haben, kommen 38 Gestalten
ins Logo zu der überschaubaren Veranstaltung mit einer Band. Nein, an
dieser Stelle nicht stutzig aufschauen, denn diese Vorzeichen mögen sich
seltsamer anhören als sie sind. ENGEL haben seit der Insolvenz von SPV
kein Label mehr im Rücken, die fertig produzierte Scheibe aber bereits
zu Hause liegen. Um sich selbst anzubieten, ist die Band auf der derzeit
laufenden Tour von PARADISE LOST und SAMAEL in Großbritannien und den
BeNeLux-Staaten mitgefahren. Und hier in Hamburg nur auf der Rückreise,
auf einem Stop zwischen der letzten Übernachtungsgelegenheit und 12
Stunden Autofahrt nach Hause.
Aber wer braucht schon Pause, wenn das erste Mal auf dieser Tour die
Gäste nur für ENGEL gekommen sind?! Wenn endlich das Band-Banner und der
Mikro-Ständer aus einem umgedrehten Baseball-Schläger so richtig zur
Geltung kommen? Genau. Diese vier jedenfalls nicht. Los geht es mit den
Songs "Scythe" und "Casket Closing" vom bereits erwähnten Debütalbum,
die sich durch den Wechsel von In-die-Fresse-Geshoute und
hochmelodischem Gesang auszeichen. Live sind das künstliche Keyboard und
die technoiden Effekte in den Hintergrund gemischt, die Stimme von
Mangan Klavborn trägt den Song ohne jeden Firlefanz. Obwohl die Band
nicht auf den DAT-Recorder verzichten kann, denn ein ganzer Gitarrist
kommt vom Band: ENGELs Namensgeber, Gründer und Hauptsongwriter Niclas
Engelin konnte seine eigene Band nicht begleiten, weil seine Rolle als
Jesper Strömblad-Ersatz bei In Flames schon längerfristiger geplant war.
"ENGEL 2.0" sind eine fünfköpfige Band, ausser dem abwesenden Engelin
gehören das zweite Gründungsmitglied Marcus Sunesson (ex-THE CROWN,
ex-THE HAUNTED), der schon erwähnte Sänger, Drummer Mojjo und der
einzige Engländer unter lauter Schweden dazu, Bassist Steve Drennan.
Als ob coole Songs und diese Wahnsinns-Stimme noch nicht reichen, sind
es die Ansagen von Mangan Klavborn, die den Gig zu etwas besonderem
machen: Er spielt geschickt über Bande ("Könnt ihr laut schreien?" -
jooo - "Unser Bassist sagt, ihr könnt noch lauter!") und vermeidet damit
gewitzt blöde Klischees. Auch bei "Propaganda", dem wilden Mosh- und
Pogo-Song von ENGEL, pickt er sich einen Fan raus: "Bei diesem Song sind
all diejenigen deine Feinde, die stehenbleiben. Und du musst sie dann
alle in die Mitte reißen!" Die Aktion krönt Mangan mit einer sportlichen
Höchstleistung, denn mitten in diesen munteren Pit springt er hinein und
singt trotzdem ohne Stocken weiter. Singt! Wir reden hier nicht von dem
üblichen Hardcore-Geboller, bei dem egal ist, ob Ton, Silbe oder Wort im
Eifer des Gefechts getroffen werden. Effektvoll streuen ENGEL vier
bisher unveröffentlichte Songs ins Set ein, das spektakuläre "Sense The
Fire", das bereits auf Youtube mit ansprechendem Video zu besichtigen
ist, die ungewöhnlich schleppende Ballade "Heartsick", die die
eigentliche, wunderschöne Entdeckung dieses Abends ist, und "For Those
Who Will Resist" und "Threnody", die sich beide eher in die Songs von
"Absolute Design" einpassen.
Das Finale war dann nach "The Hurricane Season" und "In Splendor" ein
bißchen sehr zackig erreicht - mehr hatte der virtuelle Niclas Engelin
nicht auf Festplatte. Die Band entschädigte damit, dass sie versuchte,
jede Hand einzeln zu schütteln, und die Besitzer dieser Hände zuckelten
glücklich, sportlich und schwitzig nach Hause - ist schließlich auch
selten, dass man nach einem LOGO-Konzert schon um Mitternacht an der
Matratze horchen kann.
Setlist ENGEL:
Scythe
Casket Closing
Sense The Fire
Trial & Error
Heartsikk
For Those Who Will Resist
Threnody
Propaganda
The Hurricane Season
In Splendor
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