Konzert:
Inferno Festival 2011 - Freitag
Konzert vom Karfreitag in Oslo, das war in diesem Jahr der erste Sommertag. Es war sehr warm in der norwegischen Hauptstadt, so dass die Zeit zwischen spätem Frühstück und erster Band mit einem Besuch beim Königspalast und Abhängen im Park rumgebracht wurde. Im Hotel lief man den ganzen Tag über Künstlern über den Weg, unter anderem waren der AURA NOIR-Sänger und der Inder-Haufen von BHAYANAK MAUT da zu finden.
Los ging es am frühen Abend im Rockefeller mit SOILENT GREEN, die sich zur Zeit auf Europa-Tour mit TODAY IS THE DAY befinden und sich entsprechend gut aufeinander eingespielt präsentiert. Fast schon beängstigend war die gute Laune, die die vier Amis hatten und die Shouter Ben mühelos auf das Publikum übertragen konnte. Da störte selbst eine gerissene Gitarrensaite nicht, die Pause wurde mit einem Basssolo und einer kleinen Jam-Session gekonnt überbrückt, bevor es im Set weiterging. Der enthielt sehr viele neuere Nummer, während das meiner Meinung nach beste SOILENT GREEN-Album „A Deleted Symphony For The Beaten Down“ zu kurz kam. Aber Live konnten die neueren Songs überzeugen, mehr als auf Platte auf jeden Fall.
Danach rüber ins John Dee, wo Steve Austin und TODAY IS THE DAY loslegten. Im Mittelpunkt des Interesse stand dabei natürlich Mr. Austin himself, der ja seit der Debüt-EP „How To Win Friends And Influence People“ die einzige Konstante im Bandgefüge ist. An diesem Abend stand er im Mittelpunkt der Bühne und des Interesses, bediente nebenbei noch den Laptop für die Samples – und erschreckte mit einer schwachen Gesangsleistung. Im direkten Vergleich mit seinem Tourpartner Ben (SOILENT GREEN) zog Steve Austin klar den Kürzeren, viel zu kraftlos war seine Stimme. Das galt auch im Vergleich mit anderen Bands des Inferno Festivals. Da konnten sich seine beiden Mitstreiter und er noch so viel Mühe geben, überzeugen konnten TODAY IS THE DAY heuer nicht.
ATHEIST lieferten im Rockfeller im Anschluss an den TODAY IS THE DAY-Gig eine Show ab, die in allen Belangen überzeugen konnte. Spielerisch ist bei den Veteranen, die sich mit einem neuem Basser verstärkt haben, sowieso alles im grünen Bereich – an diesem Abend stimmten dann noch Songauswahl, Einsatzfreude und Interaktion mit dem Publikum. Kelly Shaefer hatte blendende Laune und unterhielt Oslo mit witizgen Ansagen, während er bei den Songs keine Schwierigkeiten hatte; aber auch seine Kollegen waren spielerisch auf der Höhe und hatten eine gute, positive Kommunikation miteinander. Einzig das Basssolo von vier Minuten Länge war etwas zu viel des Guten. Ansonsten stimmte aber alles beim ATHEIST-Gig – selbst die Songauswahl dürfte jeden zufiedengestellt haben, denn neben vielen neuen Songs der „Jupiter“-Scheibe fanden sich auch genug Songs der legendären „Piece Of Time“-Scheibe in der Setlist.
IMMORTAL machten einen auf Rockstar und kamen fast eine Viertelstunde zu spät auf die Bühne. Aber sie konnten es sich erlauben, die Herren aus Bergen und Headliner des Inferno-Freitags. Massiv eingenebelt (es waren alle Nebelwerfer auf voller Leistung am ackern), spielten sich IMMORTAL durch ihre komplette Discography. Und egal, welchen Song sie spielten, die Stimmung in der Halle war bombig, die Verspätung schnell wieder vergessen. Mit der Zeit wurde die Luft im Rockefeller zwar immer stickiger und stinkender, aber das störte niemanden. IMMORTAL gaben mehr als 70 Minuten lang alles und erwiesen sich als würdiger Headliner des Tages.
Heimlicher Headliner hätten EXHUMED sein können, die ihre erste Show nach sieben Jahren Pause spielten und zudem das erste Mal überhaupt in Norwegen waren. Zu Beginn ihres Sets tummelten sich aber nur eine Handvoll Nasen im John Dee, was EXHUMED zwar nicht davon abhielt, Vollgas zu geben, aber der Bedeutung ihrer Show nicht angemessen war. Ab dem dritten Song füllte sich der Laden aber gut und EXHUMED bekamen eine Kulisse, die ihrer würdig war. Die Band um Matt Harvey zockte sich durch ihre lange Geschichte und präsentierte so einige Klassiker, von denen besonders die Sachen von der „Anatomy Is Destiny“ am meisten Beifall erhielten. Vor der Bühne ging es recht heftig zur Sache, was nach einem langen Festivalabend und viel Bier (den norwegischen Bierpreisen zum Trotz) nur halb überraschte. Am Ende war es ein versöhnlicher Abschluss für EXHUMED, die sich vom mauen Start nicht beirren ließen und eine soliden Schlusspunkt des dritten Festivaltages setzen.
TANGENT PLANE klingen auf den ersten paar Songs schon wie eine der typischen italienischen Power-Metal Bands, die vor Jahren in Heerscharen den Markt überfluteten und mit nervigem Tralala-Melodien sowie sehr symphonischen Keyboardgedudel fast ein eigenes Negativ-Genre begründeten. Obwohl ganz so cheesy-catchy wie es „One With The Lies“ andeutet, sind die Herren dann auf „Project Elimi“ doch nicht ganz. Nach der eher leichten Muse zu Beginn versucht das Quintett dann gegen Ende mit zwei überlangen Progmetalepen die ganz große Keule rauszuholen.
Ansonsten ist bei dieser Formation noch „Multikulti“ als Bandkonstellation festzuhalten. Der wuselige aber insgesamt etwas blutleere Gitarrist ist aus Italien, da lag ich wohl garnicht so schlecht, der Basser kommt aus Pleitehausen ich mein natürlich Griechenland ansonsten kommen Sänger, Drummer sowie Mastermind & Tastenmann Ralph Swan Krieger aus Berlin. Macht ja auch nix, der unterschiedliche Background beflügelt ja oftmals eher, dass er zunächst Mentalitätenprobleme darstellen könnte. Die Krux bei dieser Formation sind aber ganz klar die grenzwertigen Vocals, die mal ganz vorsichtig ausgedrückt, sehr gewöhnungsbedürftig sind, wenn überhaupt länger als eine Albumlänge zu ertragen sind. Der Mann kann zwar schon singen, aber sein weinerliches Timbre mit diesem zittrigen Vibrato - oh je, dies dürfte nicht nur bei mir Stirnrunzeln hervorrufen. Außerdem liegt Jan Michaelis leider auch beim Thema Tönetreffen oft recht zielsicher daneben, dies allein macht dass Zuhören schon recht anstrengend.
Auch zu dieser Art Mucke paßt es nicht so echt, wenn er dann noch versucht etwas kraftvoller oder gar mal düster–böse (wie bei „Borrow Me Your Dullness“) zu klingen, wirkt alles zu sehr bemüht und aufgesetzt. Aber auch das Songwriting läßt wirklich noch einige Wünsche offen, wirkt zu konstruiert, zu betont auf Abwechslung und tausend Breaks getrimmt, es kommt einem vielfach so vor, als hätten TANGENT PLANE manchmal selber innerhalb ihrer Songs den Überblick oder eben mal völlig den roten Faden verloren.
Balladeske Töne gibt es zur Abwechslung natürlich auch, aber „Ice Age“ überzeugt weder durch die zu gezogene Gesangleistung, die leider fast ohne Gefühlregung auskommt oder solche erzeugt, noch durch den etwas konfusen Songverlauf, da hätte man schon was draus machen können. Auf dem getragenen „Deadborn“ zeigen Bassist und vor allem der Gitarrist, dass sie schon was drauf haben, die Keys halten sich auch schön zurück aber der Gesang gibt dem Song den Rest. „Do you Live“ klingt nach DREAM THEATER für Arme, sorry paßt einfach mich nicht, trotz einiger guter Ansätze. Bei den beiden recht komplexen Songs gegen Ende zeigen TANGENT PLANE, dass man sich tendenziell schon dem epischen Progmetal zugehörig fühlt alleine die fahrige Umsetzung läßt noch viel Spielraum nach oben. Vor allem in Sachen Songdienlichkeit sollten die „Berliner“ zukünftig ihre zweifellos vorhandenen guten Ideen besser bündeln und vor allem bei den Arrangements sich nicht zu sehr verzetteln wie hier. Bestes Beispiel ist das ziemlich blasse und nichtssagende „One Moment And The Murder After“; da bleibt einfach nichts hängen und ein Spannungsbogen ist im Ansatz unauffindbar. Das abschließende Titelstück „Project Elimi“ gefällt noch am besten, nur hätte man es nach gut zehn Minuten gut sein lassen, noch ein aufgemotzter Schluss von mir aus dazu und gut. Aber nein, dann verzettelt man sich hier tatsächlich nochmal auf insgesamt 20 Minuten. Da lieber einen zusätzlichen Song draus gemacht.
Wäre der Inhalt auch nur annähernd so gut wie das Cover oder die sicher vorhanden guten technischen Fähigkeiten der Musiker (bis auf den Sänger), dann hätte diese Newcomerscheibe sicher noch das Prädikat befriedigend verdient. So muß man feststellenn, dass dieses „Project Elimi“ (leider) gerade noch als ausreichend zu bezeichnen ist. Am durchaus soliden Mix von C. Schmid und R.D. Liapakis (u.a. MYSTIC PROPHECY) hat es letztlich auch nicht gelegen. Und für die wirklich freche Bezeichnung im Werbetext "Progressive Power Metal like PSYCHOTIC WALTZ" müßte man den Verfasser eigentlich verklagen, dies ist ganz klar Rufschädigung für diese Kultformation.
Project Elimi
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
8
Länge:
76:44 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten