Schon mit ihrem 2008er Debütalbum “Lammendam” (klingt immer noch wie eine Käsesorte) haben die Holländer (ach, daher!) eine hörenswerte Scheibe irgendwo in CRADLE OF FILTH-Stadt, DIMMU BORGIR-Straße, Ecke LIMBONIC ART-Platz aufgenommen, die zwar keine hohen Wellen geschlagen hat, aber in dieser Richtung eindeutig zum Besseren gehört, was man in den letzten fünf Jahren vorgesetzt bekam. Inzwischen liegt mit „Where The Corpses Sink Forever“ das dritte Album des Trios Seregor, Ardek und Namtar vor, dem man deutlich anhört, dass sich die Band in den letzten vier Jahren merklich gesteigert hat. Das Songwriting bringt mitunter ohrwurmkompatible Melodien hervor, der Einsatz der bombastischen Parts ist erstaunlich gut auf das zumeist flotte und nicht allzu glatt gebügelte Schwarzmetall abgestimmt, und die Genre-bedingte, „gotische“ Atmosphäre wirkt ungekünstelt und trieft nicht vor Pomp. Stücke wie „Lingering In An Imprint Haunting“, „Bitte Tötet Mich“, „Sir John“ oder „General Nightmare“ sind angenehm vertrackt, durchdacht und könnten teilweise sogar gute Horrorfilm-Soundtracks abgeben. An die oben genannten Großmeister reichen CARACH ANGREN mit „Where The Corpses Sink Forever“ zwar noch nicht heran, und alle selbst ernannten „echten“ Black Metaller werden immer noch einen großen Bogen um die Band machen, jedoch ändert das nichts daran, dass wir es hier aller stilistischen Definitionen zum Trotz mit einer guten Platte zu tun haben.
Die isländische Truppe, die einst als Soloprojekt ihres heutigen Gitarristen, Sängers und Synthie-Bedieners Einar Thorberg gegründet wurde, orientiert sich nach wie vor an der Ásátru-Literatur und hat sich auch musikalisch seit ihrem letzten Album „Völuspá Part III: Fall Of The Ages“ weder gesteigert noch weiterentwickelt. „Pagan Prophecies“ bietet sowohl unspektakulären wie auch reichlich dumpf und kraftlos produzierten Viking/Pagan Metal, der nach wie vor weder Fisch noch Fleisch ist. Fiesen Black Metal sucht man hier ebenso vergebens wie epische Klanggebirge oder flotte Folk-Einlagen. Mit dem eröffnenden Titelstück, dem schnellen „Electric Horizon“ oder dem frostigen „Ad Handan“ befinden sich einige passable, durchaus gelungene Songs auf „Pagan Prophecies“, die nicht wehtun, aber auch keine Bäume ausreißen. Das alles ist weder gut noch richtig schlecht, sondern einfach banal und langatmig. Und wenn ich mir jetzt überlege, dass ich einfach das Review der Vorgängerscheibe hätte nehmen und nur ein paar Titel austauschen können, sagt das schon alles über dieses Album aus…
Dass diese Band aus Norwegen kommt, hört man ihrem ordentlich schnell vorgetragenen, hier zudem voluminös und fett (und leider auch ein wenig steril) produzierten Black Metal kaum an; lediglich die letzten IMMORTAL-Werke kann man als ungefähre Hausmarken-Referenz anführen, auch wenn die seit 1994 aktiven RAGNAROK längst nicht so treffsicher sägende Hymnen fabrizieren. Den ganz großen Wurf konnte das Quartett bislang nicht landen, auch wenn sich hier bereits mit Horst von TAAKE ein „Star“ der heimischen Szene auf einem Album am Mikro austoben durfte („Blackdoor Miracle“ von 2004). Mit „Malediction“ legen Bolverk, HansFyrste (der auch bei SVARTTJERN die Stimmbänder strapaziert) und Co. eine echt gute Scheibe vor, die eher an schwedische Nachbarn wie MARDUK, DARK FUNERAL oder auch jüngere NAGLFAR erinnert, was das brachiale Songwriting angeht. Mit Dampfwalzen wie „Demon In My View“, “Necromantic Summoning Ritual”, „Iron Cross – Posthumous“ oder “Fade Into Obscurity” befinden sich durchgehend hochkarätige, bei aller Gewalt dennoch in gewissem Rahmen melodische, wenn auch etwas monotone Stücke auf „Malediction“, das den Status der Band zwar weiter festigen, aber wahrscheinlich nicht ausbauen wird. Sehr gut, aber einen Tick zu glatt.
NEGATIVVM machen sich mit “Tronie” daran, ihrem (laut Biographie) Misstrauen gegen die Gesellschaft einen musikalischen Ausdruck zu geben. Da kann nur bösartige Musik rauskommen, folgerichtig ist der Fünf-Tracker dann auch im Black Metal anzusiedeln. Ähnlich wie TODTGELICHTER sind NEGATIVVM mit deutschen Texten unterwegs, die durchweg interessant sind. Die Band bietet zwar nichts völlig Neues in den gut 36 Minuten, schafft es aber durch die Vermischung skandinavischer Einflüsse und kräftig Epik die Spannung über die gesamte Länge zu halten, „Tronie“ langweilt den Hörer zu keiner Sekunde. Wer sich völlig auf die Klanglandschaften der Band einlässt, wird nicht umhin kommen, die vielen kleinen Details und vor allem die packende Atmosphäre zu erkennen und zu würdigen wissen. „Tronie“ wird so zu einem sehr interessanten Black Metal-Album, das zwar das Rad nicht neu erfindet, aber in allen Bereichen überzeugen kann. Da es das Teil zudem als kostenlosen Download gibt, muss hier jeder Schwarzwurzler einfach zuschlagen.
Ich habe prinzipiell nichts gegen die originelle Vermischung unterschiedlicher Stilarten, ganz im Gegenteil, nur muss das Ergebnis stimmig sein. Und genau hier liegt das große Problem der Wiener HORNS OF HATTIN, die mit „De Veritate“ ihr Debütalbum abliefern. In erster Linie spielt das Quintett symphonischen, epischen, zumeist sehr flotten Black Metal, der grob in Richtung DIMMU BORGIR, CATAMENIA oder GRAVEWORM ausschlägt, doch wird auch, speziell bei den tiefer gelegten, groovigen Riffs und den Growls (Fronter Havres Heremita und Gitarrist Rex Vermum teilen sich den „Gesang“) stark in Richtung Todesblei geschielt. Nur leider sind die Stücke, auch angereichert durch Spoken Word-Parts und andere eingeschobene Samples, wenig eingängig und in Sachen Songwriting reichlich unausgegoren, auch wenn sie produktionstechnisch von Tausendsassa und Klangzauberer Andy LaRocque eindrucksvoll und voluminös in Szene gesetzt worden sind. Als Hörproben kann man das facettenreiche „Montségur“ oder das abschließende, mächtige „1187“ (einer von drei neu aufgenommenen Songs vom gleichnamigen ersten Demo) empfehlen, die die Bandbreite von „De Veritate“ gut widerspiegeln. Eine richtig schwache Angelegenheit ist das Album nicht, teilweise sogar sehr hörenswert, doch hier sind gleich zu viele Ideen unausgereift in einen Topf geworfen worden, was die Sache recht anstrengend macht. Einen ähnlichen Stilmix beherrschen zum Bleistift die Taiwaner CHTHONIC deutlich sicherer.
Das Presseinfo lässt Großes erahnen: DECLINE OF THE I wurden von A. K. gegründet, der nicht nur bei MERRIMACK und VORKREIST als Gitarrist aktiv ist, sondern unter Anderem auch noch bei den undergroundigeren EROS NECROSPIQUE und MALHKEBRE Dienst tut. Die französische Black Metal-Szene scheint inzwischen ähnlich inzestuöse Strukturen anzunehmen wie etwa die norwegische, was aber völlig egal ist, solange das Ergebnis passt. Und hier wundert es mich doch sehr, dass Herr A. K. zuletzt mit erwähnten MERRIMACK und VORKREIST zwei echt gute bis sehr gute Alben veröffentlicht hat und auf „Inhibition“ so einen lahmarschigen Unsinn verzapft. Auch nach mehreren Durchläufen wollen die mit allerlei Soundspielereien, Spoken-Word-Parts und „avantgardistischen“ Passagen (hört Euch nur mal „Mother And Whore“ an – boah, nee!) gewürzten Songs nicht zünden oder auch nur im Ansatz gefallen, da sie sich wie Kaugummi ziehen, ohne atmosphärisch oder düster zu sein. Auch das noch halbwegs viel versprechend und mit einem passend eingesetzten Chor beginnende, dann aber zu einer pseudo-intellektuellen Klangcollage mutierende „Static Involution“ ist ein gutes Beispiel für die monströse, dröge Langatmigkeit von „Inhibition“. Bandchef A. K. droht uns mit „Rebellion“ und „Escape“ noch zwei Nachfolger dieses als Beginn einer Trilogie mit den drei Themen „leiden“, „rebellieren“ und „meiden“ konzipierten Werkes an. Bei „Inhibition“ leidet man definitiv, insofern geht die Rechnung zumindest in dieser Hinsicht auf.
Allerspätestens mit ihrem überragenden 2004er Album „Isa“ haben die einstmaligen norwegischen Black Metal-Pioniere einen Weg eingeschlagen, der in die musikalische Unendlichkeit führt. Von der schwarzmetallischen Basis haben sich ENSLAVED schon lange abgewendet, umgekehrt auch, es sei denn, man versteht diese Band und ihre Einstellung. „RIITIIR“, das inzwischen zwölfte Album der schon seit über 20 Jahren existierenden Truppe, reiht sich nahtlos die Riege der letzten Meisterwerke „Ruun“, „Vertebrae“ und „Axioma Ethica Odini“ ein und lässt sich mit kurzem Hineinhören absolut nicht greifen. Schon der geniale Opener „Thoughts Like Hammers“ überfällt einen nach einem etwas sperrigen Beginn mit einem Weltklasse-Refrain, der an dieser Stelle sofort Gänsehaut brät und sich metertief unter die Haut bohrt – so etwas schaffen nur die ganz ganz Großen! Eine Hymne wie „Veilburner“ leugnet seine schwarzen Wurzeln nicht, aber wenn dann nach fiesem Kreischen hochmelodische Chöre einsetzen, wird der Hörer einfach wieder überrollt. Einen Monolithen wie „Roots Of The Mountain“ hätte nicht mal Devin Townsend besser hinbekommen, und die Gitarrengebirge in Kombination mit dem eingängigen Klargesang in „Materal“ sind Songwriting-Kunst aus dem Lehrbuch. Man kann hier, wie bei den letzten Scheiben des Quintetts, stundenlang über die Langzeitwirkung, Komplexität und Vielschichtigkeit der Kompositionen schwärmen, aber ich belasse es bei der Tatsache, dass ENSLAVED ihrer eindrucksvollen Diskografie mit “RIITIIR“ ein weiteres Monument hinzugefügt haben. Die PINK FLOYD des Black Metal haben einmal mehr alles richtig gemacht!
Zwei Bandwettbewerbe haben PENTARIUM bereits gewonnen sowie eine EP und ein Online-Album herausgebracht, jetzt legt das Griesheimer Sextett mit einer Demo-CD mit neuem Material nach. Dass die Jungs daher gut aufeinander eingespielt sind ist offensichtlich: die drei Songs bieten routinierte Black Metal-Kost in der harte Gitarren Growls und Screams untermalen, die mit Keyboardklanglandschaften im Hintergrund kombiniert werden. Mal geht es etwas ruhiger zu, wie beim mit Klavier versehenen „Auf Schwarzen Schwingen“, dann wird wieder ordentlich drauflos geprügelt („Gevatter Tod“). Der Sound könnte voller sein, da die Produktion leider ein wenig blechern klingt, aber musikalisch brauchen sich PENTARIUM nicht zu verstecken.
Wenn man schon gedacht hat, die absoluten Tiefpunkte eines bis zum Erbrechen ausgequetschten Genres gehört zu haben, wird man immer noch mal eines Schlechteren belehrt. FLAMMENSTURM aus dem Ösiland ziehen das Niveau nicht mehr nur in den Keller, sondern stoßen damit bald auf Erdöl. Zugegebenermaßen recht fett produzierter, aber total banaler 08/15-Black/Viking Metal trifft auf die schlimmsten Texte, die man sich vorstellen kann: „Unsere Feuer brennen so hell, unsere Wölfe laufen so schnell, unsere Drachen fliegen so hoch, unsere Pfeile treffen noch!“ (aus „Glutes Zorn“) oder „Durch des Blutes Opfer, am Alpenrand, steht stolz noch immer, mein Vaterland, Österreich, der Name, den du trägst, und mein ganzes Dasein prägst“ (aus „Ostarrichi“ – ja, das Quintett bekennt sich zur Heimat, distanziert sich aber von der NSBM-Szene, sonst würdet ihr dieses Review auch jetzt nicht lesen). Immerhin verzichten die Jungs vollständig auf Keyboard-Pathos, was „Die Feuer Sind Entfacht“ vermutlich völlig unhörbar gemacht hätte. Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob solche Bands gar nicht merken, was für einen Sondermüll sie da produzieren. Oder mit einem Wort: Schluchtenscheiße!
Hierbei handelt es sich nicht um ein neues Album der holländischen Schwarzheimer, sondern um eine Wiederveröffentlichung ihres sehr hörenswerten, wenn auch nicht überragenden 2004er Albums, das seinerzeit auch schon über Ketzer Records veröffentlicht wurde. Wer als Fan neu zu der Band gekommen ist und „Firestorm Apocalypse“ bisher nicht im Regal stehen hat (soweit ich weiß, ist die Original-Pressung auch vergriffen), sollte jetzt zuschlagen, denn dieser Re-Release im Digipak beinhaltet nicht nur das Album in remasterter, klanglich fetter Form, sondern zusätzlich eine Bonus-CD mit acht weiteren Songs. Darunter befinden sich mit „The Devil´s Ancient Disciples“ ein flottes und sehr gutes unveröffentlichtes Stück, mit „Total Annihilation“, „The Black Hordes“ und „Warcry Of The Southern Lands“ drei Nummern vom selbst betitelten 2007er Werk mit anderem „Gesang“ (die Originale hatte Drummer Levithmong eingesungen, da der vorherige und aktuelle Fronter Nimroth zu jener Zeit nicht in der Band war) sowie mit „Arcane Illusion“, „Firestorm Apocalypse“, „Eternal Damnation“ und „Infinite Consecration“ die vier Songs der „Demonic Incarnation“-Promo von 2002, die bisher nicht offiziell erhältlich war. So ist dieser Re-Release eine berechtigte und in Sachen Aufmachung hochwertige Angelegenheit (bei der sogar Besitzer der alten Version schwach werden könnten), auch wenn musikalisch nicht ganz in der Oberliga gespielt wird. Unterm Strich aber gut!
Firestorm Apocalypse/ Tomorrow Shall Know The Blackest Dawn (Re-Release)