Die Tage werden dunkler, der Himmel grauer und bei einigen auch die Stimmung trüber. Da kommen die finnischen Herzchen von HEXVESSEL mit "Polar Veil" ja genau richtig ums Eck. Es ist ihr sechstes Album, und inhaltlich bietet es überraschend viel Black Metal, gebeugten Doom und eine Prise verstrahlten Retro Rock. Die folkigen Waldläufer- und Spitzohren-Moves der vergangenen Tage sind heuer einer scharfen und geradezu frostigen Metal-Kante zum Opfer gefallen.
Beschwörend, klagend öffnet "The Tundra Is Awake" das Album. Der Hintergrund klingt, als ob die Gitarre, gleich Mahlwerkzeugen eingesetzt, jeden Rest an Zuversicht zerkleinert und zerstückelt. HEXVESSEL schaffen hier eine ganz feine Atmosphäre, die zwar freudlos, aber in ihrer Bedingungslosigkeit und Konsequenz einfach nur als großartig zu bezeichnen ist. "Older Than the Gods" ist mächtig, bedrohlich und wieder gebettet auf metallischen Klingen. Es lässt sich viel Zeit, um seine ganze Wucht und Größe zu entfalten. Die Keybord-Melodie am Ende von "A Cabin In Montana" ist mystisch und nicht von dieser Welt und verdient allein Applaus. Die Gesänge sind berührend und stehen oft als Weichzeichner kontrastierend zur Härte.
HEXVESSEL haben hier einen zu Beginn schwer greifbaren Monolithen erschaffen, der als ganzes Werk erst einmal abschreckt. Aber Stück für Stück, langsam seine ganze, dunkel funkelnde Pracht offenbart. "Polar Veil" vereint frostklirrende Härte mit atmosphärischer, wärmender Schönheit und Tiefe. Das macht das Album zu einem avantgardistischen, grenzgängerischen, freien und dennoch überraschend gebunden wirkenden Meisterwerk.
Passend dazu haben HEXVESSEL ihrem Longplayer ein wunderbares und sehr entsprechendes Artwork von Benjamin König spendiert. Großes Kino!
Ja, ich mag diesen Second-Wave-geschwängerten Black Metal al la GORGOROTH, 1349 oder MARDUK, den ONDFØDT spielen. „Det Österbottniska Mörkret“ heißt die vierte Scheibe der Jungs, sie klingt düster, aufrührerisch und bösartig. ONDFØDT gründeten sich 2013 und im Folgejahr erschien ihr Longplayer-Debut „Hexkonst“. Die Band stammt aus der westfinnischen Region Österbotten und auf ihrem neuen Album behandeln sie inhaltlich Legenden aus ihrer Heimat, in denen es sich um Morde, Geister und Hexen dreht.
Nach dem Intro tritt das Quartett mit „Tvetalan“ die Tür ein: schnelle Old-School-Riffs, prügelnde Blastbeats und der Gesang vom Kollegen Owe Inborr ist aggro und voller Inbrunst. „Furstins Tid” kommt angenehm melancholisch daher und „Tå Do Dör” geht treibend nach vorn. Mit dichtem Riffing und Trash-Attitüde folgt „Where Death Roams”, wohingegen „Falskhejtins Folk“ dezente Pagan-Schlagseite aufweist. „Själavandring“ ist kontrastreich und besticht durch schöne Tremolos. Zu „Höstfruktan“ wird es heroisch-hymnisch; melodische Gitarrenarbeit trifft auf Härte und wild stampfende Drums. Der längste Track des Albums: „Dödsrejson“ versprüht, auf nicht unangenehme Art und Weise, 7 Minuten lang Pathos und hat sogar Gitarrensoli an Bord. ONDFODT verabschieden sich mit dem Outro „Tå Livi Bleknar“; die Klavier-Nummer könnte so auch von einem alten DIMMU BORGIR-Album stammen.
„Det Österbottniska Mörkret“ wurde in den Wolfthrone Studios aufgenommen, gemischt und gemastert hat Sänger Inborr. Der Sound passt super, ist weder steril noch zu puristisch. Es gibt Gastbeiträge von Jacob Björnfot (KVAEN) und Mathias "Vreth" Lillmåns (FINNTROLL).
Alles in Allem eine sehr gelungene Veröffentlichung voller düsteren Melodien und einer herrlichen Deich-zerfetzenden Black Metal-Riff-Sturmflut. Jatka samoin, Suomalainen black metal voittaa!
Das norwegische Schwarzkittel-Kommando MORK hat bislang bereits einige Beachtung gefunden, seit es aus den eisigen Fjorden seines Heimatlandes herausgekrochen ist und im Laufe des letzten Jahrzehnts hat dieses Ein-Mann-Projekt von Thomas Eriksen immer wieder gute Alben mit abgeliefert.
Das sechste Album “Dypet” besticht optisch mit einem geschmackvollen Cover, das in verschiedenen Grautönen eine bedrohliche Gestalt in den Wolken erscheinen lässt und dem Betrachter gleich zu einem angenehmen Frösteln verhilft. Denn darum geht es bei Black Metal: Atmosphäre und nochmal Atmosphäre.
Und an dieser Atmosphäre mangelt es auch dem Opener “Indre Demoner” nicht. MORK sind nicht darauf aus, Geschwindigkeitsrekorde zu brechen oder zu beweisen, dass sie die Bösesten auf der Welt sind. Vielmehr begeistert der Song durch eine Vielschichtigkeit, die man im Black Metal eher selten findet. Alle Instrumente sind klar zu hören. Die Gitarren verströmen Wave-/Gothic-Flair, der Bass setzt sehr coole melodische Akzente und das Schlagzeug groovt richtiggehend. Ist das denn im Schwarzmetall überhaupt erlaubt?
Spätestens mit dem dritten Song “Svik” wird dieses Rezept endgültig perfekt abgeschmeckt. Mit seinen großartigen Gitarrenarrangements und der dezenten Beigabe von unaufdringlichem Klargesang kann man die Nummer durchaus als kleinen Hit bezeichnen.
Etwas ruppiger wird es dann mit “Et kall fra dypet”, wo auch zum ersten Mal ernsthaft mit Blastbeats gearbeitet wird. Düster baut sich dieser Siebeneinhalbminüter auf und führt durch viele verschiedene Parts ohne ziellos zu sein. Auch hier sind interessante Drumgrooves zu hören, die Gitarren bedienen sich auch mal eines zünftigen Stakkatos. Das folgende “Hoye Murer” überrascht mit fast folkiger Melodieführung inklusive Gast-Vocals des ehemaligen KVELERTAK-Sängers Erlend Hjelvik. Ganz stark. “Avskum” klingt dagegen wie eine kleine Hommage an neue SATYRICON mit deren typischen - ja, fast schon tanzbaren - Rhythmen. Und eines drauf gesetzt wird dann noch mit dem abschließenden “Tilbake til opprinnelsen”. Hier wird ordentlich geblastet, aber natürlich mit einem gewissen Kniff, der im Einsatz von Synthies besteht, die dem Ganzen einen völlig morbiden Klang geben. Großartige Idee, großartig umgesetzt.
MORK liefern mit “Dypet” ein maximal abwechslungsreiches Album im engen Korsett des Black Metals ab. Für den Puristen könnte das schon zu viel sein, obwohl die misanthropische Grundstimmung, die in diesem Genre so wichtig ist, durchgängig gehalten wird. Für jeden aufgeschlossenen Fan extremerer Mucke ist dieses Album jedoch ein Muss und es wird spannend, ob es in diesem Jahr noch besser kommt. MORK mischen jedenfalls ganz vorne mit.
Treibt man sich bei Facebook rum, so finden sich viele Bands, die ihr Schaffen mal mehr und mal weniger erfolgreich bewerben. Oft klickt man gelangweilt auf einen Link und hört für eine Sekunde in die angebotene Musik, um dann genervt einen anderen Song anzusteuern. Tja, und dann bin ich auf den Song „Emuna Elish“ der Münchner ERIDU gestoßen und bin hängengeblieben. Genau meine Stilrichtung und dann noch formvollendet gespielt – die Band kombiniert düsteren Black/Death Metal mit ein wenig Epik und zaubert aus diesen Zutaten einen wahrlich traumhaften und gut verdaubaren Cocktail, nach dem man süchtig werden kann.
Die Truppe versteht es meisterlich orchestrale Parts mit treibenden Riffs zu vereinen und vergessen niemals, dass ein Song auch aus Melodien bestehen muss. Besonders der Refrain von „Emuna Elish“ bleibt im Gedächtnis hängen und stellt die Magie der Musik und der anspruchsvollen Texte in den Vordergrund. Besonders die Verwendung von exotischen Instrumenten ist für ERIDU ein Trademark, welches zwar dezent, aber immer geschickt verwendet wird und somit wird der Hörer auch bei dem x-ten Durchlauf des Albums immer wieder etwas Neues entdecken. Das Album weckt tiefe Emotionen und ich hätte ein solches Album nicht von einer Band erwartet, welche erst auf einen Longplayer zurückblicken kann – eigentlich wird solch´ eine Qualität erst nach Jahren möglich. Aber auch ein (fast perfektes) Album hat seine Schattenseiten und somit nervt das Outro doch ein wenig, da es nicht in den Kontext des Albums zu passen scheint. Aber Schwamm drüber, da Songs wie „Clay, Blood And Venegance“ und besonders „The Great Divide“, welches mit fantastischen Chören begeistern kann, dieses Manko spielend bereinigen.
Als Fazit kann ich jedem Fan von hartem, aber immer melodischem Metal dieses Werk ans Herz legen und da die Band auch ansehnliches Merch anbietet, ist der Weg zu Bandcamp eigentlich eine Pflichtveranstaltung.
VANANIDR sind mit Album Nummer vier am Start, "Beneath The Mold" wurde am 28.10.2022 veröffentlicht.
Wollt Ihr was Neues, etwas wirklich Innovatives Hören?
Dann hört Euch etwas anderes als VANANIDR an. Aber wenn Ihr melodischen skandinavischen Black Metal mögt, seid Ihr bei der Truppe um Anders Erikson goldrichtig!
Draußen wird es gerade kälter und vor allem dunkler. Der Herbst bläst uns eisigen Wind wie kalten Atem ins Gesicht, die Blätter fallen und lassen die Bäume wie Gerippe stehen, man verliert sich in dichtem Nebel. Und wenn Ihr nicht raus ins Nass wollt, dann könnt Ihr Euch mit der neuen VANANIDR eine Portion kühle Dunkelheit ins muckelige Heim holen! Ein durchaus lohnenswertes Unterfangen, die Band spielt Black Metal im Stile der 90er, melodisch-melancholisch und manchmal beschwörend. Die Produktion ihrer neuen Scheibe ist nicht glattbügelnd, aber auch keinesfalls Low Fidelity; der Sound kann am ehesten als organisch bezeichnet werden. Die düstere Stimmung, die "Beneath The Mold" innewohnt, wird auch auf dem Cover auf mystische Art eingefangen.
Ihre Spezialität sind tolle Gitarrenmelodien; Freunde von Kapellen wie WINTERFYLLETH, ULTHA, mitunter auch von SATYRICON und IMMORTAL dürften ihre Freude haben.
VANANIDR gibt es seit 2018, und für die Dauer der ersten beiden Alben war die Band eine reine One-Man-Show von Anders Eriksson (HYDRA). Dieser Tage wird er von Per Lindström und Fredrik Andersson (ex-AMON AMARTH) ergänzt. Ursprünglich hieß das Musikprojekt SYNODUS HORRENDA und wurde später in VANANIDR umbenannt, der Name geht auf eine Figur in der nordischen Mythologie zurück.
Der Opener "Dominion" baut sich Schritt für Schritt auf, die repetitiven Gitarrenparts haben etwas Hypnotisches, der raue Gesang ist mit Hall versehen. Es folgt "Awake" mit frostigen Gitarren-Leads und rasenden Drums. Der Songaufbau ist gut, die Melodie wird vor allem durch die Gitarre getragen, und der Track endet mit einem schönen atmosphärischen Gitarrenspiel. "The Watcher" ist in großen Teilen im Midtempo gehalten und kommt kraftvoll daher. Aber Achtung: zu enthusiastisches Headbangen kann laut australischen Medizinern zu kleinen Hirntraumata führen. Weiter geht es mit dem Titelsong "Beneath The Mold" samt intensivem Start mit garstig-leidenschaftlichem Gekeife und gutem Tremolo-Sound. Das Lied ist knapp über zehn Minuten lang, in der Mitte wurde ein Klavierzwischenspiel platziert, und zum Ende baut sich eine gehörige Riff-Wand auf. "Dressed In Pain" stellt ein Highlight der Platte dar: dynamisches Death Metal-Riffing, apokalyptisch-majestätische Melodien und nahtlose Tempoübergänge. "Dressed In Pain" ist ein zumeist schneller Song mit ordentlich Blastbeat-Action, die Katharsis liefert. Musik ist gut für die Seele, und das hier ist der Sound der Anspannungen lösen und die Seele reinigen kann. Der Rausschmeißer "Sea Of Lies" ist von melodischen Tremolos und kalter Dissonanz geprägt.
Ein bisschen Thrash, etwas (Melodic) Death und eine ganze Menge Atmospheric Black Metal: so könnte man HEDONs Ingredienzen beschreiben. Aufgrund dieses Cocktails, wegen des vorherrschenden Hexen-Themas und der schwedischen Herkunft kann man zum Teil Vergleiche zu den Genre-Kollegen WITCHERY ziehen. Jedoch arbeiten HEDON viel mehr mit melodischen Leads und Soli. Black Metal mit todesmetallischer Prägung hat in Schweden Tradition.
HEDON veröffentlichten 2014 ihr Debütalbum "Summon The Demons" und schlappe sechs Jahre später die EP "In Blasphemy Reborn". Nun gibt es mit "Year Of The Witch" Nachschub.
Spaß macht vor allem das gute Gitarrenspiel in Tracks wie dem Opener "Legions" und "Bloodwitch". Nummern wie "Witchfinder General" zeigen, dass HEDON auch eine ordentliche Portion Rauheit und Schwärze zu bieten haben. "Year Of The Witch" endet mit dem Song "Digerdöden" (schwedisch für "Schwarzer Tod" bzw. die Pest), der sich viel im Midtempo abspielt und harsch-bärbeißigen, teils irren Gesang und harmonisches Gitarrenspiel birgt.
Die Produktion geht in Ordnung, die Stimme ist sehr zentral im Mix. Ich würde das Album der Göteborger nicht als herausragend, aber grundsolide bezeichnen; Freunde von DISSECTION und WATAIN sollten hier ein Ohr riskieren.
Die Band fand im Frühsommer 2020 zusammen und ist in der Natur unterwegs, in der kalten, harten, brutalen. Ganz ohne Romantik, Zaubersprüche oder Umhänge, in denen die Schweden tanzen könnten. Sagen sie. Wichtiger ist aber, was sie machen - und das ist auf dieser Kassette außerordentlich abwechslungsreicher, schwarzer Metal, der neben klarem Black auch DBM, Heavy, Rock und Doom einbindet. Es ist nicht die fiese klirrende, nordische Schwarzwurzel-Basis, sondern "Varþnaþer" klingt schon ein wenig polierter. Die Jungs aus Vänersborg fabrizieren eine außerordentlich groovige, schwere Mischung, die zudem nicht nur ehrlich, sondern auch viel erwachsener klingt als die Selbstbeschreibungen der Kapelle. Sie kommen überall klar, egal, ob sie einen warmen Groove in gemäßigter Geschwindigkeit anbieten oder kalten Krach mit viel Tempo. Und das mehr als sieben Minuten lange "Måne" schafft alles gleichsam in einem Lied. Kleiner Wermutstropfen: Die auf 100 Stück limitierte MC scheint bereits ausverkauft, aber die Jungs halten über Facebook (oder per Mail) sicher noch etwas bereit. Auf keinen Fall 999 Euro bei Bandcamp für Vinyl bezahlen! Aber das versteht sich wohl von selbst. Tolles Album einer frischen jungen Bande - aber auch böse und düster!
Dieses „Gebeinhaus“ kommt aus dem wundervollen Montreal im frankophilen Part Kanadas, also aus Québec. Diese Region ist nicht nur für seine „abweichende“ Landessprache und sachten Separationsbestrebungen bekannt, sondern vor allem durch eine kräftig florierende, sehr vitale und ein klein bisschen inzestuöse Black Metal-Szene. Wer einmal an dieser (Blut) geleckt hat, der kommt nicht wieder davon los. Denn angefangen mit MONARQUE und FORTERESSE oder auch DÉLÈTEREund CANTIQUE LÉPREUX gibt es zig richtig gute Bands. Gut, Kritiker sagen, die klängen alle gleich… Das ist aber wurscht, ohne Pommes keine Poutine. Also: OSSUAIRE sitzen erstaunlicherweise ein wenig neben dem sich schnell drehenden Bandkarussell. Charnier, Atrocité, Hérésiarque und Spectre haben bis dato nur bei unbekannteren Kapellen gezockt, landeten aber dennoch beim Haus- und Hof-Label und gewannen SPECTRAL WOUND-Mann Patrick McDowall für die Arbeit im Studio. Nach den prima „Chants“-Alben („Premier“ und „Dernier“) von 2019 folgt jetzt die EP. Und die enthält - man ist geneigt zu sagen „wie immer“ - rasend-schnelle und gedrosselte, aber immer eiskalte Riff- und Sound-Landschaften, fantastische Melodien und gekonnt-krächzende Vocals. Auch diese frankokanadische Band dokumentiert erneut, was für tolle Songs Black Metaller schreiben können, gleichzeitig so basisch und so episch. Oder andersherum: Wie wenig kommt es auf überproduzierten Bombast-Sound an, wenn es solche Lieder gibt? Na, Norwegen? Verstanden? Apropos, um nicht falsch interpretiert zu werden: Was DARKTHRONE und Co. heute versuchen, durch Pseudo-Rückkehr zum Garagen-Sound oder durch das Wildern im angeblichen Rock’n’Roll, das machen OSSUAIRE mit richtigem Black Metal: raue, wilde, böse und gleichzeitig epische, schöne und richtig gute Musik. Wer hören will, muss fühlen: „LaSaintePurge“ oder „Ignipotentis“ - aber eigentlich alle fünf Stücke (also vier plus Intro) über 30 Minuten in Gänze.
Der Opener „La Mort Bientôt Jouit“ („Der Tod Freut Sich Bald“) zeigt auf eindrückliche Weise, wie breit die Spannweite einer Black Metal-Scheibe sein kann. Von Sekunde zu Sekunde passiert hier Neues, kein Wunder, dass auch die neun Songs komplett verschieden scheinen. Nach dem galoppierend-hektischen ersten Stück folgt mit „Les Infectes Salives“ ein schleppender, grooviger Song, der den fauligen Speichel irgendwie schmackhaft erscheinen lässt. Könnte sowas wie der Hit des Duos aus Lyon sein. Das sich aber ansonsten in recht kalter Wut präsentiert und eher trübe Stimmung verbreitet, also Musik macht, die genau in diese Zeit passt. Die Franzosen sind vielschichtig, aber nagen auch zuweilen zu sehr am Nervenkostüm - zum Beispiel, wenn sich am Ende des flotten „Carbone“ die Instrumente in nahezu wahnsinniger Atmosphäre gegenseitig überholen und alles, aber auch alles aus dem Fokus verlieren. Hier geht es nur noch um pure Raserei, wenn nicht ums Malträtieren der Menschheit. Wie erholsam klingt das mitteltemperierte Schluss-Stück „Hantise“, das ohne Gesang auskommt und dafür nachvollziehbare Tempowechsel bietet und mit minimalistisch wiederholten Riffs die Nerven schont und so fast Spaß macht. Ich sagte „fast“! Spannendes Album für Leute, die Schmerz ertragen.
„Broken Wheel“ ist der dritte Song der DARKESTRAH-EP „Chong-Aryk“ und vereint die Stärken der Band in knackigen 217 Sekunden. Er ist typisch - und vereint viele Gemütszustände. Es beginnt melancholisch, der Folk Black Metal der deutsch-kirgisischen Formation wabert durch verzweifelte Momente mit kurzen Hoffnungsmomenten und ergießt sich in absoluter Wut. Es ist die DARKESTRAH-Interpretation des Songs „Khartai Sarlag“ der mongolischen Folkrockband DOMOG, mit eigenen Arrangement, Text und Gesang. Die Bandmitglieder sind langjährige Fans der Mongolen und freuen sich, endlich eine Cover-Version zu machen. „Broken Wheel“ ist eine Art Meditation über Sinnlosigkeit der Existenz aus der Perspektive einer Person, die sich in der absoluten Einöde verloren hat. Und der Song steht exemplarisch für die ganze EP, sie ist weniger bombastisch, legt Wert auf traditionelle Atmosphäre und lässt auf diese Weise Emotionen mit viele Tiefe raus. DARKESTRAH und ihr gebrochenes Rad sind mild und aggressiv zugleich. Die Jewel-Case-Edition ist limitiert auf 300 - und bietet mit „Gift Of Mud And Venom“ und dem überragenden „The Warrior Poet“ zwei weitere starke Songs. Das alles ist sehr natürlicher Black Metal mit Keyboard, cleanen Vocals und anderen Extras, bleibt aber immer ehrlich und nie auswimpelt. Interessant!