Nach vier Studioalben und drei EPs veröffentlichen WINTER`S VERGE aus Zypern ihr fünftes Album. Eine gewisse Routine hat sich die Band bereits auf Touren mit STRATOVARIUS und diversen Festivals erspielt, aber der große Durchbruch jenseits von Zypern blieb bis dato leider aus, was wahrscheinlich auch den Verlust des Plattenvertrags mit Massacre Records bedeutete. Trotzdem lässt sich die 2005 gegründete Band nicht beirren und veröffentlicht mit „The Ballad Of James Tig“ ein konzeptgeschwängertes Album, welches uns die sagenhaften Geschichten des Landes Tiberon näher bringen soll und uns die Geschichte von James Tig erzählt, der auf einer Suche nach einem sagenhaften Seemonster die Welt bereist.
Das symphonische Konzeptalbum klingt opulent und durchaus ambitioniert. Als Vergleich würde ich Bands wie KAMELOT, ASTRAL DOORS und RHAPSODY (OF FIRE) nennen. Die Band besteht aus durchaus sehr guten Musikern, die auch gerne ihr Können präsentieren, aber immer songdienlich spielen. Besonders der Song „I Accept“ besticht durch eine Vielzahl an gelungenen Riffkombinationen, die durch die kraftvolle Stimme von Sänger George Charalambous sehr gut in Szene gesetzt werden. Ich kannte die Band vor diesem Album nicht und bin bei der Vorrecherche auf durchschnittliche Kritiken des Sängers gestoßen. Ich kann dies bei diesem Output nicht bestätigen. Der Gesang überzeugt und bringt genau die Power mit sich, die das Album braucht um nicht zu kitschig zu werden. Die Töne und Melodien sind sauber gesungen und fügen sich sehr gut in die anspruchsvollen Kompositionen ein. Von mir gibt es hier keine Kritik.
Ein echter optischer Hingucker ist Keyboarderin Stavry Michael, die das Album teilweise in den Musicalbereich treibt, aber ohne irgendwie aufdringlich zu wirken. Dieser Part wurde sauber gelöst und löst kein Fremdschämen aus. Das ganze Album wirkt kompositorisch wie aus einem Guss und wird Liebhaber dieser Metal-Spielart in keinster Weise enttäuschen, und wer Songs wie „Blood On The Foam“ schreibt, dem muss eh vor keiner Kritik bange sein.
Alles in Allem eine wirklich runde Geschichte, die durch die kraftvolle Musik, die gute Produktion und ein hübsches Cover-Artwork überzeugen kann. Mir hat die Scheibe gut gefallen, und ich kann jedem geneigten Metal-Fan raten, sich ein wenig mit der Geschichte von James Tig zu beschäftigen. Im Übrigen sieht nicht nur die Keyboarderin blendend aus, natürlich sind die Jungs optisch auch ein Genuss… Ich hoffe der Gleichberechtigung ist hiermit genüge getan!
MENTALIST? Nie gehört, aber der Beipackzettel verspricht doch einiges. Hier hat sich doch etwas Metal-Prominenz die Klinke in die Hand gegeben. Bekanntestes Bandmitglied ist mit Sicherheit Thomen Stauch am Schlagzeug, der für seine Arbeit bei BLIND GUARDIAN wohl der Mehrheit ein Begriff sein sollte. Die Gitarrenarbeit wird von Kai Stringer und Peter Moog übernommen, wobei Ersterer als Gitarrist von STARCHILD bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Interessant ist die Position des Sängers besetzt. Ein gewisser Rob Lundgren hat diesen Job übernommen, der laut Info ein Youtube-Star sein soll. Ok, den Namen hatte ich noch nie gehört, also mal die Recherchemaschine angeworfen und aktives Stalking betrieben. Und siehe da, dieser Bursche ist zwar bei Youtube mit 190.000 Abos kein kleines Licht, aber auch kein Riesenverdiener. Aber immerhin eine Hausnummer, die sich mit Metal-Covern sehr ordentlich präsentiert. Außerdem hat er den Posten des Frontmanns bei diversen anderen Bands ausgefüllt, deren Bekanntheitsgrad aber nicht ins Gewicht fällt.
Im Track „Belief“ hinterlässt Gastsänger Daniel Heiman (ex-LOST HORIZON) seine Duftmarke und als permanenter Gast-Keyboarder konnte Oliver Palotai von KAMELOT gewonnen werden. Auch das Bandmaskottchen, der „Mentalist“, wurde von einer prominenten Person kreiert. Kein Geringerer als Thomas Ewerhard von AVANTASIA konnte für diesen Job verpflichtet werden. Bei einer solchen Mischung aus Profis darf natürlich das Gesamtpaket nicht vernachlässigt werden, und somit konnte für das Cover-Design Andreas Marschall gewonnen werden, dessen Cover-Artworks für Bands wie KREATOR, BLIND GUARDIAN oder RUNNING WILD wohl in jeder gut sortierten Plattensammlung zu finden sein dürften.
Wie man bei der Bandbesetzung vermuten kann, trifft man auf der musikalischen Seite auf klassischen Heavy Metal, der eine sehr melodische Schlagseite aufweisen kann. Teilweise betritt man sogar die Pfade des Prog-Metals und driftet sogar in Speed Metal-Gefilde ab. Zusammengefasst eine gute Mischung aus GAMMA RAY, BLIND GUARDIAN, IRON MAIDEN und PRIMAL FEAR. Klingt nach typisch deutschem Metal und sorgt somit nicht für die große Überraschung. Wie von den Musikern zu erwarten, bewegt sich die Musik dauerhaft auf einem technisch sehr hohen Niveau, welches besonders in den Solopassagen sehr gut zur Geltung kommt. Als Anspieltipps würde ich „Whispering Winds“ und „Run Benjamin“ benennen wollen. „Whispering Winds“ entpuppt sich als waschechte Power-Ballade, die mit einem sehr hohen Wiedererkennungswert aufwarten kann (als Schlusstrack nochmal in einer orchestralen Version zu hören), während „Run Benjamin“ mit allen Spieltechniken eines tollen Melodic Metal-Songs begeistern kann. Besonders der Refrain überzeugt und macht die acht Minuten zu einem wahren Hörgenuss. Wirklich gut gemacht und ein echter Hinhörer. Die anderen Songs haben teilweise ihre Längen, und man hat irgendwie das Gefühl, dass man alles irgendwo schon einmal gehört hat, was die Qualität der einzelnen Songs aber nicht schmälert. Es fehlt halt manchmal der Überraschungseffekt, der leider auch bei Sänger Rob ein wenig fehlt. Der Mann ist zwar ein richtig guter Sänger und kann sich locker in eine Reihe mit Ralf Scheepers oder einem Tobias Sammet einreihen, aber es fehlt halt die Eigenständigkeit und Spontanität. Irgendwie klingt es so, als wurde hier ein guter Nine-to-Five-Job erfüllt, aber keine Überstunde abgeleistet. Es ist halt alles perfekt, aber das nimmt der ganzen Geschichte ein wenig die Spontanität und Unverbrauchtheit, mit der ein Debüt-Album normalerweise aufwarten kann. Dies ist aber Meckern auf sehr hohem Niveau, da wir es mit einem wirklich gutem Metal-Album zu tun haben, und Fans der oben genannten Bands definitiv ihre Freude an „Freedom Of Speech“ haben werden. Bei geplanten Live-Shows wird das Bandmaskottchen scheinbar magische Tricks auf der Bühne aufführen und als MENTALIST eine gewichtige Rolle auf der Bühne einnehmen. Ich hoffe, das artet nicht zu sehr in ein Kaspertheater aus, da die Musik eigentlich schon gut für sich alleine sprechen kann. Ich bin mit dem Album zufrieden und kann eine ausbaufähige, gute Note bescheinigen. Mehr Hokuspokus verspreche ich mir von folgenden Alben.
Aus Luxemburg stammt dieses Quintett, das sich seit 2007 dem Melodic Death Metal verschrieben hat und diesen mit einer (zum Glück sehr) kleinen Prise Metalcore aufkocht. Primär erinnern MILES TO PERDITION an Genre-Platzhirsche der Marke DIMENSION ZERO, NIGHTRAGE oder in ihren besten Momenten an die ganz frühen Werke von DARK TRANQUILLTY. Und ihr neues, an große Science-Fiction-Meilensteine von George Orwell (der Titel lässt es dezent erahnen) und Aldous Huxley („Brave New World“) angelehntes und von dem Gegensatz „Utopie – Dystopie“ inspiriertes Zweitwerk (nach „Blasphemous Rhapsody“ aus 2014) enttäuscht wahrlich nicht, sondern bietet eine wirklich gelungene Mischung aus Härte und Melodie, die in sehr hörenswerten bis starken Stücken wie „Terror Of Lies“, „S.O.M.A“ oder dem überlangen Abschlussepos „Doom“ gipfelt. Die Produktion könnte noch etwas druckvoller sein, ist jedoch für ein DIY-Eigengewächs absolut in Ordnung, und beim Songwriting erreicht die Band insgesamt noch nicht ganz das Niveau ihrer Vorbilder, aber insgesamt ist „2084“ ein sehr gutes Underground-Gewächs, das die bisherigen Achtungserfolge von MILES TO PERDITION (unter Anderem der Gewinn der „Metal Battle Luxemburg“, der die Band für einen Gig in Wacken qualifizierte) unterstreicht. Ich traue diesen Jungs aber definitiv noch mehr zu!
Nachdem VERSENGOLD mit „Funkenflug“ und „Nordlicht“ auf der Erfolgswelle ritten, wird Letzteres nun noch einmal neu aufgelegt. Wer dabei aber nun augenrollend „Geldmacherei!“ denkt und das selbe Album mit vielleicht maximal zwei neuen Stücken erwartet, irrt: die Band hat sich nicht lumpen lassen, ganze sieben neue Songs aufgenommen, und – wo man nun schon mal dabei war – gleich noch eine Live-CD obendrauf gepackt.
„Schöne Grüße von Zuhause“ und „Lied Für Oma“ (bittersüß und anrührend) entstanden im Zeichen von Corona und befassen sich mit den coronabedingten Einschränkungen im Alltag und den daraus resultierenden Folgen. Beide Songs waren eigentlich nicht für die Veröffentlichung auf CD gedacht, fanden aber so großen Zuspruch, dass sie es auf Drängen der Fans nun doch auf einen Silberling geschafft haben. Insgesamt reicht das Spektrum des neuen Materials von folkig-getragen („Mondlicht“) bis fröhlich-beschwingt („Lichterloh“, „Theken Tune“). Der Live-Mitschnitt wiederum wurde auf der „Nordlicht“-Tour in Hamburgs Großer Freiheit 36 aufgenommen – wehmütig denkt man zurück: eine Zeit, in der Live-Konzerte noch kein Problem waren und einen in der Menge allenfalls das Gedränge und eventuell der Körpergeruch der Umstehenden störte, eine gesundheitliche Gefährdung jedoch eher nicht zu befürchten war. Entsprechend rennen VERSENGOLD hier offene Türen ein: ein bisschen Konzertflair für zuhause, wenn es „richtig“ live on stage eben gerade nicht geht. Dass die Band sich darauf versteht, Stimmung zu machen, ist kein Geheimnis und so wird auch in der Großen Freiheit standesgemäß gefeiert. Was die Liedauswahl angeht liegt der Fokus auf den letzten beiden Alben, was durchaus Sinn macht, da beide nach der letzten Live-Veröffentlichung erschienen und somit in diesem Format noch keine Berücksichtigung finden konnten. Die Band performt mit Herzblut und der Aufnahme gelingt es, das Konzertflair einzufangen und ins heimische Wohnzimmer zu transportieren. Eigentlich hätte es das Re-Release im engeren Sinne, also die ursprünglichen Songs von „Nordlicht“, bei dieser Veröffentlichung gar nicht gebraucht: die neuen Tracks und das Live-Album hätten vollkommen ausgereicht, um für sich stehen zu können. Aber wenn sie schon dergestalt im Doppelpack kommen, nimmt man sie auch gerne mit dazu. FAZIT: VERSENGOLD beweisen mit „Nordlicht (Märchen Von Morgen)“ sowohl ihre musikalische Umtriebigkeit auch in schweren Zeiten als auch ihre Spielfreude und ihre Live-Qualitäten.
Newcomer? Österreich? Black Metal? Gähn! Das kann doch nun mal wirklich nicht interessant sein. So bin ich an dieses Debütalbum rangegangen, und ähnlich wird es im Beipackzettel beschrieben. Einfach mal nichts erwarten, dann kann man auch nicht enttäuscht werden. Aber was ist das? Ohren gespitzt! Das ist richtig gut! Alle meine Zweifel und Vorurteile werden hier über einen Haufen geschmissen und negiert! Kompositorisch und stilistisch befinden wir uns ganz klar im Bereich des melodischen Black Metals. Sänger Essark peitscht mit seiner aggressiven Stimmlage das bunte Treiben immer wieder nach vorne, aber prägt die Musik von ISIULUSIONS durch ein ganz anderes Stilmittel. Der Herr kann nämlich auch wirklich singen und begeistert mit seinem Klargesang, der häufig als Stilmittel gebraucht wird, auf ganzer Linie. Stellt Euch END OF GREEN auf Black Metal vor, und Ihr habt den Sound von ISIULUSIONS. Langweilig ist die ganze Geschichte also nicht und wird nicht nur im Black Metal-Bereich viele Freunde finden, nein auch die Gothic-Fraktion kann sich gerne angesprochen fühlen. Das Ganze wirkt nie peinlich oder erzwungen, sondern die Band hat schon mit ihrem ersten Album den eigenen Stil gefunden. Dafür meinen größten Respekt an die Jungs!
Auf der Instrumentenseite ist auch alles im grünen Bereich. Die Gitarren liefern schöne und interessante Melodiebögen und lassen auch den einen oder anderen ruhigen Part zu. Dies schafft eine fantastische Atmosphäre, die sich über die 60 Minuten konstant hält. Im Übrigen finde ich es in der heutigen Zeit wirklich mal klasse, ein Album abzuliefern, welches sich auch längentechnisch wirklich einen Longplayer nennen darf. Hier bekommt man was fürs Geld.
Ich bin mir nicht ganz im Klaren, wie die Band sich in meinen Augen entwickeln sollte. Alles so lassen? Mehr in die Düsterrock-Ecke? Ich kann das nicht beantworten, wobei die Gothic-Vocals wirklich hervorragend sind und auch beim Rausschmeißer „Destiny“ voll zum Tragen kommen. HIM- und TYPE O NEGATIVE-Freunde werden hier einfach bestens bedient, wenn man sich nicht an feinsten Black Metal-Attacken stört, welche aber niemals ausarten und in pure Raserei verfallen. Egal, wo der Weg die Band hinführt, sie wird ihren Weg gehen.
Fakt ist, was für eine tolle Überraschung aus Österreich! Atmosphärische, mitreißende Musik, abseits von Kitsch und Trends. „I - Follow The Flow“ hat zudem noch eine amtliche Produktion abbekommen, und somit kommen die 13 Songs soundtechnisch alle bestens zur Geltung.
Fazit ist, dass hier ordentlich vorgelegt worden ist, und einem intensiven Hörvergnügen nichts im Wege steht. Meine Daumen strecken sich nach oben, und der Kandidat wird mit Wohlwollen entlassen, welches das hübsche Coverartwork nochmals unterstreicht. Klasse Leistung und weiter so!
26 Jahre nach dem Album „Underground“ sind die Eidgenossen MESSIAH zurück und das in der klassischen Besetzung. Die Erwartungshaltung war groß, und endlich ist die Bombe geplatzt. Eins vorweg: „Fracmont“ ist genau der Scheiß, auf den alle MESSIAH-Jünger gewartet haben, und keiner wird auf dem Pilgerpfad enttäuscht werden. Ich bin ja ein bekennender Fan des Vorgänger-Albums von „Underground“. „Rotten Perish“ hat damals meinen Plattenteller zum Glühen gebracht, und das Gleiche wird mit „Fracmont“ auch passieren.
Schon beim Intro „Sacrosanctus Primitivus“ musste ich die Ohren spitzen. Sind da nicht eindeutige Querverweise auf die klassischen Intros von „Rotten Perish“? Ich bin mir nicht ganz sicher, und eventuell ist es auch nur Wunschdenken, aber in jedem Fall macht das Intro neugierig auf die folgenden Minuten. Was dann folgt, das ist der Wahnsinn in Tüten! Der zehnminütige Titeltrack beinhaltet alle Trademarks, welche man bei MESSIAH liebt und jahrelang vermisst hat. Die Vocals von Andy Kaina klingen wunderschön angekotzt und aggressiv, wobei trotzdem einzelne Textpassagen immer verständlich bleiben. Eine Kunst für sich und ein Frontman, den man aus tausenden Sängern heraushören kann. Wunderschön, dass er wieder dabei ist, da dieser Ausnahmesänger zu MESSIAH gehört! Fertig und aus!
Ich habe ja besonders den trockenen Gitarrensound auf „Rotten Persish“ geliebt und werde in dieser Beziehung bei „Fracmont“ auch nicht enttäuscht. Die Gitarren sind brutal, äußert brutal, und die Gitarrenriffs sitzen und laden zum gepflegten Abschädeln ein. Ok, einen Technikerpreis werden die Riffs von MESSIAH nie bekommen, aber wer braucht das schon?! Die Songs und Riffs sind einfach gehalten, aber immer so verdammt effektiv! Wer braucht schon tausende von Noten in einem Riff, wenn man mit wenig viel mehr ausdrücken kann? MESSIAH hat dies perfektioniert. Es knallt an allen Ecken und Enden und wird höchstens mal durch diverse Intros oder Keyboardpassagen innerhalb eines Liedes unterbrochen.
Besonders gut ist dies im Titelsong gelungen. Den Übergang von feinstem Death Metal in einen epischen Mittelpart kann man einfach nur als gelungen bezeichnen. Die ganze Scheibe wird mit diesen diversen Effekten unheimlich aufgewertet und erzeugt eine gekonnt morbide Stimmung. Hier wurde eindeutig nach dem Prinzip „klingt geil – nehmen wir“ gearbeitet. Und genau so etwas wird der Fan honorieren, der einfach die Schnauze voll von kopflastigen Selbstdarstellern im Death Metal hat. Das haben MESSIAH mit ihrer Erfahrung halt einfach nicht mehr nötig und konzentrieren sich auf das Wichtigste: Den Song!
Wie man merkt, bin ich ein wenig begeistert, aber diese verdammte Mischung aus Old School und groovigem, morbidem Death Metal haut mich einfach aus den Socken. Das gekonnte Schlagzeugspiel und die teilweise gefühlvollen Soli runden die Sache dann nochmal extra ab.
Was soll ich noch sagen? MESSIAH haben meine hohen Erwartungen noch spielend übertroffen. „Fracmont“ ist genau die Death Metal-Scheibe, auf die ich lange gewartet habe, und natürlich preise und huldige ich auch sehr das grandiose Death-Thrash-Riffing. In dieser effektiven Art und Weise macht den Schweizern diesbezüglich niemand etwas vor. Hier passt einfach alles zusammen, und genau aus diesem Grund gibt es einen mehr als verdienten Sonderapplaus von mir.
Diese Band mit dem etwas seltsamen Namen ist die neue Spielwiese der beiden New Yorker Stephen Flam und Tony Pinnisi, die seinerzeit bei den großartigen WINTER tätig waren, welche es leider (nach einem Demo) auf lediglich ein Album („Into Darkness“) und eine EP („Eternal Frost“) brachten. Mit Sängerin Vas Kallas sowie diversen Gastmusikern wollen die beiden Urgesteine nun an alte Großtaten anknüpfen und sehen GÖDEN sogar offiziell als „spirituellen Nachfolger“ von WINTER – was der Albumtitel zusätzlich dezent unterstreicht. Und über weite Strecken gelingt ihnen das sehr gut, wobei „Beyond Darkness“ hörbar verspielter als sein „Vorgänger“ daherkommt. Der straighte Death-Doom ist in seinen Grundzügen noch vorhanden, kommt aber nicht mehr ganz so kellertief daher und überrascht mit allerlei Spoken-Word-Intermezzi („Manifestation I – VIII“), die die Stücke gekonnt miteinander verbinden, von der Idee her ähnlich den „Temples“ von NECROS CHRISTOS. Auch der flüsternde Krächzgesang von Frau Kallas fügt dem Klangbild eine neue Facette hinzu, zumal teilweise in recht unfallfreier deutscher Sprache (!), wobei er jedoch deutlich gewöhnungsbedürftiger daherkommt als die Growls von John Alman seinerzeit. Stücke wie „Cosmic Blood“, „Komm Süsser Tod“, „I Am Immortal“ oder – was sonst?! – „Winter“ sind als einzelne Nummern etwas schwerfällig und entfalten ihre bedrohliche Atmosphäre im Kontext als Gesamtkunstwerk deutlich besser. „Beyond Darkness“ ist rein gar nix für das kleine Hüngerchen zwischendurch, sondern ein sehr eigenwilliger, schwarzer Lavastrom, der über einen längeren Zeitraum entdeckt werden will, sich dann aber umso mehr lohnt!
Sachen gibt’s… Jetzt kommt ein uralter Schwedenklassiker aus Japan und verwirrt somit den Autor. FROSTVORE aus Tokyo haben den alten Sound der Meilensteine von DISMEMBER, GRAVE und ENTOMBED scheinbar mit der Muttermilch aufgesogen. An „Drowned By Blood“ kommt kein wahrer Nostalgie-Todesmetaller vorbei. Die Gitarren sägen, Frontmann Satoshi Fukuda brüllt sich die Seele aus dem Leib, und die Kompositionen wirken wie aus einem Guss.
Klar, hat man bei obigen Bands alles schon vor Jahren gehört, aber wie lange ist das her? Eine solche Death Metal-Qualität ist selten und bringt einen tatsächlich ins Schwärmen, und man vermisst irgendwie die gute, alte Zeit. Tja, musikalisch ist somit alles im mehr als grünen Bereich, aber wir haben noch nicht über den Sound gesprochen. Dies sollten wir aber dringend nachholen. Die Band hat „Drowned By Blood“ selber produziert und gemastert. Da kann natürlich viel schief gehen und den Genuss an der Musik empfindlich schmälern. Aber, keine Chance! Das schwedische Sunlight Studio ist scheinbar nach Japan gezogen und versorgt die Jungs mit dem altbekannten Schwedensound. Wahnsinn, wie die Band hier genau die richtigen Knöpfchen gedrückt und die Regler in Position gebracht hat. Der Sound ist einfach 1:1 eine perfekte Kopie des bekannten und geliebten Sunlights und macht den Nostalgietrip noch eine Ecke schöner.
Mir gefällt diese Reise in die Vergangenheit wirklich bestechend gut. Die Songs treiben immer nach vorne, und geschickt gesetzte Breaks und Midtempo-Parts machen die Sache gleich doppelt interessant. Von mir gibt es eine ganz klare Kaufempfehlung. Wer auf rohen und unverfälschten Death Metal steht, der kann bei FROSTVORE wirklich gar nichts falsch machen. Tolle Scheibe!
Nein, die BLUES PILLS sind nicht mehr Everybody's Darling. Irgendwie haben sie ihre Unschuld verloren, nicht zuletzt als ihr hochgelobter Gitarrist Dorian Sorriaux die Band verlässt. Die BLUES PILLS sind nun, oder waren es vielleicht schon immer, Zack Anderson und Elin Larsson. Die beiden haben alle Songs geschrieben sowie produziert, und Zack hat neben dem Bass auch gleich die Gitarre eingespielt. Das überraschende hierbei ist, dass ein Bassist mal locker einen so talentierten Gitarristen wie den jungen Franzosen ersetzt, ohne dass es groß ins Gewicht fällt.
Die Leichtigkeit, Opulenz und der Hammond-Orgel Soul von "Lady in Gold" sind nahezu verschwunden und werden auf "Holy Moly!" ersetzt durch eine muskulöse und fast schon gereizt ("Low Road") aufspielende Band. Die Gitarre dient eine Spur mehr als Rhythmus und härtendes Instrument; im Zentrum der musikalischen Darbietung steht ein weiteres Mal Elin Larsson. Die halbnackten Mädchen gebettet auf Blumen-Artworks ersetzt heuer ein schwarzbeiges Teufelsgesicht - das allein drückt doch ganz gut visuell aus, was auch inhaltlich angesagt ist. Das düstere, geheimnisvolle, wahrlich irgendwie im Rauch stehende "Dust" zeigt dann ganz neue Facetten der Band und weiß zu gefallen. Weniger Blumen im Haar, psychedelischer und dunkler geben sich die BLUES PILLS 2020.
Die "Band" hat ihre Hirarchien geklärt. Der dritte Longplayer ist selbstbewusst und will vielleicht geweckte Erwartungen bewusst nicht gänzlich erfüllen; das allein macht "Holy Moly!" sympatisch.