Mit dem Dortmunder Trio hat sich vor sieben Jahren eine der vielleicht originellsten heimischen Extrem-Formationen gegründet, bestehend aus Ex-Mitgliedern von ZUUL, PARIA oder HAVOC VULTURE. Und mit dem erstklassigen Debüt-Album „SeroLogiikal Scars (Vertex Of Dementiia)“ sowie der anschließenden Split „With Gangrene Edges / Voiidwarp“ mit HOWLS OF EBB, auf der KHTHONIIK CERVIIKS ihre amerikanischen Kollegen mal eben locker an die Wand spielen, hat sich gezeigt, dass der Underground nach wie vor offen ist für schräge Töne. Die bei Erstkontakt wahrlich nicht leicht verdauliche Mischung aus VOIVOD-Sound und einem schwer kategorisierbaren Akustik-Gulasch aus Death- und Black Metal funktioniert auch auf dem zweiten Langspielwerk „Æquiizoiikum“ (sämtliche Titel wie auch die Pseudonyme der Musiker sind immer irgendwas Verrücktes mit möglichst vielen „i“) außerordentlich prächtig, was sicher auch daran liegt, dass sich die Jungs ganze fünf Jahre Zeit für das Album gelassen und die Songs allesamt sehr detailverliebt durchkomponiert beziehungsweise durchkonstruiert haben. Dabei klingt „Æquiizoiikum“ jedoch nicht wie eine Pseudo-Frickelorgie, sondern im Vordergrund steht ganz klar das rabiate, subtil hymnische Songwriting, das aufgrund der (nach längerer Einarbeitungszeit) stets nachvollziehbaren Strukturen sogar so etwas wie eine grenzwertige Form von Eingängigkeit aufkommen lässt. An dieser Stelle Anspieltipps zu nennen, spare ich mir ausnahmsweise, da man das großartige Album erstens sowieso am Stück genießen sollte, und ich zweitens nicht den Formeleditor für die Songtitel benutzen möchte. KHTHONIIK CERVIIKS haben eindeutige Einflüsse, machen daraus jedoch einmal mehr etwas völlig Eigenes und schaffen es dabei sogar, nicht allzu stark zu polarisieren, was ihre Beliebtheit noch weiter wachsen lassen dürfte. Und mit was? Mit Recht!
Wie aus dem Nichts und ohne große Vorankündigung hauen MOTORPSYCHO diesen Hammer von einem Album raus. „The All Is One“ bildet den Abschluss einer losen Trilogie, die mit „The Tower“ begann und vor allem über das Artwork zusammengehalten wird, für das hier auch wieder der norwegische Künstler Håkon Gullvåg verantwortlich war. Knapp 85 Minuten ist es lang, wobei im Zentrum das fünfteilige und über 42 Minuten lange „N.O.X.“ steht, das selbst den ein oder anderen hartgesottenen Fan des Trios stellenweise fordern dürfte.
Am Anfang stehen aber gewohnte Klänge: Der Opener und Titeltrack könnte mit seinen schwelgerischen Harmonien auch das epische Finale eines langen Stücks sein und erinnert an frühere Phasen der Band. Gleiches gilt für die folgenden „The Same Old Rock (One Must Imagine Sysiphus Happy)“ mit seinen Wechseln zwischen balladesken und graden Rock-Parts und „The Magpie“, dessen treibender, unwiderstehlicher zweistimmiger Gitarrenlauf sich direkt im Ohr festsetzt. Am Schluss dieses ersten Teils steht mit „Delusion“ ein kurzes akustisches Stück. So ruhig, zart und verletzlich hat man diese Band selten gehört.
Dann aber beginnt das bereits erwähnte „N.O.X.“ und nimmt einen mit auf eine wilde Reise, auf die einen höchstens MOTORPSYCHOs Kooperation mit Ståle Storløkken auf dem fantastischen Album „The Death Defying Unicorn“ vorbereiten könnte. Die musikalischen Einflüsse sind hier ähnlich und stammen – grob umrissen – aus den Bereichen Progressive, Psychedelic und Jazz-Rock. Es kommen Streichinstrumente und Bläser zum Einsatz, aber auch Synthie-Space-Sounds. Mal geht es dabei meditativ und atmosphärisch zu, mal gnadenlos treibend, der lange vierte Teil wird zu einem großen Teil von Tribal-Beats bestimmt. Die Taktzahlen sind meistens krumm, trotzdem fließt und groovt es durchgehend. Das gesamte Stück ist fast durchgehend instrumental gehalten, bis auf das Chor-artige Hauptthema, das an einigen Stellen wiederkehrt und teils auch variiert wird.
MOTORPSYCHO gehen hier äußerst dynamisch zu Werke, bauen Passagen auf und ab, verdichten, fahren wieder zurück und schaukeln sich immer wieder zu grandiosen Höhepunkten auf. Am Ende scheint kaum noch eine Steigerung möglich zu sein, doch mit dem letzten Teil setzen sie in Form eines knapp 6-minütigen, wahnwitzigen Finales noch einen oben drauf. Um all die verschiedenen Elemente und Entwicklungen nachvollziehen und dieses Stück in seiner Gesamtheit erfassen zu können, braucht es mehrere Anläufe. Wenn es einem dann aber irgendwann gelingt, kann man gar nicht anders, als sich mitreißen zu lassen, und stellenweise glaubt man, die Intensität des Gehörten mit den Händen greifen zu können.
Der letzte Teil des Albums knüpft an den ersten an. Mit „Little Light“ und „The Dowser“ gibt es noch einmal zwei kurze und ruhige Akustik-Nummern zu hören, wohingegen das toll aufgebaute, zwar rockige, aber hoch melodische (und im Kontext des gesamten Albums trotz seiner gut neuneinhalb Minuten kurz wirkende) „Dreams Of Fancy“ auch wieder ein älteres MOTORPSYCHO-Stück sein könnte. Zum Abschluss wird es dann noch einmal verhältnismäßig gradlinig: Das Hard-Rock-lastige „Like Chrome“ verneigt sich vor LED ZEPPELIN, in der Strophe aber auch vor David Gilmour und seinem Gitarren-Sound ca. zu Zeiten von „Wish You Were Here“.
Mit „The All Is One“ haben MOTORPSYCHO ein so ungewöhnliches wie geniales Album aufgenommen. Mit dem überlangen „N.O.X.“, im Prinzip ein Album im Album, betreten sie musikalisches Neuland, wagen Experimente und erweitern ihren Sound wieder einmal auf faszinierende Art und Weise. Den Rahmen dafür bilden Stücke, mit denen Sie Bezug auf diverse Facetten ihres bisherigen Schaffens nehmen und so an ihre Vergangenheit anknüpfen. Vielleicht ist es noch zu früh, um von einem Meisterwerk zu sprechen, aber auf jeden Fall ist das, was MOTORPSYCHO hier abliefern, absolut meisterhaft.
Beständigkeit ist nicht so das Ding der aus Nashville Tennessee stammenden Band ALL THEM WITCHES - zumindest was deren Label sowie die Position des Keyboarders angeht. So wurde das neue Album als Trio, ohne "Neu"-Keyboarder Jonathan Draper, eingespielt, der die Band nach nur einem Album bereits wieder verlassen hat. Auch der Sound der Amerikaner unterliegt Schwankungen und ist nicht immer leicht zu kategorisieren; Psychedelic Rock, Blues, Stoner- oder auch der Begriff Hard Rock ist partiell richtig angewendet. Also heuer präsentieren sich ALL THEM WITCHES ganz ohne Keybord-Polsterung, und das lässt das neue Album roher, kantiger, aber auch luftdurchlässiger wirken.
Die Eröffnungsnummer "Saturnine & Iron Jaw" ist ein grober Monolith, der verstrahlt und düster aus einer fernen Galaxie auf den Hörer trifft. Leichter und rockig folgt "Enemy of My Enemy", wobei auch hier eher nachdenkliche Vibes und ein gewisser Ernst der Lage zu erkennen sind. Ein Album, das in die Zeit und zur Situation in Amerika zu passen scheint. Die hingebungsvoll aufspielende Gitarre gefällt. Sound-Spielereien, ein kurzes, liebliches Instrumental und lange Intros ("See You Next Fall") geben dem Werk zuweilen einen improvisierten und Jam Session-artigen Charakter. Künstlerisch und leidenschaftlich vorgetragen ist "Nothing as the Ideal", nur packen oder begeistern können mich ALL THEM WITCHES damit leider nicht. Zu freudlos, irgendwie zu dröge präsentieren sich die drei Musiker. Stoner-Anhänger und Alternative-Fans der eher grüblerischen und dysphorischen Art dürfen gerne mal reinhören.
Vor diesem Review hatte ich ehrlich gesagt ein wenig Angst, da CREEPER eine Musikart spielen, in der ich nicht ganz so firm bin. Was tun? Beim Chefredakteur krank melden? Die CD einfach ignorieren? Die Post hat die Scheibe verbummelt? Hm, alles irgendwie keine Optionen und daher ab durch die Mitte! Wird mich schon nicht aus der Kutte hauen.
Und siehe da - bereut habe ich es nicht. CREEPER haben schon mit ihrem Debüt für Furore sorgen können und ziehen nun mit „Sex, Death & The Infinite Void“ nach. Textlich hat man sich sehr viel Mühe gemacht und die Platte in eine mitreißende Geschichte über eine zum Scheitern verurteilte Liebe verpackt. Es geht um einen gefallenen Engel und ein Mädchen namens Annabelle, welche sich (oh großes Wunder) ineinander verlieben. Die Geschichte erinnert ein wenig an derzeit angesagte Jugendromane / Verfilmungen und wird wahrscheinlich diese Zielgruppe besonders ansprechen. Da CREEPER auch die Konzerte ihrer Debüt-Tournee sehr theatralisch gestaltet haben, kann in dieser Hinsicht Einiges für die Live-Shows erwartet werden, da das ganze Album eher einem Musical gleicht und somit nach einer gelungenen Live-Aufführung quasi schreit. Die Vorbereitung auf die Geschichte von „Sex, Death & The Infinite Void“ übernimmt im Intro Patricia Morrison, die durch ihr Engagement bei den SISTERS OF MERCY bekannt sein dürfte. Somit sind die Einleitung und der Spannungsaufbau des Albums schon mal in beste Hände gelegt worden.
Was nun folgt, ist musikalisch großes Drama, Gefühle und gelebte Leidenschaft, die man eher von Ikonen wie THE CURE, HIM und Konsorten kennt. Hier wird bei jedem Lied auf eine genaue und passende Stimmung geachtet. Und dies gelingt! Text und Musik verschmelzen tatsächlich zu einer Einheit und packen den Hörer über die gesamte Spieldauer. Ein großes Augenmerk wurde auf mitreißende Refrains gelegt, die in Songs wie „Napalm Girls“ oder „All My Friends“ zum aktiven Mitsingen animieren. Klar, die Musik und der Wechselgesang von Will Gould und Hannah Greenwood gewinnen keinen Innovationspreis, aber die Verpackung als Gesamtkunstwerk macht hier den Ausschlag. Über die gesamte Spiellänge werden echte Gefühle vermittelt und die Musik authentisch gelebt und perfekt vertont. Man nimmt der Band einfach jeden Gefühlsausbruch ab, und das macht die Veröffentlichung doppelt sympathisch.
Also, ich habe etwas gelernt. Habe niemals Angst vor dem Unbekannten. Ich konnte mit dem Album sehr gut leben und habe die Gothic-Punk-BritPop-Mischung gut hören können. Man merkt, dass hier Profis an „Sex, Death & The Infinite Void“ gebastelt und getüftelt haben. Hier sitzt jede vertonte Stimmung, und das Album geiert nur so nach einer Aufführung auf den (Theater-) Bühnen dieser Welt. Gut gemacht.
Mit “Celebration Decay“ erscheint das nunmehr 13. Werk der einstigen Power-Metal Pioniere VICIOUS RUMORS.
Obwohl die 13 für den ein oder anderen nichts Gutes verheißt, hätten die Vorzeichen für das aktuelle Album schlechter sein können. Zunächst drehte sich (natürlich) wieder einmal das Besetzungskarussel und mit Nick Courtney (Gesang), Gunnar Dügrey (Gitarre) und Robin Utbult (Bass – komplettierte das Line Up erst nach Fertigstellung; Greg Christian übernahm diesen Part auf dem Album) begrüßen wir nun drei Neue auf der wilden Fahrt. Aus den im Vorfeld geplanten 20 Shows anlässlich des 30-jährigen Jubiläums ihres 1988er Klassikers “Digital Dictator“ wurden am Ende nämlich unglaubliche 108 Gigs. Somit hatte das frisch formierte Team ausreichend Gelegenheit, sich aufeinander einzuspielen und dabei viel alten Spirit aufzusaugen.
Der Einstieg in die Platte gelingt mit dem Titeltrack souverän und mit viel Dampf. Es hat den Anschein, als knüpfe man direkt an den bärenstarken Vorgänger “Concussion Protocol“ an. Mit “Pulse Of Dead“ im Anschluss verliert das Ganze aber etwas an Drive. Der neue Mann am Mikro gerät stimmlich gerade im oberen Bereich ein ums andere Mal an seine Grenzen und kann dem Vergleich mit seinem sehr guten Vorgänger Nick Hollemann nicht stand halten, von Carl Albert ganz zu schweigen – das erwartet aber auch keiner. Die thrashigen Elemente und düsteren Passagen hingegen gehen ihm locker aus der Kehle. Neben seiner Haupttätigkeit als Gitarrenrifflieferant hat Bandleader Geoff Thrope zwei der insgesamt 11 Songs persönlich eingesungen, was er, wie ich finde, hervorragend gemacht hat. Die erste der beiden Nummern “Darkness Divine“ erinnert mich nur etwas zusehr an TESTAMENT. “Long Way Home“ ist der wohl außergewöhnlichste Titel auf der Scheibe. Gesang und Struktur erinnern so ein wenig an ALICE IN CHAINS. Nach mehreren Durchläufen, kann ich dem Track aber was abgewinnen, obwohl er ein wenig schräg klingt. Cody Green, der während der o.g. Tour am Bass aushalf, steuerte hier ein nettes Gitarrensolo bei.
“Celebration Decay“ ist insgesamt ein abwechslungsreiches Stück Power-Metal geworden, das neben viel Licht auch Schatten in sich birgt. Das Gitarrenteam punktet genauso wie der druckvolle Sound. Die Rhythmusmaschine läuft ebenfalls wie geölt ohne sich im Doppelbassgewitter zu verlieren. VICIOUS RUMORS hatten sich aber, trotz zahlreicher Personalrotationen, seit 2010 kontinuierlich weiterentwickelt und an Härte zugelegt, ohne ihre ganz eigene Identität zu verlieren. Dieser Prozess scheint nun etwas zu stagnieren, gerade die Diskontinuität an der Gesangsposition sorgt hier leider für Unruhe. Würden wir Punkte verteilen, gäbe ich 7 von 10.
Eine neue Melodic Black Metal-Scheibe aus Griechenland? Ja, und das ist tatsächlich auch gut so. KATAVASIA frönen dem melodischen Black Metal und machen ihre Sache ziemlich gut, aber ein Überraschungseffekt bleibt aus, da man alles schon mal vorher gehört hat. Die zweite Scheibe der Hellenen versprüht ein angenehmes Heavy Metal-Flair, welches von sehr starken Vocals geprägt ist und nicht über die ganze Strecke die Böswilligkeit eines „echten“ Black Metal-Albums besitzt. Und das macht den eigentlichen Reiz von „Magnus Venator“ aus. Es gibt immer wieder etwas zu entdecken. Als Anspieltipp würde ich hier den Song „Hordes Of Oblivion“ empfehlen, der wirklich alle Trademarks der Band verkörpert. Eine dunkle Atmosphäre, Effekte aus der Konserve, ein dominanter Gesang und eine tolle Melodieführung. Auch in „Sinistral Covenant“ spielen KATAVASIA diese Stärken geschickt aus. Die Keyboards sitzen, der Gesang mach einfach Spaß, und die teilweise folkigen Melodien stehen der Band gut zu Gesicht.
Natürlich haben KATAVASIA schon mehr als einmal ROTTING CHRIST gehört und lassen sich auch gerne von ihnen inspirieren, aber von einem dreisten Abklatsch kann man hier in keinster Art und Weise reden. Die Band vermengt gute Zutaten und kocht aus diesen ihr eigenes Süppchen. Nicht besonders originell, aber immer hörenswert und interessant. Wie haben es hier nicht mit dem 1000. Black Metal-Album zu tun, sondern mit einer ganz eigenen Interpretation dieser Spielart, und ich mir deswegen auch vorstellen könnte, dass reine Heavy Metal-Fans auch mal ein Ohr riskieren dürfen. Fest steht, dass die Band einen guten Job erledigt hat, und wenn bei Album Nummer drei noch ein wenig mehr Eigenständigkeit an Bord ist, dann können wir noch viel von KATAVASIA erwarten.
LION, PRIDE OF LIONS, THREE LIONS, WHITE LION, LIONVILLE - alles mehr oder weniger Hard Rock-Bands mit der Großkatze im Bandnamen. Und tatsächlich gibt es gar eine exakt gleichnamige Hardcore-Band aus den USA, wobei LIONHEART (UK) bereits 1984 ihr Debüt veröffentlichten und keinen geringeren als den ex-Maiden Gitarristen Dennis Stratton in ihren Reihen hatten bzw. haben.
Heuer kredenzt uns dieses Löwenherz ihr viertes Album, das zweite nach ihrem Comeback ("Second Nature", 2017). Das Quintett ist großartig besetzt; neben dem bereits erwähnten Dennis Stratton sind die Gründungsmitglieder Steve Mann (Keyboarder, Gitarrist, ex-Liar, MSG), der auch produzierte, Bassist Rocky Newton (ex-Wildfire, ex-McAuley Schenker Group) sowie seit 2017 Drumer Clive Edwards (ex-UFO) und Sänger Lee Small (ex-SHY, PHENOMENA) mit an Bord.
LIONHEART ist, wie seine Besetzung vermuten lässt, dem Hard Rock zugetan, wobei es hier eine besonders geschmeidige Form davon ist. "Thine Is The Kingdom" klingt nach PHENOMENA oder nach bombastischen TEN. Die Stimme von Lee Small ist kraftvoll, sehr melodiös und erinnert zuweilen an GLENN HUGHES, allerdings ohne dessen Schrei- Attacken. AOR der feinen, mit Chören unterlegten Art begleitet weiter durch das Programm. Das Songwriting ist klasse, die Songs sprühen positive Vibes aus und die einfühlsam anmutende Ausgewogenheit von Keyboard und Gitarren ist stimmig. Dass hier ein ehemaliger Heavy Metal-Gitarrist am Werk ist, vermutet niemand. Das melancholische, getragene "Behind The Wall" hat mit seiner ganzen Dramatik nahezu Musical-Charakter, während das rockige "Widows" tief in den 80ern steckt und einfach Spaß macht.
LIONHEART überraschen mit diesem gehaltvollen Werk und motivieren mich, mir bei Gelegenheit den Backkatalog zu Gemüte zu führen. "The Reality Of Miracles" ist ein erfrischendes, zwischen gefühlvollem Pathos und vergnüglicher Lebensfreude schwingendes Hard Rock-Album, das sich mit den oben aufgeführten "Namensverwandten" und deren besten Werken messen lassen kann.
18 Jahre haben NUCLEAR WARFARE auf dem Buckel und wollen mit ihrem sechsten Studioalbum dem Thrash Metal weiterhin frönen und huldigen. Und das geht bei „Lobotomy“ ja mal echt in die Hose. Laut Label-Info sollen wir es hier mit einer Mischung aus teutonischem 80er-Thrash und einer Prise Bay Area zu tun haben. Habe ich eventuell die falsche Platte gesendet bekommen? Schon der Titelsong „Lobotomy“ hat ja nun mal rein gar nichts mit obiger Spielart zu tun. Wir reden hier von Drei-Akkord-Punk-Riffs mit ein wenig Schlagzeuggeholze. Das kann man tatsächlich an jeder Ecke besser haben und hat definitiv nichts mit Bay Area oder altehrwürdigen 80er-Meisterwerken zu tun. Teilweise erinnert es mich ein wenig an THE IDIOTS, und das ist nun mal meilenweit vom Thrash entfernt.
Passend zu den platten Songs findet man auch hochgradig lustig Songtitel wie „Fuck Face“ oder „Death By Zuchini“. Kann ja jeder machen, wie er will, aber ich rechne solche Späße eher einer Schülerkombo zu und nicht einer Band mit 18 Jahren Erfahrung auf dem Buckel. Wo viel Schatten ist, da ist aber auch mal ein wenig Licht. Der Song „Gladiator“ zeigt die Richtung, in die NUCLEAR WARFARE wohl eigentlich gehen wollen: Primitive Riffs, räudiger Gesang und wummernde Drums! Der Song macht nach drei bis vier Kaltschalen bestimmt Spaß und lässt meine negative Stimmung ein wenig abflachen. Warum nicht gleich so? Auch „They Live“ kommt ordentlich aus dem Quark und macht in seiner Primitivität schon Spaß. Natürlich hat man hier alle Riffs und das intensive Tappingspiel der Gitarren schon tausendfach gehört, aber es macht halt immer wieder Laune, auf Bewährtes zurückzugreifen.
OK, ganz schlecht ist „Lobotomy“ jetzt nicht geworden, aber mehr als eine Note im unteren Durchschnitt kann ich hier leider nicht geben. Da gibt es zig Bands, die einen Plattendeal mehr verdient hätten. Sorry, aber immerhin das Cover-Artwork rockt!