Dass nicht nur Black Metal in Frankreich zurzeit eine gute Konjunktur hat, sondern es von dort auch die eine oder andere traditionelle Band zu uns herüber schafft, beweisen unter Anderem CRUSHING BLOW, die mit „Cease Fire“ ihr zweites Album (nach „Far Away“ von 2003) vorlegen. Die Band erfindet zwar das Rad natürlich nicht neu, gefällt aber mit basischem, rauem Heavy Metal der 80er Schule, der speziell durch Valène De Santis´ kraftvollen Gesang etwas an WARLOCK und „härtere“ Doro-Soloeskapaden erinnert. Auch im Songwriting-Bereich reißt das Quintett keine Bäume aus, weiß aber mit durchweg gelungenen Kompositionen zu punkten: der mit einem HAMMERFALL-artigen Riff durchstartende Opener „The Wizard´s Tale“, die sehr gute, weitestgehend kitschfreie Halbballade „Shadow“, das flotte „Dreams“ oder die Hymne „Rise Your Soul“ sind sehr solide Songs, die zwar in textlicher Hinsicht bei Weitem nicht jedes ausgenudelte Klischee umschiffen, aber der angepeilten Zielgruppe problemlos gefallen dürften. Mit mehr eigenen Ideen und weniger Verwendung tausendfach bereits woanders gehörter Standards wäre „Cease Fire“ eine mehr als „nur“ hörenswerte Scheibe geworden.
IRON MASK sind das geistige Kind des belgischen Gitarristen Dushan Petrossi, welcher sich auch für MAGIC KINGDOM verantwortlich zeigt. Während sich MAGIC KINGDOM eher an RHAPSODY und Konsorten orientieren, sind IRON MASK eindeutig von Combos wie CONCERTO MOON, REIGN OF TERROR, RAINBOW und natürlich dem Gott aller Shredder YNGWIE MALMSTEEN beeinflusst. Um für weitere Parallelen zu sorgen, wurde ein Großteil des Materials von Ex-Malmsteen Goldkehlchen Mark Boals eingesungen, welcher nach RING OF FIRE nun wieder eine neue Bandspielwiese gefunden haben dürfte. Auch Gören Edman, welcher hier die Ballade „Magic Sky Requiem“ veredelt stand schon einmal im Dienste Malmsteens. Allerdings sind IRON MASK keine reine Tributgeschichte: Erstens ist der Sound dafür viel zu gut und zweitens gehen IRON MASK um einiges heavier an die Sache heran als Großvater Yngwie. Irgendwo zwischen harten Power Metal Nummern wie dem Titelstück oder „Nosferatu“ und epischen Bombasthymnen („Broken Hero“ + „When All Braves Fall“) pendelnd weiß „Black As Death“ zu gefallen und kann in diesem stilistisch engen Rahmen trotzdem Akzente setzen. Das Highlight dieser Scheibe dann begeistert mit fernöstlichen Melodien und Instrumenten und hört auf den Namen „Genghis Khan“. Ein schleppendes Monumentalepos von Song. Alles in allem ist IRON MASK hiermit ein anspruchsvolles und doch gut nachvollziehbares Werk Power Metallischer Musizierkunst gelungen.
Mit „Unsilent Death” haben NAILS einen richtig guten Crust-Wutbrocken veröffentlicht, der in nicht mal einer Viertelstunde alle gesagt hatte. Mit SKIN LIKE IRON haben sich die US-Westküstler einen passenden Partner für die neue Split gesucht. SKIN LIKE IRON machen dann auch den Anfang und liefern in ihren zwei Songs eine grundsolide Mischung aus altem Hardcore und Crust ab, natürlich ordentlich flott gespielt. Schön mit variablem Tempo, so dass es nicht zu eintönig wird, dazu eine knackige Produktion. NAILS können das Niveau halten und haben mit „Annihilation“ einen intensiven Song, der da weitermacht, wo „Unsilent Death“ aufgehört hat, also schön auf’s Mett gibt. „Cry Wolf“ ist dann gerade mal eine halbe Minute lang und setzt so noch mal eine Ausrufezeichen unter ein gelungene Split, die Krachmaten nur empfohlen werden kann.
CENTURY lassen dem Hörer keine Chance. Weder zum Luftholen noch zum Nachdenken bleibt beim Genuss von „Red Giant“ Zeit. Was das US-Quartett hier in einer wilden Songwritingorgie, bei der die Songs sehr spontan entstanden, erschaffen hat, ist ein gnadenloser Wutbrocken, der laut gehört werden will und dazu einlädt, wild durch’s Zimmer zu springen und alles kaputt zu machen. Kaputtkaputtkaputt! TRAP THEM kriegen das auf ähnliche Art und Weise, wenn dann noch die unvermeidlichen CONVERGE ihre Spuren hinterlassen, kann ein Album richtig groß werden. CENTURY ruhen sich darauf nicht aus, haben stattdessen schön viel dreckigen Metal konsumiert, am besten in Sludgeform, dazu noch den guten chaotischen Hardcore der 90er. Ergebnis: siehe oben.
DARK SUNS haben sich in der Zeit seit “Grave Human Genuine“ offenkunding mit viel Progressive Rock und 70er-Mucke generell auseinandergesetzt – und sind, ganz wie OPETH, zu dem Schluss gekommen, die Metal-Anteile in den neuen Songs zu reduzieren und dafür ganz stark in die Progressive Rock-Ecke zu gehen. Als Erstes fällt der analoge, warme Sound von „Orange“ auf (ob der Plattentitel eine Reminiszenz an die Amps ist?), durch den besonders die Hammondorgel („Elephant“) und der Bass einen wunderschönen Klang bekommen haben. DARK SUNS haben, das wird schnell deutlich, an den Songs lange getüftelt, so dass beim Endergebnis die einzelnen Parts gut aufeinander abgestimmt sind, die Breaks sitzen und der Wechsel zwischen verträumt und knackig immer gelingt („Diamond“). Drummer Nico liefert nicht nur eine verdammt gute Leistung am Drumkit ab, sondern hat auch wieder alle Gesangsparts übernommen, die durch seine warme, kraftvolle Stimme immer wieder Akzente setzen. Witzig sind dabei die immer wieder vorkommenden Screams, die im ersten Moment an die seligen BEE GEES (!) erinnern. Im Gegensatz zu OPETH haben es DARK SUNS zudem verstanden, bei aller Progressivität gute Songs zu schreiben, auf „Orange“ finden sich nur starke Stücke. Vom Groove-lastigen „Diamond“ (mit wildem Hammond-Einsatz im Mittelteil) über den nicht minder fixen Opener („Toy“) bis zum überlangen Rausschmeißer stimmt hier einfach alles, ja lassen sich die Songs nach einmaligem Hören schon locker mitsummen. DARK SUNS haben die richtige Balance zwischen Anspruch und Hörbarkeit gefunden, was in einem saustarken Album resultiert. Und die Frage aufwirft, was die Leipziger in drei Jahren machen werden? Bleiben sie dem Progressive Rock treu oder erkunden sie wieder neue Ufer? Bis dahin wird jeder Fan intelligenter Rockmusik mit „Orange“ glücklich werden.
SUPERBUTT aus Budapest sind nach EKTOMORF die zweite Moderne Metal Formation, die außerhalb Ungarns schon einige Ausrufezeichen setzen konnte. So hatten SUPERBUTT bereits Supportslots für IN FLAMES, PRONG, MUCKY PUP oder CLAWFINGER und auch auf dem WFF konnte man sich bereits vorstellen. 2011 sind SUPERBUTT zudem mit einem runderneuertem Line-Up am Start. Ob „Music For Animals“ das hält was es verspricht mag ich nicht zu beurteilen, zumindest reagieren meine Katzen recht gelassen um nicht zu sagen desinteressiert auf des neue Werk der Ungarn. Ich als Humanoide vernehme dicken Eier Gesang, fette Midtempo Grooves und ein überraschend melodisches Riffing. Und obwohl sich SUPERBUTT einen recht engen stilistischen Rahmen gewählt haben, schaffen sie es die einzelnen Stücke abwechslungsreich genug zu gestalten um nicht zu langweilen. Auch sind Stücke wie das flotte „Of This Gloom“ bei aller Härte sehr catchy ausgefallen. SUPERBUTT haben eine gute, moderne Metal Scheibe eingetütet die der U-30 Fraktion gut reinlaufen sollte.
HAKEN zelebrieren auf „Visions“ über eine Stunde Britprog vom Feinsten. Es schimmern die verschiedensten Nuancen komplexer Musizierkunst von der großen, feuchten Insel durch. Von GENESIS bis THRESHOLD, von PALLAS bis IQ. All das wird durch den bandeigenen Fleichwolf gedreht und heraus kommt eine Wurst, welche zwar ein ziemliches Eigengschmäckle aufweist aber dadurch nur umso besser mundet. Gibt es also einen „Haken“? (sorry, irgendein blödes Wortspiel musste ich machen). Nicht wirklich, egal ob HAKEN in „Insomnia“ oder „Portals“ schneller auf den Punkt kommen oder sie mit „Deathless“ eine 8 Minuten Ballade kredenzen, alles passt und wirkt bei aller Komplexität erstaunlich stimmig. Die Hinzunahme eines echten Streicherensembles verleiht dem Material dann gleich nochmal mehr Tiefe. Sänger Ross Jennings führt mit angenehm, kraftvoller Stimmer durch das Programm. Gerade die bereits oben genannte Ballade „Deathless“ macht er zu etwas ganz Besonderem. Die wirklichen Highlights des Albums sind jedoch die beiden Longtracks: Der moderne und harte 13 Minuten Knaller „Nocturnal Conspiracy“ und das abschließende 22 Minuten Epos „Visions“. Beim Titelstück ziehen HAKEN noch einmal alle Register und liefern quasi den musikalischen Klappentext für ihr vielseitiges Werk. Ruhige Passagen wechseln sich mit instrumentalen Frickelepisoden ab, abgedrehte Werkschauen münden in epische Melodielandschaften. HAKEN lassen mit „Visions“ einen starkes Stück silbernes Plastik auf die Menschheit los, welches unter dem Kopfhörer entdeckt und studiert werden will.