Lange über die Qualtiät MAGNUMs zu schwadronieren hieße wieder die sprichwörtlichen Eulen nach Athen zu tragen und da die Griechen im Moment andere Probleme haben, wie sich um nachtaktives Federvieh zu kümmern, spare ich mir das an dieser Stelle. Wer noch nicht mitbekommen hat, dass MAGNUM seit zig Jahrzehnten zu den besten Bombast Hard Rock Formationen überhaupt gehören, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen. Und auch die Songs auf „Evolution“ sind natürlich Sahne deluxe. Warum dann da oben kein Tipp steht ist schnell erklärt: Bei Evolution handelt es sich um eine quasi Best of, bei der ausschließlich Alben aus der SPV Phase von MAGNUM zum Zuge kommen. Also von 2002 – Heute. Es fehlen demnach essentielle Teile aus dem MAGNUMschen Schaffen. Die Songs wurden remixed und partiell auch neu eingespielt. So klingt z.B. „Brand New Morning“ weitaus natürlicher als das Original. Als Bonus gibt es noch zwei neue Tracks: Das leichtfüssige und beschwingte „The Fall“ und der hochmelodische Rocker „Do You Know Who You Are?“ welcher an „Wings Of Heaven“ Zeiten erinnert. Ob das zusammen mit der hochwertigen Aufmachung reicht um sich das Album einzuverleiben, muss jeder selbst entscheiden.
TIMEMAGE sind wieder da. Die wahrscheinlich idealistischste Band des Universums beglückt uns mit ihrem nächsten Streich. „Rebirth“ ist dabei geradliniger ausgefallen, als die Vorgänger „Witchcraft“ oder „Nightmares“ aber deshalb nicht weniger spannend. Anstatt sich eines möglichst großen Stilmixes zu bedienen, bewegt sich Bandkopf Stefan Schenkel diesmal im Mythen und Melodienfundus des fernen Ostens. Die lyrische Auseinandersetzung mit Hinduismus, Shintoismus usw. schlägt sich auch musikalisch nieder. Der straighte etwas rockigere Sound harmoniert dabei sehr gut mit den fernöstlichen Melodien. Manchmal erinnert das Ganze an RISK, als diese auf „The Reborn“ einen ähnlichen Crossover versuchten und das ganze nur etwas Power Metallischer angingen. TIMEMAGE haben wieder ein sehr eigenständiges und individuelles Werk eingetütet, welches sich nahezu sämtlichen Vergleichen entzieht. Auch „Rebirth“ ist -wie schon seine Vorgänger- eine Wohnzimmerproduktion, steckt aber auch in Sachen Sound viele Studioproduktionen in die Tasche und das Beste kommt nun zum Schluß: „Rebirth“ kann man sich kostenlos von der Bandhomepage www.timemage.de ziehen. Was übrigens auch auf die sehr empfehlenswerten Vorgängerwerke zutrifft. Hoffentlich werden uns TIMEMAGE noch oft in ihren musikalischen Kosmos entführen. Anhören!!!
„Age Of Reason“ ist das zweite Album der Engländer STRANGEWAYS nach ihrer erneuten Kollaboration mit dem Amerikaner Terry Brock, welcher in den 80ern bereits Teil der Truppe war und in den letzten 10 Jahren zwei formidable Soloalben unters Melodic-Volk gebracht hat. Die 2010er Scheibe „PerfectWorld“ klang an einigen Stellen erschreckend schräg und so gar nicht nach den Ohrenschmeichlern früherer Tage. Nur die ruhigen Songs wussten zu überzeugen. „Age Of Reason“ nun geht weiter zurück in die eigene Vergangenheit STRANGEWAYS und liefert wieder vermehrt feine AOR Kost. Allerdings tönt das Album über weite Strecken sehr entspannt und ruhig, vergleichbar mit den ruhigen Outputs von DARE. Richtig rocken tun STRANGEWAYS eigentlich nur bei „Frozen“, was dann aber auch eher stört, als das es Begeisterungsstürme hervorruft. Der Rest ist wunderbar gespielte und von Brock gewohnt kongenial intonierte Melodickost, welche sich perfekt dazu eignet, sich mit der Liebsten vor dem offenen Kamin auf nem Bärenfell zu wälzen.
„Anachromie“ ist das dritte Album der FranzösInnen KELLS, welche damit einen ziemlichen Spagat zwischen modernem aggressivem Metal, progressiven Einsprengseln und Gothic Metal wagen. Im Gegensatz zu manchem Mitbewerber gelingt dies KELLS überrschend gut. Die Songs verfügen über eine angenehme Grundhärte und hauen mit ihren aggressiven Riffs ziemlich jede andere Gothic Metal Formation an die Wand. Schlagzeuger Julien Nicolas begeistert durch sein originelles und facettenreiches Drumming. Die Songs selber warten immer wieder mit halsbrecherischen Breaks auf und auch die im modernen Metal gerne verwendeten laut / leise Dynamiken wissen KELLS perfekt einzusetzen. Auch gibt es immer wieder überraschende Wendungen: so kommt in „Illusion D'une Aire“ plötzlich eine Geige zum Einsatz oder verblüfft „Emmures“ mit ausgeklügelten Orchestrationen. Frontfrau Virginie Goncalves wechselt gekonnt zwischen Amy Lee mäßigem Gesang und angeschossener Wildsau hin und her. Man glaubt kaum, was da alles aus einer Person herauskommt. Einen weiteren Originalitätspunkt bekommen KELLS für die Tatsache, dass sie in ihrer Muttersprache französisch agieren. Zwei Songs („Se Taire / Furytale“ und „L'Heure Que Le Temps Va Figer / On My Fate“) sind sowohl in französisch und englisch vertreten und im direkten Vergleich siegen eindeutig die französischen Varianten. „Anachromie“ ist ein hartes, modernes und anspruchsvolles Album, auf welchem es viel zu entdecken gibt.
Das Trio aus Leipzig (das live noch um ein viertes Mitglied bereichert wird) hat in der Vergangenheit ein paar Line-Up-Wechsel durchmachen müssen, was wohl hauptsächlich dazu beigetragen hat, dass dieses Debütalbum erst sechs Jahre (und fünf Demos) nach der 2004er Gründung vorlag. Vor gut zwei Jahren ausschließlich auf Vinyl vom Label Tales From The Crypt veröffentlicht, ist es nun via Ketzer Records ebenfalls auf Laser-Schallplatte zu haben und kann auch hier seine räudige Würze ausreichend entfalten. NO EMPATHY setzen, ähnlich wie es seinerzeit MAYHEM vor gut 20 Jahren in dieser Stadt vorexerziert haben, auf basisches Schwarzmetall ohne Schnörkel, Tamtam und doppelten Boden. Die rumpelig-knarzende Produktion wird wohl die wenigsten Black Metaller abschrecken; das Hauptproblem von „Rust“ ist aber das über die allerweitesten Strecken reichlich unspektakuläre Songwriting, das außer ein paar halbwegs gelungener Breaks und Viscs ganz ordentlichem Kreischbrüllen kaum Überraschungen bietet und sehr eintönig und ideenlos ausgefallen ist, speziell nachzuhören beim über elfminütigen Abschluss „Towards Infinity“, der erst nach fünf Minuten Intro-Spielerei in Fahrt kommt – nur um sich dann kaum vom Rest des Albums zu unterscheiden. Die fehlenden Höhepunkte und die müde wirkende Monotonie der Riffs (so was können bleistiftsweise ENDSTILLE um Längen mitreißender) machen aus „Rust“ ein Album, dem man einen großen Willen anhört, aber eindeutlich zu wenig Können.
ELECTRO BABY wäre auch ein Songtitel der auf eine MONSTER MAGNET Scheibe passen würde – das dachte ich schon 2003 als mir ihre coole, in Eigenregie eingehämmerte EP „Grrr...!“ in die Hände viel. Auf ihrem fünften Album „Evilution“ klingen die Karlsruher dann auch zum Teil wieder nach den Spacerock-Stonern aus den Staaten – gewürzt mit einer schönen Portion Heavy Doom. Dabei geht es bei den sechs meist längeren Tracks eigentlich immer flott zur Sache - die beiden fast schon als Ohrwurm zu charakterisierenden Knaller „Heads Will Roll“ (mit gemächlichem Start) und „Hellevator“ seien da mal angeführt. Aber auch der straubig-räudige Einstieg mit „Doomsday AD“, der derbe Rock’n’Roll von „Band Of The Dead“ (tanzbar) und der über 9-minütige mit gekonnten Spannungsbögen und groovender heavyness versehene Titelsong „Evilution“ überzeugen. Mit „Someplace Quiet“ gibt es zwar auch einen etwas unspektakuläreren Standard-Stoner-Song, der aber dank gutem Riff immer noch Spaß macht. Wieder ein qualitativ hochwertiger Output welche da El Matador (Vokills), Robmaster Flash (Left 666-String), Kim Page (Right 666-String), Mr. Olli Buster (Low End) und Drumgod (Battery) fabriziert haben. Cooler Sound, wertige Aufmachung im Digi, tolle Mucke – die 60 „Nullnummern“ zum Schluss zur Albumverlängerung hätte man sich aber dann doch sparen können. Anyway - „Evilution“ von ELECTRO BABY rockt fett.
BLOOD FREAK haben mit “Mindscraper” ihr mittlerweiles viertes Album am Start, aber bisher nicht für allzu großes Aufsehen gesorgt. Warum das so ist, macht die gute Dreiviertelstunde klar, denn auch wenn sich immer mal wieder Thrash-Riffs in die Songs geschlichen haben und BLOOD FREAK sich Mühe geben, das Tempo zu variieren, bleibt unter’m Strich ein berechenbares Death Metal-Album. Handwerklich ist das vollkommen in Ordnung, was die Amis abliefern, gerade der Drummer macht einen sehr guten Job, aber an Glanztaten von EXHUMED oder CARCASS kommt die Scheibe zu keiner Zeit heran, hat aber auch nicht genug eigene Identität, um als Alternative interessant zu sein. Bleibt am Ende die Erkenntnis, dass „Mindscraper“ ein solides, aber wenig spektakuläres Death Metal-Album geworden ist.
TSJUDER gehören zu den Bands, die nicht jeder Black Metaller auf dem Schirm hat, da die 1993 von Nag und Berserk gegründete Truppe Zeit ihrer Existenz immer im Schatten deutlich stärker durchgestarteter Landsmänner wie IMMORTAL oder ENSLAVED stand. 2006 folgte dann nach dem grandiosen Werk „Desert Northern Hell“ der Split, jedoch hielt dieser nur bis Ende 2010. Nun liegt mit „Legion Helvete“ das Comeback-Album vor uns, das – um das Fazit schon mal vorwegzunehmen – erneut sehr stark ausgefallen ist, seinen Vorgänger aber nicht toppen kann. TSJUDER machen nach wie vor keine Gefangenen und sind ganz der Tradition ihrer norwegischen Heimat verpflichtet, was pure nordische Raserei ohne jegliche Ausflüge in bombastische Gefilde betrifft. Songs wie „Daudir“, „Slakt“, „Black Shadows Of Hell“ oder „Varg Helvete“ sind kraftvoll produzierte, schnelle und teilweise mit erneut coolen Breaks versehene Hassklumpen, wobei im Gegensatz zum Vorgänger auf einen etwas moderneren, weniger räudigen Sound gesetzt wurde, was „Legion Helvete“ für Genre-Verhältnisse fast schon zu glatt und „brav“ erscheinen lässt. Auch wirkt das Songwriting trotz des durchweg sehr hohen Niveaus relativ vorhersehbar und nicht so urwüchsig-kompromisslos wie auf dem Vorgänger. Nichtsdestotrotz ist „Legion Helvete“ eine hochklassige Black Metal-Scheibe, die garantiert keinen Fan der Osloer enttäuschen wird.