Das erste Album von ZICO CHAIN war auf Airplay und typisch britischen Hype getrimmt – der Erfolg blieb aus. Dabei war „Food“ in 2007 eine durchaus gelungene Scheibe. Das neue Album „The Devil In Your Heart“ soll’s jetzt richten und kommt dabei im gleichen Soundgewand daher wie der fünf Jahre alte Vorgänger. Harte Mucke voller Pop-Appeal, eingängiger Stoff mit viel Melodie, epische Balladen. ZICO CHAIN, respektive Frontmann (und Bassist) Chris Glithero lassen dabei immer wieder mal durchscheinen, dass sie vor allem auch bei den Chartsellern von SYSTEM OF A DOWN gut zugehört haben. Am ehesten fällt einem das bei „Mercury Gift“ auf – ein klasse Song, welcher mit seinem laut-leise-Aufbau und seinem Ohrwurmrefrain die Blaupause eines Hits ergibt. Wobei allgemein auffällt, dass das Album durchaus mit den härteren Tönen startet und nach hinten raus an etwas Fahrt verliert. Gewolltes Hitpotential und gefälliges Songwriting bieten alle 11 Kompositionen. Angesprochen seien da mal noch mal das bedächtigere „New Romantic“, das partytaugliche „A Thousand Splendid Suns“ und die trotz Streicher überraschend kitschfreie, das Album abschließende Power-Ballade „More Than Life“. Mit „The Devil In Your Heart” haben ZICO CHAIN ein schönes Album abgeliefert, den Spagat zwischen Garagenbandanspruch und Kommerz aber schon gen Letzteres verschoben. Ob sie die Rettung der britischen Rockszene sind, wie manch Boulevard-Blatt von der Insel vor Jahren behauptete, sehe ich nicht. Aber mehr Beachtung als das Debüt hat dieses Album, das beim Cruisen einen hohen Spaßfaktor offenbart, allemal verdient.
Mal leise - fast flüsternd, mal eindringlich flehend, mal erzählerisch - immer mit ganzen Herzen trägt PETER GABRIEL die 22 Nummern seiner neuen "Live Blood" Scheibe vor. Aufgezeichnet wurde 2011an zwei Tagen im Londoner Hammersmith Apollo. Begleitet von seinem 46 köpfigen NEW BLOOD ORCHESTER intoniert der Ur-GENESIS Sänger fast all seine Solo -Klassiker sowie Songs seines Coverversions-Albums "Scrath My Back".
Die ausgewählten Titel sind eh über jeden Zweifel erhaben, aber auch deren Inszenierung setzt Maßstäbe, hier wurde nicht geklotzt, wie so häufig bei Orchester - Kooperationen. Natürlich spürt man hin und wieder die ganze Kraft des Orchesters, aber immer im Sinne des Songs und nie als billiger Effekt, und selten als lautes Getöse. Meist stehen die Titel alleine für sich, in ihrer ganzen Reinheit auf ihre Essenz reduziert. Spärlich Instrumentalisiert, langsam ansteigend, gebettet auf GABRIEL‘s einfühlsamen Gesang, zuweilen unterstützt und kontrastiert von einer Frauenstimme, schweben die Songs aus den Boxen und bescheren mir eine Gänsehaut nach der anderen. Wie eine Kerze im Dunklem stehen die Nummern im Zentrum der Aufmerksamkeit und leuchten ihren Klang in den Raum.
Das Publikum hört man nur zwischen den Tracks beim Applaudieren, sowie ab und zu Herrn GABRIEL beim Ankündigen der Songs, ansonsten könnte man glauben hier einer Studio -Produktion zu lauschen. Man kommt ohne Hindernis oder Ablenkung in den ganzen Genuss der verschiedenen Klangfarben. "Live Blood" ist großes Kino, ja hier bilden Kunst und Musik eine Einheit.
Sicher fragen sich manche Leser, was hat das mit Metal zu tun? Nichts, aber unendlich viel mit Musik, und jeder der bereit ist über den Tellerrand zu blicken sollte mal ein Ohr riskieren, es lohnt sich.
Die Schwarzmetalltruppe aus Halle An Der Saale scheint nicht nur gerne in den Großraum Ulm zu flüchten, wo ich sie bereits zweimal live erlebt habe (einmal sogar als Headliner, weil die superben UNDER THAT SPELL absagen mussten), sondern gehört auch schon in ihrem noch recht frühen Stadium zu den eindeutig hörenswerteren Bands des heimischen Black Metal-Undergrounds. Seit der Gründung im Jahr 2006 hat man es auf ein Demo und vorliegende EP gebracht, von denen letztere vier kraftvoll produzierte, deutschsprachige Stücke (plus Intro) bietet, die nichts mit szenetypischen, rumpeligen, räudig produzierten Klangergüssen zu tun haben. WANDAR produzieren aber beileibe keinen Intellektuellen-Black Metal, sondern bewegen sich gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Musikalität und rasendem Dunkelfeuer, was sie mit oben genannten UNDER THAT SPELL, aber auch entfernt (von der Herangehensweise her) mit DARK FORTRESS oder SECRETS OF THE MOON vergleichbar macht. Hört Euch probeweise das sehr gelungene „Eldar“ an und entdeckt eine erstaunlich reife Band, die in dieser Form locker ein Label finden müsste. „Vergessenes Wandern“ macht richtig gespannt auf das dieser Tage erscheinende erste und wiederum in Eigenregie produzierte Album „Wintersang“. Stark!
Kennern komplexerer Underground-Töne dürfte Adrian Weiss als Gitarrist der exzellenten Wuppertaler Progressive-Formation FORCES AT WORK (und vorher THOUGHT SPHERE) ein Begriff sein, der nun, nach gut zwölf Jahren Erarbeitungszeit, sein Solodebüt „Big Time“ vorlegt. Es handelt sich also nicht um den Schnellschuss eines extrovertierten Frickel-„Künstlers“, sondern um ein von Kopf bis Fuß durchdachtes Werk eines erstklassigen Rock-Gitarristen, der viel Wert darauf gelegt hat, uns hier waschechte Songs zu präsentieren, deren Hauptaugenmerk natürlich auf der Gitarre liegt, die aber auch mit Gesang (den man hier gar nicht vermisst) als absolut eingängige Nummern durchgingen. Mit dem technischeren, deutlich härteren Material seiner Hauptband hat das Album nicht allzu viel gemein, da Adrian über die Jahre hinweg einfach Stimmungen aufgefangen und sie in kurze, nie zu überladene Stücke gepackt hat. Im sehr ansehnlichen Booklet, inklusive tollem Cover-Artwork, wird zu jedem Song eine kleine Anekdote geschildert, die die jeweilige Atmosphäre noch weiter unterstreichen soll. Ein absolutes Highlight oder einen Anspieltipp mag man gar nicht nennen, da „Big Time“ mit all seinen mal knackiger, mal melodischer, aber immer klassisch rockenden Perlen wie aus einem Guss klingt und sogar Leuten gefallen dürfte, die ansonsten nichts mit reinen Instrumental-Platten anfangen können. Dass in „Tough Luck“ Victor Smolski (der mit FORCES AT WORK seit Jahren befreundet ist) als Gast auftritt, ist nur die Spitze des Eisbergs, denn an Bass und Drums sind auch (ehemalige) Mitglieder von ASSASSIN, PAUL DIANNO, COLDSEED, THOUGHT SPHERE, N-JECTED sowie die gesamte FORCES AT WORK-Instrumentalfraktion zu hören, die „Big Time“ noch facettenreicher machen als es ohnehin schon ist. Ein wirklich hervorragendes Album, das zu den besten Solo-Eskapaden seit langer Zeit zählt und nebenbei Appetit auf das dieser Tage erscheinende neue Werk von Adrians Hauptband macht. Klasse!
FRAMES sind eine famose Band aus Hannover. Die Instrumentalisten haben mit ihrem Debüt „Mosaik“ schon für sehr viel Wohlwollen in der Szene gesorgt und können auch mit „In Via“, ihrem aktuellen Output, auf ganzer Linie punkten. Irgendwie hatte man sich ja immer gedacht kommt der Punkt an dem man denkt: „so jetzt reicht es mir mit den ganzen Instrumental Post Rock-Bands, ich hab genügend davon, reicht, danke“. Und dennoch kommt man nicht von ihnen los. Zu einnehmend ist meist der Zauber ihrer Alben und auch wenn man bestimmt die reinen Tonabfolgen schon mehrfach bei anderen Bands aus dem selben Zirkus, gehört hat, so schafft es fast jede einzelne weitere Band ihre, bekannten, Tonabfolgen mit immer neuen Arrangements zu bekleiden, sodass wieder und wieder ein interessanter und fesselnder Entwurf erschaffen wird und der Hörer doch wieder zum Album greift und die nächste Instrumental Post Rock Platte im Regal stehen hat. Konzerte solcher Bands sind ja eh immer eine Reise wert. Jeder der auch nur ein Fünkchen musikalische Interesse hat, wird bei Konzerten von GOD SPEED YOU BLACK EMPEROR, EXPLOSIONS IN THE SKY, DATURAH, MONO, A.ARMADA und natürlich auch MOGWAI nicht leugnen können, vereinnahmt worden zu sein von dem Klangsog, den einige Kapellen live aufbauen können. FRAMES sind nicht nur eine weitere Band in diesem Zirkus. Die Herren wissen geschickt die Vielfahrerstrecken zu umschiffen und mit hervorragenden Ideen neue Klanglandschaften zu erschaffen, die ab jetzt mit „In Via“ bestaunt werden dürfen. Hervorragendes Album, einer hervorragenden Band.
Also erstmal hat Giulio Moschini, Gitarrist der italienischen Todes Metal-Kombo HOUR OF PENACE, einen super geilen Namen! Aber nicht nur beim Namen ihres Gitarristen können HOUR OF PENANCE punkten, sondern durchaus auch mit ihrer Mucke. Geboten wird Extrem Blast Death Metal der Marke BEHEMOTH, KRISIUN und Konsorten. Wer nicht auf Trigger Drums steht kann hier eigentlich auch gleich schon wieder aus machen, denn was Simone Piras da unterm Fuß bewegt, möchte ich gerne mal live sehen und hören. Nichtsdestotrotz, oder gerade deswegen, versprüht „Sedition“ natürlich enorme Exaktheit, Härte und Angepisstheit. Eine Salve nach der nächsten feuert das Quartett aus ihren Rohren, aber dieses ganze Spektakel steht und fällt natürlich mit den enorm fixen Blast Attacken von HOUR OF PENANCEs Schlagzeuger Piras. Ansonsten aber macht „Sedition“ auf alle Fälle Spaß. Schnell, schneller, HOUR OF PENANCE… wer also Speed-Junkie ist sollte bei den Italienern unbedingt mal reinhören. Selbstredend ziehen die vier Herren hier und da auch schon mal die Bremsen an, um den malträtierten Lauschern eine klitzekleine Erholungspause vor den nächsten Maschinengewehrschüssen des Drummers, zu gönnen. Mosh!