Auch MNEMIC gehört zu den Bands, bei denen Wechsel im Line-Up die einzige Konstante zu sein scheint. 2011 wurden beide Gitarristen und der Drummer ausgewechselt, so dass „Mnemesis“ das erste Album in der aktuellen Formation ist. Sofort auffällig ist der Gesang, der viel an Aggressivität verloren hat und durch die starke Betonung der melodischen Parts beinahe zu zahm für MNEMIC klingt (die ja immerhin mal in einem Atemzug mit SOILWORK und IN FLAMES genannt wurden). Gleichzeitig gelingt den Gitarren der Wechsel zwischen aggressiven und eingängig-melodischen Parts ganz gut, hier finden MNEMIC oft den richtigen Kompromiss in Hinblikc auf die Poppigkeit – ein Thema, mit dem sie sich ja schon immer rumgeschlagen haben. Leider ist die Produktion nicht das Gelbe vom Ei, gerade die Drums klingen sehr steril und zu sehr nachbearbeitet, was nicht ganz zum Album passen will. Größtes Manko von „Mnemesis” ist aber die sehr unterschiedliche Qualität der Songs: während einige wie „Transcend“ oder „I’ve Been You“ machen Spaß und haben diesen catchy Groove, der einen guten MNEMIC-Song ausmacht, aber viel zu viele Songs sind nur belanglose Modern Metal-Nummern geworden, die aus dem 08/15-Schema nicht ausbrechen können und gegen alte MNEMIC-Nummern ebenso abstinken wie gegen 90% aller IN FLAMES-Songs. So bleibt „Mnemesis“ ein annehmbares Album, das MNEMIC in der Findungsphase zeigt. Vielleicht sind es auch ein paar Line Up-Änderungen zu viel gewesen? Wer weiß. Falls es ein weiteres Album in der jetzigen Besetzung geben wird, werden wir alle schlauer sein.
WHIRR ist ein weiteres Betätigungsfeld von DEAFHEAVEN-Gitarrist Nick Bassett, der hier seine Leidenschaft für Shoegaze auslebt. Die Gitarren flirrend, der weibliche Gesang sphärisch über der Musik thronend („Home Is Where My Head Is“) und sich dabei von der Außenwelt mental abschotten, so wirkt „Pipe Dreams“. Durch die Vorliebe für das Wiederholen von Riffs und Ideen wirkt die Chose immer wieder sehr hypnotisch. Die Synthies, für die sich Sängerin Alexandra verantwortlich zeigt, werden gezielt und vor allem sparsam eingesetzt, die Hauptattraktion bei WHIRR sind Gesang und Gitarren. Die dadurch aufgebaute Atmosphäre ist verspielt-fröhlich, aber immer auch mit einer dezenten Melancholie versehen („Toss“). „Pipe Dreams“ ist so ein schönes Album geworden, das mehr zu bieten hat, es als anfangs scheint und das mit seiner ganz eigenen, charmanten Atmosphäre beeindrucken kann.
Ohne Witz: die Bremer beschreiben ihren Stil höchst selbst im Info als “Pure Scandinavian Pussy-Metal”, was ja grundsätzlich von gesunder Selbsteinschätzung zeugt, in diesem Fall aber nicht passen will; da wären einige andere Combos eher in der engeren Auswahl. Die Mischung aus traditionellem (Melodic-) Metal, einem Schuss modern rockender Klänge (der Song „Byzantine“ etwa klingt durch den gemäßigt tiefen Gesang von Marco Bianchi sogar nach frühen PEARL JAM!) und einem Schuss Gothic kommt nicht wirklich „pussyhaft“ herüber, sondern überzeugt durch hymnisches Songwriting („Fire“, „Tribe“ oder „Magic Carpet“) und eine angenehme, niemals poppig wirkende Eingängigkeit. Und mit „Ascension (The Four Quarters Of The World)“, das sogar Growls auffährt sowie dem abschließenden, Reggae-befeuerten Ohrwurm „Decoration Drunkards“ hat das Quintett neben den oben genannten Hymnen noch zwei echte Oberhits im Gepäck, die weniger Trauerklößen gefallen dürften als mehr Fans von flotteren LAKE OF TEARS oder den längst verblichenen DARK AT DAWN. Auch wenn sich mit „Rearousing The Dead“ oder „Legions“ ein paar wenige Durchhänger eingeschlichen haben, ist „Heritage Of Fire“ ein echt hörenswertes Teil, das Appetit auf mehr „Pussy-Metal“ macht.