Auch wenn ich mich nichts zwangsläufig als Thrasher bezeichnen würde, fand bei mir das letzte DEATH ANGEL Album „Relentless Revolution“ 2010 durchaus Gehör. Eine ziemlich gute Kombination aus rauen Old School Sound, kernigen Gitarrensoli und teilweise tollen Melodielinien waren der Hauptgrund dafür. Auf „The Dreams Calls For Blood“ ging leider schon wieder ein Teil dieser innovativen Ausrichtung verloren. Klar – schon der erste Song „Left For Dead“ prescht schön nach vorne. Das Sound ist direkt und kompromisslos. Doch von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen bleibt mir beim 2013er Werk einfach zu wenig hängen. Es fehlt eine gewisse Abwechslung und nur wenige Momente weisen eine Eingängigkeit auf. So beginnt beispielsweise „Execution – Don´t Save Me“ mit einem viel versprechendem Akustik Intro bevor rasch wieder der oben beschriebene Weg eingeschlagen wird. Der Refrain hat jedoch Potential was natürlich auch an Mark Osegueda liegt, der zweifelsohne ein Unikat der Szene ist und so nach wie vor für den DEATH ANGEL Sound am Mikro sorgt. Wer Gefallen an einem ordentlichen und größtenteils schnörkellosen Bay Area Thrash Album hat, dem wird auch „The Dreams Calls For Blood“ gefallen. Allerdings sollte man nicht zu viele innovative Ideen erwarten.
Meine Güte, es ist schon wieder zehn Jahre her, dass dieses amtliche Thrash-Kleinod das Licht der Welt erblickte… umso besser, dass UDR Music „Double Live Annihilation“, das zweite ANNIHILATOR-Bühnenwerk nach dem ebenfalls großartigen „In Command (Live 1989-1990)“, als Wiederveröffentlichung unter die Leute bringen! Den Kanadiern sind die ganz großen Arenen und Stadien der Welt bis heute leider verwehrt geblieben, und darum klingt dieses Doppelalbum entsprechend nach kleinen bis mittelgroßen miefigen, siffigen und schweißgetränkten Clubs, in denen das Kondenswasser literweise von der Decke ins Bier tropft. Das Album wurde auch genau zur richtigen Zeit aufgenommen, denn mit LIEGE LORD-Röhre Joe Comeau am Mikro und mit den von ihm intonierten Alben „Carnival Diablos“ und dem herrlich verzerrt-bekifft tönenden „Waking The Fury“ in der Hinterhand erlebten ANNIHILATOR ihren zweiten Frühling und das meiner Ansicht nach ausgereifteste Line-Up der Bandgeschichte. Neben seinerzeit aktuellen Songs wie „Torn“ (großartig!), „Striker“, „Ultra-Motion“ oder dem krönenden Abschluss „Shallow Grave“ (geile AC/DC-Hommage!) finden sich auch Stücke aus der „mittleren“ Bandphase wie „King Of The Kill“, „Refresh The Demon“ oder das von vielen Fans gehasste „Set The World On Fire“, die hier gleichberechtigt neben Klassikern wie „Never Neverland“ oder dem unvermeidlichen „Crystal Ann/Alison Hell“ stehen. Das Publikum klingt nach mehr, als wahrscheinlich anwesend war, aber das macht gar nichts, wenn dafür nahezu alle Songs in hammergeilen Versionen gespielt werden, die oftmals die Studioversionen locker übertreffen. Für mich ist „Double Live Annihilation“ ähnlich gelungen wie EXODUS´ „Another Lesson In Violence“ und eine der bislang besten Thrash-Live-Aufnahmen fernab jeder pompösen METALLICA-Show. Mein werter Kollege Memme gab der Scheibe vor zehn Jahren den „Tipp“, was ich hiermit wiederhole, eben weil der Zahn der Zeit nicht an diesem Pflichtkauf für Genre-Fans genagt hat. Klasse!
Schön ist das Albumcover ja nicht grade und wenn man nicht weiß, womit man es zu tun hat könnte man als Außenstehender ja lange rumrätseln um das Bandlogo: wer oder was will hier uns etwas sagen? Warum zur Hölle hat diese Kobra einen DNA-Strang verschluckt? Und diese Augen! Was ist da los. Kenner können darüber nur lachen und wissen sofort was Sache ist: Artwork ganz im Stile der 80er, das kann nur eine Trash Metal-Band sein, so hässlich wie das ist! Naja, nicht ganz. Als einziges beständiges Mitglied von TOXIC HOLOCAUST seit der Gründung 1999 hat Joel Grind auch in seinem fünften Album "Chemistry Of Consciousness" eine Verschmelzung von Crust Punk und Trash Metal hingehauen in repräsentativen elf Tracks.; CONVERGE-Gitarrist Kurt Ballou hat auch bei diesem Baby zugeschlagen und buchstäblich mitgemischt. Herausgekommen ist ein rasches und kurzweiliges, trashiges Punkalbum das wahrscheinlich den hartgesottenen Fans gibt was sie erwartet haben und diese nicht enttäuscht- gleichzeitig überrascht es aber auch nicht. Genau wie man hier den bösartigen Vorwurf in den Raum stellen könnte, wie wenig Originalität es offenbart. Dabei ist es auch nicht komplett langweilig, besonders in Erinnerung bleiben tut's dafür aber auch nicht. Es fehlt einfach die Abwechslung und sowieso: meh. Wenn's sein muss.
MIDDAY VEIL sind eine weitere Band, die schwurbelige an Kifferprog erinnernde Klänge mit (im besten Fall) hypnotisch-abgedrehtem weiblichen Gesang verbindet. Auf "The Current" geben sich die US-Amerikaner eine gute Dreiviertelstunde lang Mühe, geneigte THE DEVIL'S BLOOD-Fans und versprengte Scott Weinreich-Jünger von ihren sechs Songs zu überzeugen, so ganz gelingen wird das aber nur bei wenigen. Zu unspektakulär ist das Ergebnis; zu oft wabern die Songs vor sich, ohne dabei den Charme guten Stoner Rocks oder Psychedelic-Sounds zu erschaffen. Gut gemeint ist eben noch lange nicht gut gemacht. So kommt "The Current" selten einmal über Belanglosigkeiten und Mittelmaß hinaus, am Ende bleibt beim Hörer der Eindruck, alles schon einmal gehört zu haben. In besser. Bei anderen Bands.
WINDS OF PLAGUE ‒ so nennt sich die Symbiose aus Symphonic Metal und Deathcore. Das klingt nach einem schönen Bastard. Symphonische Elemente sind auf „Resistence“ vorhanden, was allerdings überwiegt, sind die Hardcore-Elemente, denen ein Hauch von Death Metal eingefügt wurde. Nervig ist das Gegrowle in Sprechgesangmanier. Während in den ersten Songs noch einigermaßen mit Melodien gespielt wird, nimmt dies (und damit auch der Wiedererkennungswert der Lieder) ab Höhepunkt „Left For Dead“ mehr und mehr ab. Die Aggressionsschiene wird voll aufgefahren, kalifornischer Hass schlägt dem Hörer entgegen. Der angepisste Gesang der häufige Gebrauch des Wortes „Mother Fucker“ zeigen an: Bei WINDS OF PLAGUE handelt es sich um eine moderne, harte Core-Band aus den USA. Weder gesangstechnisch, noch lyrisch sind auf „Resistance“ Wunder zu erwarten. Musik am Rande der Anspruchslosigkeit, für irritierte, genervte Teenager oder frustrierte Erwachsene. Doch „metallische Erbarmungslosigkeit“ kann man die Erzeugnisse der Musiker nicht nennen. Erbarmungslos? Es gab Härteres. Es gab besseres ‒ meine Meinung. Nu-Metaller, Hardcoreler und Fans des urbanen, amerikanischen Klangs können einen Versuch wagen. Ein Anspieltipp für solche: „Sewer Mouth“ und das lustige Musikvideo zum Opener. (:D).
Früher einmal hatten PYREXIA lange Haare und spielten Brutal Death Metal, der arg nach SUFFOCATION klang. Nun, davon hat man sich stark distanziert, nahmen doch im Laufe der Jahre die Haarlänge immer weiter ab und der Einfluss von Hardcore-Elementen in die Musik von PYREXIA stetig zu. Kurz um, mit der Band, die 1991 das rohe Demo Tape einspielte und 1993 die noch sehr gutturale Full-Length „Sermon Of Mockery“ veröffentlichten, haben die heutigen PYREXIA nicht mehr allzu viel zu tun.
So endet „Feast Of Iquinity“ dort wo “Age Of the Wicked” sechs Jahre zuvor geendet hat: Deathcore. Technisch gibt es hier wirklich nichts zu bemängeln, knallt der Stoff doch ordentlich aus den Boxen. Etwas weniger Hardcore wäre ja cool gewesen. Dennoch gibt es Tracks auf der Platte, die man sich gut anhören kann. PYREXIA funktionieren vor allem, wenn Sänger Eric das Tempo drosselt und nette Melodien einfließen, wie es in „Cryptic Summoning“ oder „The Feast“ der Fall ist. Deathcore-lastige Material wie „Infliction“ oder „Panzer Tank Lobotomie“ mögen jedoch jedem Old School Death Metal-Fan schändlich erscheinen.
„Gestalt“ ist nicht etwa das Debütalbum einer ganz jungen Band, die gerade ihre ersten Gehversuche hinter sich hat, sondern hinter WRAITHCULT stecken ein paar alte Bekannte aus München. Bei dem Quartett handelt es sich um die vollständige Besetzung der vor wenigen Jahren aufgelösten HELFAHRT, lediglich deren Sänger Max Marquardt ist nicht mehr dabei. Ich könnte jetzt bösartig mutmaßen, dass die Truppe um die Zwillingsbrüder Tobias und Sebastian Ludwig erkannt hat, dass mit ihrem (in meinen Ohren belanglosen) Viking/Pagan Metal nix mehr zu reißen ist, und sie sich nun hymnischem Black Metal widmet, was um Klassen besser gelingt. „Gestalt“ ist ein starkes Werk, stilistisch irgendwo im großen Dunstkreis von CRYPTIC WINTERMOON, NAGLFAR, NECROPHOBIC und DISSECTION angesiedelt, und begeistert sowohl mit Hochgeschwindigkeitspassagen, als auch mit schwerem Midtempo, wobei die jeweiligen Breaks gekonnt sitzen und die durchgehend guten bis sehr guten Songs zusätzlich die eine oder andere majestätische Melodie auffahren. Absolute Übernummern hält „Gestalt“ noch nicht parat, aber mit „Cold Moon“, „Staggering Visions“, dem schleppenden „Nine Moons“ (das Doom-Riff erinnert mächtig an DARKTHRONEs Göttergabe „Quintessence“!) oder dem Titelstück enthält das Album durchweg überzeugendes Material, das hoffen lässt, es beim nächsten Wurf mit einem heißen „Tipp“-Kandidaten zu tun zu haben. Und warum haben die Jungs derartige Qualität nicht schon mit HELFAHRT abgeliefert?!
Die einfach „I“ bis „III“ betitelten ersten drei Alben von SAHG orientierten sich stark an BLACK SABBATH und LED ZEPPELIN und avancierten zu Kritikerlieblingen, ohne der Band den großen Durchbruch zu verschaffen. Album Nummer vier läuft jetzt unter dem Titel „Delusions Of Grandeur“ und tendiert mehr gen klassischen Hard Rock mit moderner Stoner und Alternative Schlagseite sowie immer wieder eingestreuten atmosphärischen Parts und progressiven Ausflügen. Mir hat es dabei vor allem „Blizzardborne“ mit seinem Ohrwurmpotential, „Firechild“ mit seinem hitverdächtigem Groove und der Longtrack „Sleeper's Gate To The Galaxy“ angetan. Letztere eingeleitet von einem famosen, zweiminütigen Instrumentalsong („Odium Delirium“) sprüht nur von Ideen – Spacerock, Artrock, 70er-Achterbahnfahrt – epischen Highlight. Eine gewisse Affinität zu den ersten Gehversuchen von AUDREY HORNE ist nicht zu überhören; was bei gleichem Background (kommen beide aus Bergen/Norwegen und haben den gleichen Gitarristen) nicht zu arg verwundert. Je öfter ich das Teil höre, je mehr Laue macht „Delusions Of Grandeur“ – SAHG haben nun also auch ihr „Retro-Hard-Rock-Album“! Ein Album das sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss. Man setzt zwar nicht gerade neue Maßstäbe, aber den guten Songs und der überraschend vielschichtige Kreativität sollte man eine Chance geben.