Selbst wenn man kein Fan der New Yorker Thrash-Institution ist, muss man anerkennen, dass Bobby "Blitz" Ellsworth und Co. in den inzwischen 35 (!) Jahren ihres Bestehens eine fast schon erschreckende Konstanz offenbart haben. Klar, nicht jedes Album war ein Meilenstein (ich denke da etwa an "I Hear Black", "Necroshine" oder das gezwungen modern tönende "Killbox 13"), aber echte Rohrkrepierer oder "Diskussionsgrundlagen" haben OVERKILL nie abgeliefert. In diese angenehme Tradition reiht sich auch "White Devil Armory", Album Nummer 17 (!!), ein, das nach den zwei saustarken Vorgängern "Ironbound" und "The Electric Age" wieder ein wenig abfällt, jedoch ebenfalls keinen Grund zum Jammern bietet: das Gitarrenduo Dave Linsk/Derek Tailer liefert einmal mehr Sägezahnriffs und schneidende Soli irgendwo zwischen Traditionsstahl, Thrash und Punk ab, das Rhythmusgespann D. D. Verni und Ron Lipnicki groovt sich zum größten Teil im bewährten Midtempo gnadenlos nach vorne, und Frontsau Blitz ringt mit seinen 55 (!!!) Jahren und seiner Schneidbrennerstimme noch manchem Neuling großen Respekt ab - von Altherrentruppe keine Spur! Das bestätigen auch die Songs, unter denen sich zwar kein großer "Hit" befindet (am Nächsten kommen dem noch der Stampfer "Bitter Pill", das flotte und mit einem coolen Finale ausgestattete "King Of The Rat Bastards" sowie das fast schon progressive Finale "In The Name"), die aber durchweg überzeugen und keinerlei Füller auffahren. Es herrscht also das gewohnt hohe OVERKILL-Standard-Niveau, das etwa auf Ohrenhöhe mit Werken wie "Horrorscope", From The Underground And Below" oder "Bloodletting" liegt und sich damit in der eindrucksvollen Diskografie der Jungs im gehobenen Mittelfeld befindet, was unterm Strich ein ausgesprochen gutes Album bedeutet!
Gerade erst im letzten April erschien bei uns das Debüt von SPIDERGAWD, jetzt legen die Norweger schon nach. Aber genau so war das geplant: Die beiden MOTORPSYCHOs Bent Sæther und Kenneth Kapstad sagten Bandchef Per Borten ihre Mitarbeit nur unter der Bedingung zu, dass SPIDERGAWD eine Band und nicht nur ein Projekt würde und direkt zwei Alben geplant würden.
Das schlicht und einfach „II“ betitelte Album knüpft direkt an den Erstling an. Sprich: Hier gibt es wieder so etwas wie die rockigere, straightere und schnörkellosere Variante von MOTORPSYCHO zu hören. Verglichen mit dem Debüt kommen die Songs sogar noch schneller zum Punkt, setzen auf hymnischere Refrains und sind stärker von Blues, Classic und sogar Hard Rock beeinflusst. Jammig oder spacig wird es dagegen eher selten. Eine Ausnahme bildet lediglich das jazz-rockige Instrumental „Caeroulean Caribou“, bei dem das sonst kaum hörbare vierte Band-Mitglied, Bariton-Saxophonist Rolf Martin Snustad, zum Zug kommt. Ausnahmsweise stiehlt aber der Drummer allen die Show: Kenneth Kapstad – der live mittlerweile zum heimlichen Frontmann geworden ist – trommelt sich so brillant und dabei so tight und präzise durch die neun Songs, dass es eigentlich reicht, nur ihm zuzuhören. Einen genialeren Rock-Drummer gibt es derzeit wohl kaum.
„II“ ist ein Album geworden, das einem beim Hören genauso viel Spaß macht, wie ihn die Band offensichtlich beim Einspielen hatte. Das verstrahlte Cover ist Geschmackssache, musikalisch sitzt hier aber alles genau da, wo es hin soll. Im März kommen SPIDERGAWD für einige Konzerte nach Deutschland und in die Schweiz, und diese vier Teufelskerle sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Man sieht sich!
IRON LAMB, die aus u.a. DISMEMBER hervorgegangen sind, stellen mit ihrem neuem Album "Fool's Gold" einmal mehr ihr Händchen für rockig-punkige Songs unter Beweis, die auf Albumlänge mächtig Arsch treten. Gleich mit dem Opener "One Way Track" machen die Schweden klar, dass auch anno 2015 mit ihnen zu rechnen ist, wenn um gutgelaunte Musik geht. Die Produktion gibt den Instrumenten viel Raum und lässt den Bass herrlich schwer klingen, während die Gesangsröhre gekonnt in Szene gesetzt wird. Die Gitarren kommen ebenfalls gut zur Geltung und können immer wieder Akzente setzen ("Backstabbers"). Alle Songs gehen gut nach vorne und haben das richtige Verhältnis aus Punk und gutem altem Rock'n'Roll, um zu unterhalten - und mehr wollen IRON LAMB nicht. Zum Ende hin zeigen IRON LAMB ihre ganze Bandbreite und lassen "Fool's Gold" mit dem schleppendem "Deadend Blues" effektvoll ausklingen. Hier kann der Gesang noch einmal ordentlich punkten und dem Song viel Charme verleihen. IRON LAMB haben ein gut rockendes, feines Rotzrockalbum abgeliefert, das für Partynächte mit den Buddies bestens geeignet ist.
PIANOS BECOME THE TEETH haben sich schon immer als Band verstanden, die einem konstantem Wandel unterliegt: das Line-Up ändert sich immer und auch musikalisch legen sich die Amis nicht richtig fest. Mit "Keep You" geben sie ihren Einstand bei ihrem neuem Label - auch hier eine Verändeurng - Epitaph Records. Eine kluge Wahl, denn so wird die Band sicherlich neuen Hörerschichten zugänglich gemacht werden. Was beim ersten Durchlauf von "Keep You" verwirrt, ist die Abwesenheit beinahe aller Screamo/ Hardcore-Einflüsse. Kein Geschrei mehr, keine heftigen Gitarren, keine wirklich schnellen Songs. Stattdessen ruhige Klänge, in denen gesungen wird, und die den Fokus auf eine nachdenkliche, leicht melancholische Atmosphäre legen. Das erinnert - ob von der Band bewusst gewählt, bleibt unklar - an ANATHEMA und lebt viel vom Schlagzeugspiel, welches gleichermaßen songdienlich-ruhig und technisch anspruchsvoll ist, und den ruhigen Gitarren. PIANOS BECOME THE TEETH haben mit "Keep You" eine intensive Platte geschrieben, die vor Emotion und Atmosphäre nur so sprüht und den Hörer fesselt. Gleichzeitig ist es eine überraschende Platte, war doch der Vorgänger deutlich roher und aggressiver. PIANOS BECOME THE TEETH überzeugen auf ganzer Linie, "Keep You" ist eine Empfehlung für jeden Musikfan, der auf intensive Musik steht!
VENOM sind wieder da – und ich hab keine Ahnung mit dem wievielten Album. Ist aber auch egal, das Ding heißt „From The Very Depths“ und die Band ist in dem entspannten Stadium (nach 36 Jahren einflussvollem Metal) ohnehin auf Scheibe pressen zu können was sie wollen. Sind halt VENOM.
Und das tun sie auch wieder: „From The Very Depths“ hat mit dem 80er Jahre „Black Metal“ (Album wie Stil) nichts mehr gemein. Die Band ist über die Jahre natürlich ungemein gewachsen und bietet auf 13 Songs (plus Intro) eine breite Mischung an diversen Stilrichtungen: „From The Very Depths“, „The Death Of Rock N Roll“, „Long Haired Punks“ oder “Grinding Teeth” klingen wie modern aufgenommene und produzierte 80er-Jahre Thrash-Orgien feinster Divebar-Güte (insofern es dort Platz für einen Circlepit gibt), in anderen, weniger blumigen Worten, verdammt geil. Lauter drehen, Kutte über- und Dosenbier einwerfen.
Andere Titel erschließen sich mir nicht so ganz: „Smoke“ und „Temptation“, beide direkt hintereinander auf dem Album, fallen etwas aus dem Raster. Das Intro-Riff von „Smoke“ klingt ziemlich, ziemlich ähnlich wie das Drop-D-Ding von „My Own Summer (Shove It)“ von den DEFTONES – genug gesagt?
Dennoch: Im Gesamtbild wirkt VENOMs aktuelle doch sehr stimmig. Ich persönlich brauche bei diesem Album kein nostalgisches Nachheulen nach Garagensound und einer Zeit, wo eine Band noch einen Einfluss auf neue Subgenres haben kann – eine Forderung die 2015 einfach dämlich zu verlangen ist. Ich kann gut mit den modernen VENOM leben (und damit, dass ich damit einigen vor den Karren pissen werde). „From The Very Depths“ macht da keine Ausnahme - auch wenn vielleicht nicht alle Songs so genial sind wie der Titelsong.
Wer sich als Musiker mal in neuen Gefilden austoben will, sich langweilt oder Kohle für den Sex, Drugs & Rock'n'Roll-Lifestyle braucht, macht ein Nebenprojekt auf. Am besten mit ein paar (semi)prominenten Kollegen, das vergrößert die potenzielle Käuferschar. Die Beweggründe hinter KROKODIL bleiben unklar, aber mit Mitgliedern von u.a. GALLOWS, SIKTH und Tourmusiker von SLIPKNOT (Alessandro Venturella). " Nachash" zeigt in den ersten Durchgängen, dass hier fähige Musiker am Werk sind, woran ja aber bei deren Vita auch kein Zweifel bestand. Irgendwo zwischen MASTODON und Progressive Metal ist die Chose angesiedelt, wobei dank des dominanten, schweren Riffings die MASTODON-Schlagseite dominiert. KROKODIL haben viele Ideen in den Songs verwurstet, kommen aber nie so richtig aus der MASTODON-Ecke weg (und wir sprechen hier von der Frühphase der Band aus Atlanta) und schaffen es nur selten, einen Song wirklich beim Hörer zu verankern. Der Wiedererkennungswert ist niedrig, selbst die mit Klargesang angereichten Parts können das Ruder nicht rumreißen und wirken zu oft wie an einen Song angetackert als homogen im Songwritingprozess entstanden. Zum Ende werden die Songs flotter gespielt und erinnen auch mal an BARONESS, aber die Schwächen beim Songwriting werden nicht weniger. So bleibt " Nachash" ein durchwachsenes Album. Für eine Band mit dem Hintergrund von KROKODIL ist das auf jeden Fall zu wenig.
Das neue Retro im harten Rock heißt NWoBHM. Und im Falle von NIGHT DEMON kommt die Band gar aus Amerika. Dieser Umstand ist zu keiner Sekunde spürbar, pure british, reine 80er sind eingetütet in ihrem Debüt "Curse of the Damned". Die US Boys klingen wie einst die wackeren Inselbewohner, als sie sich aufmachten, Kerneuropa und den Rest der Welt mit Metal zu erobern.
Die Vocals sind unprätentiös und unaffecktiert, Jarvis Leatherby verzichtet auf plumpes Geschrei. Das gibt der Stimme einen reinen Charakter; gleichwohl transportiert sie eine Menge Leidenschaft und Melodie. Alte IRON MAIDEN, DIAMONDHEAD, SAMSON und die frühen TOKYO BLADE kommen mir so in den Sinn. NIGHT DEMON stehen gekonnt zwischen Metal und Hardrock. Ein Bein fest in den 80ern und eines noch in den 70ern, was insbesondere bei den Soli gut kommt und das Ding spannend macht. Die elf Nummern klingen so was von echt und original - auch dank der Produktion -, dass es kaum zu glauben ist, dass das Teil aus 2015 ist. Das ist wie "Wetten Dass" mit Frank Elstner oder dem jungen Gottschalk. Das ist wie Gemischt-Tapes aufnehmen oder wie nach der Schule mit dem Mofa zu Freunden fahren, um Platten zu tauschen bzw.zu hören.
"Curse of the Damned" ist mehr als Musik, es ist ein Gefühl, eine Message enthalten, welche von Rebellion und Eigenständigkeit erzählt, vom Anderssein und von einer Gemeinschaft, die die Zeiten überdauern wird. Kurzum: es ist die Geschichte des Metals.
VIVUS HUMARE heißt "lebendig begraben". Und für begraben hielt man VIVUS HUMARE tatsächlich, die ihre erste und letzte Demo ("Prolog") vor knapp sieben Jahren aufnahmen. Trotz allem haben die Thüringer es irgendwie trotzdem geschafft lebendig zu bleiben, so spielten sie 2012 sogar auf dem Party.San Open Air. Nun endlich geben sie mit "Einkehr" ihre Rückehr bekannt. Schon das Art-Work mit dem recht traditionellen Art-Work lässt vermuten, das hier an den Stil der Demo angeknüpft wird. Tatsächlich geht es bei VIVUS HUMARE eher rauh zu. Die Band schreitet auf traditionellen Wegen des Black Metal, zieht die Songs durch depressive, instrumentale Zwischenstücke etwas in die Länge und fügt hier und da neuere Komponenten ein. Leider spürt man hier und da die Länge der Lieder und das Ganze wirkt etwas zäh wie Kaugummi - macht aber auf jeden Fall depressiv. Darann ändert auch ein vergleichweise fröhliches Akkustik-Interlude wie "In Eos Antlitz" nichts. Zu einem wirklichen Höhepunkt kommen VIVUS HUMARE gegen Ende der Scheibe. Ein "Traum" ist "Traum" - und der wartet erst einmal mit ordentlich Geschwindigkeit auf, wo die rauhen Vocals und melancholischen Hintergrund-Melodien wirklich sehr gut zu passen. Als das Tempo zurückgeht entstehen hier dichte Atmosphäre und wohlige Gänsehaut breitet sich aus. "Der Schmerz Weckt" und "Auf Morgendlichen Pfaden" sind zwar auch keine schlechten Lieder, aber irgendetwas fehlt hier. Somit lassen VIVUS HUMARE mit "Einkehr" sicherlich noch Platz nach oben, ohne allzu sehr zu enttäuschen. Für Liebhaber, Live-Fans und Fans von Bands wie CTULU und RAUHNACHT.