Beim erstem Hören ist das neue DEAFHEAVEN-Werk "New Bermuda" erschlagend, genau wie es der Vorgänger "Sunbather" war. Die fünf neuen Songs sind bösartig, verstörend und gleichzeitig voller verwirrender Anspielungen und unerwarteter Wendungen - in "Gifts For The Earth" findet sich eine Reminiszenz an einen 90er Pop-Hit. Natürlich liegt auch "New Bermuda" Black Metal zugrunde, wobei ja angesichts des Erfolgs und der Attitüde der Band die Frage nach der Genre-Zugehörigkeit der Amerikaner in Black Metal-Kreisen noch nicht abschließend beantwortet werden konnte. Mit der neuen Platte wird das Finden einer Antwort nicht einfacher werden. Dabei hauen die Jungs um Shouter - und wieder einmal mit hochinteressanten Texten glänzenden - George Clarke harten Black Metal raus, wenn ihnen der Sinn danach steht ("Brought To The Water"). Norweger schlackern da mit den gschminkten Ohren.
DEAFHEAVEN können aber nicht nur Black Metal, sondern sind auch im Alternative Rock fit ("Baby Blue") und stecken SLAYER Riff-mäßig in die Tasche ("Luna"). Beim Songwriting variieren sie alle Zutaten so geschickt, dass in keinem der fünf überlangen Songs auch nur eine Sekunde Langeweile aufkommt oder eine Idee, ein Riff zu Tode geritten werden.
"New Bermuda" stellt den Hörer vor eine Herausforderung ob des wilden Hin- und Herspringens in Musikstilen. Eine reine Black Metal-Platte wäre sicher einfacher zu verdauen und in sich homogener, würde DEAFHEAVEN aber nicht gerecht werden. In den Songs finden sich viele Ideen, die zu in sich stimmigen - wenn auch in der Regel nach zwei bis drei Minuten wechselnden - Soundgebilden geformt wurden. Der Hörer wird so herausgefordert, um zu erkennen, dass "New Bermuda" ein bei aller Variabilität in sich schlüssiges Black Metal-Album ist, das sich auf hohem Niveau bewegt. Langweilig wird "New Bermuda" nicht; gleichzeitig stellt es die logische Weiterentwicklung des DEAFHEAVEN-Sounds dar. Top!
Mit fast beängstigender Treffsicherheit hauen FDA Rekotz eine Death Metal-Granate nach der Anderen ins lärmaffine Volk und speziell im Oldschool-Bereich kann man mittlerweile ja fast schon blind kaufen was Rico und sein Team einem unter die Nase halten. Können die Hamburger ENDSEEKER diese Ansprüche halten?
Sie können, und liefern mit ihrer MLP „Corrosive Relevation“ ein fettes Ausrufezeichen, wenn man bedenkt das die Band sich erst 2013 zusammengefunden hat. Das alle Mitglieder in der deutschen Metallandschaft keine blutigen Anfänger mehr sind und alle wissen was sie da tun, wird hier dazu beigetragen haben, das gleich nach dem ersten Demo der Vertrag bei F.D.A. im Briefkasten lag.
ENDSEEKER haben allerdings nicht vor den Death Metal neu zu erfinden, sondern hatten einfach Bock den Sound ihrer Jugend zu zocken. Also zusammengefunden, die Gitarren ins Boss HM-2 gestöpselt und alle Regler hart auf Maximum gedreht. Für viele reicht das schon um zu wissen was sie erwartet.....ganz klar Oldschool Death Metal der schwedischen Art....der gute alte Stockholm Sound ala Entombed/Dismember/Grave......und schon hat klein David ein seeliges Grinsen im Gesicht und ist zufrieden. Ok, SO einfach wollen wir es ihnen doch nicht machen, also beschäftigen wir uns mal etwas näher mit der Scheibe.
Gleich zu Beginn ballern einem die Jungs ihren Titeltrack um die Ohren, der klar macht das hier keine Gefangenen gemacht werden. Mittig nen kurzen langsameren Part, in der die Gitarrenfraktion ein bisschen zeigen darf, das man mit Kreissägen Melodien schaffen kann, aber sonst gibt’s nen ordentlichen Schlag vor die Omme. Lennys abartiges Organ brüllt einem schön die Frisur nach hinten und erinnert mich öfter an GRAVE, bleibt aber schön variabel und manchmal grenzt sein Gebrüll schon fast an Pig Squeals, was aber vortrefflich zum Sound passt.
„Attention War“ beginnt wieder recht ungestüm, um dann gleich in einen „groovige GRAVE treffen auf BOLT THROWER“-Part zu wechseln. Wenn man sich denkt, sie bauen die BOLT THROWER-Panzerparts noch ein wenig aus.....nix da....zack, gibt’s gleich wieder schön einen aufs Maul und so wechselt das fröhlich hin und her. Für mich eins der Highlights auf dieser Scheibe!
„Consumed By Desire“ besticht durch seine simplen, aber ungemein effektiven und höllisch groovenden Midtempoparts und dürfte live die Masse vor der Bühne ordentlich in Bewegung bringen.
Weil jetzt alle schon ordentlich am schwitzen sind, wird bei „Deployment Of The Aroused“ das Bremspedal etwas weiter getreten......ja wenn dieser fiese Groove nicht wär, den ENDSEEKER unentwegt hervorzaubern und somit auch die Altherrenfraktion hinten am Tresen unweigerlich in Bewegung versetzt. Da wird dann ausnahmsweise mal das Bier zur Seite gestellt und das Schüttere Haupthaar und die morschen Halswirbel in Bewegung versetzt. Fett, fett, fett!
Als „Rausschmeißer“ gibt’s dann noch ne Cover-Version von ENTOMBED „Supposed to Rot“. Wem dieser Song noch näher umschrieben werden muß, der gibt sofort seinen Bangerausweis ab und wird mit einem Monat Dauerbeschallung durch SABATON, POWERWOLF und JBO bestraft!
Viele der dieser Tage massenweise veröffentlichten Oldschool-Scheiben kranken etwas daran drei/vier gute Songs zu beinhalten und den Rest dann durch 08/15 Standartware zu füllen, die die guten Stücke dann ordentlich runterziehen. ENDSEEKER haben es also absolut richtig gemacht, nur ne MLP zu veröffentlichen. So bekommt man kurz und knackig das volle Brett und die Qualität bleibt auf einem Level. Lange Rede, kurzer Sinn: Sorry Herrschaften, aber ihr müßt wohl oder übel ne weitere Scheibe auf euren Einkaufszettel schreiben!
Vor ca. 1,5 Jahren war die Freude groß, als mit „Surrender To No One“ nach fast 25 Jahren ein neues Werk von David T. Chastain und seiner einzig wahren Frontfrau Leather Leone veröffentlicht wurde. Selbiges tönte dann auch wie eine zeitgemäß aufgepimpte Version klassischen CHASTAIN Stoffs. Aber schon damals erzählte uns David, dass eigentlich schon 3 (!!) Alben fertig geschrieben sind und die Schlagzeugspuren wohl auch schon für alle 3 eingespielt wurden. Er wollte aber erst einmal die Reaktionen für „Surrender To No One“ abwarten und dann entscheiden ob es auch eine Veröffentlichung der anderen CDs geben wird. Offensichtlich waren die Reaktionen gut genug, denn es gab nicht nur eine „Uncut“ Variante des „Surrender“ Albums, sondern mit „We Bleed Metal“ nun das zweite „richtige“ Album seit der Reunion. Dank einem Deal mit Pure Steel ist der geneigte Fan nun nicht mehr auf den US-Import angewiesen, sondern kann das Teil ganz regulär im Media Markt um die Ecke erwerben. Was man als Fan zackigen US Metals auch umgehend tun sollte. Dass Leather kein µ ihrer stimmlichen Brillianz eingebüßt hat, sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Aber auch der Meister selbst gibt sich keine Blöße und lässt ein Hammerriff nach dem anderen vom Stapel und seine Soli sind so wieselflink wie originell. Aber seine Gitarrenarbeit verkommt nie zum Selbstzweck, sondern ist immer songdienlich und in den richtigen Momenten simpel genug um den Songs nichts von ihrer Power zu nehmen. Auch wenn CHASTAIN mit beiden Beinen fest im Jahr 2015 stehen, gibt es immer wieder Songs, die auch auf den ersten 5 Alben eine gute Figur gemacht hätten (z.B. das treibende „Against All Gods“ wäre auf dem 90er „For Those Who Dare“ nicht negativ aufgefallen). Mit dem balladesk beginnenden und sich dann zu einer reinrassigen Power Metal Granate steigernden „The Last Ones Alive“ wird auch die „Angel Of Mercy“ Fraktion perfekt bedient. Das Highlight jedoch ist die Oberhymne „All Hail The King“. Der Song wäre auch auf „The Voice Of The Cult“ outstanding gewesen. Bei so viel Klassematerial verzeiht man auch den etwas zu plakativen Einstieg mit „We Bleed Metal“. Als Standortbestimmung und Eingangsstatement taugt auch dieser Song allemal.
Was soll ich noch sagen um meiner Begeisterung weiteren Nachdruck zu verleihen? Dass der Sound fett ist? Ist er. Dass die Rhythmussektion bestehend aus Mike Skimmerhorn und PAGAN’S MIND Drummer Stian Kristoffersen drückt und schiebt, dass es eine wahre Freude ist? Check! Wie man es auch dreht und wendet: CHASTAIN sind mit Macht wieder da und wenn sie jetzt nicht endlich mal nach Europa kommen, dann verstehe ich die Metalwelt echt nicht mehr.
BLACK VULPINE sind eine der vielversprechendsten Stoner-Bands Deutschlands, das hat das Quartett in den letzten Jahren mit der Drei-Track-Demo 2013 und vielen Live-Shows bewiesen. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an das per Crowdfunding ermöglichte Debütalbum "Hidden Places". Die ersten Durchläufe des mit einem sehr schicken Covers versehenen Albums bringen die Stärken der Band voll zur Geltung, allen voran der Gesang, der irgendwo zwischen Occult Rock und KYLESA angesiedelt ist, und die dichte Atmosphäre. BLACK VULPINE legen Wert auf Wüstenriffs - denken wir an die guten Stoner-Bands Marke KYUSS - und eine Betonung ihrer Sängerin. Das funktioniert insgesamt gut, gerade wenn es etwas dreckiger zu Werke geht ("Ava Kadavra") oder die Wüsten-Schlagseite voll zur Geltung kommt ("Mother Of Pearl"). Durch beinahe alle Songs zieht sich zudem ein leichter okkulter, psychedlischer Einschlag, der für den Aufbau der dichten Atmosphäre wichtig ist und BLACK VULPINE von puren Stoner-Bands absetzt. Zwar sind nicht alle Songs totale Kracher - dazu wiederholen sich einige Riffs und Songstrukturen zu oft -, aber ingesamt macht der Dortmunder Haufen auf "Hidden Places" eine gute Figur.
Für ein Debütalbum ist "Hidden Places" mehr als gelungen. BLACK VULPINE können eine starken Eindruck hinterlassen und dürften neben Stoner-Fans auch Anhänger von BARONESS, KYLESA und Alternative Rock ansprechen. Fans okkulten Rocks können hier ebenfalls ein Ohr riskieren. BLACK VULPINE können die Erwartungen erfüllen, auch wenn beim Nachfolgealbum noch Luft nach oben ist.
Die indische Hafenstadt Mumbai und die Stilrichtung Brutal Death Metal verwendet man auch nicht oft in einem Satz. „Fractals Of Derangement“ heißt die erste EP der Band BIOPSY. Nicht viel findet man über die Herren im Internet, lediglich, dass es sich hier trotz Songtiteln wie „Anatomical Reconstruction“ und „Surgical Symmetry“ nicht um Medizin-Studenten handelt. Tatsächlich gibt es die Band schon eine ganze Weile, aufgrund räumlicher Distanzen der Mitglieder kam es allerdings erst jetzt zur EP und die soll – laut Label – ausgesprochen schockierend sein.
„Brutal“ ist dabei wirklich ein Zusatz, den die Inder sich verdient haben. Schreddernde Gitarren und ein knüppelndes Schlagzeug bilden die Grundlage für das, was BIOPSY mit extratiefen und bis zur Unkenntlichkeit verzehrten Vocals verfeinern. Definitiv herausragend für diese Region. Wer auf SUFFOCATION und DISGORGE steht, sollte hier mal reinhören.
Ganz neu bei dem finnischen Label Svart Records sind NIGHT VIPER, die sich erst 2014 gegründet haben. Heavy Metal heißt der Stahl, aus dem Fünf geschmiedet sind, wobei hier und da auch immer wieder psychodelische, Stoner oder Blues-Momente durchschimmern – Was nicht n8ur dem mächtig tiefen Bass-Spiel sondern auch der leicht bluesigen Stimme von Frau Johansson geschuldet ist. Während Songs wie „Night Viper“, „The Hammer“ , „Faces In The Mirror” mächtig in Gas und Hart-Stahl geben (und „Run For Cover“ sogar leichte Thrash-Momente mit sich bringt),geht es in „Never Be Enslaved“ oder „The Wolverine“ etwas gemächlicher zu – hier kommt etwas Stoner-Feeling auf und die Stimme der Sängerin kommt besser zur Geltung. Dass NIGHT VIPER auch längere Stücke können beweisen das düster beginnende „Course Of A Thousend Deaths“ und „Warrior Woman“ das so genial zwischen doomigen Gitarren am Anfang und knackigem Heavy Metal mit coolem Refrain pendelt.
NIGHT VIPER haben durchaus Potential, und auch wenn diese Scheibe einen noch nicht ganz aus der Bahn reißt, dann tut es vielleicht die nächste.
Seit ihrem ersten Album haben sich die Briten TESSERACT immer weiter von ihren Ursprüngen entfernt. Bot das Debütalbum „One“ noch teilweise ziemlich wilden Prog-Metal, der jedoch auch immer wieder Platz für eingängige Hooks ließ, wurde ihre Musik über die Jahre immer melodischer und zugänglicher. Auf „Polaris“ wird diese Entwicklung fortgesetzt: „Metal“ wird hier klein geschrieben, wirklich heftige Parts sind kaum vorhanden, dafür gibt es vermehrten Einsatz von Keyboards, viele ruhige und poppige Passagen zu hören. Mit dieser Einebnung geht leider auch ein Qualitätsverlust im Songwriting einher. Obwohl immer wieder hoch melodisch, bleibt am Ende nicht viel von der Musik hängen, ganze Songs versinken in Belanglosigkeit.
Was dazu noch störend ist, ist die viel zu cleane Produktion. Der Gesang, durchgehend auch eine Spur zu dramatisch, steht stark im Vordergrund, auch die Drums sind weit vorne, klackern aber eher, als dass sie drücken, und den Gitarren wurde jeder Dreck abgeschnitten. Überhaupt spielen sich die Saiteninstrumente oft eher im Hintergrund ab, während die Keyboards immer wieder recht dominant sind. Bei einer Band wie ARCHIVE geht eine solche Soundästhetik in Ordnung, aber die schreiben bessere Songs und klingen trotz aller Perfektion weniger überproduziert.
Was man TESSERACT zu Gute halten muss, ist, dass es ihnen gelingt, über das gesamte Album eine intensive Atmosphäre aufzubauen. Einigen Passagen hätte es allerdings gut getan, wenn sie instrumental geblieben wären. Unterm Strich dürfte „Polaris“ wohl weniger Fans von MESHUGGAH, TOOL oder DREAM THEATER gefallen, könnte unter Umständen aber etwas für Anhänger von PORCUPINE TREE, KARNIVOOL oder ARCHIVE sein.
„Refugium“ heißt das neue Album von ANOMALIE. ANOMALIE ist der Zufluchtsort, den sich Multi-Instrumentalist Marrok neben SELBSTENTLEIBUNG aufgebaut hat. Während das vor knapp anderthalb Jahren veröffentlichte „Between The Lights“ zwischen Depressive Rock, Post- und Depressive Metal pendelte und noch nicht so richtig wusste, wo es hinwollte scheint die Band mit „Refugium“ ihren Klang gefunden zu haben. Da kann ein Stück (in diesem Fall „Fear Of Tomorrow“) auch mal mit Bongos eingeleitet werden – hier fügt sich alles nahtlos zusammen. Melancholische Gitarrenwände treffen auf sanfte Piano-Klänge und die depressiven, ausdrucksstarken Vocals, die hervorragend zur Musik passen. Die klare Produktion gibt dem Ganzen einen sehr urbanen Klang.
Hervorragendes Futter für die alljährliche Novemberdepression, was bleibt da anderes zu sagen? ANOMALIE machen hier sehr vieles richtig, vereinen melancholische Melodien mit klarem Post Black Metal und unterstreichen das Ganze mit drückendem Doom. Die traurigen, aber nicht selbstmörderischen Lyrics passen dazu. Dass ANOMALIE sich von Bands wie HARAKIRI FOR THE SKY inspirieren ließen lässt sich so manches Mal allerdings nicht überhören.
„Refugium“ ist ein Album geworden, das man sich immer wieder anhören kann, ohne das es langweilig wird oder auf die Nerven fällt. Ein perfekter Zufluchtsort für alle depressiv verstimmten, und für Menschen die graue Tristesse des Novembers vertont haben wollen. Für alle Fans der oben genannten Österreicher, LANTLÔS, HERETOIR und INFESTING SWARM absolutes Pflichtprogramm!