Aus Kalifornien kommen DIMESLAND, die mit „Psychogenic Atrophy“ ihr erstes Album heraus bringen, nachdem sie zuletzt 2012 mit der EP „Creepmoon“ ein Lebenszeichen von sich gaben. „Abstract Metal“ soll hier die Spielart sein, tatsächlich handelt es sich hier um sehr extremen, experimentellen und chaotischen Progressive Death Metal. Abstrakt sind DIMESLAND in meinen Augen nicht wirklich, da sie sich in diesem Fall mehr auf das Allgemeine denn unendlich viele schräge (und verstörende) Details beschränken würden. So ist auch ein wilder Sound-Misch wie „Xenolith“ zwar nur sehr abstrakt als „Musik“ im eigentlichen Sinne zu deuten und tatsächlich fehlen einem hier die Bestrebungen, doch abstrakt sind DIMESLAND nicht.
Wirre, unkontrollierte Instrumentierungen treffen hier auf einen Sänger, der irgendwo zwischen Death Metal und Hardcore steht. Die Gitarren geben abstruse Töne von sich, verfrickeln sich, doch „Technical“ wirkt hier nichts, da gäbe es Struktur im Chaos. Ähnlich verhält es sich auf „Psychogenic Atrophy“ mit dem Spieltempo: Mal spielen DIMESLAND in ungestümen Tempo, dann gibt es zähe atmospheric Parts, gefolgt von Geräuschkulissen verstörender Machart („Xenolith“). Am ehesten werden Freunde experimentellen Underground Death Metals ihre Freude hier dran finden, ich kann der Band nicht so viel abgewinnen.
Die Griechen SUNLIGHT gefallen auf ihrem Debutalbum „My Own Truth“ mit äußerst melodischem Hard Rock, welcher zwischen alten PINK CREAM 69, unprogressiven LAST TRIBE und diversen Italo Metal Vertretern aus den 90ern liegt. Manchmal etwas kitschig, aber immer stimmig und dem Ohr recht schmeichelnd. Die Welt verändern wird man mit diesem Sound sicherlich nicht, aber für eine sommerliche Autofahrt taugt das Ganze allemal. So gesehen ist der Bandname auch durchaus passend gewählt. Sänger Dimitris Giannakopoulus verfügt über eine hohe, aber sehr unaufgeregt klingende Stimme, die gut mit dem luftigen Songmaterial harmoniert. Mit „Back To Life“ startet man schmissig in „My Own Truth“. Bei „Struggle For Deliverance“ klingen auch schon mal kommerzielle STRATOVARIUS durch und die schön-traurige Abschlussballade „Lonely Man’s Song“ passt, entgegen des Titels, perfekt auf den nächsten „Kerzen & Bärenfell-Sampler“ für die Liebste. Einzig mit der etwas nervigen Up-Tempo Nummer „Eastern Train“ hat sich etwas Missklang in diese ansonsten sehr wohlklingende Scheibe eingeschlichen. Macht unterm Strich aber immer noch 35 Minuten gelungene Hard Rock-Unterhaltung um die nun startenden kalten Tage etwas anzuheizen.
Feinen Italo-Prog zelebrieren SOUL SECRET auf ihrem schlicht „4“ betitelten dritten Album (das kleine Paradoxon ist mir durchaus bewusst). „4“ ist das erste Konzeptwerk im Schaffen der Italiener. Wenn ich es beim Überfliegen der Lyrics richtig verstanden habe geht es um einen Mann, der seinen Lebenswillen verliert, da eine Krankheit seine große Liebe dahinrafft. Als er zu dem Punkt kommt, dass er selbst auf dieser Welt nichts mehr verloren hat…wacht er auf. Ich hoffe das kommt soweit hin. Die Geschichte hat durchaus autobiographische Züge, da Gitarrist Antonio Vittozzi seine Mutter an den Krebs verloren hat. So weit, so dramatisch: Bei aller Ernsthaftigkeit SOUL SECRETs, die sich auch musikalisch manifestiert, klingt das Ganze keineswegs ausweglos, sondern vermittelt auch immer wieder das Gefühl, dass das Licht am Ende des Tunnels nicht unbedingt der herannahende Zug sein muss. Musikalisch sind als Grundeinfluss DREAM THEATER nicht zu leugnen. Aber auch diverse Italo Proggies wie MADSWORD, TIME MACHINE oder mit Abstrichen auch DGM haben ihre Spuren im anspruchsvollen Material von „4“ hinterlassen. Dabei schaffen es SOUL SECRET bei aller jazzigen Verspieltheit ihre Songs immer nachvollziehbar und -im besten Wortsinne- poppig genug zu halten. Damit wird „4“ sowohl für den Gelegenheitshörer goutierbar, als auch für den Musikstudenten spannend. Keyboardphobie sollte man indes keine mitbringen, denn Luca Di Gennaros Instrument spielt in den Kompositionen SOUL SECRETs eine tragende Rolle. Jedoch wird es trotz den Keys nie kitschig. Im Gegenteil, das Tasteninstrument verleiht dem Material einerseits mehr Erhabenheit und andererseits schaffen es SOUL SECRET damit den Spagat zwischen Prog Metal und Jazz Rock zu vollziehen. „4“ ist eine sehr ernste Scheibe mit Langzeitwirkung geworden, die sich alle, die sich sonst durch das „Sensory“ oder „inside out“ Labelprogramm rauf und runter hören, einverleiben können.
Was auf NÚMENORs neuem Album drauf steht, ist auch zu 100 % drin. Magie, Helden, Drachen und der allgegenwärtige Tolkien. Auch wenn die Herren aus Serbien und nicht aus Italien stammen, so „rhapsodyd“ es doch an allen Ecken und Enden. Leider fehlt den Herren das nötige Kleingeld um eine ähnliche Breitwandproduktion wie Turilli oder Staropoli aufzufahren. Das trübt dann das Hörerlebnis merklich, da die Orchesterparts schlicht billig klingen. Ebenfalls etwas befremdlich ist der Gesangstil von Marko Miranovic, der zwischen elbischem Heldentenor und Gollum mit Halsentzündung hin und her wechselt. Und gerade das Black Metal-artige Gekeife passt meiner Ansicht nach nicht wirklich zu den hochmelodischen Bombastepen. Leider erreichen aber auch die Songs weder das Niveau der allmächtigen Vorbilder RHAPSODY (welche Variante jetzt auch immer) noch das von Epigonen wie frühen DARK MOOR, MAGIC KINGDOM oder FARYLAND. NÚMENOR scheitern am Anspruch sich mit artfremden Stilmitteln von ihren Vorbildern zu lösen. Stattdessen wirkt das Ganze etwas zerfahren und unentschlossen. Da die Herren ja nicht gänzlich talentfrei sind, würde ich einfach empfehlen nochmal in Klausur zu gehen und mir genau zu überlegen in welche Richtung NÚMENOR in Zukunft gehen kann. Da NÚMENOR ursprünglich aus dem Black Metal kommen, kann ich mir vorstellen, dass „Sword & Sorcery“ eine Art „Übergangsalbum“ darstellt. Bin gespannt, wie es klingen wird, wenn die Metamorphose endgültig abgeschlossen ist.
CLOVEN ALTAR sind das Baby des amerikanischen OUBLIETTE Bassers Dustin Umberger, welcher sich hier vom Metal Core seiner Hauptband löst und sich ganz dem traditionellen Heavy Metal verschreibt. Er ist für sämtliches Songmaterial und den Gesang zuständig, während sich Tausendsassa Cederick Forsberg (ROCKA ROLLAS, BREITENHOLD, BLAZON STONE etc.) um sämtliche Instrumente kümmert. Diese transatlantische Zusammenarbeit scheint gut zu funktionieren, denn nach der gelungenen E.P. aus dem letzten Jahr tönt auch „Demon Of The Night“ so als hätten die beiden Protagonisten richtig Spaß gehabt. Natürlich wird auf Innovationen weitgehend verzichtet, aber dafür gibt’s mitreißenden Up-Tempo Metal, welcher dem Rezensenten sehr gut ins Ohr läuft. Irgendwo zwischen „Thundersteel-Riot“, NIGHT DEMON und der „New Wave Of Swedish Heavy Metal“ (AMBUSH, SCREAMER, NIGHT, RAM, ENFORCER, AIR RAID etc.) fühlen sich CLOVEN ALTAR ohrenscheinlich pudelwohl. Songs wie der flotte Opener „Blood Of The Elves“ oder das im jungfräulichen „Galoppel-Stil“ daherkommende „Beneath The Setting Sun“ dürften jeden Kuttenträger zufrieden stellen. Der einzige Kritikpunkt ist die etwas arg dünne Spielzeit von knapp 31 Minuten. Zieht man dann noch die beiden von der E.P. bekannten Tracks „Prince Of Hell“ und „Forsaken Path“ (welche allerdings ein leichtes Facelift bekamen) ab, wird es doch ein wenig dünn. Besonders da der letzte Song auch noch eine (wenn auch gelungene) Cover-Version des John Farnham Klassikers „Break The Ice“ ist. Etwas mehr neues eigenes Material darf es das nächste Mal gerne sein. Trotzdem bleibt der Eindruck einer starken Scheibe.
Aus Kalifornien kommt das Power-Trio ARCHER, welches sich einer kraftvollen und klischeebefreiten Variante des Heavy Metals verschrieben hat. Wenn etwas zu gleichen Teilen „modern“ und „traditionell“ klingt, spricht man gemeinhin gerne von „zeitlos“. Genau das trifft auf den ARCHER Sound zu. Irgendwo zwischen 90er MEGADETH (deren „Tornado Of Souls“ man mitunter auch live covert), BLACK LABEL SOCIETY, WRATHCHILD AMERICA und Bands wie THUNDERHEAD und CAPRICORN hat man sich eine ganz eigene Nische gesucht und hebt sich so von allen aktuellen Strömungen ab - und das ohne auf Teufel komm raus besonders innovativ sein zu müssen. Stattdessen wird munter drauf los gerockt und man überzeugt mit straffem Songwriting und starker Gitarrenarbeit. Sänger und Gitarrist Dylan Rose meistert seine Doppelbelastung mühelos und klingt in manchen Momenten nach einem Mustaine, der auf seine alten Tage tatsächlich noch das Singen gelernt hat. Neben dem flotten Titelstück hat es mir vor allem das verspielte „World Of One“ angetan. Aber auch der Rest fällt nicht wirklich ab und so kann man ARCHER bescheinigen ein starkes Album eingetütet zu haben. Dass man mit momentanen Strömungen nicht viel am Hut hat, kann Segen und Fluch zugleich sein. Bin gespannt, ob ARCHER ihren Status werden ausbauen können. Jedenfalls haben sie das Album sowohl mit ANNIHILATOR als auch mit DORO betourt. Wollen wir hoffen, dass sich das für ARCHER gelohnt hat.