Ganz schlicht “Live 2015” lautet der Titel des jüngsten VERSENGOLD-Werkes, und genau das bekommt man auch. Aufgenommen auf der Tour im Herbst, präsentieren die Spielleute hier auf einem Doppelalbum satte zwei Stunden lang, was sie live so draufhaben. Schön ist, dass dabei auchdas Flair nicht zu kurz kommt: wirken Live-Aufnahmen des öfteren durch die nahezu komplette Ausblendung des Publikums doch etwas steril, ist bei „Live 2015“ die Interaktion mit dem Publikum, die nicht unwesentlicher Bestandteil von VERSENGOLD-Konzerten ist, erhalten geblieben und man bekommt beim Anhören mit geschlossenen Augen so tatsächlich das Gefühl, einem Konzert beizuwohnen – abzüglich Bierdunst und Gedränge. Die Energie und Spielfreude der Band und die gute Stimmung im Publikum sind mit Händen greifbar, auch an der Klangqualität gibt es nichts zu mäkeln. Da auf einer Doppel-CD zudem reichlich Platz ist, um eine breite Palette des eigenen Schaffens darzubieten, findet sich hier bunt gemischt Neues neben Altem, und optisch hübsch aufbereitet kommt das Ganze auch noch daher. Fazit: Mit „Live 2015“ haben VERSENGOLD ein rundum gelungenes Live-Album auf die Beine gestellt, dass vielen Fans das Warten auf das nächste Konzert sicherlich beträchtlich versüßen wird.
LATE NIGHT VENTURE bringen mit dem tiefschwarzen „Tychonias“ ihr bisher härtestes Album heraus. Die Reise in das finstere Unbekannte begann 2012 mit „Pioneers Of Spaceflight“ drei Jahre später kommen die Dänen der obskuren Schwerelosigkeit schließlich endgültig zum erliegen: Der Astronom Tycho Brahe liefert hier die thematische Grundlage. LATE NIGHT VENTURE arbeiten hier erstaunlich verschachtelt, es dauert ziemlich lange bis der Hörer abhebt. „Nebula“ beginnt da schon um einiges fesselnder und erweist sich als eine instrumentale Reise mit düsterem Ur-Rhythmus.
In dem mächtigen (Höhepunkt!) „Moon Shone On White Rock“ punkten die Dänen mit wunderbar zur Musik passenden Growls. Sphärische Gitarren, spaceige Synthies und ein beständiger Wechsel zwischen ruhigen und rockigen Drums schaffen ein psychedelisches Klangbild. Wer auf Psyhedelischen Rock mit Sci-Fi-Faktor steht macht hier nicht viel verkehrt.
Ganz unbekannt sind die Mitglieder dieser im Jahr 2012 gegründeten Truppe zumindest in der Doom-Szene nicht: Gitarrist Riccardo Varonese ist ebenfalls bei den Engländern GALLOW GOD tätig, Sänger Rob Mura betätigt sich zudem bei den Italienern URNA, und darüber hinaus haben diverse (Ex-) Mitglieder von APHONIC THRENODY bereits bei PANTHEIST, MAR DE GRISES oder ESOTERIC gespielt. Anhand dieser Liste dürfte fast schon logisch sein, dass hier die pure Langsamkeit regiert; "When Death Comes", das Debütalbum der Band nach einer EP und zwei Splits (mit ENNUI aus Georgien und FROWNING aus Deutschland), fährt fünf Songs mit einer Spielzeit von über einer Stunde auf, von denen jeder einzelne die Zehn-Minuten-Marke knackt. Dabei erschaffen die Jungs eine packende, bedrückende Atmosphäre und lassen die Stücke tatsächlich kürzer wirken, als sie eigentlich sind. Einen Höhepunkt zu nennen fällt schwer, da ein Album wie "When Death Comes" am besten am Stück genossen werden sollte, doch erwähnenswert ist das über 17-minütige "Death Obsession", zu dem unter Anleitung von Visual-Künstler Jérôme Siegelaer (der unter Anderem schon mit ENSLAVED und THE DEVIL´S BLOOD arbeitete) auch ein Video gedreht wurde. Insgesamt haben wir es hier mit einem sehr gelungenen Einstand einer viel versprechenden Band zu tun, die das (Funeral-) Doom-Genre sicher auch in naher Zukunft noch weiter bereichern wird!
Seit mehr als dreizehn Jahren spielen die Polen RIVERSIDE (aus Warschau an der Weichsel) Progressive Metal. Das „Metal“ kann man mittlerweile streichen und durch „Rock“ ersetzen, doch Mittreißen können die Polen nach wie vor – wenn nun auch mehr auf verträumten den düsteren Wogen. „Love, Fear And The Time Machine“ heißt das neuste Stück RIVERSIDE, welches in zarten pastell-Tönen gehalten ist. Ein treffender Titel, schwankt hier doch eine gehörige Portion 70er-/ 80er Feeling mit.
Klar ist aber auch, dass die metallenen Jahre von „Anno Bomini High Definition“ (2009) wohl tatsächlich vorbei sind und „Shrine Of New Generation Slaves“ (2013) mehr als ein ruhiger Ausrutscher war. Denn „Love, Fear And The Time Machine“ macht praktisch genau dort weiter, wenn auch hier vieles irgendwie besser, packender und authentischer als auf dem Vorgängeralbum wirkt. So entführt der Opener Lost mit fabelhaftem Clean-Gesang und kräftigen Bass-Linen in verträumt rockige-Welten. Und auch wenn RIVERSIDE hier was die Instrumentierung betrifft (für Prog.-Verhältnisse) doch ziemlich minimalistisch agieren, ist der Sound auf „Love, Fear And The Time Machine“ doch meist ziemlich voll. Hin undwieder klingen Gitarren und Schlagzeug sogar ziemlich heftig – was meist gegen Ende der Songs der Fall ist. Gegen Ende des Albums schwächeln die Polen aber leider ein wenig was innovativen und stimmungsvollen Songaufbau betrifft. Anspieltipps sind der sanft tragende Opener „Lost (Why Should I Be Frightened By A Hat?)”, das etwas härtere und mit ebenso genialen Vocals versehende „#Addicted” und das düstere „Discard Your Fear“.
Ein typisches Beispiel für Black Metal atmosphärischer, verträumter und doch stürmisch ergreifender Machart liefern auch die US-Amerikaner AMIENSUS – die allerdings auch auf ihrem ersten Album „Restoration“ schon ziemlich experimentierfreudig und genreüberschreitend komponierten. Auf „Ascension“ (zu Deutsch: „Aufstieg) werden diese so geliebten, progressiven Experimente noch weiter verfeinert und ausgebaut. Während der Einstieg „On These Deserted Plains“ mit einer gehörigen Portion Blast Beats und tiefen Growls daher kommt folgt in „Towords Horizon“ die Ruhe nach dem Sturm: Clean-Gesang, sanftes Akkustik-Gitarrenspiel und ein mächtiger, hypnotisierender Songaufbau fesseln den Hörer hier und setzen Kontraste. Diese Kontraste aus stürmischem Black Metal und sanften Gothic-/Alternative-/Progressive Rock dominieren „Ascension“, wobei AMIENSUS auch rein instrumental hervorragen vorankommen: Stücke wie „Delphic Æther“ oder „Glass Dungeon“ beweisen das.
AMIENSUS stehen auf ihrem zweiten jedenfalls für eine geballte Ladung Gitarren (mit bis zu sieben Seiten), eine gewaltige Ladung Keys und eine immense stimmliche Vielfalt mit weiblicher Unterstützung. Dabei bewahren AMIENSUNS trotz progressiver Vorgehensweise stets den Kern, schaffen viele Höhepunkte und lassen nichts absaufen. Ein hervorragendes Album, welches zwar ruhiger als „Restoration“ (2013) daher kommt, dem aber aus einem anderen Blickwinkel betrachtet in absolut nichts nachsteht. Fans von Bands wie OPETH, AMORPHIS, IN VAIN und BORKNAGAR sollten hier unbedingt mal reinhören!
KYLESA haben zwar in ihrer Karriere nie eine radikale Kurskorrektur vorgenommen, aber ihren Kurs immer zumindest leicht korrigiert. So sind ihre Alben facettenreicher geworden, ohne das KYLESA-typische zu verlieren. "Exhausting Fire" setzt das fort. Im ersten Moment überrascht die Platte mit - zumindest beim nicht-konzentiertem Hören - mit Songs, die einem gleichem Schema und einem gleichem Beat zu folgen scheinen. Dieser Eindruck mag durch die starke Betonung der Riffs und die Betonung der Sludge-Einflüsse - wie bei "Inward Debate" oder "Blood Moon" - zustande kommen; ganz gerecht wird er dem Album aber nicht. Denn KYLESA verstehen es, die Balance zwischen knackigem Metal und schleppendem Sludge zu halten. "Shaping The Southern Sky" hat somit genauso seinen Platz auf "Exhausting Fire" wie "Falling": wo Ersterer ordentlich Druck macht, ist Kandidat Zwei mit seinem Stoner-Einflüssen und fast schon entspannter Atmosphäre der passende Gegenpol. "Exhausting Fire" funktioniert so als Gesamtwerk und nimmt den Hörer schnell mit seiner Atmosphäre gefangen. Einzig der Gesang bleibt etwas hinter den Erwartungen zurück, trotz Zweistimmigkeit. Zu oft wird den gleichen Rhythmen gefolgt, wo mehr Ausdifferenzierung angebracht wäre. Das mindert den guten Eindruck, den KYLESA mit ihrer neuen Scheibe hinterlassen, nur wenig. "Exhausting Fire" ist eine feine Sludge-Scheibe geworden, mit der sich KYLESA gegen die starke Konkurrenz Marke BARONESS oder DOWN locker behaupten können werden. Kurs weiter beibehalten!
Während inzwischen kein Hahn mehr nach der Viking/Pagan-Metal-Welle kräht, haben doch ein paar Bands dieses Genres durch ansprechende Qualität überlebt – musikalischer Darwinismus in seiner reinsten Form. Eine dieser Kapellen liefert seit dem Jahr 2000 in nahezu konstanten Abständen gute bis sehr gute Alben ab: „Vintar“ ist das verflixte siebte Langspielwerk der Nordrhein-Westfalen und überzeugt auf ähnlich hohem Niveau wie der/die Vorgänger mit Met- und schunkelfreien Schlachthymnen, die immer noch eher mit AMON AMARTH oder SUIDAKRA verwandt sind als mit KORPIKLAANI, TURISAS und Co.. Die einzig nennenswerten Kritikpunkte gehen, ähnlich wie zuletzt, wieder in Richtung des über die gesamte Spielzeit doch etwas eindimensionalen Songwritings in Kombination mit der recht monotonen Krächz-/Growl-Mischung von Sänger Agalaz und der Tatsache, dass sich das Quintett gegenüber dem selbst betitelten letzten Album nicht steigern konnte. Das kostet „Vintar“ zwar den „Tipp“, heißt aber noch lange nicht, dass Granaten wie „Naglfar“, „Wodanheim“ (geil!), der Titelsong, „Sieg Oder Niedergang“, „Feld Der Ehre“ oder „Legiones Montium“ schwacher Stoff seien, ganz im Gegenteil. OBSCURITY haben ihren Weg längst gefunden; mögen uns die „Bergischen Löwen“ noch lange erhalten bleiben!