THIS GIFT IS A CURSE haben 2015 nicht nur eine coole Split mit HEXIS rausgebracht, sondern mit "All Hail The Swinelord" ihr - nicht minder cool betiteltes - zweites Album veröffentlicht. Das kommt in der Vinylversion als Doppelscheibe daher und bietet gut 50 Minuten gnadenloses Crustgeballer mit Sludge- und Black Metal-Einschüben. Angesichts der Intensität, mit welcher der Schwedenhaufen zu Werke geht, ist das eine ziemliche Hausnummer an Minuten und so funktioniert die Chose live besser als auf Platte. Dabei gibt sich die Band alle Mühe, ihre Lärmattacke variabel zu gestalten und hat in den Black Metal-beeinflussten Parts ("We Use Your Dead As Vessels") und den Sludge-Momenten ("Rites") richtig gute Songs zu bieten. Leider geht das immer wieder in dann doch zu ähnlich klingenden Crust-Nummern unter, bei denen Gesang und Drums zu wenig Ideen haben. Da kann das Musikhören richtiggehend anstrengend werden. Beim Rausschmeißer "Askradare" blitzt noch einmal die in der Band schlummernde Kreativität auf, dann ist das Inferno vorbei. "All Hail The Swinelord" ist eine Platte mit Licht und Schatten, zeigt THIS GIFT IS A CURSE aber auf dem richtigem Weg. Wenn sie sich etwas vom zu eintönigen Crust hin zu Crust-meets-Sludge-meets-Black Metal bewegen, kann der Nachfolger richtig cool werden. Wer die Jungs bei einer Show sehen kann, macht sowieso nichts falsch, das ist Abriss pur.
„Winter Thrice“ („Dreifacher Winter (?)“) heißt das neuste Werk der Norweger BORKNAGAR, welches passender Weise im „Winter“ herausgebracht wird. Wirklich winterlich ist es kurz vor Jahresende bei fünfzehn Grad plus nicht wirklich, aber vielleicht können BORKNAGAR das ja ändern.
Gestartet haben BORKNAGAR 1995 als traditionelle Black Metal-Band, die ihre Spielweise aber während der kommenden Jahre und Alben stets ausbaute und verfeinerte. So kann wohl spätestens ab dem filigranen „Epic“ (2014) von Black Metal nicht mehr die Rede sein. Mittlerweile schreiten die Norweger auf sehr bombastischen Wegen: Ein gigantisches Monstrum an musikalischer Untermalung bildet in kontinuierlich leicht progressivem Aufbau die Grundlage für das Schaffen BORKNAGARs. Nicht weniger als drei talentierte Sänger verleihen den meist sehr naturbezogenen Texten Ausdruck.
„The Rhymes Of The Mountain“ eröffnet als klassischer BORKNAGAR-Song mit leicht folkigem Touch, erhabener Atmosphäre und eingängigem Refrain. Rasende Passagen mit Blast-Beats und tiefen Growls zeugen von der Black Metal-Vergangenheit, sind aber mittlerweile echt rar gesät.
Auch der Folk-Einschlag, der bei dem Vorgängerwerk „Urd“ (2012) noch sehr dominant war sinkt auf „Winter Thrice“ etwas zurück. Und weicht in Masse klassischer (Rock) Musik. So präsentieren sich Songs wie „Panorama“, „Erodent“, „Noctiflucent“ oder auch der Titel-Song in fast ungewohnt ruhigem, fast Mainstream-tauglichem Gewand. Harte Gitarren oder Growls lassen BORKNAGAR hier über weite Strecken missen, treten dafür aber mit unglaublichem Bombast (und das ohne Orchester!) und wirklich genialem Klargesang zu Tage. Der abschließende „Terminus“ fährt noch einmal alle Geschütze auf und lässt „Winter Thrice“ zwischen lauen Lüftchen und wütendem Sturm ausklingen.
BORKNARGAR geben sich auf „Winter Thrice“ so cineastisch wie nie. So merkt man den Übergang zwischen den einzelnen Songs im Mittelteil oft nicht. Dafür fehlt es hier explizit verglichen mit „Urd“ doch an prägnanten Refrains und eingängigen Riffs. So dauert es wirklich eine ganze Weile, bis „Winter Thrice“ seinen Charme versprüht und den Hörer verzaubern kann – was bei einigen zuvor veröffentlichten Alben um einiges schneller ging.
Lässt man sich jedoch auf das „neue Schaffen“ von BORKNAGAR ein, hat man hier ein Album das durch frostige Täler und vereiste Ebenen führt und ein episches Feuerwerk an Sinneseindrücken entfacht. Nur das dauert etwas. Black Metal ist es jedenfalls nicht mehr, was BORKNAGAR hier spielen – „Epic“ Progressive trifft es vielleicht besser.
Als Anspieltipps eignen sich neben dem schon veröffentlichen „The Rhymes Of The Mountain“ für alte Fans das düstere „Cold Runs The River“ für weltoffene Musikhörer (oder nicht unbedingt Metal-Fans) eignen sich „Noctilucent“, „Panorama“ oder der mächtige Titel-Song zum warm werden.
Am 17.September.2014 rockten PARADISE LOST das römische Amphitheater „Plovdiv“ in Bulgarien mit Orchester und Chor in einer einfach nur atemberaubenden Kulisse. Wer wäre nicht gerne dort gewesen? „Symphony For The Lost“ macht dieses Event vergangener Tage nun endlich auch für nicht da gewesene (zumindest in akustischer Form) greifbar.
Aus vierzehn Alben konnten die Briten schöpfen – und das haben sie auch weitestgehend ausgekostet. So beginnt das Konzert zwar mit dem Titelsong des damals aktuellen Albums „Tragic Idol“, bedient sich sonst aber eher älterer Songs, die sich unter Fans einen „kult“-Status erarbeiten konnten.
Songs wie „Your Own Reality”, “Victim Of The Past” oder “Gothic” werden hier in einem vollkommen neuen, orchestralen Gewand präsentiert. Ich bin zugegebener Maßen kein Freund der zunehmenden Orchestrierung düsterer Rock Musik, doch vom Kitsch sind PARADISE LOST meist entfernt. Der Gesang und die Gitarren dominieren das Orchester auf weiten Strecken und gerade „Victim Of The Past“ und „Gothic“ können hier echt punkten.
„Teil II“ bietet Songs in urtümlicher Live-Version und hat mit „Erased“, „True Belief“, „Say Just Words“, „The Last Time“ und „As I Die“ mehr als eine starke Nummer am Start. Wie gesagt, PARADISE LOST haben einen großen Krug aus dem sie schöpfen können.
Für „nicht da gewesene“ (und sicher auch für „da gewesene“) Fans ist „Symphony For The Lost“ sicher ein ordentliches Paket Vorfreude für die nächste Tour. Natürlich ist eine Live-CD immer noch etwas vollkommen anderes als eine Live-Show und wessen Musik-Genuss im Wohnzimmer schnell durch Ansprachen und kreischende Fans getrübt wird, der sollte auch hier vorsichtig sein, denn hier wurde nicht (viel) geschnitten.
Optisch besticht die CD natürlich im schicken 3-CD-Box-Set (CD Nr. 3 stand mir nicht zur Verfügung) und macht einiges her.
COLDRAIN haben mit "Vena" bereits ihr viertes Album am Start, dürften vielen Metalcore-/ Hardcore-Fans aber bislang noch unbekannt sein. Daran ändert auch der Exotenbonus, den sie als japanische Band quasi automatisch innehaben, nichts. Ihre Herkunft steckt die Erwartungen ab, sind doch viele Japano-Bands verrückt - denken wir an DIR EN GREY - oder wirken mit ihrem Englisch eher putzig. Bei COLDRAIN trifft weder das eine noch das andere zu: die Band liefert eine im positiven Sinne international klingende Scheibe ab. Shouter Masato kling beispielsweise wie der x-beliebige US-Kollege, was leider auch dazu führt, dass er wenige Akzente setzen kann. Die Songdynamik ist mit der zu erwartenden Brachialität vs. Melodie vollgepflastert, was bei "Wrong" gut, bei "Fire In The Sky" eher weniger. Erschreckend schwach sind die ruhigen Nummern wie das von PAPA ROACH-Jacoby unterstützte "Runaway" oder "The Story" ausgefallen. Anstelle der Versuche im Halbballadebereich hätte "Vena" von zwei straighten Songs mehr orientiert. So bleibt der Eindruck, dass COLDRAIN eine völlig solide Leistung abliefern, aber keine eigene Identität entwickeln, auch bei ihrem neuem Album bestehen. Einige Songs wissen zu gefallen und auf Albumlänge gesehen ist das alles gut hörbar, aber eben auch sehr austauschbar. Ironischerweise wären ein bißchen mehr Japanoband-Klischee im Falle von COLDRAIN hilfreich. Wer auf soliden Metalcore mit leichtem Hardcore- und Postcore-Einschlag steht, macht hier nichts falsch.
“The Bridge Between” ist das erste Album von BROKEN FATE aus der Schweiz. Newcomer aus dem Nachbarland? Weit gefehlt. BROKEN FATE gründeten sich bereits 2007, arbeiteten beharrlich an zwei Demos und ihrer EP („Rising Your Dream“ (2012)) bis sie es schließlich 2014 erneut ins Studio schafften und kaum ein Jahr später bei MASSACRE Records unterschreiben konnten.
Das BROKEN FATE tatsächlich schon etwas länger „ihr Ding“ machen merkt man, die Band hat ihren Stil gefunden. Irgendwo zwischen alt und neu, zwischen Thrash Metal und Hard Rock mit einem allerdings auch unverkennbaren Hauch Metalcore pendelt die Spielweise der Band. Variables Gitarrenspiel und griffige Refrains sorgen hier in (ganz) alter METALLICA-Manier für Freude. So scheuen sich die Schweizer nicht auch die ein oder andere etwas längere Instrumentalpassage in ihr Schaffen einzubauen. „Fall Of Serenity“ und „Steel Groove“ präsentieren sich gänzlich ohne Gesang. Songs wie „Rising To The Dream“ (nein, nicht von der EP 2012!), „Take You Away“ oder auch der Bonus-Song „Layla“ präsentieren sich dafür in einem hervorragend rockigem Gewand. Mit „Thorns Of A Rose“ und „The Moment With You“ sind auch zwei ruhigere Nummern am Start, von denen gerade das letztgenannte wunderbar emotional und gar nicht kitschig rüberkommt. So präsentieren sich BROKEN FATE auf ihrem ersten Album in ganzer Bandbreite. „The Bridge Between“ hat tatsächlich einige Höhen, aber leider auch Tiefen. BROKEN FATE hätten den Wert des Albums um einiges steigern können, wenn sie hier eine bessere Songauswahl getroffen hätten, bzw. einfach etwas aussortiert hätten.
Musikalisches Können ist aber auf jeden Fall reichlich vorhanden und Alt-METALLICA-Fans sollten hier auf jeden Fall mal reinhören!